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Vor 790 Jahren
Kaiser Friedrich II. bricht zu einem Kreuzzug ins Heilige Land auf

Allein mit den Mitteln der Diplomatie eroberte er das Heilige Land: Der Staufer Friedrich II. war der einzige christliche Herrscher des Mittelalters, dem dieses Kunststück gelang. Vor 790 Jahren brach er ins Heilige Land auf. Sein eigentlicher Gegner aber saß in Rom.

Von Winfried Dolderer | 28.06.2018
    Der Römische König und Kaiser Friedrich II. - Der Staufer. Er schuf in Sizilien einen straff organisierten Beamtenstaat, krönte sich während eines Kreuzzuges 1229 zum König von Jerusalem und wurde mehrfach vom Papst gebannt und abgesetzt, aber nie bezwungen. Er galt den Zeitgenossen als "Stupor mundi" (etwa: "Der die Welt in Erstaunen versetzt"). Friedrich II. beschäftigte sich mit Philosophie, Naturwissenschaften und Lyrik, sein um 1246 vollendetes Werk für die Falknerei gilt als frühes Meisterwerk der beobachtenden Naturwissenschaft. Er wurde am 26. Dezember 1194 in Iesi bei Ancona geboren und ist am 13. Dezember 1250 in Fiorentino bei Lucera gestorben.
    Der Römische König und Kaiser Friedrich II. (picture alliance / dpa / Bildarchiv)
    Es war mit Sicherheit der seltsamste Kreuzzug des Mittelalters. Die gegnerischen Parteien, Christen und Muslime, tauschten Geschenke und Komplimente aus. Wenn die politischen Gespräche ins Stocken gerieten, diskutierten sie über Probleme der Philosophie, Geometrie und Algebra. Nach fünf Monaten kam schließlich ein auf zehn Jahre befristeter Vertrag zustande, durch den Jerusalem – mit Ausnahme der heiligen Stätten der Muslime auf dem Tempelberg – kampflos unter christliche Herrschaft fiel.
    Der Stauferkaiser Friedrich II. hatte sich eines solchen Erfolgs keineswegs sicher sein können, als er am 28. Juni 1228 aus dem Hafen von Brindisi auslief. Mit militärischen Mitteln hätte er es auch nicht so weit gebracht, meint der Mittelalter-Historiker Bernd Schneidmüller.

    "Wir wissen, dass er ein Vorauskommando im April 1228 unter dem Marschall des Königreichs Jerusalem losgeschickt hat mit 500 Rittern, während er selbst dann mit nur 40 Galeeren und etwa 100 Rittern und 3.000 Fußsoldaten von Brindisi loszog. Das heißt, die Tatsache, dass Friedrich II. auf eine Verhandlungslösung setzt, ist nicht seinem diplomatischen Geschick zu verdanken, sondern der schieren Not, dass er mit diesem Heeresaufgebot vermutlich niemals den Zutritt zu Jerusalem hätte erzwingen können."
    Des Arabischen mächtig
    Unter den christlichen Herrschern seiner Zeit wäre freilich auch kein anderer als Friedrich auf diplomatischem Wege zum Ziel gekommen. Er sprach von Kindheit an Arabisch, lebte an seinem Hof in Apulien auch mit arabischen Gelehrten und Bediensteten, kannte Kultur und Wissenschaft des Orients. Seine Mutter Konstanze war die Erbin des normannischen Königreichs Sizilien gewesen, er selbst in Palermo aufgewachsen, damals eine Multikulti-Metropole.
    "Dieses Königreich ist ganz anders geprägt als das nordalpine Reich der römischen Könige, weil hier tatsächlich mehrere Kulturen, auch mehrere Religionen, miteinander leben. Das sind ganz wesentlich Muslime, die ja in Sizilien sogar teilweise eine Mehrheitsbevölkerung stellen, das sind die Juden und das sind die christlichen Sieger, die dann dieses Königreich aufgebaut haben."
    Friedrichs Gegenspieler, der in Kairo residierende Sultan al-Kamil, war ein Neffe des großen Saladin, der Jerusalem 1187 den christlichen Eroberern entrissen hatte. Er selbst war freilich in einen heftigen Machtkampf mit seinem Bruder und dessen Sohn in Damaskus verstrickt und suchte die Unterstützung des christlichen Kaisers. Bereits 1227 bot er als Gegenleistung die Übergabe Jerusalems an. Kein ganz unüblicher Handel in einer Region, in der die Fronten zwischen Christentum und Islam keineswegs so starr waren wie unser Bild der Kreuzzugsepoche suggeriert.
    "Was jetzt hier zum Tragen kommt, ist ein Bündnissystem, das ich eher im Rahmen eines mittelmeerischen Kontextes sehen würde als im Rahmen eines unversöhnlichen Gegensatzes zwischen Christen und Muslimen. Insofern ist die Gesandtschaft, die Sultan al-Kamil schon 1227 zum Hof Friedrichs II. sendet, durchaus ein übliches Muster der Diplomatie im hohen Mittelalter, und auch die Gegengesandtschaft, die ja angeführt wird von einem hochrangigen Kirchenmann, von einem Erzbischof, und die mit Geschenken an den Hof des Sultans reist, gehört in diesen Kontext des Verhandelns."
    Der wirkliche Gegner saß in Rom
    Friedrichs eigentlicher Gegner saß in Rom. Papst Gregor IX. hatte den Kaiser im Vorjahr exkommuniziert, weil er anders als geplant nicht schon damals ins Heilige Land aufgebrochen war. Nun suchte er mit allen Mitteln der Propaganda und Intrige, den Kreuzzug zum Scheitern zu bringen. Mit al-Kamils Unterhändler, dem gelehrten Emir Fahr ed-Din, verband Friedrich dafür bald eine persönliche Freundschaft. Die beiden vereinbarten, dass die Christen außer Jerusalem auch Bethlehem und Nazareth erhalten sollten sowie zwei Korridore zur Mittelmeerküste. Am 17. März 1229 zog Friedrich als erster und einziger Kaiser des Mittelalters in der Heiligen Stadt ein und setzte sich einen Tag später in der Grabeskirche die Krone des Königreichs Jerusalem auf.