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Vor 80 Jahren erschienen 
"Früchte des Zorns" erntete Missgunst

Der Blick in die Abgründe Amerikas, den der Roman "Früchte des Zorns" gewährte, rief zunächst viel Kritik hervor. Der damalige US-Präsident Herbert Hoover nannte den Schriftsteller John Steinbeck einen "gefährlichen Umstürzler". Erst mit dem Pulitzerpreis und der Verfilmung änderte sich die Stimmung.

Von Christian Linder |
    Der US-Schriftsteller und Träger des Literaturnobelpreises John Steinbeck sitzt in einem Sessel.
    Der Roman "Früchte des Zorns" von John Steinbeck bewirkte zahlreiche soziale Veränderungen (imago / United Archives International)
    Eines der populärsten, aus dem Bürgerkrieg stammenden patriotischen Lieder Amerikas, "Battle Hymn of The Republic", besingt die "Früchte des Zorns".
    "Grapes of wrath", "Früchte des Zorns" nannte auch John Steinbeck seinen am 14. April 1939 erschienenen Roman, der eine Reise in die sozialen und mentalen Abgründe Amerikas zur Zeit der Depression und Wirtschaftskrise beschrieb. Im Mittel- und Südwesten, wie in Oklahoma - der "Staubschüssel" Amerikas, versank das Land zusätzlich durch die Staubstürme in tiefer Düsternis:
    "Nach und nach verdunkelte sich der Himmel vom Staub … Es kam die Dämmerung, aber es kam kein Tag. Am grauen Himmel erschien … eine verschwommene rote Scheibe, die wenig Licht gab, und als der Tag vorrückte, wurde aus der Dämmerung wieder Dunkelheit, und der Wind heulte über das gefallene Korn hinweg."
    Da viele Farmer aufgrund der durch jahrelange Dürre vernichteten Ernten die Pacht für ihr Land nicht mehr bezahlen konnten, verließen sie in den 1930er-Jahren zu Hunderttausenden ihre Heimat und machten sich ins vermeintlich gelobte Land auf, ins 2.000 Kilometer entfernte Kalifornien. Dort nahm John Steinbeck die Witterung für die Geschichte auf.
    Dicht und genau ins Innere der Erlebnisse
    Er habe damals als Reporter für die "San Francisco News" gearbeitet, erzählte Steinbeck später rückblickend, als ihn ein befreundeter Redakteur angerufen und von 3.000 Menschen berichtet habe, die in einem der fruchtbarsten Täler Kaliforniens in einem Lager zusammengepfercht und dem Verhungern nahe seien. Ob er darüber schreiben wolle? "The Harvest Gypsies" hieß die Reportage, die Steinbeck daraufhin 1936 in den "San Francisco News" veröffentlichte. Das Drama der Flüchtlingsströme, wusste er, war in diesem Artikel aber nicht einmal annähernd angemessen geschildert, sondern verlangte nach einer umfassenden romanhaften Darstellung.
    "Wenn einen etwas bewegt oder wenn man empört ist und es eine Möglichkeit gibt, die Verhältnisse zu ändern, dann greift man einfach zu den Waffen, die man am besten verwenden kann."
    Geboren am 27. Februar 1902 in Salinas in Kalifornien als Sohn eines deutschstämmigen Vaters und einer irischen Mutter, hatte Steinbeck ein begonnenes Studium in Stanford abgebrochen und als Wanderarbeiter auf dem Bau, in Fabriken und auf Farmen die Erfahrungen gesammelt, die es ihm in "Früchte des Zorns" ermöglichten, dicht und genau ins Innere der Erlebnisse der Flüchtlingsmassen vorzudringen.
    "Ich habe versucht, ein Buch zu schreiben, so wie Leben gelebt wird und nicht wie Bücher geschrieben werden."
    Nur ein neuer Albtraum
    Während seiner Recherchen vor Ort in Oklahoma freundete er sich mit vielen Flüchtlingen an, vor allem mit der Familie Joad und besonders einem ihrer Jungen, Tom, dessen Leben auch Woody Guthrie, angeregt vom Roman, später eine seiner berühmtesten Balladen gewidmet hat. Als der von Steinbeck begleitete Treck, in uralten und mit Matratzen vollgestopften Autos nur langsam vorwärts kommend, endlich Kalifornien erreichte, eine Landschaft mit blühenden Feldern und Obstgärten und vollen Kornkammern, erlebten die Flüchtlinge nur einen neuen Albtraum:
    "Und Kinder müssen sterben, weil die Orange ihren Profit nicht verlieren darf … Sie stehen still und sehen zu, wie … die Orangenberge zu einem Fäulnisbrei zusammensinken, und in den Herzen der Menschen wachsen die Früchte des Zorns und werden schwer, schwer und reif zur Ernte."
    Die Anklage des Romans erschütterte Amerika und bewirkte zahlreiche soziale Veränderungen. Zunächst erfuhr Steinbeck aber auch so viel erbitterte Feindschaft, dass man ihm als angeblichen Kommunisten und "gefährlichen Umstürzler" Morddrohungen schickte und er sich nur nachts aus seinem Haus traute.
    Die Stimmung wandelte sich, als ein Jahr nach Erscheinen, 1940, "Früchte des Zorns" mit dem Pulitzerpreis ausgezeichnet und kurz darauf von John Ford verfilmt wurde. Ein knappes Vierteljahrhundert später bekam er den Literaturnobelpreis. John Steinbeck starb 1968 im Alter von 66 Jahren in New York.