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Vor den Flughafen-Warnstreiks
Kritik an Verdi wächst

Der für morgen angekündigte Warnstreik des Sicherheitspersonals an acht deutschen Flughäfen ist gesetzeswidrig - so sehen es zumindest die Arbeitgeberverbände. Denn Verdi treffe mit den Streiks nicht mehr nur einzelne Betriebe, sondern die gesamte Volkswirtschaft. Verdi nimmt die Kritik gelassen.

Von Ludger Fittkau | 14.01.2019
    07.01.2019, Brandenburg, Schönefeld: Streikendes Sicherheitspersonal läuft mit Fahnen am Flughafen Schönefeld durch die Abfertigungshalle. Die Gewerkschaft verdi hat das Boden-Sicherheitspersonal zu einem mehrstündigen Warnstreik aufgerufen.
    Warnstreik am Flughafen Schönefeld (dpa / picture alliance / Bernd Settnik)
    20 Euro Stundenlohnstatt bisher rund 11 bis 17 Euro – das fordert die Gewerkschaft ver.di für die Kontrolleurinnen und Kontrolleure von Passagieren, Fracht und Waren an allen bundesdeutschen Flughäfen. Die Arbeitgeber lehnen das als zu hoch ab, sie bieten derzeit zwischen 2 und 6,4 Prozent Erhöhung pro Jahr. Deswegen wird ver.di morgen am größten deutschen Airport Frankfurt am Main und sieben weiteren deutschen Flughäfen mehrere tausend Beschäftigte zum Streik aufrufen. Matthias Venema, der Frankfurter ver.di –Streikleiter:
    "Es geht darum: Vor Weihnachten hat die letzte Verhandlungsrunde stattgefunden, da gab es jetzt nicht wirklich ein zufriedenstellendes Angebot der Arbeitgeberseite. Und da das eben schon die vierte Verhandlungsrunde war, ist dann eben das Mittel einer Gewerkschaft eben dann, zu Warnstreiks aufzurufen."
    "Das hat mit der Parität nichts mehr zu tun"
    Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) verurteilt die morgigen Warnstreiks auf den acht Flughäfen als "völlig unverhältnismäßig" und als nicht mehr gesetzeskonform. BDA-Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter:
    "Die Streikmaßnahmen von ver.di zielen ja nicht auf einen einzelnen Betrieb, sondern sie wollen das Luftverkehrssystem insgesamt treffen. Damit sind die Auswirkungen unverhältnismäßig und treffen die gesamte Volkswirtschaft. Das hat mit der Parität, die dem Streikrecht zugrunde liegt, überhaupt gar nichts mehr zu tun und geht weit über das eigentliche Maß und Mitte-Verhältnis hinaus."
    Die Arbeitgeberverbände fordern deshalb ein Eingreifen des Gesetzgebers. Die Politik solle die "Waffengleichheit" der Tarifpartner überprüfen, so BdA -Hauptgeschäftsführer Kampeter:
    "In der arbeitsteiligen und verflochtenen Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft Deutschland sind die Streiks des 21. Jahrhunderts sehr viel wirkmächtiger als die Streiks des 20. Jahrhunderts. Und da muss man eben schauen, dass der Gesetzgeber nicht mal guckt, ob der Gesetzgeber insgesamt in relevanten Bereichen die Waffengleichheit wieder herstellt. Das ist ein Preis der Globalisierung, die die Tarifautonomie hier nicht allein lösen kann."
    Ver.di nimmt Kritik gelassen
    Ver.di hält dagegen, dass die Arbeitgeber vor rund 20 Jahren das Sicherheitspersonal an den Flughäfen aus den Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes herausgelöst haben, weil sie in diesem Bereich sparen wollten. Deshalb gebe es dort eben nun den ersten großen ver.di-Streik seit 5 Jahren, so Streikleiter Matthias Venema:
    "Wir haben jetzt zum Beispiel in Hessen zum letzten Mal 2014 gestreikt, da kann man uns jetzt nicht vorwerfen, dass wir so oft streiken würden. Und jetzt in diesen bundesweiten Verhandlungen ist es einfach nötig."
    Allein in Frankfurt am Main könnten morgen bis zu 135. 000 Passagiere vom Streik betroffen sein, der um 2 Uhr nachts beginnt und gegen 22.00 Uhr enden soll. Rund 470 An- und Abflüge von insgesamt 1.200 Flugbewegungen sind bereits gestrichen. Feldbetten für gestrandete Umsteige-Passagiere sind aufgestellt. Ob die Streiks der Kontrolleurinnen und Kontrolleure später fortgesetzt werden, hänge vom Ergebnis der nächsten Verhandlungsrunde ab, so ver.di. Die ist für den 23.1. angesetzt.