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Vorfall bei Demo in Weiden
Menge skandiert gegen Lokaljournalistin

Bei Protesten gegen Corona-Maßnahmen in Bayern hätten die Veranstalterin, die Polizei und die Teilnehmer versucht, sie an der Berichterstattung zu hindern, sagt Lokaljournalistin Beate Luber. Zum vorliegenden Videomaterial äußern sich auf Dlf-Anfrage weder Polizei noch Organisatorin.

Von Tobias Krone |
Blick auf Marktplatz und Altstadt von Weiden in der Oberpfalz bei Nacht
Weiden in der Oberpfalz in Bayern (imago images / Westend61)
Sie will nur ihren Job machen. Und berichten. Mit einem Video von einer Demo gegen Corona-Maßnahmen, Mitte Juli im bayerischen Weiden. Doch daran wird die freie Journalistin Beate Luber von Demo-Ordnern gehindert:
Beate Luber: "Ich bin berechtigt dazu Sie zu filmen." - Mann: "Nein." - "Doch." - "Sie sollen das nicht machen." - "Doch." - "Sie sollen nicht die Leute fotografieren." - "Ich darf eine Demonstration fotografieren, können Sie jetzt bitte weggehen?"
Hausrecht greift bei öffentlichen Demos nicht
Damit beruft sich die Journalistin auf geltendes Recht. Auf einer Demo dürfen alle gefilmt werden – sowohl die Redner*innen als auch das Publikum. Doch in Weiden scheint man anderer Meinung zu sein.
"Ich glaube, dass Demonstrationsteilnehmer und Polizei vergessen, dass es sich einfach um eine Demonstration gehandelt hat, wo es kein Hausrecht gibt – weil es einfach eine öffentliche Veranstaltung ist", erzählt Beate Luber im Interview mit dem Deutschlandfunk. Auf der Demo wird ihr am Ende das Filmen verwehrt. Erst von Veranstalter*innen, dann von der Polizei. Beate Lubers Video, das im Netz zu sehen ist, zeugt davon, wie aggressiv eine kleine 70-Leute-Demo gegen Medienvertreter*innen vorgeht – und wie die Pressefreiheit in diesem Fall das Nachsehen hat.
Polizisten setzen auf einer Demonstration auf dem Alexanderplatz Pfefferspray ein
Forderung nach besserer Ausbildung der Polizei
Der Deutsche Presserat und andere fordern einen besseren Schutz für Journalistinnen und Journalisten auf Demonstrationen. Sie kritisieren, dass Teile der Polizei nicht ausreichend vorbereitet würden. Ein Vorbild für Ausbildung sei Sachsen-Anhalt.
Schon in den ersten Minuten Szenen wie diese: Die Veranstalterin Sonja Schuhmacher*, die für die Ökopartei ÖDP im Weidener Stadtrat sitzt, spricht den Namen der Journalistin ins Demo-Mikro:
"Wirklich, bitte hören Sie auf, hier zu fotografieren, Frau Luber, wir haben angeordnet, dass das heute nicht stattfinden soll. Sonst möchte ich Sie bitten, den Platz zu verlassen." (Applaus)
Keine Unterstützung durch Polizist
Weil Beate Luber weder den Platz verlässt noch aufhört zu filmen, kommen die Ordner immer näher. Im Beisein der Veranstalterin passiert dann das:
Beate Luber: "Hey, hallo, kann hier vielleicht mal jemand kommen? Ich werde hier angeschubst. Was soll das?" - Frau: "Vielleicht haben Sie ja schon genug fotografiert."
Wenn es auf einer Demonstration eskaliert, dann ist in der Regel die Polizei zur Stelle. Die kommt kurz darauf auf Beate Luber zu in Gestalt eines Polizeibeamten. Auf dem Video hört man ihn, wie er sie, die Journalistin, bittet sich zu entfernen – und etwas von "Hausrecht der Veranstalterin" murmelt.
Mann: "Weil das ist provokativ."
Beate Luber: "Die sind zu mir hergekommen."
Mann: "Damit provozieren Sie sie…"
Frau: "Ich möchte jetzt Anzeige erstatten gegen Frau Luber…" (Jubel)
Ausrüstung eines Kamerateams liegt nach einem Übergriff in Berlin auf dem Boden. Laut Polizei wurden sieben Personen des Kamerateams von einer mehrköpfigen Personengruppe angegriffen, fünf wurden verletzt und vier von der Feuerwehr in ein Krankenhaus gebracht.
Immer wieder Angriffe
Die Empörung ist groß, nachdem in Berlin mehrere ZDF-Mitarbeiter brutal attackiert wurden. Doch der Angriff ist kein Einzelfall: Beobachter warnen seit Jahren vor zunehmender Gewaltbereitschaft gegen Medienmacher.
Beate Luber sagt dazu: "Die Polizei hat dann noch zu mir gesagt, dass sie das so kennen, dass ein Berichterstatter da ist, zehn Minuten bleibt, ein Foto macht und wieder geht. Und das ist, wie sie denken, dass Journalisten arbeiten. Und so arbeiten vielleicht auch viele Lokaljournalisten, aber so wollte ich eben nicht arbeiten."
Sie habe ganz genau wissen wollen, welche Inhalte die Demo gegen Corona-Maßnahmen habe. Schließlich habe es sich um ein Gemisch aus Menschen, die sich als links bezeichneten, und AfD-Anhänger*innen gehandelt.
Veranstaltende Stadträtin nicht zu erreichen
Warum es die Demo-Veranstalterin so weit kommen ließ, das ist nicht zu erfahren. Für die Anfragen des Deutschlandfunks war die Stadträtin weder telefonisch noch über Mail oder soziale Netzwerke zu erreichen.
Auch von der Polizei ist nichts zu erfahren darüber, wie sie den Platzverweis des diensthabenden Beamten heute interpretiert. Die örtliche Inspektion verweist zunächst ans Polizeipräsidium in Regensburg. Dort will man die Fragen schriftlich. Und verweigert dann ein Telefoninterview. Es bedürfe "umfangreicher Prüfung", heißt es in der Mail.
Der Vorfall ist bereits am 12. Juli passiert, also vor mehr als zwei Wochen. Ein anwesender Journalist eines lokalen Fernsehsenders verzichtete offenbar darauf, darüber zu berichten. Erst mehrere Tage später, nachdem Beate Luber selbst auf Facebook den Übergriff öffentlich gemacht hat, berichtete die Lokalzeitung darüber.
Solidarität von Unterstützern
Inzwischen gab es in Weiden eine Demo für Pressefreiheit, Unterstützung für Beate Luber vom Bayerischen Journalistenverband, Solidarität im Netz und auch Hasskommentare.
Für die Lokaljournalistin, die auf der Corona-Demo nur ihrem Job nachgehen wollte, ist der Zwischenfall ein herber Einschnitt:
"Mein Plan, als freie Journalistin tätig zu sein, Sachen zu recherchieren und die dann gewissen Medien anzubieten, ist gerade nicht möglich. Ich kann gerade nicht arbeiten, weil ich erstens damit beschäftigt bin, diese Sache aufzuarbeiten und publik zu machen, und zweitens, weil ich massiv eingeschüchtert bin durch das Verhalten der Polizei und durch das Verhalten der Demonstrationsteilnehmer und auch durch das Verhalten von Teilen der regionalen Presse, von denen ich auch keinen Rückhalt sehe."
*Hinweis der Redaktion: Im Originalmanuskript stand hier ein falscher Name. Wir haben ihn korrigiert.