Volmer: Guten Morgen.
Zagatta: Herr Volmer, sind denn aus deutscher Sicht mit dieser UNO-Resolution alle Voraussetzungen erfüllt, um deutsche Soldaten nach Afghanistan zu schicken?
Volmer: Ja, sie sind erfüllt. Zunächst ist die Tatsache wichtig, dass es diese UNO-Resolution überhaupt gibt. Der Beschluss wurde einstimmig im UNO-Sicherheitsrat gefasst. Die Resolution enthält viele von den Bestimmungen, die für uns wichtig waren. Die allerwichtigste ist die, dass es eine strikte Trennung gibt zwischen dieser friedenserhaltenden Mission und dem Kampf gegen den Terrorismus, der ja in einigen Regionen Afghanistans zur Zeit noch weitergeht. Man hat sich auf der UNO-Ebene auch über die Führungsnation geeinigt, das wird zunächst das Vereinigte Königreich von Großbritannien sein. Wichtig für uns war auch die zeitliche Erstreckung der Mission auf 6 Monate. In diesem Sinne sind diejenigen Punkte erfüllt worden, die für uns bedeutsam waren. Von daher gehe ich davon aus, dass das Bundeskabinett heute den Einsatz beschließen wird, und auch im Bundestag zeichnen sich deutliche Mehrheiten ab.
Zagatta: Auch in Ihrer Partei, bei den Grünen, gab es - zumindest bei einigen Abgeordneten - die Meinung, solange in Afghanistan noch gekämpft wird, soll die Bundeswehr auf keinen Fall dort hingehen.
Volmer: Diese Meinung gab es nicht nur bei uns, und die Konsequenz ist gewesen, zu fordern, dass es eine strikte Trennung gibt. Nun kann man ja nicht verlangen, dass der Kampf gegen den Terrorismus sofort eingestellt wird. Umgekehrt kann dort, wo das Gebiet befreit wurde, und wo wir dabei sind, einen Staat neu aufzubauen, auf die Sicherheitskomponente verzichtet werden. Von daher ist die Konsequenz aus dieser Beschreibung die, dass man auf eine strikte Trennung der beiden Missionen achtet, und das ist durch die UNO-Resolution geschehen.
Zagatta: Wie schnell wird es Ihrer Meinung nach jetzt gehen? Wann werden die ersten deutschen Soldaten dort eintreffen?
Volmer: Die konkreten Planungen werden vom Verteidigungsministerium gemacht. Ich habe sie im Moment noch nicht parat. Da aber damit gerechnet werden konnte, dass es zu dieser Mission kommt, sind die Vorbereitungen bereits angelaufen. Wann die ersten Kräfte dislozieren werden, wird man heute sehen, wenn das Kabinett seinen Antrag beschlossen hat.
Zagatta: Aber im Auswärtigen Amt ist man weitgehend informiert und eingeweiht. Wie viele deutsche Soldaten werden in etwa losgeschickt?
Volmer: Wir rechnen ungefähr mit 1.000 Soldaten, wobei es da immer gewisse Flexibilitäten gibt. Das muss man sich heute alles im Einzelnen anschauen.
Zagatta: Insgesamt - so heißt es aus New York - sollen wahrscheinlich nicht viel mehr als 5.000 Soldaten nach Afghanistan im Rahmen dieser Schutztruppe geschickt werden. Die Bundesregierung soll ja wesentlich mehr gefordert haben. Sind 5.000 Soldaten für eine solche Aufgabe nicht ein bisschen wenig?
Volmer: Wir haben nicht mehr gefordert, sondern es gab andere, die weniger wollten. Die afghanische Seite hat etwa mit der Zahl 1.000 gespielt, und wir waren der Meinung, dass man 3.000 bis 5.000 brauchen sollte. Auf diese Zahl läuft es jetzt hinaus, wobei die Briten alleine 1.500 Leute stellen. Das ist dann nicht zu wenig, wenn man den Einsatz auf die Sicherung der Hauptstadt und der unmittelbaren Umgebung beschränkt. Die UNO wird es nicht leisten können, eine Schutztruppe zu stellen, die in diesem schwer zugänglichen Land in der Fläche für Sicherheit sorgt. Das wird die afghanische Regierung, die sich nun bildet, selber machen müssen und auch selber machen wollen, wie sie erklärt hat. Die innere Sicherheit wird also in die Hände der Afghanen übergehen müssen. Und nur für die Übergangsphase wollen wir die Hauptstadt sichern, damit dieser Prozess der Institutionsbildung, der Regierungsbildung in Gang kommen kann und die Regierung nicht durch Kräfte gefährdet wird, die möglicherweise destruktive Absichten haben.
Zagatta: Für wie gefährlich halten Sie denn diesen Einsatz? Müssen sich die Bundeswehrsoldaten, müssen sich ihre Angehörigen Sorgen machen?
Volmer: Sie müssen sich nicht Sorgen machen, weil die Bundeswehrangehörigen natürlich bestens ausgerüstet, bestens ausgebildet sind. Aber dieser Einsatz ist - wie jeder Einsatz - natürlich nicht ohne Risiko. Es ist in gewisser Weise Neuland, und manche gehen sogar davon aus, dass die Risiken hier größer sind als bei der Bundeswehrbeteiligung bei der Terrorismusbekämpfung, wo die Bundeswehr mehr im Rückraum operiert. Und nun gehen die Soldaten in das ehemalige Konfliktgebiet, und man weiß nie ganz genau, ob es nicht kleinere Gruppen gibt, die marodieren, die zündeln, die provozieren wollen. Das ist die eigentliche Gefahr.
Zagatta: Die Schutztruppe müsste ja nach dem, was auf dem Petersberg ausgehandelt wurde, fast schon vor Ort sein. Gehen Sie dennoch davon aus, dass die afghanische Übergangsregierung - wie geplant - morgen ihr Amt antreten kann?
Volmer: Ja, wir gehen davon aus, es spricht im Moment nichts dagegen. Die Kräfte, die sich auf dem Petersberg sehr konstruktiv auf eine politische Zukunft Afghanistans verständigt haben, haben ihren Elan beibehalten. Natürlich gibt es zwischen den verschiedenen Fraktionen die kleinen Diskussionen, die es überall in der Politik gibt, darüber, wer welchen Einfluss hat, wie die Ressorts verteilt werden sollen. Das ist aber eigentlich der normale Prozess der Regierungsbildung, und wir sehen keinen Grund, weshalb er nicht so vonstatten gehen sollte, wie er geplant worden ist.
Zagatta: Die Briten sind als ehemalige Kolonialmacht in Afghanistan etwas unbeliebt. Ist es nicht problematisch, ausgerechnet den Briten das Kommando dieser Schutztruppe zu übertragen?
Volmer: Die Briten sind sehr erfahren mit dieser Art von Missionen. In der Tat gab es einige Vorbehalte auf afghanischer Seite gegen diese Lösung. Aber jede Lösung hat ihre Vor- und Nachteile. Die Briten waren zunächst prädestiniert, und sie haben nun erfreulicherweise zugestimmt, die Führung - zumindest für drei Monate - zu übernehmen. In der Zwischenzeit wird unter der Leitung des Generalsekretärs, Kofi Anan, nach einer Nachfolgelösung gesucht.
Zagatta: Die Nordallianz in Afghanistan hat ja zu verstehen gegeben, dass sie so wenig wie möglich ausländische Soldaten im Land haben will. Erwarten Sie, dass es Spannungen mit dieser Nordallianz geben wird?
Volmer: Die Nordallianz hat sich bei dem Petersbergabkommen verpflichtet, sich sukzessive aus den jetzigen Machtpositionen zurückzuziehen und die Staatsmacht im Zuge der Regierungsbildung an die neue Regierung abzugeben. Sie hat auch der internationalen Schutztruppe zugestimmt, und wir gehen davon aus, dass sie sich an diese Abmachungen hält.
Zagatta: Wenn die USA nach Afghanistan - wie man hört - nun auch Somalia zum nächsten Ziel machen wollen, könnte die Bundeswehr auch dort eingesetzt werden oder wäre dazu ein völlig neuer Beschluss des Bundestages wieder notwendig?
Volmer: Zunächst sind es reine Spekulationen, dass die USA oder wer auch immer ein zweites Land ins Visier nehmen könnte. Der Deutsche Bundestag hat auf Vorlage der Bundesregierung hin einen sehr präzisen Beschluss zur Bekämpfung des Terrorismus gefasst, und die Bundesregierung hat damals bei dem Beschluss durch eine Protokollnotiz klargestellt, dass sich der Bundeswehreinsatz konkret auf den Kampf gegen den Terrorismus in Afghanistan bezieht. Dort wurden keine weiteren Länder genannt. Von daher erstreckt sich dieser Auftrag auch nicht auf theoretisch denkbare andere Missionen, aber das ist ohnehin alles Spekulation.
Zagatta: Aber deutsche Schiffe sollen die Küste vor Somalia mitüberwachen, oder ist es auch Spekulation?
Volmer: Die deutschen Schiffe überwachen dort den gesamten Seeraum. Das bezieht sich nicht auf ein bestimmtes Land, sondern es war an das Szenario gedacht, dass möglicherweise Kräfte aus Afghanistan, also Taliban oder Elkaida-Kämpfer, versuchen könnten, auf dem Seeweg zu entkommen und andere Länder zu destabilisieren. Aber dafür gibt es im Moment keine konkreten Hinweise.
Zagatta: Herr Vollmer, was ist das für ein Gefühl, wenn man jetzt ausgerechnet als Grüner Politiker mit dazu beiträgt, deutsche Soldaten in die ganze Welt zu schicken?
Volmer: Das Gefühl ergibt sich nicht aus der Aufgabenbeschreibung, die Sie genannt haben. Uns geht es ja nicht darum, Soldaten in die Welt zu schicken, sondern uns geht es darum, globale und regionale Probleme zu lösen. Für uns ist dabei wichtig ein umfassendes politisches Konzept und ein Deeskalationskonzept. Dazu gehört aber auch die gezielte Bekämpfung von Gewalt. Und es mag Situationen geben, wo dies nicht anders möglich ist, als dass selber Staatsgewalt eingesetzt wird. Solange das unter dem Dach der UNO passiert, versehen mit einem Mandat des Sicherheitsrates, ist es aus unserer Sicht ein Einstieg in das, was wir Weltinnenpolitik nennen. Weltordnungspolitik impliziert keine eigenen offensiven Ansprüche. In diesem Sinne, eingebunden in die UNO, eingebunden in die EU und in enger Abstimmung mit der internationalen Gemeinschaft leisten wir unseren Beitrag. Da sehe ich im Prinzip kein Problem. Im Einzelnen kann man natürlich über Maßnahmen und Auswirkungen diskutieren.
Zagatta: Vielen Dank für das Gespräch, Herr Volmer.
Link: Interview als RealAudio
Zagatta: Herr Volmer, sind denn aus deutscher Sicht mit dieser UNO-Resolution alle Voraussetzungen erfüllt, um deutsche Soldaten nach Afghanistan zu schicken?
Volmer: Ja, sie sind erfüllt. Zunächst ist die Tatsache wichtig, dass es diese UNO-Resolution überhaupt gibt. Der Beschluss wurde einstimmig im UNO-Sicherheitsrat gefasst. Die Resolution enthält viele von den Bestimmungen, die für uns wichtig waren. Die allerwichtigste ist die, dass es eine strikte Trennung gibt zwischen dieser friedenserhaltenden Mission und dem Kampf gegen den Terrorismus, der ja in einigen Regionen Afghanistans zur Zeit noch weitergeht. Man hat sich auf der UNO-Ebene auch über die Führungsnation geeinigt, das wird zunächst das Vereinigte Königreich von Großbritannien sein. Wichtig für uns war auch die zeitliche Erstreckung der Mission auf 6 Monate. In diesem Sinne sind diejenigen Punkte erfüllt worden, die für uns bedeutsam waren. Von daher gehe ich davon aus, dass das Bundeskabinett heute den Einsatz beschließen wird, und auch im Bundestag zeichnen sich deutliche Mehrheiten ab.
Zagatta: Auch in Ihrer Partei, bei den Grünen, gab es - zumindest bei einigen Abgeordneten - die Meinung, solange in Afghanistan noch gekämpft wird, soll die Bundeswehr auf keinen Fall dort hingehen.
Volmer: Diese Meinung gab es nicht nur bei uns, und die Konsequenz ist gewesen, zu fordern, dass es eine strikte Trennung gibt. Nun kann man ja nicht verlangen, dass der Kampf gegen den Terrorismus sofort eingestellt wird. Umgekehrt kann dort, wo das Gebiet befreit wurde, und wo wir dabei sind, einen Staat neu aufzubauen, auf die Sicherheitskomponente verzichtet werden. Von daher ist die Konsequenz aus dieser Beschreibung die, dass man auf eine strikte Trennung der beiden Missionen achtet, und das ist durch die UNO-Resolution geschehen.
Zagatta: Wie schnell wird es Ihrer Meinung nach jetzt gehen? Wann werden die ersten deutschen Soldaten dort eintreffen?
Volmer: Die konkreten Planungen werden vom Verteidigungsministerium gemacht. Ich habe sie im Moment noch nicht parat. Da aber damit gerechnet werden konnte, dass es zu dieser Mission kommt, sind die Vorbereitungen bereits angelaufen. Wann die ersten Kräfte dislozieren werden, wird man heute sehen, wenn das Kabinett seinen Antrag beschlossen hat.
Zagatta: Aber im Auswärtigen Amt ist man weitgehend informiert und eingeweiht. Wie viele deutsche Soldaten werden in etwa losgeschickt?
Volmer: Wir rechnen ungefähr mit 1.000 Soldaten, wobei es da immer gewisse Flexibilitäten gibt. Das muss man sich heute alles im Einzelnen anschauen.
Zagatta: Insgesamt - so heißt es aus New York - sollen wahrscheinlich nicht viel mehr als 5.000 Soldaten nach Afghanistan im Rahmen dieser Schutztruppe geschickt werden. Die Bundesregierung soll ja wesentlich mehr gefordert haben. Sind 5.000 Soldaten für eine solche Aufgabe nicht ein bisschen wenig?
Volmer: Wir haben nicht mehr gefordert, sondern es gab andere, die weniger wollten. Die afghanische Seite hat etwa mit der Zahl 1.000 gespielt, und wir waren der Meinung, dass man 3.000 bis 5.000 brauchen sollte. Auf diese Zahl läuft es jetzt hinaus, wobei die Briten alleine 1.500 Leute stellen. Das ist dann nicht zu wenig, wenn man den Einsatz auf die Sicherung der Hauptstadt und der unmittelbaren Umgebung beschränkt. Die UNO wird es nicht leisten können, eine Schutztruppe zu stellen, die in diesem schwer zugänglichen Land in der Fläche für Sicherheit sorgt. Das wird die afghanische Regierung, die sich nun bildet, selber machen müssen und auch selber machen wollen, wie sie erklärt hat. Die innere Sicherheit wird also in die Hände der Afghanen übergehen müssen. Und nur für die Übergangsphase wollen wir die Hauptstadt sichern, damit dieser Prozess der Institutionsbildung, der Regierungsbildung in Gang kommen kann und die Regierung nicht durch Kräfte gefährdet wird, die möglicherweise destruktive Absichten haben.
Zagatta: Für wie gefährlich halten Sie denn diesen Einsatz? Müssen sich die Bundeswehrsoldaten, müssen sich ihre Angehörigen Sorgen machen?
Volmer: Sie müssen sich nicht Sorgen machen, weil die Bundeswehrangehörigen natürlich bestens ausgerüstet, bestens ausgebildet sind. Aber dieser Einsatz ist - wie jeder Einsatz - natürlich nicht ohne Risiko. Es ist in gewisser Weise Neuland, und manche gehen sogar davon aus, dass die Risiken hier größer sind als bei der Bundeswehrbeteiligung bei der Terrorismusbekämpfung, wo die Bundeswehr mehr im Rückraum operiert. Und nun gehen die Soldaten in das ehemalige Konfliktgebiet, und man weiß nie ganz genau, ob es nicht kleinere Gruppen gibt, die marodieren, die zündeln, die provozieren wollen. Das ist die eigentliche Gefahr.
Zagatta: Die Schutztruppe müsste ja nach dem, was auf dem Petersberg ausgehandelt wurde, fast schon vor Ort sein. Gehen Sie dennoch davon aus, dass die afghanische Übergangsregierung - wie geplant - morgen ihr Amt antreten kann?
Volmer: Ja, wir gehen davon aus, es spricht im Moment nichts dagegen. Die Kräfte, die sich auf dem Petersberg sehr konstruktiv auf eine politische Zukunft Afghanistans verständigt haben, haben ihren Elan beibehalten. Natürlich gibt es zwischen den verschiedenen Fraktionen die kleinen Diskussionen, die es überall in der Politik gibt, darüber, wer welchen Einfluss hat, wie die Ressorts verteilt werden sollen. Das ist aber eigentlich der normale Prozess der Regierungsbildung, und wir sehen keinen Grund, weshalb er nicht so vonstatten gehen sollte, wie er geplant worden ist.
Zagatta: Die Briten sind als ehemalige Kolonialmacht in Afghanistan etwas unbeliebt. Ist es nicht problematisch, ausgerechnet den Briten das Kommando dieser Schutztruppe zu übertragen?
Volmer: Die Briten sind sehr erfahren mit dieser Art von Missionen. In der Tat gab es einige Vorbehalte auf afghanischer Seite gegen diese Lösung. Aber jede Lösung hat ihre Vor- und Nachteile. Die Briten waren zunächst prädestiniert, und sie haben nun erfreulicherweise zugestimmt, die Führung - zumindest für drei Monate - zu übernehmen. In der Zwischenzeit wird unter der Leitung des Generalsekretärs, Kofi Anan, nach einer Nachfolgelösung gesucht.
Zagatta: Die Nordallianz in Afghanistan hat ja zu verstehen gegeben, dass sie so wenig wie möglich ausländische Soldaten im Land haben will. Erwarten Sie, dass es Spannungen mit dieser Nordallianz geben wird?
Volmer: Die Nordallianz hat sich bei dem Petersbergabkommen verpflichtet, sich sukzessive aus den jetzigen Machtpositionen zurückzuziehen und die Staatsmacht im Zuge der Regierungsbildung an die neue Regierung abzugeben. Sie hat auch der internationalen Schutztruppe zugestimmt, und wir gehen davon aus, dass sie sich an diese Abmachungen hält.
Zagatta: Wenn die USA nach Afghanistan - wie man hört - nun auch Somalia zum nächsten Ziel machen wollen, könnte die Bundeswehr auch dort eingesetzt werden oder wäre dazu ein völlig neuer Beschluss des Bundestages wieder notwendig?
Volmer: Zunächst sind es reine Spekulationen, dass die USA oder wer auch immer ein zweites Land ins Visier nehmen könnte. Der Deutsche Bundestag hat auf Vorlage der Bundesregierung hin einen sehr präzisen Beschluss zur Bekämpfung des Terrorismus gefasst, und die Bundesregierung hat damals bei dem Beschluss durch eine Protokollnotiz klargestellt, dass sich der Bundeswehreinsatz konkret auf den Kampf gegen den Terrorismus in Afghanistan bezieht. Dort wurden keine weiteren Länder genannt. Von daher erstreckt sich dieser Auftrag auch nicht auf theoretisch denkbare andere Missionen, aber das ist ohnehin alles Spekulation.
Zagatta: Aber deutsche Schiffe sollen die Küste vor Somalia mitüberwachen, oder ist es auch Spekulation?
Volmer: Die deutschen Schiffe überwachen dort den gesamten Seeraum. Das bezieht sich nicht auf ein bestimmtes Land, sondern es war an das Szenario gedacht, dass möglicherweise Kräfte aus Afghanistan, also Taliban oder Elkaida-Kämpfer, versuchen könnten, auf dem Seeweg zu entkommen und andere Länder zu destabilisieren. Aber dafür gibt es im Moment keine konkreten Hinweise.
Zagatta: Herr Vollmer, was ist das für ein Gefühl, wenn man jetzt ausgerechnet als Grüner Politiker mit dazu beiträgt, deutsche Soldaten in die ganze Welt zu schicken?
Volmer: Das Gefühl ergibt sich nicht aus der Aufgabenbeschreibung, die Sie genannt haben. Uns geht es ja nicht darum, Soldaten in die Welt zu schicken, sondern uns geht es darum, globale und regionale Probleme zu lösen. Für uns ist dabei wichtig ein umfassendes politisches Konzept und ein Deeskalationskonzept. Dazu gehört aber auch die gezielte Bekämpfung von Gewalt. Und es mag Situationen geben, wo dies nicht anders möglich ist, als dass selber Staatsgewalt eingesetzt wird. Solange das unter dem Dach der UNO passiert, versehen mit einem Mandat des Sicherheitsrates, ist es aus unserer Sicht ein Einstieg in das, was wir Weltinnenpolitik nennen. Weltordnungspolitik impliziert keine eigenen offensiven Ansprüche. In diesem Sinne, eingebunden in die UNO, eingebunden in die EU und in enger Abstimmung mit der internationalen Gemeinschaft leisten wir unseren Beitrag. Da sehe ich im Prinzip kein Problem. Im Einzelnen kann man natürlich über Maßnahmen und Auswirkungen diskutieren.
Zagatta: Vielen Dank für das Gespräch, Herr Volmer.
Link: Interview als RealAudio