Montag, 06. Mai 2024

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Vorstoß für mehr Grundsicherung
"Coronakrise durch starken Sozialstaat meistern"

Für viele Menschen ist das Leben in der Coronakrise teurer geworden. Der Sozialverband VdK befürwortet deshalb den politischen Vorstoß zur Aufstockung der Grundsicherung um 100 Euro. An den Auswirkung der Krise müssten sich solidarisch alle beteiligen, sagte VdK-Präsidentin Verena Bentele im Dlf.

Verena Bentele im Gespräch mit Ann-Kathrin Büüsker | 13.05.2020
Die Smaragdzahl auf dem 100-Euro-Schein
VdK-Präsidentin Bentele spricht sich für die Überprüfung und Anpassung der sozialen Sicherungssysteme aus - etwa für die temporäre Erhöhung der Grundsicherung (picture alliance/dpa - Boris Roessler)
Bis zum 26. April hatten deutsche Unternehmen für mehr als zehn Millionen Menschen Kurzarbeit angemeldet. Die Zahl der Arbeitslosen ist bereits gestiegen, saisonuntypisch auf 2,6 Millionen Menschen. Die Arbeitslosenquote liegt damit bei 5,8 Prozent. Besonders vom Jobverlust betroffen sind auch Minijobber. Die Minijob-Zentrale verzeichnet laut Deutschlandfunk-Recherchen einen deutlichen Rückgang. Wer einen Minijob verliert, der hat keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld.
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Die Bundesregierung versucht nun, mit den Instrumenten des Sozialstaats die Folgen für die Bürgerinnen und Bürger abzufedern. Das Bundeskabinett hat bereits das zweite sogenannte Sozialschutzpaket auf den Weg gebracht, das unter anderem festlegt, dass länger Kurzarbeitergeld gezahlt werden soll. Doch Sozialverbände kritisieren, dass die Armen vergessen würden. Am 15. Mai 2020 werden die Länder Berlin und Thüringen einen Antrag in den Bundesrat einbringen, in dem sie eine temporäre Aufstockung der Grundsicherung fordern – befristet 100 Euro mehr pro Monat. Die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele, unterstützt diese konkrete Forderung.
Coronavirus
Übersicht zum Thema Coronavirus (imago / Rob Engelaar / Hollandse Hoogte)
Ann-Kathrin Büüsker: Frau Bentele, warum brauchen Hartz-IV-Empfänger*innen und andere Grundsicherungsbeziehende aus Ihrer Sicht 100 Euro mehr?
Verena Bentele: Es ist derzeit so, dass für viele Menschen allein das Leben teurer ist. Sie brauchen beispielsweise teure Lebensmittel, die sie sonst vielleicht auch günstiger einkaufen können. Sie brauchen natürlich auch mal frische Sachen, um sich gesund zu ernähren. Sie brauchen vielleicht das eine oder andere auch an Medikamenten, was nicht übernommen und bezahlt wird, und sie brauchen vor allem wirklich auch mehr, weil zum Beispiel die Schulverpflegung nicht stattfindet. Die Kinder können nicht in die Schule gehen, da gibt es kein Schulessen, in den Kitas gibt es kein Essen zum Großteil, oder man kann auch nicht in günstigeren Läden alles bekommen, was man möchte. Die Ausgaben sind einfach deutlich höher, die im Moment die Familien haben, weil alle zu Hause versorgt werden und weil viele günstige Angebote nicht da sind.
Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbandes VdK, spricht bei den Feierlichkeiten zum 70-jährigen Bestehens des Sozialverband VdK
Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbandes VdK (picture alliance/dpa - Britta Pedersen)
Büüsker: Wie kommen Sie denn jetzt auf 100 Euro? Das ist ja, wenn man volle Grundsicherung bezieht, eine Steigerung von fast 25 Prozent.
Bentele: Ja, das ist eine Maßzahl, auf die sich alle, die das fordern, jetzt geeinigt haben, weil man immer gucken muss, was ist wirklich der Mehrbedarf. Das wurde dann berechnet, wenn man zum Beispiel kein Schulessen mehr bekommt, wenn die Tafeln nicht alle Menschen versorgen und beliefern können. Wenn wirklich auch viele Hilfsangebote, soziale Angebote aus Sicherheits- und Gesundheitsgründen verständlicherweise geschlossen sind, sind die 100 Euro jetzt ein Wert, der durch Ermittlungen dessen, was kostet beispielsweise Essen, was kosten Lebensmittel, was kostet vielleicht auch Schutzkleidung, Desinfektionsmittel – an all diese Dinge hat man sich herangesetzt und das berechnet und da sind 100 Euro rausgekommen.
In der Politik zu sagen, wir brauchen ein bisschen mehr Geld, denke ich, mit so unkonkreten Forderungen haben wir keine Chance, irgendwas zu erreichen. Wie gesagt, gerade so was wie Handschuhe, um was anzufassen, Desinfektionsmöglichkeiten, mal eine Schutzmaske, auch die gibt es jetzt nicht geschenkt. Auch die kosten ein paar Euro, wenn man sich die nicht selber näht. Das sind alles Dinge, die müssen natürlich Haushalte mit sehr wenig Geld ja auch alle anschaffen.
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"An so einer Krise müssen sich alle solidarisch beteiligen"
Büüsker: Wir haben derzeit in Deutschland etwa 3,8 Millionen Menschen, die Hartz IV beziehen, dazu eine Million in Grundsicherung wegen des Alters oder wegen Erwerbsminderung. Das bedeutet dann schon pro Monat einen kräftigen Millionen-Betrag, den Sie da dem Staat abverlangen.
Bentele: Ja, das bedeutet einen kräftigen Millionen-Betrag. Das ist uns natürlich auch klar. Es ist nur so, dass sich an so einer Krise, wie wir sie derzeit haben, auch alle solidarisch beteiligen müssen und auch beteiligen werden. Das ist auch mal klar. Wir werden immer mehr Menschen haben, die in Kurzarbeit sind, die vielleicht sogar ihre Arbeit verlieren. Auch das wird eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Da sagen wir: Wenn zum Beispiel günstigere Produkte fehlen, wenn man nicht mehr das günstige Toilettenpapier, um was jetzt wirklich sehr wichtiges mal zu nennen, oder die günstigen Milchprodukte für die Kinder kaufen kann, sondern nur noch vielleicht die teuren, ist das auch eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, wo man diesen Betrag für eine gewisse Zeit dann auch als Gesellschaft investieren sollte.
"Die Bundesregierung muss jetzt dringend und zwingend handeln"
Büüsker: Die Bundesregierung legt ja jetzt schon das Sozialschutzpaket zwei vor. Kurzarbeitergeld kann damit bei längerem Bezug erhöht werden. Die Beantragung der Grundsicherung ist schon erleichtert worden, indem die Vermögensprüfung ausgesetzt wurde. Insgesamt: Was für ein Zeugnis stellen Sie der Bundesregierung aus?
Bentele: Der Bundesregierung stelle ich das Zeugnis aus, dass sie natürlich ein bisschen zögerlich handelt. Wir haben schon vor Wochen gefordert, dass das Kurzarbeitergeld auf 80 Prozent beziehungsweise für Menschen mit Kindern auf 87 Prozent steigt, damit auch ein Leben möglich ist, auch in der gewohnten Umgebung und mit den auch jetzt nötigen Schutzmaßnahmen wie Desinfektionsmöglichkeiten, den vielleicht zum Teil eingeschränkten Einkaufsmöglichkeiten, dass man nicht mehr nur günstige Produkte kaufen kann, und diese Dinge mehr. Die Bundesregierung muss jetzt dringend und zwingend handeln. Deswegen ist es ein guter Schritt, natürlich, aber wie gesagt, gerade beim Kurzarbeitergeld haben wir uns eine deutlich zügigere Erhöhung gewünscht auf 80 beziehungsweise 87 Prozent für Menschen mit Kindern und keine stufenweise Erhöhung.
Aber an sich ist die Situation, da möchte ich auch ehrlich sein, eine Herausforderung für alle. Wir haben schon lange als Gesellschaft nicht mehr so eine Herausforderung gehabt, und die wird ja noch sehr viele Konsequenzen haben, die Bedrohung beispielsweise kleiner Selbständiger, von Restaurants und anderen Einrichtungen. Da werden ja noch sehr viele Herausforderungen auf uns zukommen und dann wird sich politisches Handeln schon daran messen lassen, ob man auch mit Vernunft diese kleinen Existenzen rettet und die Gesundheit im Blick hat.
"Finger weg von der Kürzung von Sozialleistungen"
Büüsker: Durch den Wirtschaftseinbruch und letztlich auch den Rückgang der Beschäftigung wird ja auch dem Staat was an Einnahmen abhandenkommen. Muss dann der Staat nicht auch bei allen Sozialmaßnahmen, die er jetzt trifft, immer schauen, ob er das tatsächlich am Ende auch noch mittelfristig leisten kann?
Bentele: Die Rechnung geht für mich überhaupt nicht auf, weil wenn man eine Sozialleistung spart und den Menschen kein vernünftiges Leben und keine gesundheitliche Versorgung beispielsweise mehr ermöglicht, dann werden diese Menschen auch mittel- und langfristig keine Steuern mehr bezahlen können. Deswegen würde ich ganz klar sagen: Finger weg von der Kürzung von Sozialleistungen und lieber jetzt diese Krise auch durch einen starken Sozialstaat gemeinsam meistern. Wir sind ja alle noch optimistisch und frohen Mutes, dass es irgendwann wirkungsvolle Medikamente und einen Impfstoff gibt. Und dann würde ich immer dafür plädieren, dass es dann besser ist, die Menschen in einem guten Gesundheitszustand zu erhalten, wie wir das mit unserem deutschen Gesundheitssystem sicherlich noch besser können als viele Nachbarländer, wie wir das gesehen haben, und auch die Menschen beispielsweise arbeitsfähig zu halten und nicht durch beispielsweise immer mehr psychische Erkrankungen dann zu riskieren, dass Menschen auch später nicht mehr in den Beruf wieder einsteigen können.
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"Noch haben die Krankenkassen ja glücklicherweise große Rücklagen"
Büüsker: Gesundheitssystem ist ein gutes Stichwort. Da kommen ja voraussichtlich auch Kosten auf den Staat zu, zusätzliche Aufgaben, denn die Krankenkassen warnen jetzt ganz vehement, dass auch ihnen ja Einnahmen abhandenkommen durch den Rückgang der versicherungspflichtigen Beschäftigung. Wie groß ist Ihre Sorge, dass die Krankenkassen da in eine Schieflage kommen?
Bentele: Noch haben die Krankenkassen ja glücklicherweise große Rücklagen. Das ist schon mal beruhigend. Das zweite ist natürlich auch, was wir immer fordern, dass sich auch die privaten Krankenversicherer nach der prozentualen Anzahl ihrer Versicherten an den Kosten beteiligen. Das ist auch wichtig, dass nicht die gesetzliche Versicherung und die gesetzlichen Versicherungen wie derzeit mehr der Zusatzkosten tragen.
Eine zweite Geschichte: Es ist klar, dass die Gesundheitsversorgung dann natürlich schon auf wackeligeren finanziellen Beinen ist, wenn mehr Menschen arbeitslos werden, nicht mehr so viel einzahlen. Aber da kann definitiv nicht die Antwort sein, dass wir an der Gesundheitsversorgung sparen. Wie gesagt haben andere Länder uns gerade gezeigt, wie es nicht sein soll, wenn man ein Gesundheitssystem kaputt spart. Deswegen muss hier sicherlich auch der Steuerzahler einspringen und umso wichtiger ist, viele Menschen auch schnell wieder in Arbeit zu kriegen.
"Die Rentenerhöhungen muss man meines Erachtens nicht aussetzen"
Büüsker: Die "Bild"-Zeitung hat gestern vor Problemen in der Rentenversicherung gewarnt. Auch hier wegbrechende Beiträge ein Problem. Laut Prognose von Allianz Research allein 2020 acht Milliarden, die da der Rentenversicherung verloren gehen könnten. Muss man unter solchen Voraussetzungen Rentenerhöhungen vorerst aussetzen?
Bentele: Nein! Die Rentenerhöhungen muss man meines Erachtens nicht aussetzen. Die sind so jetzt gesetzlich geregelt und die sind für mich auch nicht zur Diskussion stehend, weil wir nächstes Jahr schon sehr wahrscheinlich keine Rentenerhöhung haben werden. Wie das danach ausschaut, wissen wir nicht. Deswegen ist es für mich jetzt auch klar, dass wir uns an die Regelungen, die wir haben, halten sollten, dass wir zum Beispiel auch nicht über den Start der Grundrente diskutieren sollten, die für viele Rentnerinnen und Rentner wichtig ist, die nämlich jetzt zum Beispiel ihren Minijob nicht mehr ausführen können, den sie zum Leben brauchen, den sie nebenbei machen. Die Rentenerhöhung, die klar gesetzlich geregelt ist, jetzt auszusetzen, fände ich schon eine sehr große Willkür, die eigentlich nicht zu rechtfertigen wäre.
Grundrente und höherer Mindestlohn
Büüsker: Sie plädieren jetzt für die Einführung beziehungsweise Umsetzung der Grundrente. Aber die ist ja nach wie vor nicht durchfinanziert. Die SPD hat sich überlegt, diese am Ende mit Steuermitteln zu finanzieren, weil die Finanztransaktionssteuer nach wie vor nicht eingesetzt ist. Wieso soll der Staat eine Rente in Kraft setzen, die er nicht finanzieren kann, gerade in diesen Zeiten, wo er an zig anderen Stellen unglaublich viele Steuermittel investieren muss, um das Sozialsystem am Laufen zu halten?
Bentele: Wir haben das ja auch bei anderen Leistungen, wo wir das glücklicherweise machen, wie zum Beispiel bei der Mütterrente, wo wir als Gesellschaft ja sagen, die Kindererziehung ist uns was wert. Genauso ist auch die Aufwertung geringer Renten eine Sache, die den Betroffenen versprochen ist und die wir deswegen auf jeden Fall aus Steuermitteln finanzieren sollten und jetzt nicht wieder zur Disposition stellen sollten.
Für mich ist ganz klar: Das sind ja alles auch Menschen, die jahrelang viel gearbeitet haben, die Kinder erzogen haben vielleicht, die gepflegt haben und die auch viele Jobs gemacht haben, die auch nicht gut bezahlt waren. Mir wäre es auch lieber, wir bräuchten die Grundrente nicht. Das sollte uns definitiv auch eine Warnung für die Zukunft sein. Deswegen plädieren wir als Sozialverband VDK auch für einen höheren Mindestlohn, um dann auch Menschen nicht mehr in Zukunft in die Situation zu bringen, überhaupt Grundrente zu brauchen. Das wäre der gute Zustand für alle.
Büüsker: Aber wenn man jetzt Rentenerhöhungen weiter durchsetzt, wenn man die Grundrente einführt, stellt sich dann nicht am Ende auch die Frage der Generationengerechtigkeit? Nach wie vor hat die Bundesregierung es ja versäumt, die Rente über 2025 hinaus generationengerecht abzusichern.
Bentele: Ja! Ich meine, da muss die Bundesregierung sicherlich sich Gedanken machen, hat die Kommission für die Zukunft der Alterssicherung ja auch gemacht, die Rentenkommission. Jetzt soll es einen wissenschaftlichen Beirat geben, in dem wir uns als Sozialverband VDK auch gerne einklinken wollen, weil wir sehen natürlich auch, dass es generationengerecht sein muss. Wir als Organisation, die viele ältere Menschen vertritt, haben auch die Interessen der jüngeren Menschen im Blick. Aber wie gesagt: Es ist auch für jüngere Menschen kein gutes Zeichen und kein gutes Versprechen, ihnen jetzt zu sagen, Deine Rente wird mal später nicht reichen, dass Du Dein Leben finanzieren kannst. Deswegen ist zum Beispiel für uns auch wichtig, dass man neben der Rente jetzt auch dringend den Arbeitsmarkt und die durch Arbeit erwirtschafteten Löhne in den Blick nimmt.
Für uns ist außerdem eine entscheidende Frage natürlich immer noch auch, woher wir Steuermittel generieren. Gerade die großen Unternehmen, die ja jetzt auch alle schnell sind damit, ihre Forderungen nach Staatshilfen kundzutun, die aber alle auch irgendwo in Steueroasen ihr Geld liegen haben, die noch schnell Dividenden ausgeschüttet haben und Boni, diese Unternehmen hier Steuern ordentlich zahlen zu lassen, ist auch eine wirklich wichtige Maßnahme der Finanzierung jetzt der Krise.
Bentele: Statt Grundeinkommen, besser sozialen Sicherungssysteme überprüfen und anpassen
Büüsker: Es gibt ja Stimmen, die sagen: Wenn wir jetzt so was wie ein Grundeinkommen hätten, dann würden alle einigermaßen weich fallen. DGB-Chef Reiner Hoffmann lehnt so was strikt ab. Gegenüber der "Welt"" nannte er das Grundeinkommen eine Abwrackprämie für Menschen, weil "man zu unkreativ für andere Lösungen ist, aber Arbeit ist mehr als Broterwerb. Sie hat eine hohe sozialintegrative Funktion. Wir sind und bleiben eine Erwerbsgesellschaft. Deshalb kann ich es nicht verantworten, Leute einfach mit einer Prämie von 1.000 Euro stillzulegen." – Wie beurteilen Sie die Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens?
Bentele: Wir sehen definitiv, dass man an der Grundsicherung was machen muss, dass es zum Beispiel eine eigene Kindergrundsicherung braucht. Wir sind aber auch kritisch, was das bedingungslose Grundeinkommen angeht, und denken eher, dass man die sozialen Sicherungssysteme, die wir in Deutschland haben, sich immer wieder anschauen muss und diese anpassen muss. Weil es natürlich so ist – und das bestätigen ja auch viele Zahlen -, dass die Menschen in der Regel ja wirklich auch, wie es Reiner Hoffmann formuliert, in der Arbeit mehr sehen als nur den Broterwerb, sondern wirklich auch Sinnstiftung und der Gesellschaft, der Gemeinschaft was wiederzugeben. Das ist schon das Prinzip, an das wir auch als Sozialverband VDK glauben.
Aber wir glauben auch daran, dass alle Menschen in Deutschland nur dann sich auch entfalten können, wenn sie für ihre Arbeit beispielsweise adäquat bezahlt werden. Deswegen ist jetzt diese Krise auch für mich eine gute Chance, mal generell über das Lohngefüge nachzudenken, ob wir uns das als Gesellschaft weiterhin leisten wollen, viele Arbeiten so schlecht zu bezahlen - zum Beispiel die Arbeit mit Menschen, die Arbeit mit Kindern, mit alten Menschen, ob das uns nicht auch als Gesellschaft mehr wert sein sollte, dass da auch mehr Menschen arbeiten.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.