
In der Antwort auf die Grünen-Anfrage räumt die Bundesregierung ein, dass solche Abschalteinrichtungen bislang nicht wie gewünscht verhindert würden. Darin stimme sie mit der EU-Kommission überein. Verkehrsminister Dobrindt wies den Vorwurf zurück, dass er vom Einsatz einer solchen Software gewusst habe. Martin Häusler sitzt für die Grünen im Verkehrsausschuss des EU-Parlaments. Ihn überrascht der Einsatz solcher Technik an sich nicht.
"Überrascht hat eigentlich nur die Dreistigkeit, dass man so eine Abschaltautomatik in die Software einbaut."
Die Automatik hatte dafür gesorgt, dass die Autos erkennen, ob sie gerade im Testbetrieb oder auf der Straße fahren. Entsprechend wurde der Schadstoffausstoß gedrosselt. Auch in Europa soll solche Technik eingesetzt worden sein, gab der Konzern nun an. Dass grundsätzlich manipuliert wird, war hingegen bekannt. Die Bundesregierung hatte bereits im Herbst 2014 auf ein entsprechendes Mahnschreiben der EU-Kommission geantwortet. Darin schreibt sie, dass auch moderne deutsche Diesel-6-Motoren überhöhte Stickoxidwerte aufwiesen. Die Bundesregierung will aber nicht allein gegen solche Verstöße vorgehen, weil sie befürchtet, damit der deutschen Industrie zu schaden. Schützenhilfe nennt das die Opposition. Das Problem sei ein europäisches, sagt hingegen Martin Burkert. Der SPD-Politiker sitzt dem Verkehrsausschuss im Deutschen Bundestag vor.
"Wir sind seit vier Jahren damit beschäftigt, einen Systemwechsel in Europa bei der Zulassung, was die Abgase von Fahrzeugen angeht, hinzubekommen. Es ist ein Unterschied, ob ich im Labor Abgase messe oder im aktuellen Straßenverkehr, wenn das Auto ein paar Monate dort unterwegs ist. Das geht aber nur in ganz Europa oder auf Kosten der deutschen Automobilindustrie, die dann Nachteile hätte, wenn wir hier unterschiedlich handeln würden."
Es geht also darum, der deutschen Automobilindustrie im europäischen Vergleich keinen Wettbewerbsnachteil zu bescheren. Anders herum hat die deutsche Politik sich sehr wohl schon dafür eingesetzt, dass europäische Regeln der deutschen Industrie entgegenkommen, sagt Christina Deckwirth von der Organisation Lobby Control.
Die Kanzlerin hatte vor zwei Jahren mit ihrem Veto in letzter Minute verhindert, dass die EU schärfere Beschränkungen für den Ausstoß von Kohlendioxid für Pkw einführt. Lobby Control hält die Automobilindustrie für eine der einflussreichsten Einflussnehmer auf die Politik.
"Es gibt zahlreiche personelle Verflechtungen, die prominenteste ist sicherlich Matthias Wissmann, der Präsident des Verbands der deutschen Automobilindustrie, also des mächtigsten Verbands der Autobranche, das ist ein früherer Kabinettskollege von Frau Merkel."
Weitere Überwechsler sind Eckard von Klaeden, früher Staatsminister im Kanzleramt, und Thomas Steg. Der niedersächsische Sozialdemokrat war unter Bundeskanzler Gerhard Schröder wie unter Merkel Regierungssprecher. Die enge Verbindung von Politik und Industrie solle die deutsche Industrie schützen, sagt Grünen-Fraktionsvize Krischer.
"Die Entwicklung bei VW zeigt jetzt, dass diese Politik ins exakte Gegenteil führt, dass diese Industrie Schaden nimmt."