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Wachstum ohne Grenzen

Den Planeten nicht ausplündern und zerstören, sondern ihn nachhaltig bewirtschaften ist Ziel der Green Economy. Für die Vereinten Nationen ist die grüne Wirtschaft das Mittel, um weltweit Armut und Hunger zu beenden und eine Vielzahl ökologischer Probleme zu lösen. Doch der Weg dahin ist steinig.

Von Manuel Waltz | 16.06.2012
    Ein großes Feld am Rande von Querfurt in Sachsen-Anhalt. Mais und Raps wachsen hier so weit das Auge reicht. In Mitten dieses Feldes stehen drei große Silos, "Partner der Stadt Querfurt" steht darauf in großen roten Buchstaben. Aus Rindergülle, Mist und Mais wird hier Biogas erzeugt. Das läuft durch eine Rohrleitung in die Heizanlage der Querfurter Wohnungsbaugesellschaft, wo es in einem Blockheizkraftwerk verbrannt wird. Dabei erzeugt es Strom und Heizwärme. Der Strom fließt in das Netz ein und die Heizwärme deckt etwa ein Drittel des Bedarfs eines ganzen Stadtviertels. Christophe Hug hat mit seiner Firma Tilia Umwelt aus Leipzig die Anlage geplant.

    "Und da war eines der Ziele in der Tat, den Verbrauch von fossilen Ressourcen von dem Kundenbedarf zu entkoppeln. Das haben wir zu einem Drittel auch geschafft, indem wir lokale Ressourcen - Reststoffe auch eingesetzt haben, also in dem Fall Mist und Gülle, um die Gasnutzung für die Fernwärme ein Stück zurückzufahren."

    Den Rest deckt die Wohnungsbaugesellschaft über Erdgas ab. Dieses Projekt ist ein kleiner Schritt hin zu einer grüneren Wirtschaft, einer Green Economy, die nicht mehr den Planeten ausplündert und zerstört, sondern ihn nachhaltig bewirtschaftet.

    Für die Vereinten Nationen ist die Green Economy das Mittel, um Armut und Hunger auf der Welt zu beenden und den Klimawandel genauso wie Artensterben, Entwaldung, Wasserknappheit und die Überfischung der Meere zu stoppen. Insbesondere von der UN-Konferenz "Rio+20", die am 20. Juni in Brasilien beginnt, erhofft sich UN-Generalsekretär Ban Ki Moon einen wahren Schub hin zum Grünen Wirtschaften.

    In Querfurt haben die örtliche Wohnungsbaugesellschaft und die Agrargenossenschaft drei Millionen Euro investiert – ein Betrag der sich erst in vielen Jahren rechnen wird. Doch für Christophe Hug ein Beispiel dafür, dass langsam ein Umdenken begonnen hat - hin zu langfristigem Denken und nachhaltigem Wirtschaften.

    "Einmal wollen heute Kunden, dass man auch langfristig für sie auch Lösungen hat, die solide sind. Zweitens: Deren Kunden auch wieder schauen immer mehr auf die Art und Weise, wie das Unternehmen selbst aufgestellt ist. Und da spielt die Frage Nachhaltigkeit, die Frage Ressourcenschonung, die Frage ich sage es mal, ordentliche und anstände Integration in der Gesellschaft immer eine größere Rolle."

    Zu einer grünen Wirtschaft gehört in erster Linie grüne Energie, die ohne fossile Brennstoffe und Atomkraft auskommt. Doch Green Economy bedeutet mehr als das. Es geht um nachhaltige, auch sozial und wirtschaftlich ausgewogene Entwicklung, und zwar weltweit. Deshalb steht dieses Thema seit einigen Jahren auch weit oben auf der Agenda der OECD. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ist die Denkfabrik der führenden Industrienationen der Welt. Heino von Meyer leitet das deutsche OECD-Büro in Berlin. Für ihn bedeutet Green Economy ...

    " ... eine Wirtschaft, die sich an den ökologischen Grenzen orientiert und das heißt, dass sie wirtschaftlich effizient sein muss, dass sie die natürlichen Lebensgrundlagen nicht terminiert und in intelligenter Art und Weise damit umgeht und wir würden es auch erweitern, also nicht nur als ein wirtschaftliches und ökologisches Thema betrachten, sondern im Sinne von Nachhaltigkeit, die die sozialen Gesichtspunkte berücksichtigt und hier zur Kenntnis nimmt, dass wir in den letzten Jahren zunehmende Ungleichgewichte sehen. Also alle drei Dimensionen Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt müssen zusammen gesehen und adressiert werden."

    Das Beispiel der Biogasanlage in Querfurt zeigt im Kleinen gut, wie dies in der Praxis aussehen könnte.

    Auf dem Hof der Biogasanlage hat ein Bauer den Schlauch seines Gülle-Wagens an ein großes Edelstahlrohr angeschlossen. Früher haben die Bauern ihre Gülle auf die Felder ausgebracht, um sie zu düngen. Heute liefern sie sie zuerst an die Biogasanlage. Bakterien erzeugen Methan, das im nahen Blockheizkraftwerk verbrannt wird. Die Reste der Gülle bringen die Bauern wie früher als Dünger auf ihre Felder rund um die Anlage aus, auf denen Mais wächst – das Futter für ihre Rinder. Der Strom und die Wärme für die Heizungen der Querfurter wird so fast CO2-neutral gewonnen und anstatt Gas der großen Energiekonzerne zu kaufen, fließt das Geld in die Taschen der örtlichen Bauern. Für Heino von Meyer zeigt das Beispiel die großen Chancen, die die Green Economy bietet.

    "Es ist kein Widerspruch sich mit den ökologischen Herausforderungen auseinanderzusetzen. Ganz im Gegenteil: Sicher, das wird Strukturwandel erfordern aber dieser Strukturwandel schafft gleichzeitig wieder Chancen für wirtschaftliche Entwicklung - sowohl bei uns in entwickelten Ländern als auch insbesondere in Entwicklungsländern."

    Wenn vom 20. bis 22. Juni die Regierungen der Welt in Brasilien zu ihrer Nachhaltigkeitskonferenz zusammenkommen, wird es darum gehen, wie die Menschheit mittels einer grünen Wirtschaft den Planeten nicht mehr in rasantem Tempo verbraucht und seine Ressourcen rücksichtslos ausbeutet während zur gleichen Zeit Millionen Menschen nicht genügend zu Essen haben. Janos Pasztor ist Direktor des Nachhaltigkeitsprogramms der Vereinten Nationen. Green Economy und Armutsbekämpfung gehören für ihn fest zusammen.

    "Es gibt in den Entwicklungsländern immer noch mehr als eineinhalb Milliarden Menschen, die keinen Zugang zu moderner Energie haben. Sie verbrennen dreckige Brennstoffe und werden krank davon. Außerdem ist es sehr ineffizient. Hier kann man direkt saubere Technologie einsetzen. Dadurch schafft man Arbeitsplätze und liefert gleichzeitig die Energie, die die Menschen brauchen."

    Bei der Konferenz wird daher ein zentraler Punkt sein, die Entwicklungsländer davon zu überzeugen, gar nicht erst zu stark auf die sogenannte braune Wirtschaft zu setzen, die auf Energiegewinnung aus Kohle und Öl basiert und viel Kohlendioxid in die Atmosphäre entlässt; für die die Natur rücksichtslos ausgebeutet, Wälder abgeholzt und der Boden wahllos mit Beton versiegelt wird – auch wenn dies kurzfristig ein höheres Wirtschaftswachstum bringen könnte. Diese Länder sollen vielmehr direkt einen grünen Wachstums- und Entwicklungspfad einschlagen. Ein schwieriges aber nicht unmögliches Unterfangen, wie Janos Pasztor meint.

    "Es gibt viele Entwicklungsländer, die den Weg zu einer Grünen Wirtschaft beschreiten. Ein Problem zeigt sich aber derzeit: Wenn die Industrienationen zu sehr den Aufbau einer Grünen Wirtschaft fordern, wird das Ängste in den Entwicklungsländern schüren. Sie werden denken, dass die Green Economy eine Art Bedingung für Hilfe ist – wir geben euch nur Geld, wenn ihr euch grün entwickelt. Oder sie befürchten, dass die Green Economy zu Handelsbeschränkungen für die Entwicklungsländer führen könnte, dass sie nur noch Waren nach Europa verkaufen dürfen, die einen gewissen grünen Standard erfüllen."

    Die Industrienationen könnten diese Ängste der Entwicklungsländer zum Beispiel durchbrechen, indem sie ihnen den Zugang zu grünen Technologien gewähren, anstatt dieses Wissen teuer zu verkaufen. Ein weiterer wichtiger Baustein in den Plänen der Vereinten Nationen ist die Neuausrichtung von Subventionen. Diese sollen künftig ausschließlich in grünes Wirtschaften fließen und nicht wie bisher häufig umweltschädliches Verhalten belohnen. Da sind Konflikte vorprogrammiert. So subventioniert der Staat in vielen Ländern – egal ob reich oder arm – klimaschädliches Benzin, Diesel und Kerosin. Nicht nur die Lufthansa auch deutsche Urlauber würden sich beschweren, wenn die Mehrwertsteuerbefreiung auf Kerosin wegfiele und fliegen deutlich teurer würde. Doch wie wichtig diese Neuausrichtung der Subventionen ist, erklärt Heino von Meyer von der OECD.

    "Im Moment werden Milliarden für die Subventionierung von fossilen Energien ausgegeben. Wenn wir alleine das abbauen würden, dann würde alleine das eine Reduktion des CO2-Ausstoßes um zehn Prozent schon bringen."

    Janos Pasztor vom Nachhaltigkeitsprogramm der Vereinten Nationen geht noch weiter. Er kritisiert, dass die wahren Kosten in den heutigen Preisen gar nicht eingerechnet sind. Wer beispielsweise mit seinem Auto fährt, der bezahlt nur das Benzin, das er verbraucht. Darin ist zwar ein großer Anteil an Steuern enthalten, die Kosten für Umweltbelastungen und ihre Folgen sind darin aber nur zu einem sehr kleinen Teil abgebildet. Er bemängelt, dass niemand an der Tanksäule für den Anteil am Klimawandel bezahlt, den das CO2 im Benzin verursacht. Auch die Kosten für Krankheiten, die der Feinstaub und die Gifte verursachen, die Autos erzeugen, zahlt niemand, so Janos Pasztor.

    "Wenn all diese Kosten in die Preise eingerechnet würden, dann würden wir nicht so handeln, wie wir es heute tun, weil beispielsweise Öl viel teurer wäre. Also müssen wir durch Gesetzgebung und durch ökonomische Mechanismen den echten Preis ermitteln. Es zählen aber nicht nur die Auswirkungen auf die Natur, auch soziale Kosten müssen eingerechnet werden, wenn zum Beispiel eine Fabrik hier schließt, um an einer anderen Stelle neu aufgebaut zu werden."

    Es wird nicht einfach sein, diese Forderungen in ein funktionierendes Wirtschafts- und Gesellschaftssystem einzuarbeiten. Zahllose Fragen sind noch ungeklärt – zum Beispiel was passiert, wenn nicht alle Länder der Welt mitmachen, denn zwingen kann man sie nicht. Die Beschlüsse von Rio werden eher Absichtserklärungen sein. Eine Zweiklassen-Wirtschaft ist daher ein nicht unwahrscheinliches Szenario. Das sei theoretisch möglich, heißt es meist. Ein konkreter Plan für einen solchen Fall existiert aber nicht. Mitten im Berliner Regierungsviertel, nicht weit vom Kanzleramt, befindet sich der Hauptsitz der Heinrich Böll Stiftung, die der Grünen Partei nahe steht.

    Umgeben von Baustellen liegt auf einem Grünstreifen der moderne Neubau der Stiftung. Hier im obersten Stock hat Barbara Unmüßig ihr Büro. Sie ist Mitglied des Vorstands und befasst sich seit Langem mit dem Thema "Green Economy". Sie ist der Meinung, dass die "Rio+20"-Konferenz den Blick zu wenig auf die Grenzen des Wachstums bei einer wachsenden Weltbevölkerung richtet. Sie fordert dagegen, ...

    " ... dass klar ist, dass Wirtschaft sich ausrichten muss an den ökologischen Grenzen, also wir mit Knappheit umgehen müssen, mit knappen Ressourcen umgehen müssen, das wäre für mich eine ernst gemeinte grüne Ökonomie. Ich sehe aber, dass die Konzepte der Anderen sehr eng nur auf ökonomische Fragen sich ausrichten und eben die soziale Fragen, Machtfragen, Verteilungsfragen, die soziale Dimension, Menschenrechtsfragen erst gar nicht in ihr Konzept von grüner Ökonomie integrieren und das halte ich für einen großen Fehler."

    Für Barbara Unmüßig läuft die Debatte um die Green Economy deshalb in eine falsche Richtung, wird ihrer Ansicht nach teilweise gar als reines Investitionsprogramm diskutiert. In ihren Augen passiert immer noch wesentlich weniger als möglich und vor allem nötig wäre, um eine nachhaltige Wirtschaft aufzubauen. Schuld daran sei vor allem, dass die Regierungen der Welt immer darauf aus seien, für ihre heimische Wirtschaft das Beste herauszuholen.

    Ein Beispiel: Der staatliche Ölkonzern in Ecuador hat vor einigen Jahren eine beachtliche Menge Öl im Urwald entdeckt. Die Regierung des Landes hat angeboten, es in der Erde zu lassen. So würde das darin enthaltene CO2 nicht in die Atmosphäre gelangen und den Klimawandel beschleunigen, zudem bliebe das einzigartige Urwaldgebiet erhalten. Die Regierung Ecuadors fordert dafür aber von den reichen Ländern der Welt eine Entschädigung. Mit bescheidenem Erfolg bisher. Die deutsche Regierung will nichts zahlen, hat stattdessen ein bilaterales Hilfsprojekt vereinbart, von dem in erster Line deutsche Firmen profitieren werden.

    Wenn aber die Regierungen, vor allem die der Industrienationen, nur auf den eigenen Vorteil schauen, führt das in die Sackgasse, ist sich Barbara Unmüßig sicher.

    "Wer wird denn teilhaben an den knappen Ressourcen? Also haben wir immer Verteilungsfragen zu bedenken. Wer kriegt denn das wenige, was wir noch zur Verfügung haben in Zukunft? Wird es nur für die Mittelklasse und die Reichen auf der Welt reichen oder reicht das wenige was wir an Ressourcen noch zu Verfügung haben auch für die Armen und Ärmsten der Welt?"

    Die Menschheit konsumiert momentan so viel, dass sie dafür etwa eineinhalb Erden bräuchte. Die Entwicklungsländer verbrauchen wesentlich weniger, die Industrieländer wesentlich mehr, als sie dürften. Spitzenreiter ist das Emirat Katar, das derzeit fast zehn Mal so viel konsumiert, wie ökologisch verträglich wäre, die USA etwa dreieinhalb Mal so viel. Auch Deutschland schneidet schlecht ab: Trotz Energiewende, trotz rapidem Ausbau der Erneuerbaren Energien und trotz ökologischer Landwirtschaft konsumieren die Deutschen zweieinhalb Mal so viel, wie sie dürften. Für Barbara Unmüßig ist die Schlussfolgerung daraus eindeutig.

    "Der Norden muss eigentlich runter von seinem hohen Konsumniveau, wenn für die anderen Milliarden Menschen, die noch nicht einmal das Nötigste zum Überleben haben leben wollen, dann muss der Norden abrüsten."

    Das derzeitige Wirtschaftssystem der Industrienationen ist aber auf Wachstum ausgerichtet. Nur wenn das Bruttoninlandprodukt stetig steigt, stellt es genügend Arbeitsplätze zur Verfügung und liefert Wohlstand für die Gesellschaft. Stagniert das Wachstum oder die Wirtschaft schrumpft sogar, dann bricht zwangsläufig eine Krise aus, wie sie derzeit viele Länder in Europa zu spüren bekommen: Beschäftigte werden entlassen, die Armut wächst und soziale Spannungen nehmen zu. Deshalb sieht Barbra Unmüßig jetzt den Zeitpunkt gekommen ...

    "Dass man eigentlich darüber nachdenken muss: Was wäre denn eine wachstumsbefriedete Gesellschaft, die sagt: Ja mir reicht gutes Essen, mir reicht eine warme Wohnung und dann hätte ich noch gerne viele Freunde. Also die Debatte beginnt ja, also gutes Leben ohne im Übermaß das gute Leben mit Konsum zu bedienen."

    Aus dieser Perspektive heraus geht es darum, zufrieden zu sein, ohne immer neue Produkte zu kaufen, ohne ständig das Auto zu nutzen oder ohne mehrmals pro Jahr in den Urlaub zu fliegen. Und es bedarf eines Wirtschaftssystems, das ohne Wachstum Wohlstand hervorbringt. Wie ein solches System aber aussehen soll, diese Frage kann derzeit noch niemand beantworten. Verschiedenste Organisationen arbeiten an Konzepten, auch die Heinrich Böll Stiftung.

    Konkreter sieht dagegen die Vorstellung davon aus, wie unsere Gesellschaft sparsamer werden kann. Neben dem Umbau der Energieversorgung stehen dabei die Städte im Mittelpunkt der Überlegungen. Denn hier spielt sich ein großer Teil des Wirtschaftens ab, mehr als die Hälfte der Menschheit lebt mittlerweile in Städten. Noch einmal Janos Pasztor von den Vereinten Nationen.

    "Die Städte haben sich in den letzten 50 bis 100 Jahren nur auf das Auto hin ausgerichtet. Es gibt immer mehr große Einkaufszentren am Stadtrand. Wenn man dort einkaufen will, ist man gezwungen das Auto zu nutzen. Auch viele Arbeitsplätze sind weit von den Wohnvierteln entfernt. Das wird sich ändern müssen."

    Nach den Vorstellungen von Janos Pasztor werden die Städte auf der Welt künftig eine andere Infrastruktur für ihre Bürger bereitstellen müssen, als dies heute der Fall ist. Die USA dienen dabei als Beispiel, wie es nicht sein sollte: Die Städte sind dort in die Breite gebaut, umringt von riesigen Vororten und einer Infrastruktur, die einzig auf die Benutzung des Autos ausgerichtet ist.

    Anders in Europa, hier sind auch die großen Städte wesentlich kompakter angelegt. Bei gleicher Einwohnerzahl ist beispielsweise Atlanta drei Mal so groß wie Barcelona. Die europäischen Städte sollen deshalb als Beispiel dienen für die wachsenden Städte der Entwicklungsländer. Unter dem Motto "Stadt der kurzen Wege" sollen sie noch kompakter werden, künftig vor allem auf Fahrräder, Fußgänger und den öffentlichen Nahverkehr ausgerichtet werden.

    Leipzig ist eine mittelgroße Stadt in Deutschland, rund
    500 000 Menschen leben hier. Auf dem Ring rund um die Innenstadt fahren täglich Hunderte Autos, Busse und Lastwagen. Direkt hier am Martin-Luther-Ring liegt das Neue Rathaus. Heiko Rosenthal ist Bürgermeister für Umweltfragen. Für ihn ist klar, dass Leipzig in 20 Jahren grundlegend anders aufgebaut sein wird als heute.

    "Müssen wir im großen Atemzug Autobahnen um eine Stadt drum rum bauen oder reicht es nicht auch, dass wir konzentriert darauf achten, dass wir kompakte Siedlungsstrukturen entwickeln, wo eben Wohnen, Arbeiten, Einkaufen in der neuen europäischen Stadt in diesem Quartier stattfindet und nicht immense Wege zurückgelegt werden müssen, um die Bedürfnisse, die ich habe zu befriedigen."

    Wie der Verkehr vor dem Rathaus zeigt, ist Leipzig davon noch weit entfernt – genauso wie fast alle anderen Städte in Deutschland. Immer noch werden große Flächen auf der grünen Wiese als Gewerbegebiete ausgewiesen. Oft entstehen dort riesige Einkaufsparks, die nur mit dem Auto zu erreichen sind. Die Stadt muss hier radikal umsteuern, davon ist auch Heiko Rosenthal überzeugt, insbesondere was den Verkehr angeht.
    "Das heißt, wenn wir dann im weiteren Sinne Teilaspekte wie Lärm, wie Luftreinhaltung etc. betrachten, Tempo-30-Zonen großflächig einzuführen, beziehungsweise Lkw-Durchfahrtsverbote großflächig einzuführen, beziehungsweise darüber zu diskutieren, Güterverkehr in der Stadt über die Schiene, die Straßenbahninfrastruktur abzuwickeln... Alles Themen, die an dem kleinen Punkt Verkehr zu bearbeiten sind und aus meiner Sicht zu einer nachhaltigen Verkehrs- Schrägstrich Stadtentwicklung führen."

    Verbote, höhere Preise, Gewohnheiten, die sich ändern müssen ... Green Economy weltweit durchzusetzen wird keine leichte Aufgabe sein. Dennoch: Die Vereinten Nationen werden bei der Konferenz in Rio alles auf diese Karte setzen. Denn trotz aller Anstrengungen, die damit verbunden sind, muss sich die Menschheit in diese Richtung entwickeln, davon ist Janos Pasztor überzeugt.

    "Das alles kann nicht über Nacht passieren, es wird Jahrzehnte dauern. Denn wenn man erst einmal eine Stadt in einer gewissen Weise aufgebaut hat, will man sie nicht wieder einreißen. Oder wenn man eine riesige Infrastruktur mit Autobahnen aufgebaut hat, kann man das nicht über Nacht vollkommen umbauen. Aber wenn wir über die Zukunft nachdenken, dann ist das der Weg, den wir heute beschreiten müssen."

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