Samstag, 20. April 2024

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WADA begnadigt RUSADA
"Damit endlich Ruhe im Karton ist"

Die russische Anti-Doping-Agentur gilt wieder als regelkonform. Russland habe sich durchsetzen können, findet Doping-Experte Hajo Seppelt. Allerdings vor allem, weil das Internationale Olympische Komitee der Welt-Anti-Doping-Agentur nicht ausreichend den Rücken gestärkt habe.

Hajo Seppelt im Gespräch mit Jessica Sturmberg | 23.09.2018
    Die Olympische Flagge (r) und die russische Flagge flattern am 23.02.2014 während der Abschlussfeier bei den Olympischen Spielen 2014 in Sotschi, Russland.
    Die Olympische Flagge und die russische Flagge. (dpa-Bildfunk / Kay Nietfeld)
    Hajo Seppelt erklärt, warum die russische Anti-Doping-Agentur RUSADA wieder ihre Arbeit aufnehemen durfte, obwohl sie die ursprünglichen Bedingungen dafür nicht erfüllt habe.
    Russland habe anerkennen sollen, was im McLaren-Report der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA stand. Die Grundfrage also: War das Doping staatlich gesteuert oder nicht? Gab es eine aktive Beteiligung des Staatsapparats?
    Ein IOC-Bericht übernahm zwar große Teile von Richard McLarens Erkenntnissen, war in der Formulierung aber weniger klar. Russland erkannte diesen IOC-Report an, nicht aber explizit den McLaren-Report. Nun könnten russische Sportfunktionäre weiter behaupten, sie hätten den McLaren-Report und damit die WADA nicht anerkannt.
    Der deutsche ARD-Journalist und Doping-Experte Hajo Seppelt
    Der Doping-Experte Hajo Seppelt (dpa /Jean-Christophe Bott/KEYSTONE)
    Zweiter Knackpunkt seien Daten aus dem Moskauer Labor der RUSADA gewesen. Die habe Russland zur Verfügung stellen müssen, um rehabilitiert zu werden. Nun habe es eine Umkehr gegeben: Zuerst die RUSADA-Anerkennung, in der Folge dürfen WADA-Vertreter die Daten einsehen und später die damit in Zusammenhang stehenden Dopingproben im Moskauer Labor bei Bedarf abgleichen. Der Pferdefuß dabei: wenn eine staatliche russische Behörde, die aktuell die Daten unter Verschluss hält, die Einwilligung erteilt.
    Die WADA sei durch das IOC in diese Situation gekommen, findet Seppelt, denn das IOC habe das russische Komitee bereits nach den Winterspielen in Pyeongchang wiedereingegliedert. Stattdessen hätte das IOC hätte sich enger an der WADA ausrichten müssen.
    Seppelt sagt: "Das IOC hätte von vornherein einen viel strengeren Maßstab anlegen müssen - hätte sagen müssen: ‚Wir lassen uns von der WADA nicht trennen, da passt kein Papier dazwischen.‘ Aber genau so war’s eben nicht."
    Thomas Bach, Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) spricht bei einer Pressekonferenz im südkoreanischen Pyeongchang.
    Thomas Bach, Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) (picture alliance / dpa / Michael Kappeler)
    Nun werde es interessant zu sehen, inwieweit die WADA wirklich die Doping-Vergehen der vergangenen Jahre in Russland untersuchen kann. Sollte Russland sich nicht an die Absprachen halten, müsste es wieder ausgeschlossen werden. Daran glaubt Seppelt allerdings nach den viele Querelen und Kompromisse der letzten Jahre nicht.
    Zumal Seppelt die Position des IOC als sehr problematisch einstuft: "Thomas Bach hätte wohl im Zweifelsfall – das ist zumindest mein Eindruck – es auch darauf ankommen lassen, ganz ganz viele Dopingfälle, die ja vielleicht noch kommen werden aus den alten Ermittlungen, unter den Teppich zu kehren, nur damit endlich Ruhe im Karton ist. Das ist die Politik – aus meiner Sicht – des IOC. Mit Null Toleranz gegen Doping hat das für meine Begriffe nichts zu tun."
    Das gesamte Gespräch können Sie mindestens sechs Monate in unserer Mediathek nachhören.