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Wächter im All
Satelliten sollen Treibhausgasemissionen messen

Die Klimakonferenz im vergangenen Dezember in Paris endete mit dem Beschluss, die Erderwärmung bis 2100 unter zwei Grad zu halten. Mit einem globalen Überwachungssystem von Satelliten wollen Forscher die Umsetzung in Zukunft kontrollieren. Das Projekt ist aber kaum zu finanzieren.

Von Volker Mrasek |
    Die Erde von der ISS aus gesehen.
    Die Erde von der ISS aus gesehen. Erst um 2030 herum könnten Satelliten den Treibhausgas-Ausstoß aller Staaten kontrollieren. (picture-alliance / dpa / Nasa / Reid Wiseman)
    Eine Flotte von Satelliten, die alle Länder auf der Erde ständig im Blick hat. Die überwacht, wieviel Treibhausgase die einzelnen Staaten ausstoßen. Und ob sie ihre Zusagen zur Reduktion der Emissionen auch alle wirklich einhalten.
    Im Moment sei eine solche Abgaskontrolle aus dem All noch gar nicht möglich, sagen Experten wie Volker Liebig. Der deutsche Geophysiker leitet das Erdbeobachtungsprogramm der Europäischen Raumfahrtbehörde ESA:
    "Da werden wir auch nicht so schnell hinkommen. Die Zielvorgabe ist, dass man etwa 2030 so ein System haben wird. Wir haben mindestens noch zehn Jahre Entwicklungszeit nötig für die Technologie. Die man braucht für so etwas."
    Was man braucht, sind Satelliten-Instrumente, die die wichtigsten, vom Menschen produzierten Klimagase zuverlässig erfassen. Das sind nach Kohlendioxid vor allen Dingen Methan und Lachgas. Es sind zwar schon Geräte im All, die CO2 und Methan erfassen. Auf dem japanischen Satelliten GOSAT. Und auf dem sogenannten Kohlenstoff-Observatorium der US-Raumfahrtbehörde NASA.
    Satelliten im All messen bisher zu ungenau
    Doch beide messen zu ungenau. Das liegt daran, dass es sich um passive Fernerkundungsmethoden handelt. Die Geräte senden keinen eigenen Messstrahl aus wie ein Radar. Sondern sie nutzen die Sonne als Lichtquelle. Wie stark ihre Strahlung an Wolken und Schwebstaub in der Atmosphäre gestreut wird, lässt sich aber nur schwer einschätzen. Das verfälscht die Messergebnisse.
    Deshalb wird nun an aktiven Verfahren gearbeitet. Markus Rapp, Direktor des Instituts für Atmosphärenphysik im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt, DLR:
    "Aktiv in dem Sinne, dass ein Laserpuls in die Atmosphäre von einem sogenannten Lidar, einem Lichtradar, gesandt wird, mit dem die Streuung an Wolkentröpfchen oder an sonstigen Teilchen, die in der Luft sind, direkt identifiziert und dann eliminiert werden kann."
    Ein solches Lidar soll Mitte 2020 ins All gehievt werden. An Bord des Erdbeobachtungssatelliten Merlin, der gerade gebaut wird. Eine gemeinsame Mission des DLR und der französischen Raumfahrtbehörde CNES. Der DLR-Physiker und Lidar-Spezialist Gerhard Ehret:
    "Merlin ist der erste Satellit, der zeigen soll, dass man mit der Methode diese hochgenauen Messungen von Methan und später auch CO2 erzielen kann."
    Neue Messungen mithilfe von Lichtradar
    Methan ist zwar ein potentes Treibhausgas, sein Gehalt in der Atmosphäre aber verschwindend gering. Auf eine Milliarde Luft-Teilchen kommen im Schnitt gerade einmal ein bis zwei Moleküle Methan. Solchen geringe Konzentrationen muss "Merlin" präzise erfassen können, und das aus rund 500 Kilometern Höhe.
    Einen Prototypen des Methan-Lasers hat das DLR bereits in der Atmosphäre getestet, an Bord des deutschen Forschungsflugzeuges "Halo". Und das erfolgreich, mit der nötigen Messgenauigkeit, wie Markus Rapp sagt:
    "Und wir werden uns sicherlich in Zukunft bemühen, ein ähnliches System auch für Kohlendioxid aufzubauen. Bei Kohlendioxid ist es so, dass man in einem Spektralbereich arbeitet, wo die Detektor-Technologie noch nicht so weit fortgeschritten ist wie beim Methan. Da darf man aber erwarten, dass sich das in den nächsten fünf bis zehn Jahren deutlich verbessern wird. Und dann ist man auch so weit, das für Kohlendioxid zu realisieren."
    Darauf konzentriert sich die NASA im Moment. Sie plant eine Lidar-Mission zur Messung von CO2 aus dem All.
    "Die NASA sieht natürlich, dass wir mit Methan jetzt sehr erfolgreich sind und das erste Treibhausgas-Lidar weltweit überhaupt starten werden. Und wir sind in guten Gesprächen, gemeinsam auch ein Kohlendioxid-System zu entwickeln."
    Enge internationale Zusammenarbeit
    Nationale Alleingänge sind in dieser Sache sowieso nicht gefragt. Um ein lückenloses Überwachungsnetz für Treibhausgase aufzubauen, bräuchte man bestimmt so viele Späher im All, wie es heute Wetter- oder GPS-Satelliten gibt. Ein, zwei Dutzend wären wohl nötig, und ESA-Experte Liebig ist sicher. "dass ein operationelles Monitoringsystem in Zukunft eine Sache ist, wo sehr viele Nationen zusammen dran arbeiten."
    Eine wichtige Hürde muss das Projekt aber noch nehmen. Sie ist nicht technischer, sondern finanzieller Natur: Es gibt zwar noch keine genaue Kosten-Kalkulation. Doch eine ständige Treibhausgas-Kontrolle aus dem All würde auf jeden Fall Milliarden verschlingen, und das für Jahrzehnte. Viele Wissenschaftler und Klimapolitiker halten die Überwachung aus dem All zwar für unerlässlich, doch noch steht nicht fest, ob die Staatengemeinschaft am Ende bereit ist, so viel Geld dafür bereitzustellen.