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Wärme aus dem Nichts

Technik. - Fast ein Viertel der Kosten für häusliche Energie entfällt allein auf die Heizung. Damit ist klar, dass hier ein großes Sparpotenzial liegt. Wie dies ausgeschöpft werden kann, etwa mit neuartiger Verglasung, zeigen Ingenieure auf einer Baumesse in München.

Von Sönke Gäthke | 16.01.2007
    "Wir stehen hier zwischen zwei Isolierglasscheiben einer neuen Art, nämlich Vakuum-Isolierglas, hier ist zwischen den sehr nahe aneinander liegenden Scheiben von einem Millimeter Abstand tatsächlich Vakuum eingebracht."

    Stolz präsentiert Bernhard Durschang vom Fraunhofer Institut für Silicatforschung in Würzburg, was er gemeinsam mit zehn Firmen und Forschungsinstituten entwickelt hat. Links und rechts von ihm stehen zwei Fenster auf Sockeln. Filigrane, graue Stahlrahmen umfassen jeweils eine schlanke Doppel-Scheibe – viel schlanker als konventionelle Isolierglasscheiben, weil im Inneren der beiden Fenster ein Vakuum für eine sehr gute Wärmedämmung sorgt. Zwischen den Fenstern trifft das Auge auf viele kleine, durchsichte Kügelchen – in Reih und Glied geordnet.

    "Das ist der Nachteil dieser Technik. Man hat eine bessere Wärmeisolierung, aber das Vakuum, kann man sich vorstellen, bringt natürlich eine sehr große Kraft auf die Glasscheiben auf, umgerechnet kommen da ungefähr elf Tonnen auf einen Quadratmeter. Ohne diese Punkte, dass sind die Stützen, die zwischen den beiden Scheiben untergebracht sind, würden die beiden Scheiben kontaktieren und man hätte im Endeffekt nur eine Scheibe, die entsprechend schlecht isolieren würde."

    So deutlich sichtbar wie bei dem Prototypen aus Europa müssen diese Stützen aber nicht sein. Nur wenige Meter weiter steht ein Konkurrenzprodukt aus Japan. Und schaut man durch dieses Fenster, stören keine Stützen das Auge – zumindest auf den ersten Blick.

    "Ja, nur wenn man etwas näher hinschaut und sich diesen hellen Boden als Hintergrund betrachtet, fällt schon auf, dass hier ein Raster vorliegt von ca. zwei Zentimetern, wo diese einzelnen, sehr kleinen Punkte vorliegen."

    Bernhard Durschang deutet auf eines der Konkurrenzfenster, und tatsächlich lassen sich auch in diesem Fenster Stützen erahnen. Ähnlich unsichtbar sollen auch die Stützen in seinem Fenster werden, so der Ingenieur aus Würzburg, dafür soll eine bessere Klebetechnik sorgen.

    "Das wird sich in den nächsten Wochen verändern, dann werden diese über Siebdruck aufgebracht werden, dann sieht man diese – dann sieht man nur noch die Stützen und nicht mehr die Klebeflecken."

    Der Vorteil dieses Fensters: Es ist schlank und leicht. Denn zwischen den Glasscheiben ist - nichts. Ein Vakuum. Und nichts dämmt so gut wie dieses "Nichts". Weil keine Materie vorhanden ist, die Wärme leiten könnte, kann auch keine Wärme verloren gehen. Während ein konventionelles Verbundglasfenster mindestens zwei Zentimeter dick ist, hat das Vakuumfenster ein Stärke von 0,8 Millimetern – und dämmt damit sogar besser als die schweren Verbundglasscheiben. Die schlanke Bauweise soll dem Fenster auch zum Durchbruch verhelfen, hofft Bernhard Durschang.

    "Weil hier mit diesem Abstand der beiden Scheiben voneinander von kleiner einem Millimeter man es im Endeffekt handeln kann wie eine einzelne Scheibe."

    Der Forscher will gemeinsam mit der Industrie noch die Dichtungen für die Kanten auf ihre Lebensdauer prüfen. Das Vakuum soll für mindestens 20 Jahre erhalten bleiben. Die Industrie hofft, dass die ersten Vakuumfenster aus Europa in drei Jahren auf den Markt kommen können – auf dem es von einigen Wissenschaftlern und Technikern bereits ungeduldig erwartet wird, erzählt Wolfgang Koenigsdorff, Gebäudeklimatiker von der Fachhochschule Biberach.

    "Auf was man auch seit mindestens zehn Jahren wartet, zumindest ich, ist, wann Gläser ohne Gasfüllungen, also Vakuum-Verglasung auf den Markt kommen, das wäre sicher sehr faszinierend."