Dienstag, 21. Mai 2024

Neue Partei für Januar geplant
Wagenknecht und Verbündete vollziehen Bruch mit der Linkspartei

Sahra Wagenknecht und ihre Verbündeten haben den Bruch mit der Partei "Die Linke" vollzogen und sind ausgetreten. Die geplante neue Wagenknecht-Partei soll möglichst schon bei der Europawahl im kommenden Jahr antreten. Aus der Linkspartei kam erneut scharfe Kritik an den Plänen.

23.10.2023
    Die Vorstandsmitglieder des Vereins "Bündnis Sahra Wagenknecht - Für Vernunft und Gerechtigkeit"
    Die neue Wagenknecht-Partei will schon bei der Europawahl 2024 antreten. (Soeren Stache/dpa)
    So bezeichnete Fraktionschef Bartsch die Parteiaustritte als unverantwortlich und inakzeptabel. Die drei direkt gewählten Bundestagsabgeordneten der Linken forderten die Gruppe zur Abgabe ihrer Mandate auf. Die Betroffenen könnten nicht ihre als Linken-Kandidaten gewonnenen Mandate behalten und gleichzeitig eine Konkurrenz-Partei aufbauen, erklärten Gesine Lötzsch, Sören Pellmann und Gregor Gysi.
    Sie warfen Wagenknecht und ihren Gefolgsleuten in einer gemeinsamen Erklärung einen höchst unmoralischen "Diebstahl" vor. Die drei Abgeordneten erinnerten daran, dass die Linke bei der letzten Bundestagswahl die Fünf-Prozent-Hürde verfehlt habe und nur deshalb in den Bundestag eingezogen sei, weil sie - Lötzsch, Pellmann und Gysi - drei Direktmandate errungen hätten.

    Neugründung für Januar anvisiert

    Zuvor hatte Sahra Wagenknecht ihren Austritt aus der Partei "Die Linke" erklärt und - wie angekündigt - erste Details zur Gründung ihrer eigenen Partei vorgestellt. Gemeinsam mit Wagenknecht traten neun weitere Abgeordnete aus. In der Fraktion wollen sie aber vorerst bleiben, zumindest bis zur Neugründung der Partei, die für Januar angedacht ist.
    Wagenknecht betonte, neben der Europwahl solle die neue Partei möglichst auch bei den drei ostdeutschen Landtagswahlen kommendes Jahr antreten. Das strebe man an, aber das hänge auch davon ab, wie die Landesverbände bis dahin aufgestellt seien und welche Kandidaten man vor Ort habe.
    Kommendes Jahr werden in Thüringen, Sachsen und Brandenburg Landtage gewählt. In Thüringen hätte eine Wagenknecht-Partei einer Insa-Umfrage vom Juli zufolge Potenzial, stärkste Kraft im Freistaat zu werden - vor allem auf Kosten der AfD und der Linken.
    Wagenknecht erklärte, in Deutschland werde seit Jahren an den Wünschen der Mehrheit vorbei regiert. Viele Menschen hätten das Vertrauen in den Staat verloren. Deshalb habe man sich entschlossen, eine neue Partei ins Leben zu rufen. Oberstes Ziel sei es, eine neue Wirtschaftspolitik der Vernunft zu etablieren. Außerdem brauche es wieder mehr soziale Gerechtigkeit. Zudem müsse man wegkommen von einer ungeregelten Zuwanderung und einem planlosen Öko-Aktivismus.
    Die bisherige Fraktionschefin Mohamed Ali sagte im ZDF, der Kurs des Parteivorstandes habe die Linke in die Bedeutungslosigkeit geführt.

    Wie geht es weiter mit der Linksfraktion?

    Die Linksfraktion hat bislang 38 Abgeordnete. Wenn mehr als zwei von ihnen austreten oder ausgeschlossen werden, verliert die Fraktion laut Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages ihren Status und kann nur noch als "Gruppe" weiterarbeiten
    Fraktionschef Bartsch hatte gestern bereits gesagt, er rechne mit dem Verlust des Fraktionsstatus für Januar. Er verwies zugleich darauf, dass 108 Personen als Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der Fraktion angestellt sind. Sie würden ihren Job verlieren, wenn die Linke den Fraktionsstatus verlöre.

    Gründung einer neuen Partei seit Monaten im Gespräch

    Wagenknecht hatte die Gründung einer neuen Partei schon vor Monaten ins Gespräch gebracht. Vor einigen Wochen ließen ihre Unterstützer bereits einen Verein mit dem Namen "Bündnis Sahra Wagenknecht - Für Vernunft und Gerechtigkeit" offiziell registrieren. Der Verein soll nun die Parteigründung vorbereiten und etwa Spenden einsammeln. Die Vorsitzende ist die bisherige Fraktionschefin Mohamed Ali.

    Linke droht Wagenknecht-Anhängern mit Ausschluss

    Der Co-Parteivorsitzende Schirdewan sagte gestern im ZDF, es sei klar, dass diejenigen, die die sich an der Bildung einer Konkurrenzpartei beteiligten, in der Partei nichts mehr zu suchen hätten und rausflögen. Gegen Wagenknecht selbst laufe schon ein Parteiausschlussverfahren, so Schirdewan.
    Die ARD berichtete unter Berufung auf ein Beschlusspapier, dass der Linken-Vorstand gegen alle Beteiligten des Vereins ein Parteiausschlussverfahren anstrengen will.
    Chef Klingbeil zeigte sich offen für die Aufnahme von Mitgliedern der Linken in seine Partei. Er sagte der "Welt am Sonntag", wer sich für Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität einsetze, sei in der SPD willkommen.

    Umfrage: Ein Viertel der Deutschen könnte sich vorstellen, Wagenknecht-Partei zu wählen

    Wie eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Insa für die "Bild am Sonntag" ergab, könnten sich 27 Prozent der Menschen in Deutschland vorstellen, eine neue Wagenknecht-Partei zu wählen. 55 Prozent der Befragten gaben an, eine solche Partei nicht wählen zu wollen, 18 Prozent machten keine Angaben.

    Weiterführende Informationen

    Sahra-Wagenknecht-Partei - Auf der Zielgeraden zur One-Woman-Show
    Diese Nachricht wurde am 23.10.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.