Dienstag, 16. April 2024

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Wahl des Stromanbieters
Holling: Beim Stromversorger auf Ökostrom-Label achten

Verbraucher könnten Einfluss auf den Energiemix in Deutschland ausüben, sagte Leonora Holling, Bund der Energieverbraucher, im Dlf. Ein erster Schritt sei, bei der Wahl eines Stromanbieters auf ein Ökostrom-Label zu achten. Doch das allein reiche nicht - es gäbe noch weitere wichtige Kriterien.

Leonora Holling im Gespräch mit Georg Ehring | 17.09.2018
    Ein grünes Stromkabel mit einem grünen Stromstecker liegen am 25.08.2013 in Berlin auf dem Boden.
    Braunkohle oder erneuerbare Energien - aus welchen Quellen stammt der Strom der Stromanbieter eigentlich? (picture alliance / dpa / Jens Kalaene)
    Georg Ehring: Wer den Anbieter von Strom oder auch Gas wechselt, will meist weniger bezahlen. Doch es gibt auch andere mögliche Gründe für diesen Schritt. Vor Jahren wollten viele Verbraucher auf diese Weise privat aus der Atomkraft aussteigen. Derzeit ist die Verwendung von Braunkohle zur Stromversorgung besonders umstritten.
    Über den Wechsel des Energieversorgers möchte ich jetzt mit Leonora Holling sprechen. Sie ist Vorsitzende des Bundes der Energieverbraucher. Guten Tag, Frau Holling.
    Leonora Holling: Guten Morgen.
    Ehring: Frau Holling, wenn ich den Stromversorger wechsele, hat das denn wenigstens einen kleinen Einfluss auf den Energiemix in Deutschland?
    Holling: Das kann einen Einfluss auf den Energiemix in Deutschland haben, wenn ich bei meinem Wechsel des Stromversorgers auf gewisse Dinge achte. Dazu gehört zum Beispiel, ob er ein Ökostrom-Label hat.
    "Tut dieser Anbieter wirklich was für unsere Umwelt?"
    Ehring: Es gibt ja die Ökostrom-Anbieter, die ein solches Label haben. Was sagt das denn aus?
    Holling: Dieses Öko-Label ist grundsätzlich erst mal eine gute Sache, weil man anhand dieses Labels sicher sein kann, dass es zunächst mal wirklich um Ökostrom geht. Allerdings sind wir der Auffassung, dass das alleine nicht ausreicht, um, wie Sie das so schön ausgedrückt haben, nachhaltig wirklich was für die Umwelt zu tun. Man muss sich auch angucken, ist das nur ein Label, ist es nur ein Weiterverkäufer, oder tut dieser Anbieter wirklich was für unsere Umwelt.
    Ehring: Und woran kann ich das erkennen?
    Holling: Das ist etwas schwieriger, das zu erkennen. Dann müssen Sie im Grunde tiefer einsteigen. Sie müssten sich einmal mit der Historie dieses Anbieters auseinandersetzen, das heißt zum Beispiel gucken, inwieweit er ökologische Projekte fördert. Wenn jemand Ökostrom anbietet und im Grunde sagt, ich beziehe meinen Strom aus erneuerbaren Energien, dann können diese erneuerbaren Energien rein theoretisch eine Offshore-Anlage in der Nordsee mit ganz, ganz großen, auch negativen Auswirkungen auf die Umwelt sein.
    "Label sind teilweise sehr unterschiedlich"
    Ehring: Das heißt, die Ökostrom-Anbieter geben auf ihren Webseiten Auskunft darüber, wo ihr Strom herkommt und wie sie das im Einzelnen sehen, und da kann man sich informieren?
    Holling: Es ist so: Wenn es ein, ich sage jetzt mal, klassischer Ökostrom-Anbieter ist, sollten Sie es auf den Webseiten finden. Sie können es über die Verbraucherzentralen erfahren. Sie können es auch bei uns erfahren. Wir als Bund der Energieverbraucher betreiben auch eine Webseite Energieanbieter-Informationen. Da können Sie zum Beispiel auch Erfahrungen darüber sammeln, wo tatsächlich der Strom herkommt.
    Ehring: Es gibt ja verschiedene Label, zum Beispiel Grüner Strom Label. Sind die unterschiedlich?
    Holling: Die sind teilweise unterschiedlich. Es würde jetzt zu weit gehen, wenn ich jetzt jedes einzelne Label hier erkläre. Aber es gibt natürlich Label, die auch von zum Beispiel der Bundes-Verbraucherzentrale anerkannt sind, und es gibt andere, da kann man sagen, wissen wir nicht so ganz genau, woher die Label eigentlich kommen, das ist ein selbsterklärtes Label.
    Ehring: Woher beziehen die Ökostrom-Anbieter ihre Elektrizität? Wir sind schon kurz darauf eingegangen, aber in Deutschland wird der Ökostrom ja überwiegend über das Erneuerbare-Energien-Gesetz gleichmäßig verteilt und von allen bezahlt, außer von Unternehmen, die besonders viel Strom verbrauchen.
    Holling: Richtig. Wir beziehen es im Grunde in der Regel aus größeren Anlagen. Der einzelne Verbraucher, der auf seinem Dach eine Fotovoltaik-Anlage hat, macht da keinen so großen Unterschied, weil die auch teilweise in die örtlichen Netze einspeisen. Aber wir haben natürlich große Ökostrom-Anbieter. Da gehören auch durchaus einige größere überhaupt Stromerzeuger dazu. Die sagen, wir haben einen Mix und wir haben 30, 40, 50 Prozent aus erneuerbaren Energien, die dann in der Tat - da gebe ich Ihnen recht - von der Allgemeinheit erst mal bezahlt werden im Moment.
    Wechsel des Stromanbieters: "Ganz einfach heutzutage"
    Ehring: Wer jetzt besonders die Braunkohle-Kumpel unterstützen will, gibt es auch Stromanbieter, die besonders viel Braunkohle verbrennen?
    Holling: Das ist ganz einfach. Gucken Sie sich einfach Ihre Jahresrechnung Strom an. Da haben Sie ganz am Schluss eine schöne Tortengrafik und da steht genau drauf, aus welcher Energieart Ihr Anbieter den Strom bezieht.
    Ehring: Noch ganz kurz zum Schluss. Wie läuft denn der Wechsel des Stromanbieters ab?
    Holling: Das ist eigentlich ganz einfach heutzutage. Sie können sich bei Energieanbieter-Portalen ansehen, was gibt es für Anbieter. Man sollte vielleicht nicht nur auf den Preis gucken. Man sollte sich anschauen, wo kommt der Strom her, was ist örtlich, was ist nicht örtlich. Danach kann man dann direkt über die Portale - ich will jetzt hier keines nennen, die sind allgemein bekannt - wechseln. Da kann man mit ein paar Klicks über das Internet eigentlich ganz schnell zu einem neuen Anbieter kommen. Wer kein Internet hat, kann es auch machen, indem er zum Beispiel Versorger direkt anspricht, anschreibt, anruft.
    Ehring: Herzlichen Dank für das Gespräch an Leonora Holling, die Vorsitzende des Bundes der Energieverbraucher.
    Holling: Sehr gerne.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.