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Wahl in Spanien
Rajoy will trotz Verlusten weiterregieren

Bei den Parlamentswahlen in Spanien ist die Volkspartei von Ministerpräsident Manuel Rajoy stärkste Kraft geworden - hat aber die absolute Mehrheit verloren. Rajoy erhebt dennoch Anspruch auf die neue Regierungsbildung. Die Frage ist aber: mit wem?

Von Marc Dugge |
    Der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy nach der Parlamentswahl.
    Kein Verlierer - aber auch kein klarer Gewinner: Der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy nach der Parlamentswahl. (picture alliance / EPA / Chema Moya)
    "Presidente, Presidente!" - Mariano Rajoy steht auf dem Balkon und winkt. Er strahlt in die Menge, hüpft spontan ein paar Mal in die Luft. Solche Gesten kennt man von dem eher steifen Rajoy kaum. Offenbar sind ihm ein paar Kilo von den Schultern genommen.
    "Ich bin mir und wir alle sind uns bewusst, dass wir vier schwierige Jahre hinter uns haben. Wir mussten harte Entscheidungen treffen, die kein Regierender gerne trifft. Aber ich sage unseren Wählern: Ich habe das getan, von dem ich überzeugt war, dass es im Interesse von Spanien liegt. Das war unsere einzige Richtschnur."
    Auch Sozialisten nicht zufrieden
    Und doch: Die Freude kann eine Tatsache nicht verbergen: Rajoy hat viele Stimmen verloren. Ganze 17 Prozent, über 60 Parlamentssitze, die absolute Mehrheit. Er muss sich jetzt einen Koalitionspartner suchen. Auch der Sozialist Pedro Sanchez hat Stimmen verloren. Aber auch er lässt sich feiern. Die Sozialisten landen mit 90 Sitzen auf Platz zwei.
    "Wir haben in diesem Wahlkampf erlebt, wie manche Interessensgruppen versucht haben, die Sozialisten in der Bedeutungslosigkeit verschwinden zu lassen. Aber das haben sie nicht geschafft! Ich fühle mich enorm stolz, diese Partei zu führen!"
    Doch wirklich zufrieden kann auch Sanchez nicht sein. Die Sozialisten sind mit ihrem Vorhaben gescheitert, die stärkste Kraft zu werden. Sie liegen klar hinter den Konservativen - und nur mit wenig Vorsprung vor ihrem anderen großen Rivalen, der linksradikalen Partei Podemos.
    Zu sehen in einer Reihe sind Mitglieder der Partei "Podemos", die ihre Arme in die Luft recken. Auch Parteichef Pablo Iglesias ist dabei (dritter von links).
    Die spanische Partei "Podemos" und ihr Chef Pablo Iglesias (3. v. li.) feiern den Erfolg bei der Parlamentswahl. (picture-alliance / dpa / Juanjo Martin)
    Deren Parteichef Pablo Iglesias hatte am Abend tatsächlich allen Grund zum Jubeln. Aus dem Stand erreichte er gut 20 Prozent und rund ein Fünftel der Parlamentssitze. Die Partei Podemos hat endgültig gezeigt, dass sie keine politische Eintagsfliege ist. Pablo Iglesias:
    "Heute ist ein neues Spanien geboren worden. Ein Spanien, das den routinierten Machtwechseln ein Ende setzt – und das eine neue politische Etappe beginnt."
    Das Zweiparteiensystem ist Geschichte
    Bisher hatten sich Konservative und Sozialisten immer an der Macht abgewechselt. Jetzt ist das traditionelle spanische Zweiparteiensystem Geschichte. Das sieht Albert Rivera ähnlich, Vorsitzender der neuen, liberalen Partei Ciudadanos:
    "Heute beginnt in Spanien eine neue politische Zeit. Millionen Spanier haben entschieden, dass sich das Land verändern wird. Wir Ciudadanos werden an diesem Wandel teilhaben."
    Allerdings nicht in dem Maße, in dem die Ciudadanos sich das vorgestellt haben dürften. Sie landen auf dem vierten Platz und stellen künftig 40 Abgeordnete. Zu wenige, um mit Ministerpräsident Rajoy allein eine stabile Mehrheit zu zimmern.
    Die Ciudadanos galten als möglicher Koalitionspartner der Konservativen. So ist völlig offen, wer nun mit wem eine Regierung auf die Beine stellt. Die spanischen Politiker stehen vor schwierigen Sondierungsgesprächen. Sollten diese scheitern, könnten die Spanier in einigen Wochen noch mal wählen müssen. Spaniens Politik ist spätestens seit dem Abend ziemlich kompliziert geworden.