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Wahlen in der Türkei
Politische Unsicherheit und wirtschaftliche Instabilität

Die Politik der türkischen Regierung unter Präsident Recep Tayyip Erdogan hat das Vertrauen von Investoren zerstört. Dabei spielen auch die zahlreichen Versuche des Präsidenten eine Rolle, sich in die Politik der Notenbank einzumischen. Erdogans AKP drohen nun Einbußen bei den Kommunalwahlen am Sonntag.

Von Dieter Reeg |
Präsident Erdogan macht mit viel Wahlkampf-Getöse ausländische Investoren für die Krise verantwortlich
Die türkische Notenbank erhöhte gegen den Widerstand von Präsident Erdogan den Leitzins auf 24 Prozent (dpa / Henning Kaiser)
Die türkische Lira im freien Fall, Anleger stoßen türkische Staatsanleihen ab, Aktienkurse auf Talfahrt: Die Türkei wird seit etwa einer Woche erneut von einer Finanzkrise geschüttelt.
Für Jannis Hübner von der Deka Bank setzen sich damit Probleme fort, die mit der Währungskrise im vergangenen August begonnen haben und die türkische Wirtschaft in die Rezession getrieben haben. Aktuell hat Finanzinvestoren die Beobachtung verschreckt, dass die Devisenreserven der Türkei zurückgegangen sind.
Hübner: "Dieser Rückgang deutet darauf hin, dass die Zentralbank am Devisenmarkt interveniert, um die Lira zu stützen, was im Vorfeld der Kommunalwahlen am Sonntag politisch verständlich ist, aber ökonomisch ein großes Problem, weil die Währungsreserven ohnehin schon sehr niedrig sind."
Sowohl türkische als auch ausländische Investoren schichten ihre Anlagen um: raus aus dem Lira-Bereich, rein in Dollar- oder Euro-Anlagen. Das lässt unter anderem die türkische Währung an Wert verlieren. Präsident Erdogan macht mit viel Wahlkampf-Getöse - wie er es sagt - Manipulationen ausländischer Investoren für die Krise verantwortlich.
Gefahr nach dem Wahlsonntag
Damit will er nach Einschätzung von Carsten Brzeski von der ING Bank drohende Einbußen seiner AKP-Partei bei den Kommunalwahlen verhindern. Verluste, die durchaus real sind.
"Das sehen Finanzmärkte wieder als Zeichen für neue Instabilität in der Türkei und dann ist durchaus die Gefahr da, dass die Finanzmärkte nach dem Wochenende sich weiter zurückziehen aus der Türkei", sagt Brzeski.
Politische Unsicherheit und wirtschaftliche Instabilität: Die Politik der türkischen Regierung unter Präsident Erdogan hat das Vertrauen von Investoren zerstört. Dabei spielen auch die zahlreichen Versuche des Präsidenten eine Rolle, sich in die Politik der Notenbank einzumischen.
"Wir sehen allgemein natürlich, dass die Notenbank es im letzten Jahr nicht richtig geschafft hat, die Inflation unter Kontrolle zu bekommen. Wir haben immer noch eine Inflationsrate von knapp 20 Prozent, trotz eines Leitzinses von über 20 Prozent, das darf man auch nicht vergessen."
Obwohl die Notenbank gegen den Widerstand von Präsident Erdogan den Leitzins auf 24 Prozent erhöht hat, bezweifeln Finanzexperten durchgängig die Unabhängigkeit der Währungshüter.
Skepis nach Zinsentscheidung
Jörg Kremer von der Commerzbank formulierte diese Skepsis bereits unmittelbar nach der Zinsentscheidung im vergangenen September: "Das ist ein unerwartet starkes Signal der türkischen Zentralbank. Das Problem ist nur, wie nachhaltig ist dieser Schritt, wie unabhängig ist die Zentralbank wirklich?"
Den Beweis wirklicher Unabhängigkeit muss die türkische Zentralbank nach Ansicht von Jannis Hübner von der Deka Bank noch antreten. Zudem muss die Türkei ihre Wirtschaftsstruktur verändern, um der Krise zu entkommen.
"Die Türkei muss weniger abhängig vom Auslandskapital werden, d.h. sie muss ihr Leistungsbilanzdefizit nachhaltig reduzieren. Dafür müsste sie es zum einen schaffen, mehr Exportgüter, international konkurrenzfähige Exportgüter zu produzieren, zum anderen müsste sie von Energieimporten weniger abhängig werden."
Würde die türkische Regierung diese Notwendigkeiten anerkennen, wäre das nach Ansicht des Deka-Ökonomen schon ein positives Signal für Investoren.