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Wahlkampf in Frankreich
Sarkozy beklagt "Stasi-Methoden"

Zwei Tage vor den französischen Kommunalwahlen liefern sich Konservative und Sozialisten eine erneute Schlacht. Diesmal warf einer den ersten Stein, der seit zwei Jahren geschwiegen hatte.

Von Ursula Welter | 21.03.2014
    Sarkozy
    Nicolas Sarkozy (dpa / picture alliance / Christophe Morin)
    Mit Wucht hat sich der 2012 abgewählte Nicolas Sarkozy öffentlich zurückgemeldet. Zum ersten Mal seit seiner Niederlage vertraute er sich wieder einer Zeitung an. Mit einer Kolumne. "Was ich den Franzosen sagen möchte" prangt heute auf der Titelseite des konservativen Blattes Le Figaro.
    Die heiligen Prinzipien der Republik würden mit Füßen getreten, schreibt Sarkozy, er erlebe eine unvergleichliche Gewalt und Skrupellosigkeit.
    Es geht Sarkozy um Verteidigung. Vor Wochen war bekannt geworden, dass Telefone mit seinem Anwalt im Zusammenhang mit Ermittlungen wegen illegaler Wahlkampffinanzierung von den Justizbehörden abgehört wurde. Die sozialistische Regierung war darauf hin in Erklärungsnot geraten, wer wann davon gewusst habe, verteidigte aber die Unabhängigkeit der Justiz.
    Vor wenigen Tagen gerieten wiederum Abschriften einiger Telefonate in die Öffentlichkeit, Sarkozy, der ein Comeback vorbereitet und gegen den in diversen Verfahren ermittelt wird, wittert ein politisches Komplott von links.
    Seine Wut ließ der Ex-Präsident heute in einem zweifelhaften Vergleich gipfeln.
    "Sie lesen richtig", schreibt Sarkozy, "es handelt sich bei all dem nicht um einen Auszug aus dem wunderbaren Film 'Das Leben der Anderen' über Ostdeutschland und die Aktivitäten der Stasi, nein, es handelt sich um Frankreich!"
    Die Attitüde des Pyromanen
    Jeder Vergleich der französischen Republik mit einer Diktatur sei unerträglich, reagierte Frankreichs Staatspräsident am Rande des EU-Gipfels in Brüssel. "Grotesk, skandalös", riefen auch andere im Regierungslager.
    "Der Vergleich mit Stasi-Methoden ist eine Beleidigung für alle Franzosen, so ein Vergleich schwächt die Institutionen der Republik",
    sagte Justizministerin Christiane Taubira. Der grüne Regierungspartner meinte, Sarkozy habe mit seinem Stasi-Vergleich die "Attitüde eines Pyromanen" an den Tag gelegt, Parlamentspräsident Bartolone von den Sozialisten konterte, der Ex-Präsident wolle ja auch nicht, angesichts des Korruptionsverdachts gegen ihn, dass man ihn mit Berlusconi vergleiche.
    So schlagen die Wellen allseits hoch und die politischen Kommentatoren in Frankreich fragen sich, ob Sarkozy ein wohlkalkuliertes Risiko einging mit seinem Angriff auf die Regierung, Teile der Justiz und der Medien, wenige Stunden vor der Kommunalwahl. Schließlich sei der Ex-Präsident nicht naiv und womöglich habe er sein eigenes Lager mobilisieren wollen.
    Der Parteichef der konservativen UMP, Jean-François Copé, sprang jedenfalls über den Stock, den Sarkozy hinhielt, freute sich über die Rückkehr seines Parteifreundes auf die öffentliche Bühne und kritisierte seinerseits, ohne die abgehörten Telefonate direkt anzusprechen: Es sei jedes Limit des Erträglichen in diesem Wahlkampf überschritten worden. Damit meinte Copé aber nicht Sarkozy, sondern den politischen Gegner.