Krause: Das sind natürlich Zahlen, denen man wirklich nicht Glauben schenken darf. Die offizielle Wahlkommission sagt, dass der Herausforderer Juschtschenko im Moment ein Prozent weniger habe als der jetzige Ministerpräsident Janukowitsch. Aber alle wissen eigentlich hier, dass das nicht stimmen kann, denn wo auch immer man im Lande mit Leuten gesprochen hat, diejenigen, die eben einen Wechsel wollten und die ihre Stimme Juschtschenko gegeben haben, ist so überzeugend groß gewesen, dass man wirklich davon ausgehen muss, dass die Trendmeldungen, die ja gestern von Wahlinstituten, von Meinungsforschungsinstituten herausgegeben wurden, korrekt waren. Dass also Juschtschenko in etwa zehn Prozent Stimmen mehr hat als der jetzige Premier Janukowitsch.
Klein: Wenn dieser Eindruck richtig ist, wie ist dann dort manipuliert worden nach Ihrer Einschätzung?
Krause: Da gab es viele Möglichkeiten, zum Ersten ist ja mal auffallend, dass bei dieser Wahl zwei Millionen Wähler mehr zu den Urnen gehen durften als vor drei Wochen. Wir haben im zentralen Wahlbüro angerufen, bei der Wahlkommission und da wurde uns gesagt, ja, man habe die Listen überprüft und dabei festgestellt, 1,9 Millionen Wähler mehr seien plötzlich vorhanden gewesen und seltsamerweise, der größte Teil dieser Wähler ist im Donezbecken, in der Industrieregion, also in der Ost-Ukraine zu finden, dass heißt dort, wo der Premier Janukowitsch seine Hochburgen hat. Ein großer Teil dieser Wähler, dieser zusätzlichen Wähler sollen angeblich für Janukowitsch gestimmt haben. Ob dies so richtig ist, ob dies manipuliert wurde, das ist natürlich nicht klar. Aber die Opposition sagt eindeutig: dieser Ergebnis, das die Wahlkommission da vorlegt, kann nicht stimmen.
Klein: Es gibt ja auch unabhängige Wahlbeobachter. Welcher Meinung schließen die sich denn an?
Krause: Die schließen sich der Meinung der Opposition an. Ich habe mit dem Vorsitzenden der OSZE-Wahlbeobachtung hier gesprochen, der sagte auch schon, beim ersten Wahlergebnis sei natürlich manipuliert worden. Er könne das nicht so offen sagen, aber man müsse davon ausgehen, dass die Vorstellungen der Opposition oder die Ankündigungen der Opposition, dass das Ergebnis um zehn Prozent verändert worden ist, der Richtigkeit entspreche.
Klein: Wie wird es also jetzt weitergehen? Welche Möglichkeiten gibt es, das noch zu überprüfen? Im Moment steht Meinung gegen Meinung, Aussage gegen Aussage.
Krause: Ja, nicht zu ungefähr. Klar kann man das sagen, sondern es ist so, dass nicht nur Meinung gegen Aussage oder Meinung gegen Meinung steht sondern es stehen mehr als 10.000 Menschen auf dem Platz der Unabhängigkeit hier im Zentrum Kiews. Sie sind der Aufforderung von Viktor Juschtschenko gefolgt. Juschtschenko hat gestern Abend, beziehungsweise heute Nacht noch gesagt, bitte, neun Uhr versammelt euch wieder. Es gab ja die ganze Nacht über schon Demonstrationen auf diesem Platz der Unabhängigkeit, aber er hat gesagt, heute Morgen neun Uhr. Zuerst haben wir gedacht, na ja, so viele werden morgens nicht kommen, aber das Gegenteil ist der Fall. Es sind vermutlich jetzt schon an die 10.000, es hat auch erste Arbeitsniederlegungen gegeben. Die größte Druckerei der Ukraine hat dicht gemacht und die Arbeiter dort hingeschickt. Das heißt, es sind eben nicht nur Studenten dort, sondern es ist jetzt auch ein großer Teil der, ich sage mal, normalen Bevölkerung, der Arbeiterschaft dort, auch der Intellektuellen, die sagen, wir müssen uns wehren und wir werden das, was uns die Wahlkommission da versucht vorzusetzen, nicht akzeptieren.
Klein: Ist denn damit zu rechnen, dass es wirklich einen größeren Aufstand gibt, der sich auch länger hinzieht und an dessen Ende dann die Wahrheit steht?
Krause: Erfahrungsgemäß wird so etwas lange dauern. So wie ich die Stimmung einschätze, wird sich die Gruppierung um Juschtschenko und wird sich der größte Teil der Bevölkerung hier in Kiew nicht zufrieden geben mit diesen Manipulationen. Das heißt, es wird Demonstrationen geben, es wird heute vermutlich auch eine Sondersitzung des Parlaments geben, das hatte Juschtschenko gefordert. Aber das Volk ist auf der Straße und wenn das Volk auf der Straße ist, dann kann das für die Machthaber gefährlich werden. Man hat bereits in den Nachbarstraßen oder in den Seitenstraßen hier der Wahlkommission und der Präsidentenadministration Sonderfahrzeuge der Polizei stationiert. Dort sitzen viele Polizisten bereits mit Helmen und mit Schildern ausgerüstet. Es kann durchaus zu Zusammenstößen kommen. Die ukrainische Polizei ist zumeist, wenn ähnliche Situationen waren, und das gab es in den letzten Jahren auch immer wieder, äußerst brutal gegenüber Demonstranten vorgegangen, so dass man nicht ganz genau weiß, wie sich das entwickeln wird. Aber ich denke, es ist nicht so schnell vorbei und es wird sicherlich nicht so laufen, wie Juschtschenko und der ehemalige Präsident der Ukraine, oder der noch amtierende Präsident der Ukraine, Kutschma, sich dies vorstellen.
Klein: Denken Sie, dass am Ende die Wahrheit stehen wird, dass wir einen Präsidenten Juschtschenko haben werden in der Ukraine?
Krause: Ich glaube schon, das wird sicherlich passieren. Es wird nicht so laufen, wie sich das der Staatsapparat hier vorstellt, dass man wieder ein offizielles Ergebnis veröffentlicht und die Leute sagen, jawohl, das ist es und wir gehen jetzt nach Hause. Sondern im Gegenteil, ich glaube, dass ...
Klein: Da ist offenbar unsere Leitung nach Kiew zusammengebrochen. Das waren Informationen von dem ARD-Korrespondenten Hermann Krause zum Ausgang der Stichwahl um die Präsidentschaft in der Ukraine.
Klein: Wenn dieser Eindruck richtig ist, wie ist dann dort manipuliert worden nach Ihrer Einschätzung?
Krause: Da gab es viele Möglichkeiten, zum Ersten ist ja mal auffallend, dass bei dieser Wahl zwei Millionen Wähler mehr zu den Urnen gehen durften als vor drei Wochen. Wir haben im zentralen Wahlbüro angerufen, bei der Wahlkommission und da wurde uns gesagt, ja, man habe die Listen überprüft und dabei festgestellt, 1,9 Millionen Wähler mehr seien plötzlich vorhanden gewesen und seltsamerweise, der größte Teil dieser Wähler ist im Donezbecken, in der Industrieregion, also in der Ost-Ukraine zu finden, dass heißt dort, wo der Premier Janukowitsch seine Hochburgen hat. Ein großer Teil dieser Wähler, dieser zusätzlichen Wähler sollen angeblich für Janukowitsch gestimmt haben. Ob dies so richtig ist, ob dies manipuliert wurde, das ist natürlich nicht klar. Aber die Opposition sagt eindeutig: dieser Ergebnis, das die Wahlkommission da vorlegt, kann nicht stimmen.
Klein: Es gibt ja auch unabhängige Wahlbeobachter. Welcher Meinung schließen die sich denn an?
Krause: Die schließen sich der Meinung der Opposition an. Ich habe mit dem Vorsitzenden der OSZE-Wahlbeobachtung hier gesprochen, der sagte auch schon, beim ersten Wahlergebnis sei natürlich manipuliert worden. Er könne das nicht so offen sagen, aber man müsse davon ausgehen, dass die Vorstellungen der Opposition oder die Ankündigungen der Opposition, dass das Ergebnis um zehn Prozent verändert worden ist, der Richtigkeit entspreche.
Klein: Wie wird es also jetzt weitergehen? Welche Möglichkeiten gibt es, das noch zu überprüfen? Im Moment steht Meinung gegen Meinung, Aussage gegen Aussage.
Krause: Ja, nicht zu ungefähr. Klar kann man das sagen, sondern es ist so, dass nicht nur Meinung gegen Aussage oder Meinung gegen Meinung steht sondern es stehen mehr als 10.000 Menschen auf dem Platz der Unabhängigkeit hier im Zentrum Kiews. Sie sind der Aufforderung von Viktor Juschtschenko gefolgt. Juschtschenko hat gestern Abend, beziehungsweise heute Nacht noch gesagt, bitte, neun Uhr versammelt euch wieder. Es gab ja die ganze Nacht über schon Demonstrationen auf diesem Platz der Unabhängigkeit, aber er hat gesagt, heute Morgen neun Uhr. Zuerst haben wir gedacht, na ja, so viele werden morgens nicht kommen, aber das Gegenteil ist der Fall. Es sind vermutlich jetzt schon an die 10.000, es hat auch erste Arbeitsniederlegungen gegeben. Die größte Druckerei der Ukraine hat dicht gemacht und die Arbeiter dort hingeschickt. Das heißt, es sind eben nicht nur Studenten dort, sondern es ist jetzt auch ein großer Teil der, ich sage mal, normalen Bevölkerung, der Arbeiterschaft dort, auch der Intellektuellen, die sagen, wir müssen uns wehren und wir werden das, was uns die Wahlkommission da versucht vorzusetzen, nicht akzeptieren.
Klein: Ist denn damit zu rechnen, dass es wirklich einen größeren Aufstand gibt, der sich auch länger hinzieht und an dessen Ende dann die Wahrheit steht?
Krause: Erfahrungsgemäß wird so etwas lange dauern. So wie ich die Stimmung einschätze, wird sich die Gruppierung um Juschtschenko und wird sich der größte Teil der Bevölkerung hier in Kiew nicht zufrieden geben mit diesen Manipulationen. Das heißt, es wird Demonstrationen geben, es wird heute vermutlich auch eine Sondersitzung des Parlaments geben, das hatte Juschtschenko gefordert. Aber das Volk ist auf der Straße und wenn das Volk auf der Straße ist, dann kann das für die Machthaber gefährlich werden. Man hat bereits in den Nachbarstraßen oder in den Seitenstraßen hier der Wahlkommission und der Präsidentenadministration Sonderfahrzeuge der Polizei stationiert. Dort sitzen viele Polizisten bereits mit Helmen und mit Schildern ausgerüstet. Es kann durchaus zu Zusammenstößen kommen. Die ukrainische Polizei ist zumeist, wenn ähnliche Situationen waren, und das gab es in den letzten Jahren auch immer wieder, äußerst brutal gegenüber Demonstranten vorgegangen, so dass man nicht ganz genau weiß, wie sich das entwickeln wird. Aber ich denke, es ist nicht so schnell vorbei und es wird sicherlich nicht so laufen, wie Juschtschenko und der ehemalige Präsident der Ukraine, oder der noch amtierende Präsident der Ukraine, Kutschma, sich dies vorstellen.
Klein: Denken Sie, dass am Ende die Wahrheit stehen wird, dass wir einen Präsidenten Juschtschenko haben werden in der Ukraine?
Krause: Ich glaube schon, das wird sicherlich passieren. Es wird nicht so laufen, wie sich das der Staatsapparat hier vorstellt, dass man wieder ein offizielles Ergebnis veröffentlicht und die Leute sagen, jawohl, das ist es und wir gehen jetzt nach Hause. Sondern im Gegenteil, ich glaube, dass ...
Klein: Da ist offenbar unsere Leitung nach Kiew zusammengebrochen. Das waren Informationen von dem ARD-Korrespondenten Hermann Krause zum Ausgang der Stichwahl um die Präsidentschaft in der Ukraine.