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Wahlrechtsreform in Spanien
Das kann so schlecht nicht sein

Die spanische Regierungspartei Partido Popular möchte klare Verhältnisse nach Wahlen: Wer in einer Gemeinde die größte Fraktion stellt, der soll auch gleich den Bürgermeister stellen und im Gemeinderat automatisch die Mehrheit haben. Die anderen Parteien protestieren.

Von Daniel Sulzmann | 28.08.2014
    Die Spanische Flagge weht am 05.06.2013 an der Costa Calma (Fuerteventura) unter der am wolkenlosen Himmel stehenden Sonne.
    Die Wahlrechtsreform wird in Spanien heftig diskutiert. (picture-alliance / dpa-ZB / Soeren Stache)
    Noch ist die Wahlrechtsreform eher ein Phantom. Keiner weiß wirklich genau, was geplant ist, aber alle reden darüber. Das geht sogar so weit, dass Ministerpräsident Mariano Rajoy auf der Pressekonferenz mit Angela Merkel am Montag in Santiago de Compostela noch mal für seine Verhältnisse hochemotional Stellung nahm zu der geplanten Reform des Kommunalwahlrechts:
    "Mensch, ich will mal zwei Sachen sagen: Diese Wahlrechtsreform ist ja schon mal in einem Programm der sozialistischen Partei aufgetaucht. Also haben sie entweder total geirrt, oder der Vorschlag ist gar nicht so schlecht, wie sie jetzt alle sagen. Und außerdem ist das die Art und Weise, wie in vielen wichtigen europäischen Ländern die Bürgermeister gewählt werden, deshalb wird dieses Vorhaben so schlecht nicht sein."
    Was in groben Zügen durch spanische Medien bekanntgemacht worden ist, ist folgendes: Der Bürgermeister in den Städten und Kommunen soll in Zukunft nach den Plänen der Regierung automatisch von der stärksten Fraktion gestellt werden, das heißt, direkt gewählt werden. Ihm sollen 40 Prozent der Stimmanteile reichen, und dann soll es als Bonus noch automatisch immerwährende Stimmenmehrheit in den Stadträten geben. Das heißt: Die Partei mit den meisten Stimmen hat automatisch bei allen Abstimmungen eine Mehrheit von einem Sitz im Stadtrat. Das finden die anderen Parteien alle im Moment völlig undemokratisch. Zusammenschlüsse, gar Koalitionen der kleinen Parteien zum Schaden von Partido Popular oder der sozialistischen Partei wären dann nicht mehr denkbar.
    Vor Jahren das gleiche gefordert
    Als die Sozialisten vergangene Woche dann eine Vorstellung der Pläne durch den Ministerpräsident im Parlament erzwingen wollten, wurde dieser Vorschlag von der Partido Popular, der regierenden Volkspartei, mit ihrer absoluten Mehrheit abgelehnt.
    Und tatsächlich haben die Sozialisten ein Problem, denn vor ein paar Jahren hatten sie im Prinzip schon mal dasselbe wie die konservative PP vorgeschlagen, da waren sie aber selbst noch in der Regierung. Jetzt wollen sie von einer solchen Wahlrechtsreform nichts mehr wissen.
    "Das ist eine Installierung eines Bürgermeisters durch die PP durch die Hintertür, sie wollen damit ihren Machthunger verbergen, das ist das einzige was sie antreibt", sagt César Luena von der sozialistischen Partei.
    Hintergrund des eifrigen Bestrebens der konservativen Volkspartei, noch vor den Kommunalwahlen im nächsten Frühjahr das Gesetz durchzubringen, ist nach Ansicht von Beobachtern die Angst vor der neuen Partei "Podemos". Die linksalternative Gruppierung war bei den Europawahlen überraschend erfolgreich und könnte bei weiteren Erfolgen in vielen Rathäusern das Zünglein an der Waage bilden, wenn es darum geht durch Koalitionen einen Bürgermeister der Partido Popular zu verhindern.
    Doch erste Rechtswissenschaftler warnen, das Gesetz könnte verfassungswidrig sein. Ob die mit absoluter Mehrheit regierenden Konservativen sich am Ende durchsetzen und das Wahlrecht ändern können, steht also noch nicht fest. Aber es wird das politische Thema in Spanien werden, zumal bei den nächsten Sitzungen des Parlamentes ab September.