Remme: Auch wenn die Regierung in Washington vor übertriebener Euphorie warnt, es mehren sich die Zeichen für ein Ende des Kampfes gegen das Taliban-Regime in Afghanistan. Da ist die gestrige Wiedereröffnung der US-Botschaft in Kabul, die Vorbereitungen für den Arbeitsbeginn der Übergangsregierung, die am Samstag ihre Arbeit aufnehmen soll, und die diplomatischen Rangeleien rund um die Bildung einer UNO-Friedenstruppe, die schon in wenigen Tagen in Afghanistan einsatzbereit sein soll. Auch Deutschland bereitet sich auf eine Beteiligung vor, doch Voraussetzung für einen Beschluss des Kabinetts und des Parlaments ist eben ein Mandat der UNO. Dieses steht noch aus. Warum? Dazu Dietmar Merten: "Unklarheiten und Meinungsverschiedenheiten auf mehreren Ebenen verzögern die Entscheidung über die Entsendung der UNO-Schutztruppe nach Afghanistan. So will die neue politische Führung in Kabul nach Berichten aus New York nur eine verhältnismäßig kleine Zahl ausländischer Soldaten ins Land lassen, denen - so heißt es in diplomatischen Kreisen - nach afghanischer Auffassung auch nur das Recht auf Selbstverteidigung zustehen soll. Der Westen und auch die Bundesregierung bestehen jedoch auf einem Kontingent von 5.000 bis 8.000 Mann mit dem Recht, ihre Waffen auch zum Schutz der Bevölkerung einzusetzen. Uneinigkeit herrscht aber auch bei den Regierungen der Entsendestaaten. Laut Zeitungsberichten will Großbritannien zwar die Führung der internationalen Schutztruppe übernehmen, dabei aber eng mit dem amerikanischen Militär zusammenarbeiten. Bundeskanzler Schröder hat ja hingegen gestern eine klare Trennung zwischen den Einheiten, die den Kampf gegen die Taliban führen, und der UN-Schutzmacht gefordert. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages, der Sozialdemokrat Hans-Ulrich Klose, wandte sich sogar gegen eine Führungsrolle der Briten mit dem Argument, sie hätten schon wiederholt in Afghanistan Krieg geführt und würden deshalb dort als Besatzungsmacht betrachtet. Dies wäre - so Klose - nicht gut für den Erfolg der UN-Mission. Einen Bericht der Hannoverschen Allgemeinen, demzufolge schon jetzt deutsche Soldaten nach Afghanistan verlegt worden seien, wies das Verteidigungsministerium als reine Spekulation zurück. " Dietmar Merten war das. Am Telefon ist nun ein Mann, der reichlich Erfahrung mit UN-Blauhelmtruppen gesammelt hat: Manfred Eisele, einst beigeordneter Generalsekretär der UNO, und in diesem Amt zuständig für die Koordination von Blauhelmeinsätzen. Guten Morgen, Herr Eisele.
Eisele: Grüß Gott, Herr Remme.
Remme: Fangen wir mal mit dem letzten Punkt an. Halten Sie es für vorstellbar, dass eine Vorhut der Bundeswehr schon in Kabul ist, ohne dass Kabinett, Parlament und die Vereinten Nationen beschlossen haben?
Eisele: Eine Vorhut würde ich das nicht nennen. Ich kann mir allerdings vorstellen, dass der eine oder andere Militärexperte in Afghanistan und in der Gegend Informationen sammelt, die dringend notwendig sind, bevor deutsche Soldaten dorthin entsandt werden können.
Remme: Nun beginnt in vier Tagen der designierte Chef der Übergangsregierung in Afghanistan, Karzai, mit seiner Arbeit. Er rechnet - so melden es Agenturen und Nachrichten - noch vor seinem Amtseintritt mit der Stationierung der Truppe. Es gibt noch keine Resolution, kein Mandat. Man weiß nicht, wie groß die Truppe sein soll und wer sie anführt - das haben wir gerade gehört -, darüber gibt es auch noch unterschiedliche Meinungen. Ihrer Ansicht nach ein normales Hick Hack vor einem großen UN-Einsatz oder zeigen sich hier Mängel in der Vorbereitung?
Eisele: Nein, über Mängel in der Vorbereitung kann man sicher in einer solchen Phase noch nicht sprechen, wo es um die politische Willensbildung im Sicherheitsrat geht. Sie wird ja in erster Linie in den Hauptstädten der fünf ständigen Mitglieder geboren. Dass es vier unterschiedliche Auffassungen - insbesondere zwischen Britten und Franzosen - hinsichtlich des Verhältnisses einer solchen Friedenstruppe zu den USA gibt, halte ich für normal.
Remme: Kapitel 6 oder Kapitel 7 der UN-Charta? Noch ist nicht sicher, auf welcher Grundlage diese Truppe arbeiten soll. Warum ist das so wichtig, Herr Eisele?
Eisele: Kapitel 6 ist überschrieben "Friedliche Beilegung von Streitigkeiten" und geht davon aus, dass eben nicht nur die Zustimmung der Regierung - in diesem Fall die neue Regierung Afghanistans - vorliegt, sondern auch die Zustimmung aller Konfliktparteien. Aber hinsichtlich der Haltung der Konfliktparteien, d.h. der unterschiedlichen Gruppierungen innerhalb Afghanistans, kann man einfach nicht sicher sein. Und deswegen halte ich es für dringend wünschenswert, dass ein robustes Mandat sich auf Kapitel 7 der Charta der Vereinten Nationen stützt und damit die Blauhelm-Soldaten, die dorthin entsandt werden, in den Stand setzt, nicht nur sich selber zu verteidigen, sondern auch ihren Auftrag, den politischen Willen der Weltorganisation, durchzusetzen.
Remme: Halten Sie es für richtig, dass Bundeskanzler Schröder eben dies zu einer Bedingung für eine deutsche Beteiligung gemacht hat?
Eisele: Ja, das halte ich für sinnvoll, obwohl man sich darüber klar sein muss, dass das Mitspracherecht von truppenstellenden Nationen gegenüber der Stimme der ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates und auch der nicht ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates eben nur eine Stimme ist und deutlich weniger politisches Gewicht hat.
Remme: Diese Präferenz für ein robustes Mandat - wie es immer so schön heißt -, ist das auch eine Lehre aus dem Debakel von Srebrenica?
Eisele: Unbedingt. Es ist eine bittere Lektion, welche die Vereinten Nationen durch Versuch und Irrtum gelernt haben, dass es nicht sinnvoll ist, sozusagen tröpfchenweise Blauhelme in eine Krisenregion zu entsenden. Die Erfolgsaussicht ist erheblich besser, wenn man von Anfang an dort mit entsprechend überzeugender Stärke auftritt, und wenn die Lage sich als friedlicher herausstellt, als man das vorhergesehen hat, ist eine Deeskalation möglich, indem man die robuste Bewaffnung nach und nach etwas reduziert.
Remme: Haben sich nach den Erfahrungen in Srebrenica diese klassischen Blauhelmeinsätze gänzlich überlebt?
Eisele: Das kann man so nicht sagen. Es gibt durchaus Situationen, in denen die Präsenz von Blauhelmen, ähnlich wie etwa in Mazedonien oder in Guatemala, mit der Zustimmung aller Konfliktparteien erfolgt, und dort ist auch ein Einsatz nach Kapitel 6 möglich und sinnvoll.
Remme: Herr Eisele, Sie sind Militär a.D. Die Britten wollen innerhalb der Friedenstruppe offenbar eng mit den Amerikanern zusammenarbeiten. Halten Sie eine saubere Trennung zwischen diesen Militäreinsatz der Amerikaner, den wir seit dem 7. Oktober beobachten, einerseits und der Arbeit der Friedenstruppen andrerseits für notwendig?
Eisele: Ich halte das unbedingt für notwendig. Auf der anderen Seite ist eine enge Kooperation dieser beiden nebeneinander laufenden Operationen genauso notwendig. Und so etwas sollte sinnvoll geplant sein, denn es gibt in jüngster Vergangenheit abschreckende Beispiele, etwa in Sierra Leone, wo neben einer auch mit britischer Unterstützung entsandten 13.000 Mann starken Truppe ein nationales britisches Kontingent operierte, ohne dass es zunächst irgendwelche Absprachen gab. Das hat zu vielen Irritationen geführt, und die muss man von vorne herein ausschließen.
Remme: Saubere Trennung, dichtes Nebeneinander, kann das gelingen?
Eisele: Es kann gelingen. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist die Wiedereröffnung der amerikanischen Botschaft in Kabul. Man muss zugleich sehen, dass die militärische Führung der Amerikaner derzeit noch aus Florida erfolgt, also mit den Mitteln amerikanischer Hochtechnologie. Und hier ist unbedingt ein Schulterschluss auf dem Boden in Kabul erforderlich, d.h. auch die Amerikaner müssten daran denken, ihre Kommandostruktur in gewisser Weise durch Delegation von Verantwortung auf lokale anwesende Führer zu korrigieren.
Remme: Wenn Sie zurückschauen, welche UNO-Einsätze in der Vergangenheit können denn im Falle Afghanistans lehrreich sein?
Eisele: Es ist schwer, von dem einen UNO-Einsatz, der Erfolg gehabt hat, oder auch einem fehlgeschlagenen UN-Einsatz in einem anderen Krisengebiet, nun Lehren auf ein neues Krisengebiet übertragen zu wollen. Es hat erfolgreiche UN-Einsätze überall dort gegeben, wo es Einigkeit innerhalb des Sicherheitsrates über die politischen Ziele und Einigkeit mit der Vollversammlung der Vereinten Nationen über die finanzielle Ausstattung einer solchen Mission gegeben hat. Ein besonders erfolgreiches Beispiel dafür ist der Einsatz in Mozambique. Aber unmittelbare Lehren, die man auf die inneren Verhältnisse Afghanistans übertragen könnte, gibt es nicht. Insofern ist nahezu jede Friedensmission auch das Betreten neuer Krisengebiete.
Remme: Was mir nicht recht einleuchtet, das Aufgabenfeld der Truppe scheint recht eng bemessen zu sein. Über Kabul reicht es kaum hinaus. Sind da nicht durch unterschiedliche Sicherheitsstandards im Land dann schon Probleme programmiert?
Eisele: Das kann ich mir vorstellen. Und hier wird es notwendig sein, dass man die Vorbehalte, die offensichtlich auf Seiten der neu zu installierenden afghanischen Regierung bestehen, durch intensive Gespräche abbaut. Hierzu ist der Experte des Generalsekretärs für Afghanistan der bestqualifizierte Mann, und ich bin sicher, dass es gelingen wird, das Mandat, das im Sicherheitsrat in New York geschrieben wird, so auf die Gegebenheiten des Landes umzuschreiben, dass auch die afghanische Regierung damit keine Probleme haben wird.
Remme: Diese Begrenzung auf Kabul, ist das nicht doch eine sträfliche Vernachlässigung des Rests des Landes?
Eisele: So sehe ich das auch. Ich halte es beispielsweise angesichts der geographischen Struktur Afghanistans für zwingend erforderlich, dass man die Blauhelmtruppe nicht nur etwa über den Flughafen Kabul in die Hauptstadt hineinbringt, sondern man muss sie mit entsprechenden Möglichkeiten - Hubschrauber, Ausstattung - versehen, damit sie in der Lage ist, in Krisenpunkte, die sich innerhalb des Landes unter Umständen kurzfristig entwickeln können - Masar-i-Sharif könnte einer sein, Kandahar ein anderer, Dschalalabad ein weiterer -, rasch verlegt werden kann. Und hierfür muss das Mandat entsprechende Freiräume anbieten.
Remme: Vielen Dank für das Gespräch, Herr Eisele.
Link: DeutschlandRadio Extra
Link: Interview als RealAudio
Eisele: Grüß Gott, Herr Remme.
Remme: Fangen wir mal mit dem letzten Punkt an. Halten Sie es für vorstellbar, dass eine Vorhut der Bundeswehr schon in Kabul ist, ohne dass Kabinett, Parlament und die Vereinten Nationen beschlossen haben?
Eisele: Eine Vorhut würde ich das nicht nennen. Ich kann mir allerdings vorstellen, dass der eine oder andere Militärexperte in Afghanistan und in der Gegend Informationen sammelt, die dringend notwendig sind, bevor deutsche Soldaten dorthin entsandt werden können.
Remme: Nun beginnt in vier Tagen der designierte Chef der Übergangsregierung in Afghanistan, Karzai, mit seiner Arbeit. Er rechnet - so melden es Agenturen und Nachrichten - noch vor seinem Amtseintritt mit der Stationierung der Truppe. Es gibt noch keine Resolution, kein Mandat. Man weiß nicht, wie groß die Truppe sein soll und wer sie anführt - das haben wir gerade gehört -, darüber gibt es auch noch unterschiedliche Meinungen. Ihrer Ansicht nach ein normales Hick Hack vor einem großen UN-Einsatz oder zeigen sich hier Mängel in der Vorbereitung?
Eisele: Nein, über Mängel in der Vorbereitung kann man sicher in einer solchen Phase noch nicht sprechen, wo es um die politische Willensbildung im Sicherheitsrat geht. Sie wird ja in erster Linie in den Hauptstädten der fünf ständigen Mitglieder geboren. Dass es vier unterschiedliche Auffassungen - insbesondere zwischen Britten und Franzosen - hinsichtlich des Verhältnisses einer solchen Friedenstruppe zu den USA gibt, halte ich für normal.
Remme: Kapitel 6 oder Kapitel 7 der UN-Charta? Noch ist nicht sicher, auf welcher Grundlage diese Truppe arbeiten soll. Warum ist das so wichtig, Herr Eisele?
Eisele: Kapitel 6 ist überschrieben "Friedliche Beilegung von Streitigkeiten" und geht davon aus, dass eben nicht nur die Zustimmung der Regierung - in diesem Fall die neue Regierung Afghanistans - vorliegt, sondern auch die Zustimmung aller Konfliktparteien. Aber hinsichtlich der Haltung der Konfliktparteien, d.h. der unterschiedlichen Gruppierungen innerhalb Afghanistans, kann man einfach nicht sicher sein. Und deswegen halte ich es für dringend wünschenswert, dass ein robustes Mandat sich auf Kapitel 7 der Charta der Vereinten Nationen stützt und damit die Blauhelm-Soldaten, die dorthin entsandt werden, in den Stand setzt, nicht nur sich selber zu verteidigen, sondern auch ihren Auftrag, den politischen Willen der Weltorganisation, durchzusetzen.
Remme: Halten Sie es für richtig, dass Bundeskanzler Schröder eben dies zu einer Bedingung für eine deutsche Beteiligung gemacht hat?
Eisele: Ja, das halte ich für sinnvoll, obwohl man sich darüber klar sein muss, dass das Mitspracherecht von truppenstellenden Nationen gegenüber der Stimme der ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates und auch der nicht ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates eben nur eine Stimme ist und deutlich weniger politisches Gewicht hat.
Remme: Diese Präferenz für ein robustes Mandat - wie es immer so schön heißt -, ist das auch eine Lehre aus dem Debakel von Srebrenica?
Eisele: Unbedingt. Es ist eine bittere Lektion, welche die Vereinten Nationen durch Versuch und Irrtum gelernt haben, dass es nicht sinnvoll ist, sozusagen tröpfchenweise Blauhelme in eine Krisenregion zu entsenden. Die Erfolgsaussicht ist erheblich besser, wenn man von Anfang an dort mit entsprechend überzeugender Stärke auftritt, und wenn die Lage sich als friedlicher herausstellt, als man das vorhergesehen hat, ist eine Deeskalation möglich, indem man die robuste Bewaffnung nach und nach etwas reduziert.
Remme: Haben sich nach den Erfahrungen in Srebrenica diese klassischen Blauhelmeinsätze gänzlich überlebt?
Eisele: Das kann man so nicht sagen. Es gibt durchaus Situationen, in denen die Präsenz von Blauhelmen, ähnlich wie etwa in Mazedonien oder in Guatemala, mit der Zustimmung aller Konfliktparteien erfolgt, und dort ist auch ein Einsatz nach Kapitel 6 möglich und sinnvoll.
Remme: Herr Eisele, Sie sind Militär a.D. Die Britten wollen innerhalb der Friedenstruppe offenbar eng mit den Amerikanern zusammenarbeiten. Halten Sie eine saubere Trennung zwischen diesen Militäreinsatz der Amerikaner, den wir seit dem 7. Oktober beobachten, einerseits und der Arbeit der Friedenstruppen andrerseits für notwendig?
Eisele: Ich halte das unbedingt für notwendig. Auf der anderen Seite ist eine enge Kooperation dieser beiden nebeneinander laufenden Operationen genauso notwendig. Und so etwas sollte sinnvoll geplant sein, denn es gibt in jüngster Vergangenheit abschreckende Beispiele, etwa in Sierra Leone, wo neben einer auch mit britischer Unterstützung entsandten 13.000 Mann starken Truppe ein nationales britisches Kontingent operierte, ohne dass es zunächst irgendwelche Absprachen gab. Das hat zu vielen Irritationen geführt, und die muss man von vorne herein ausschließen.
Remme: Saubere Trennung, dichtes Nebeneinander, kann das gelingen?
Eisele: Es kann gelingen. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist die Wiedereröffnung der amerikanischen Botschaft in Kabul. Man muss zugleich sehen, dass die militärische Führung der Amerikaner derzeit noch aus Florida erfolgt, also mit den Mitteln amerikanischer Hochtechnologie. Und hier ist unbedingt ein Schulterschluss auf dem Boden in Kabul erforderlich, d.h. auch die Amerikaner müssten daran denken, ihre Kommandostruktur in gewisser Weise durch Delegation von Verantwortung auf lokale anwesende Führer zu korrigieren.
Remme: Wenn Sie zurückschauen, welche UNO-Einsätze in der Vergangenheit können denn im Falle Afghanistans lehrreich sein?
Eisele: Es ist schwer, von dem einen UNO-Einsatz, der Erfolg gehabt hat, oder auch einem fehlgeschlagenen UN-Einsatz in einem anderen Krisengebiet, nun Lehren auf ein neues Krisengebiet übertragen zu wollen. Es hat erfolgreiche UN-Einsätze überall dort gegeben, wo es Einigkeit innerhalb des Sicherheitsrates über die politischen Ziele und Einigkeit mit der Vollversammlung der Vereinten Nationen über die finanzielle Ausstattung einer solchen Mission gegeben hat. Ein besonders erfolgreiches Beispiel dafür ist der Einsatz in Mozambique. Aber unmittelbare Lehren, die man auf die inneren Verhältnisse Afghanistans übertragen könnte, gibt es nicht. Insofern ist nahezu jede Friedensmission auch das Betreten neuer Krisengebiete.
Remme: Was mir nicht recht einleuchtet, das Aufgabenfeld der Truppe scheint recht eng bemessen zu sein. Über Kabul reicht es kaum hinaus. Sind da nicht durch unterschiedliche Sicherheitsstandards im Land dann schon Probleme programmiert?
Eisele: Das kann ich mir vorstellen. Und hier wird es notwendig sein, dass man die Vorbehalte, die offensichtlich auf Seiten der neu zu installierenden afghanischen Regierung bestehen, durch intensive Gespräche abbaut. Hierzu ist der Experte des Generalsekretärs für Afghanistan der bestqualifizierte Mann, und ich bin sicher, dass es gelingen wird, das Mandat, das im Sicherheitsrat in New York geschrieben wird, so auf die Gegebenheiten des Landes umzuschreiben, dass auch die afghanische Regierung damit keine Probleme haben wird.
Remme: Diese Begrenzung auf Kabul, ist das nicht doch eine sträfliche Vernachlässigung des Rests des Landes?
Eisele: So sehe ich das auch. Ich halte es beispielsweise angesichts der geographischen Struktur Afghanistans für zwingend erforderlich, dass man die Blauhelmtruppe nicht nur etwa über den Flughafen Kabul in die Hauptstadt hineinbringt, sondern man muss sie mit entsprechenden Möglichkeiten - Hubschrauber, Ausstattung - versehen, damit sie in der Lage ist, in Krisenpunkte, die sich innerhalb des Landes unter Umständen kurzfristig entwickeln können - Masar-i-Sharif könnte einer sein, Kandahar ein anderer, Dschalalabad ein weiterer -, rasch verlegt werden kann. Und hierfür muss das Mandat entsprechende Freiräume anbieten.
Remme: Vielen Dank für das Gespräch, Herr Eisele.
Link: DeutschlandRadio Extra
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