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Warten auf den Bundesfinanzausschuss

100 Millionen Euro für zehn Kilometer - so teuer wird der Bau des geplanten Saale-Elbe-Kanals schätzungsweise werden. Das Projekt ist in Sachsen-Anhalt wirtschaftlich und ökologisch umstritten. Nun droht auch noch Kritik aus Berlin.

Von Susanne Arlt | 04.02.2011
    Etwa 50 Demonstranten haben sich vor dem Magdeburger Landtag versammelt. Sie protestieren gegen den geplanten Bau des Elbe-Saale-Kanals. Der ist zu teuer und zu unrentabel steht auf ihren Plakaten. Die Parlamentarier sollen sich auf Wunsch der Freien Demokraten heute im Plenum noch einmal zu diesem Thema positionieren. Die Linkspartei war schon immer gegen den Bau, die Grünen sowieso, aber auch die SPD, die zusammen mit der CDU das Land Sachsen-Anhalt regiert, hat inzwischen einen Rückzieher gemacht.

    "Die SPD wird diesen Antrag, der ein Schaufensterantrag der FDP ist, heute mit großer Mehrheit ablehnen."

    Zu Beginn der Legislatur vor fünf Jahren sah das noch ganz anders aus. Im Koalitionsvertrag hatten sich die Sozialdemokraten für den Bau des Elbe-Saale-Kanals ausgesprochen. Inzwischen aber, argumentiert Landesvorsitzende Katrin Budde, sei das Projekt ökologischer und auch ökonomischer Unsinn.

    "100 Millionen oder mehr für einen Saale-Seiten-Kanal, der ja im Grunde die Kosten sozialisiert und die Gewinne privatisiert, das findet die SPD auch nicht mehr so lustig. Und deswegen die Absage jetzt."

    Ein Großteil der Saale hat Staustufen. Nur die die letzten Kilometer, die bei Barby in die Elbe münden, sind davon unberührt. Für Binnenschiffer ist die Strecke darum unrentabel. Aus umweltpolitischen Gründen will darum das Verkehrsministerium parallel zur Saale den Saale-Seiten-Kanal bauen. Theoretisch könnten Containerschiffe dann die ganze Saale befahren. Trotzdem sei das Vorhaben völlig unsinnig, findet Landwirt Achim Blume und spottet: Was soll der Binnenschiffer denn machen, wenn er die Elbe erreicht? Dann bleibt er meist stecken, denn an mindestens 200 Tagen im Jahr hat die Elbe Niedrigwasser.

    "Wenn man den Ausführungen unserer Klimaforscher Recht geben will, dann werden wir es in Zukunft wohl doch mehr mit Extremen zu tun haben. Extreme heißen für uns dann, entweder Niedrigwasser auf der Elbe und nicht beschiffbar. Oder wie es in den letzten Tagen und Wochen für uns der Fall ist, extremes Hochwasser mit einem Wasserstand über fünf Meter 70, das heißt also auch nicht beschiffbar."

    100 Hektar landwirtschaftliche Fläche würde die Agrargenossenschaft Barby durch den Kanalbau verlieren. Dieses Bollwerk würde eine Jahrhundert alte Kulturlandschaft zerstören, ärgert sich Blume. Grundwasserleiter würden zerschnitten. Wie sich das Wasser in Barby dann bei Hochwasser verhält, das kann uns heute keiner sicher sagen, sagt Landwirt Blume. Eine Umfrage der ansässigen Zeitung ergab kürzlich: 90 Prozent der Bewohner an der Saale und Elbe sprechen sich gegen den Bau des Kanals aus. Auch Naturschützer Ernst-Paul Dörfler ist seit Jahren dagegen. Bislang fand er bei der Landesregierung kaum Gehör. Er vermutet, der Bau soll auch Arbeitsplätze im Magdeburger Wasserstraßenneubauamt sichern.

    "Es ist absehbar, dieser Kanal wird zum Geisterkanal, weil die Schiffe ihn nicht annehmen werden. Also hier wird mit der Salamitaktik offensichtlich gearbeitet, es wird das erste Brötchen gebacken. Es wird überhaupt kein Nutzen haben, es wird sehr teuer sein, und je mehr Geld investiert ist in diese Wasserstraße, umso höher ist der Druck, dann weiterbauen zu müssen."

    Jetzt aber scheine die Kanalgegner Hilfe von ganz oben zu bekommen. Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer will im April ein neues Konzept für die Bundeswasserstraßen vorlegen. Für den geplanten Saale-Kanal könnte dies das Aus bedeuten.