Heckmann: Von Heulen und Zähneklappern sprach Roland Koch vor der zweiten Koalitionsrunde am Montag. CSU-Chef Stoiber sprach anschließend von der größten Haushaltssanierung in der deutschen Geschichte. Und in der Tat: um 35 Milliarden Euro wollen Union und SPD 2007 den Bundeshaushalt kürzen, um den Euro-Stabilitätspakt wieder einhalten zu können. Darauf einigten sich beide Seiten. Worauf sie sich nicht einigten, das war die Frage, wie genau das Geld herein kommen soll. Heute tagt dazu erneut die Arbeitsgruppe Finanzen.
Am Telefon begrüße ich jetzt Ludolf von Wartenberg. Er ist Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie. Guten Morgen!
von Wartenberg: Guten Morgen Herr Heckmann.
Heckmann: Herr von Wartenberg, die SPD peilt eine Erhöhung der Steuerquote um 2 Prozent an. Das ist der Anteil der Steuern am Bruttosozialprodukt. Die Union hatte schon vor der Bundestagswahl angekündigt, die Mehrwertsteuer erhöhen zu wollen, was die SPD bisher ablehnte. Dennoch: angesichts der Staatsfinanzen führt aus Ihrer Sicht ein Weg an einer Steuererhöhung vorbei?
von Wartenberg: Ach Herr Heckmann, wir sind ob der Herkules-Aufgaben, die vor der Koalitionsrunde liegen, schon sehr pragmatisch. Es gilt das Problem zu lösen, auf der einen Seite einen Beitrag zu leisten zur Sanierung der Staatsfinanzen und der sozialen Sicherungssysteme bei gleichzeitiger Beibehaltung von Impulsen für Wirtschaftswachstum. Da genau kommen wir in die eigentliche Problemlage. Eine Steuererhöhung ist der bequemere und scheint der bequemere Weg zu sein. Warum kann der Staat nicht sparen? Die Steuereinnahmen des Bundes steigen stetig. Gegenüber dem Jahre 2004 werden die Steuereinnahmen des Bundes um 2 Prozent, also 3,8 Milliarden Euro, steigen. Man kann zur Steuererhöhung erst dann im Endeffekt ja sagen, wenn wirklich überall sorgfältig geprüft wurde, ob gespart werden kann und ob in den Systemen selbst effizienter gearbeitet werden kann. Gerade bei dem Missmanagement der Hartz-IV-Geschichte wissen wir, dass in den sozialen Systemen erhebliche Milliarden noch eingespart werden könnten, unabhängig davon, dass in den sozialen Sicherungssystemen man von einer umlagefinanzierten Leistung der Sozialversicherungsbeiträge zur Basissicherung zurückgehen muss und bei der Rentenversicherung über eine Anhebung des vorgezogenen Rentenbezuges selbst sprechen muss. Also es gibt noch so viel in der Linie drin, im System drin, bevor man überhaupt eine Zustimmung zu einer Mehrwertsteuererhöhung geschweige denn zu einer erweiterten Bemessungsgrundlage für die Ertragssteuern sprechen kann.
Heckmann: Vor der Wahl wurde ja immer gesagt, dass die Einnahmen aus einer Erhöhung der Mehrwertsteuer zu großen Teilen zumindest in die Senkung der Lohnnebenkosten fließen soll. Setzen Sie denn darauf, dass dieses Versprechen noch Bestand hat, angesichts der neuen Zahlen?
von Wartenberg: Es wurde schon während des Wahlkampfes hinterfragt, ob die Länder dem zustimmen, denn die Länder haben ungefähr die Hälfte des Anteils aus der Mehrwertsteuer auf ihren eigenen Konten und die Ministerpräsidenten der Union haben damals ja der Frau Merkel abgerungen, dass ein Teil davon dann zur Sanierung der Länderhaushalte dient. Das Problem, was wir gegenwärtig haben, ist ja, dass nicht nur der Bund finanzielle Schwierigkeiten hat, erhebliche, uns besorgende Schwierigkeiten hat, sondern das ist ja Bund, Länder und Gemeinden gemeinsam. Die gesamten Staatsfinanzen stehen auf der Tagesordnung. Die 35 Milliarden, von denen gesprochen wurde, sind ja der Staatshaushalt, der Bundeshaushalt. Wir sprechen nicht über die Länder und über die Gemeinden. Insoweit sage ich, es ist eine wirkliche Sanierungsaufgabe.
Die Einnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden steigen zurzeit. Da muss man schon fragen, wenn sie mit dem Geld nicht auskommen, dann müssen die Ausgaben selbst ins Bewusstsein gerückt werden. Warum kann der Staat nicht sparen, sowohl über die Gemeinden wie bei den Ländern und im Bund? Erst wenn diese Frage bis zum Schluss beantwortet wurde, durchgefochten wurde, dann kann man sich fragen dient jetzt und welche Steuererhöhung wäre dann angemessen, wenn gleichzeitig die Lohnzusatzkosten sinken, was wir für richtig halten.
Wir brauchen eine wachstumsfördernde Abgabenpolitik. Wachstumsfördernde Abgabenpolitik heißt keine Einkommenssteuersenkung für die normalen Bürger – das können wir nicht verantworten -, aber Steuersenkung für Unternehmen, wenn die Arbeitsplätze schaffen. Abgaben senken, Lohnzusatzkosten zum Beispiel senken, dafür könnte dann gegebenenfalls die Mehrwertsteuererhöhung in Erwägung gezogen werden, aber bitte erst ganz zum Schluss und nicht am Anfang nach dem Motto ich brauche mir keine Gedanken zu machen über die Reform des Systems und kann dadurch die Probleme lösen.
Heckmann: Wo wir gerade bei den Unternehmenssteuern sind. SPD und Union hatten sich bei dem so genannten Job-Gipfel ja auf eine Senkung dieser Steuern geeinigt. Allerdings hatten sie sich nicht auf eine Gegenfinanzierung einigen können. Glauben Sie denn, dass das dieses Mal anders sein wird?
von Wartenberg: Nein. Ich glaube schon, dass der Job-Gipfel einen Maßstab darlegt, die Körperschaftssteuer um 19 Prozent zu senken und bei der Frage der Gewerbesteuer eine andere Anrechnung für die Privatunternehmen zu ermöglichen und vor allen Dingen bei der Erbschaftssteuer das Abschmelzmodell, also die Erbschaftssteuer in diesem Fall nur für Betriebsübergänge, damit Familienunternehmen, mittelständische Unternehmen in der Lage sind, auch in die nächste Generation hinein diese Arbeitsplätze zu erhalten, da entgegen zu kommen, wie man das im Ausland teilweise auch mit Erfolg betreibt. Ich glaube diese Palette, dieser Maßstab des Job-Gipfels gilt nach wie vor. Bei der Gegenfinanzierung klar, da müssen wir in die Diskussion gehen. Auch damals hat man sich schon nicht geeinigt.
Der Staat kann zugegebenermaßen nicht auf Einnahmen verzichten. Er muss eine wachstumsfördernde Steuerpolitik betreiben. Die Diskussion um die Erweiterung der Bemessungsgrundlage konterkariert sehr schnell das ursprüngliche Ziel, mit attraktiven Steuersätzen wettbewerbsfähiger zu erscheinen.
Also wenn zum Beispiel diskutiert wird, den Irresinn der Mindestbesteuerung weiter anzuheben, das heißt Unternehmen, die langfristige Anlageinvestitionen tätigen, dann für zwei, drei Jahre Verluste machen müssen, werden trotzdem zur Steuerzahlung herangezogen, dann ist das natürlich wirtschaftspolitisch oder ökonomisch gesehen Schwachsinn. Das hilft dem Haushalt, aber hilft nicht der Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens. Da muss man sich auf eine faire Diskussion einlassen und wir sind uns völlig im Klaren darüber, dass eine Unternehmenssteuer und eine wachstumsfördernde Steuerpolitik nicht nur mit negativen Einnahmen des Bundes und des Landes verbunden sein kann.
Heckmann: Wieso kann der Staat nicht sparen, fragen Sie. Da sind wir beim Punkt Subventionsabbau. Da will man ja ran. Würden Sie denn einen Subventionsabbau nach dem Rasenmäherprinzip befürworten?
von Wartenberg: Ich weiß das ist sehr populär und klingt durchaus sehr pragmatisch, weil dann alle gemeinsam schreien. Ob es politisch gerecht ist, ob es wirklich gestaltet, das müsste ich mal hinterfragen. Es gibt eine Reihe von Subventionen, die als Subventionen definiert werden, aber in Wahrheit wären das, wenn sie weggestellt werden, dann Steuererhöhungen. Es gibt Subventionen in parteipolitischen Lagern, die hier und da bisher vehement verteidigt wurden, wo man sich mit Recht fragen kann OK, wenn das gemeinsam angepackt wird und mit einer gewissen Übergangsfrist auch die Arbeitnehmer, die davon betroffen sind, die Unternehmen, die davon betroffen sind, oder die Tarifpartner, die angesprochen werden könnten, Lösungen bekommen, dann halte ich das für richtig.
Das ist die Pendlerpauschale, das ist die Eigenheimzulage, das ist die Frage der Nacht- und Feiertagszuschläge. All das kann man nicht von heute auf morgen abschaffen, aber man muss schon dann mit den Betroffenen oder den Verantwortlichen klarstellen, wir wollen im Endeffekt ja keine Mindereinnahmen bei den Nettoeinkommen erreichen. Wir wollen über die Zeit nur die Kosten dort verlagern, wo sie entstehen: am Arbeitsplatz oder beim Arbeitnehmer oder in der Eigenverantwortung, die er für die Vorsorge zu leisten hat. Mit den geeigneten Übergangsfristen entsteht dann auch die Kalkulierbarkeit der Konsumenten, der Bürger, der Einkommensbezieher, die Kalkulierbarkeit, die sich dann auch im Vertrauen auf den Markt äußert.
Was wir beklagen ist ja eine Zurückhaltung bei der Konsumentennachfrage, der Binnenmarktnachfrage. Es bessert sich leicht, aber es drückt noch nicht das notwendige Vertrauen aus. Das habe ich erst, wenn die Bürger wirklich den Eindruck haben, da ist eine Regierung dran, sie kann es schaffen, das Team sieht ja klasse aus, sie kann es schaffen. Sie kommt auch mit harten Sparmaßnahmen auf uns zu, aber wir können uns darauf verlassen, dass das dann auch ausreicht und richtig ist.
Heckmann: 35 Milliarden Euro, das ist eine stolze Summe, die nicht nur über den Abbau von Subventionen hereingeholt werden kann. Stehen wir auch vor Leistungskürzungen? Stichwort Rente.
von Wartenberg: Die Ankündigung, dass die Renten im nächsten Jahr nicht steigen werden, ist angesichts der Kassenlage richtig. Ich sage auch noch mehr: Wir müssen im Prinzip über ein Renteneintrittsalter ab 67 Jahre sprechen und die Abschläge bei vorgezogenen Rentenbezügen erhöhen. Wir leben länger. Wir kommen zum großen Teil später in die Ausbildung. Wir bleiben länger fitt und gesund. Das trifft nicht die, die jetzt in Rente gehen, sondern es betrifft eine Perspektive über die nächsten Jahre. Da bleibt uns gar keine Alternative übrig, als die laufende Rentenkasse, das Umlagesystem, den Arbeitsmarkt in Zukunft dadurch zu beleben, dass wir bereit sind, auch länger zu arbeiten.
Heckmann: Für 2007 droht eine Erhöhung des Rentenversicherungssatzes um 0,2 Prozentpunkte. Das wurde gestern bekannt. Welche Folgen hätte das?
von Wartenberg: Das ist eine zusätzliche Belastung. Das wirkt wie eine Steuererhöhung, wie eine Abgabenerhöhung. Wir sind in Deutschland an und für sich ja gar nicht so schlecht in unserem Potenzial, Wachstum zu regenerieren, neue Produkte zu entwickeln. Wir sind schlecht und unattraktiv, neue Investitionen und neue Arbeitsplätze zu schaffen. Eine derartige Anhebung der Unternehmenssteuern oder der Abgaben auf Arbeitsplätze verteuert die Arbeit. Wir haben deshalb ja einen Arbeitslosenproblem, weil unsere Arbeit zu teuer ist. Die Arbeit ist nicht zu teuer, weil der Nettolohn zu hoch ist, sondern weil der Unterschied zwischen Netto und Brutto zu hoch ist. Der würde durch eine derartige Maßnahme erneut angehoben.
Heckmann: Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie Ludolf von Wartenberg war das hier im Deutschlandfunk. Schönen Dank und einen guten Tag noch!
von Wartenberg: Guten Tag auch!
Am Telefon begrüße ich jetzt Ludolf von Wartenberg. Er ist Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie. Guten Morgen!
von Wartenberg: Guten Morgen Herr Heckmann.
Heckmann: Herr von Wartenberg, die SPD peilt eine Erhöhung der Steuerquote um 2 Prozent an. Das ist der Anteil der Steuern am Bruttosozialprodukt. Die Union hatte schon vor der Bundestagswahl angekündigt, die Mehrwertsteuer erhöhen zu wollen, was die SPD bisher ablehnte. Dennoch: angesichts der Staatsfinanzen führt aus Ihrer Sicht ein Weg an einer Steuererhöhung vorbei?
von Wartenberg: Ach Herr Heckmann, wir sind ob der Herkules-Aufgaben, die vor der Koalitionsrunde liegen, schon sehr pragmatisch. Es gilt das Problem zu lösen, auf der einen Seite einen Beitrag zu leisten zur Sanierung der Staatsfinanzen und der sozialen Sicherungssysteme bei gleichzeitiger Beibehaltung von Impulsen für Wirtschaftswachstum. Da genau kommen wir in die eigentliche Problemlage. Eine Steuererhöhung ist der bequemere und scheint der bequemere Weg zu sein. Warum kann der Staat nicht sparen? Die Steuereinnahmen des Bundes steigen stetig. Gegenüber dem Jahre 2004 werden die Steuereinnahmen des Bundes um 2 Prozent, also 3,8 Milliarden Euro, steigen. Man kann zur Steuererhöhung erst dann im Endeffekt ja sagen, wenn wirklich überall sorgfältig geprüft wurde, ob gespart werden kann und ob in den Systemen selbst effizienter gearbeitet werden kann. Gerade bei dem Missmanagement der Hartz-IV-Geschichte wissen wir, dass in den sozialen Systemen erhebliche Milliarden noch eingespart werden könnten, unabhängig davon, dass in den sozialen Sicherungssystemen man von einer umlagefinanzierten Leistung der Sozialversicherungsbeiträge zur Basissicherung zurückgehen muss und bei der Rentenversicherung über eine Anhebung des vorgezogenen Rentenbezuges selbst sprechen muss. Also es gibt noch so viel in der Linie drin, im System drin, bevor man überhaupt eine Zustimmung zu einer Mehrwertsteuererhöhung geschweige denn zu einer erweiterten Bemessungsgrundlage für die Ertragssteuern sprechen kann.
Heckmann: Vor der Wahl wurde ja immer gesagt, dass die Einnahmen aus einer Erhöhung der Mehrwertsteuer zu großen Teilen zumindest in die Senkung der Lohnnebenkosten fließen soll. Setzen Sie denn darauf, dass dieses Versprechen noch Bestand hat, angesichts der neuen Zahlen?
von Wartenberg: Es wurde schon während des Wahlkampfes hinterfragt, ob die Länder dem zustimmen, denn die Länder haben ungefähr die Hälfte des Anteils aus der Mehrwertsteuer auf ihren eigenen Konten und die Ministerpräsidenten der Union haben damals ja der Frau Merkel abgerungen, dass ein Teil davon dann zur Sanierung der Länderhaushalte dient. Das Problem, was wir gegenwärtig haben, ist ja, dass nicht nur der Bund finanzielle Schwierigkeiten hat, erhebliche, uns besorgende Schwierigkeiten hat, sondern das ist ja Bund, Länder und Gemeinden gemeinsam. Die gesamten Staatsfinanzen stehen auf der Tagesordnung. Die 35 Milliarden, von denen gesprochen wurde, sind ja der Staatshaushalt, der Bundeshaushalt. Wir sprechen nicht über die Länder und über die Gemeinden. Insoweit sage ich, es ist eine wirkliche Sanierungsaufgabe.
Die Einnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden steigen zurzeit. Da muss man schon fragen, wenn sie mit dem Geld nicht auskommen, dann müssen die Ausgaben selbst ins Bewusstsein gerückt werden. Warum kann der Staat nicht sparen, sowohl über die Gemeinden wie bei den Ländern und im Bund? Erst wenn diese Frage bis zum Schluss beantwortet wurde, durchgefochten wurde, dann kann man sich fragen dient jetzt und welche Steuererhöhung wäre dann angemessen, wenn gleichzeitig die Lohnzusatzkosten sinken, was wir für richtig halten.
Wir brauchen eine wachstumsfördernde Abgabenpolitik. Wachstumsfördernde Abgabenpolitik heißt keine Einkommenssteuersenkung für die normalen Bürger – das können wir nicht verantworten -, aber Steuersenkung für Unternehmen, wenn die Arbeitsplätze schaffen. Abgaben senken, Lohnzusatzkosten zum Beispiel senken, dafür könnte dann gegebenenfalls die Mehrwertsteuererhöhung in Erwägung gezogen werden, aber bitte erst ganz zum Schluss und nicht am Anfang nach dem Motto ich brauche mir keine Gedanken zu machen über die Reform des Systems und kann dadurch die Probleme lösen.
Heckmann: Wo wir gerade bei den Unternehmenssteuern sind. SPD und Union hatten sich bei dem so genannten Job-Gipfel ja auf eine Senkung dieser Steuern geeinigt. Allerdings hatten sie sich nicht auf eine Gegenfinanzierung einigen können. Glauben Sie denn, dass das dieses Mal anders sein wird?
von Wartenberg: Nein. Ich glaube schon, dass der Job-Gipfel einen Maßstab darlegt, die Körperschaftssteuer um 19 Prozent zu senken und bei der Frage der Gewerbesteuer eine andere Anrechnung für die Privatunternehmen zu ermöglichen und vor allen Dingen bei der Erbschaftssteuer das Abschmelzmodell, also die Erbschaftssteuer in diesem Fall nur für Betriebsübergänge, damit Familienunternehmen, mittelständische Unternehmen in der Lage sind, auch in die nächste Generation hinein diese Arbeitsplätze zu erhalten, da entgegen zu kommen, wie man das im Ausland teilweise auch mit Erfolg betreibt. Ich glaube diese Palette, dieser Maßstab des Job-Gipfels gilt nach wie vor. Bei der Gegenfinanzierung klar, da müssen wir in die Diskussion gehen. Auch damals hat man sich schon nicht geeinigt.
Der Staat kann zugegebenermaßen nicht auf Einnahmen verzichten. Er muss eine wachstumsfördernde Steuerpolitik betreiben. Die Diskussion um die Erweiterung der Bemessungsgrundlage konterkariert sehr schnell das ursprüngliche Ziel, mit attraktiven Steuersätzen wettbewerbsfähiger zu erscheinen.
Also wenn zum Beispiel diskutiert wird, den Irresinn der Mindestbesteuerung weiter anzuheben, das heißt Unternehmen, die langfristige Anlageinvestitionen tätigen, dann für zwei, drei Jahre Verluste machen müssen, werden trotzdem zur Steuerzahlung herangezogen, dann ist das natürlich wirtschaftspolitisch oder ökonomisch gesehen Schwachsinn. Das hilft dem Haushalt, aber hilft nicht der Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens. Da muss man sich auf eine faire Diskussion einlassen und wir sind uns völlig im Klaren darüber, dass eine Unternehmenssteuer und eine wachstumsfördernde Steuerpolitik nicht nur mit negativen Einnahmen des Bundes und des Landes verbunden sein kann.
Heckmann: Wieso kann der Staat nicht sparen, fragen Sie. Da sind wir beim Punkt Subventionsabbau. Da will man ja ran. Würden Sie denn einen Subventionsabbau nach dem Rasenmäherprinzip befürworten?
von Wartenberg: Ich weiß das ist sehr populär und klingt durchaus sehr pragmatisch, weil dann alle gemeinsam schreien. Ob es politisch gerecht ist, ob es wirklich gestaltet, das müsste ich mal hinterfragen. Es gibt eine Reihe von Subventionen, die als Subventionen definiert werden, aber in Wahrheit wären das, wenn sie weggestellt werden, dann Steuererhöhungen. Es gibt Subventionen in parteipolitischen Lagern, die hier und da bisher vehement verteidigt wurden, wo man sich mit Recht fragen kann OK, wenn das gemeinsam angepackt wird und mit einer gewissen Übergangsfrist auch die Arbeitnehmer, die davon betroffen sind, die Unternehmen, die davon betroffen sind, oder die Tarifpartner, die angesprochen werden könnten, Lösungen bekommen, dann halte ich das für richtig.
Das ist die Pendlerpauschale, das ist die Eigenheimzulage, das ist die Frage der Nacht- und Feiertagszuschläge. All das kann man nicht von heute auf morgen abschaffen, aber man muss schon dann mit den Betroffenen oder den Verantwortlichen klarstellen, wir wollen im Endeffekt ja keine Mindereinnahmen bei den Nettoeinkommen erreichen. Wir wollen über die Zeit nur die Kosten dort verlagern, wo sie entstehen: am Arbeitsplatz oder beim Arbeitnehmer oder in der Eigenverantwortung, die er für die Vorsorge zu leisten hat. Mit den geeigneten Übergangsfristen entsteht dann auch die Kalkulierbarkeit der Konsumenten, der Bürger, der Einkommensbezieher, die Kalkulierbarkeit, die sich dann auch im Vertrauen auf den Markt äußert.
Was wir beklagen ist ja eine Zurückhaltung bei der Konsumentennachfrage, der Binnenmarktnachfrage. Es bessert sich leicht, aber es drückt noch nicht das notwendige Vertrauen aus. Das habe ich erst, wenn die Bürger wirklich den Eindruck haben, da ist eine Regierung dran, sie kann es schaffen, das Team sieht ja klasse aus, sie kann es schaffen. Sie kommt auch mit harten Sparmaßnahmen auf uns zu, aber wir können uns darauf verlassen, dass das dann auch ausreicht und richtig ist.
Heckmann: 35 Milliarden Euro, das ist eine stolze Summe, die nicht nur über den Abbau von Subventionen hereingeholt werden kann. Stehen wir auch vor Leistungskürzungen? Stichwort Rente.
von Wartenberg: Die Ankündigung, dass die Renten im nächsten Jahr nicht steigen werden, ist angesichts der Kassenlage richtig. Ich sage auch noch mehr: Wir müssen im Prinzip über ein Renteneintrittsalter ab 67 Jahre sprechen und die Abschläge bei vorgezogenen Rentenbezügen erhöhen. Wir leben länger. Wir kommen zum großen Teil später in die Ausbildung. Wir bleiben länger fitt und gesund. Das trifft nicht die, die jetzt in Rente gehen, sondern es betrifft eine Perspektive über die nächsten Jahre. Da bleibt uns gar keine Alternative übrig, als die laufende Rentenkasse, das Umlagesystem, den Arbeitsmarkt in Zukunft dadurch zu beleben, dass wir bereit sind, auch länger zu arbeiten.
Heckmann: Für 2007 droht eine Erhöhung des Rentenversicherungssatzes um 0,2 Prozentpunkte. Das wurde gestern bekannt. Welche Folgen hätte das?
von Wartenberg: Das ist eine zusätzliche Belastung. Das wirkt wie eine Steuererhöhung, wie eine Abgabenerhöhung. Wir sind in Deutschland an und für sich ja gar nicht so schlecht in unserem Potenzial, Wachstum zu regenerieren, neue Produkte zu entwickeln. Wir sind schlecht und unattraktiv, neue Investitionen und neue Arbeitsplätze zu schaffen. Eine derartige Anhebung der Unternehmenssteuern oder der Abgaben auf Arbeitsplätze verteuert die Arbeit. Wir haben deshalb ja einen Arbeitslosenproblem, weil unsere Arbeit zu teuer ist. Die Arbeit ist nicht zu teuer, weil der Nettolohn zu hoch ist, sondern weil der Unterschied zwischen Netto und Brutto zu hoch ist. Der würde durch eine derartige Maßnahme erneut angehoben.
Heckmann: Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie Ludolf von Wartenberg war das hier im Deutschlandfunk. Schönen Dank und einen guten Tag noch!
von Wartenberg: Guten Tag auch!