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Was bringt die geplante Abgeltungssteuer?

Remme: Was die Steuerpolitik der Bundesregierung angeht, so ist die Zeit der Überraschungen auch drei Monate nach der Bundestagswahl noch nicht vorbei. Hatten sich viele gerade intensiv mit dem Thema Vermögenssteuer beschäftigt, das komplizierte für und wider erörtert und sich eine Meinung gebildet, so heißt es jetzt umdenken. Seit dem Wochenende ist klar: SPD und Grüne wollen die Besteuerung von Kapitalerträgen mittels einer Abgeltungssteuer grundlegend verändern. Was misstrauisch machen könnte: das ganze scheint nur Vorteile zu haben. Mehr Geld in die Staatskasse, ein Riegel vor die Kapitalflucht, bereits flüchtiges Vermögen soll zurückkehren können, einfacher ist es auch noch und kein Streit um die Vermögenssteuer. - Am Telefon ist Rolf Peffekoven, Wirtschaftswissenschaftler an der Uni Mainz, lange Jahre Mitglied im Klub der Wirtschaftsweisen. Guten Morgen Herr Peffekoven!

    Peffekoven: Guten Morgen Herr Remme.

    Remme: Herr Peffekoven, teilen Sie diesen Enthusiasmus?

    Peffekoven: Es gibt sicher nicht nur Vorteile, sondern es gibt auch Nachteile. Die Diskussion um diese Abgeltungssteuer ist ja relativ alt. Sie ist zum Beispiel schon 1991 vom Sachverständigenrat in die Debatte gebracht worden. Es geht letzten Endes bei dieser Steuer darum, die hohe Steuerhinterziehung, die wir nach wie vor bei ausländischen Zinserträgen haben, in Deutschland in den Griff zu bekommen. Ob das gelingt ist eine ganz andere Frage.

    Remme: Kritiker gibt es kaum. Was ist das Bestechende an dieser Art von Steuer?

    Peffekoven: Es ist zunächst einmal eine technisch außerordentlich einfache Steuer. Das ist ja für sich schon ein Wert. Zum zweiten würde damit erreicht werden oder man hofft zu erreichen, dass die Kapitalflucht ins Ausland zum Zwecke der Steuerhinterziehung in den Griff genommen werden kann. Wenn eine Abgeltungssteuer erhoben würde, dann heißt das ja, dass an der Quelle Zinserträge definitiv und endgültig mit zum Beispiel 25 Prozent - der Satz liegt noch nicht fest - besteuert werden und nicht mehr im Einkommensteuerveranlagungsverfahren berücksichtigt werden. Man hofft, dass dies dann als ein fairer Steuersatz angesehen wird und den einen oder anderen veranlassen kann, sein Geld nicht mehr wie bisher zum Beispiel nach Luxemburg zu schaffen, um dort die Steuerfreiheit zu verwirklichen, wenngleich das illegal ist, was dort geschieht.

    Remme: Herr Peffekoven, wenn diese Steuer so gut ist, warum gibt es sie dann nicht schon längst?

    Peffekoven: Das kann man natürlich bei vielen Steuerkonzepten fragen. Es gibt immer wieder Vorschläge für eine Reform der Einkommensteuer und die wird nicht durchgeführt. Sie gibt es meines Erachtens auch deshalb nicht, weil sie so problemlos eben nicht ist, denn es werden ja dann Zinserträge egal wie hoch das übrige Einkommen eines Kapitaleigners ist mit dem gleichen Steuersatz belegt. Das würde heute bedeuten, diejenigen die bisher zum Beispiel den persönlichen Steuersatz von 48,5 als Grenz- und Spitzensteuersatz gezahlt haben zahlen dann nur noch 25 Prozent. Umgekehrt würde ein Rentner, der möglicherweise bisher steuerfrei ist, dann 25 Prozent Steuern zu zahlen haben. Das ist unter dem Aspekt einer gerechten Besteuerung nicht unproblematisch.

    Remme: Wer bekommt denn eigentlich diese Steuereinnahmen?

    Peffekoven: Das ist ein Teil der Einkommensteuer und die Einkommensteuer ist eine Gemeinschaftssteuer. Daran sind Bund, Länder und Gemeinden beteiligt und das erklärt ja auch, warum Herr Gabriel jetzt sagt, ihm ist offenbar egal, wo das Geld herkommt. Wenn es nicht aus der Vermögenssteuer kommt, dann soll es eben auf diesem Weg kommen. Ob das aber wirklich ein fiskalischer Erfolg wird, das steht in den Sternen, denn erstens müssten ja die bisherigen Kapitalflüchter mit ihrem Kapital nach Deutschland zurückkommen. Das halte ich für sehr unwahrscheinlich. Das zweite ist, es müsste in Zukunft die Kapitalflucht durch diesen Schritt gebremst werden. Den zweiten Schritt halte ich eher für wahrscheinlich.

    Remme: Von 125 Milliarden Euro ist die Rede, die dann nach Deutschland zurückfließen sollen. Unrealistisch?

    Peffekoven: Das halte ich für reine Spekulation, denn man weiß ja nicht, in welchem Umfang die bisherigen Steuersünder dann ihre Kapitalien wieder in die Bundesrepublik bringen und damit hier versteuern lassen. Das sind reine Spekulationen, zumal man ja auch gar nicht weiß, wie hoch denn die Steuerausfälle jetzt sind. Das sind alles Vorgänge, die mit gutem Grund nicht statistisch erfasst werden können und über die ja auch diejenigen, die die Steuerhinterziehung betreiben, aus ebenso guten Gründen keine Information liefern.

    Remme: Rolf Peffekoven war das, der Wirtschaftswissenschaftler von der Uni Mainz. Ich danke Ihnen!

    Link: Interview als RealAudio