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Was heißt Föderalismusreform?

Nach jahrelangem, heftigem Streit haben sich Bund und Länder 2006 auf die Föderalismusreform I geeinigt. Hauptergebnis für den Bildungsbereich: Früher durften Bundestag und Bundesregierung in vielen Schul- und Hochschulfragen mitbestimmen. Heute ist Bildung fast nur noch Ländersache.

Von Jens P. Rosbach |
    Professor Manfred Erhardt, ehemaliger Berliner Wissenschaftssenator und Bund-Länder-Experte:

    "Jedes Land soll von sich aus Modelle und Beispiele entwickeln, wie Schulen und Hochschulen besonders qualitätstüchtig und leistungsstark gemacht werden können."

    Bereich Hochschule: Seit der Reform sind Studienangelegenheiten nur noch Ländersache. Allerdings gibt es Ausnahmen – etwa bei der Gesetzgebung. So darf der Bund nach wie vor Hochschul-Zulassungen und Hochschul-Abschlüsse regeln. Wobei die Länder wiederum von den Bundesgesetzen abweichen können, wenn sie wollen. Beispiel: Der Bund legt fest, wie lange ein Master-Studium dauert. Die einzelnen Länder können aber bestimmen, dass i h r e Universitäten den M.A. ein oder zwei Semester früher vergeben dürfen. So soll Bildungsvielfalt gefördert werden.

    Die Föderalismusreform hat nicht nur die Hoheit über die Hochschulgesetzgebung neu geregelt, sondern auch die Zusammenarbeit von Bund und Ländern. Grundsätzlich gilt ein so genanntes Kooperationsverbot. Doch auch hier gibt es Ausnahmen. So darf der Bund weiterhin - allein bzw. zusammen mit den Ländern - zentrale Forschungsvorhaben sponsern. Ebenso darf der Bund die Hochschul-Lehre fördern. Ein Ergebnis dieser Regelung ist der bekannte Hochschulpakt – der den Universitäten und Fachhochschulen Milliarden aus der Bundeskasse beschert.

    Andere Bund-Länder-Kooperationen wurden dagegen vollständig gestrichen. Der Hochschul-Bau zum Beispiel ist nunmehr reine Länderangelegenheit. Übergangsweise zahlt der Bund den Ländern aber jährlich mehrere hundert Millionen Euro - für Baumaßnahmen bis 2013.

    Soweit der Bereich Hochschule. Im Bereich Schule gilt dagegen ausnahmslos das Kooperationsverbot. Hier konnte der Bund früher bestimmte Modellprojekte finanziell fördern, etwa zum interkulturellen Lernen. Heute dürfen das nur noch die Bundesländer. Die Politik verspricht sich von einer Landesautonomie in Schulfragen – genauso wie im Hochschulbereich - mehr Bildungsvielfalt.

    Doch große Vielfalt bedeutet auch große Qualitätsunterschiede. Aus diesem Grund wollen Bund und Länder in Zukunft zumindest gemeinsame Bildungsstandards erarbeiten und zusammen Bildungseinrichtungen testen.

    Gesetzgebungskompetenz, Kooperationsverbot, Ausnahmeregelungen - eigentlich sollte die Föderalismusreform I mehr Klarheit schaffen. Doch das juristische Projekt ist so kompliziert geworden, dass selbst viele Landespolitiker kapitulieren. Die Berlinerin Burgunde Grosse, SPD:

    "Ich sag mal, nicht mal die Parlamentarier wissen alle genau bescheid. Ich denke, da gibt es ein paar Experten, die sich da sehr gut auskennen, und der Rest, würde ich mal sagen, der hat auch damit Probleme."