
In der albanischen Hauptstadt Tirana fand Mitte Mai 2025 das sechste Treffen der Europäischen Politischen Gemeinschaft (EPG, engl.: EPC) statt. Im Mittelpunkt der Gespräche stand der Krieg in der Ukraine. Zu dem Gipfel waren Staats- und Regierungschefs aus 47 Ländern eingeladen, darunter die 27 EU-Mitgliedstaaten sowie unter anderem Großbritannien, die Ukraine, die Schweiz und Georgien.
Auch NATO-Generalsekretär Mark Rutte nahm an dem Treffen in Tirana teil. Deutschland wurde durch Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) vertreten. Bei dem Treffen fast ausschließlich um die aktuellen Bemühungen, den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine zu beenden.
Was sind Aufgaben und Ziele der Europäischen Politischen Gemeinschaft?
Die Europäische Politische Gemeinschaft (EPG) geht auf eine entsprechende Idee von Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron im Mai 2022 im Europaparlament in Straßburg zurück. Das erste Treffen der European Political Community (EPC) fand am 6. Oktober 2022 in Prag statt. Was dabei aus der Taufe gehoben wurde, ist ein bislang einzigartiges Konstrukt: Es ist in Forum, das allen europäischen Staats- und Regierungschefs Gelegenheit zum gegenseitigen Austausch bietet – egal ob EU-Mitglied oder nicht.
Ziel der EPG ist es, eine regelmäßige und flexible Plattform für politischen Dialog und Zusammenarbeit zu schaffen. Sie will europäische Staaten – innerhalb und außerhalb der EU – zusammenbringen, um über zentrale Themen wie Sicherheit, Außenpolitik, Energie, Klimawandel und wirtschaftliche Entwicklung zu beraten.
Ein zentrales Anliegen der EPG ist die Stärkung des europäischen Zusammenhalts angesichts globaler Herausforderungen. Sie möchte sicherheitspolitische Abstimmung, insbesondere im Kontext des Ukraine-Kriegs und anderer geopolitischer Spannungen. Zudem will die EPG Staaten des westlichen Balkans, die Türkei und andere Nachbarländer Europas stärker einbinden und ihnen Perspektiven für engere Zusammenarbeit sowie mögliche EU-Beitritte eröffnen.
Wichtig ist: Die EPG ersetzt keine bestehenden Organisationen, Strukturen oder Prozesse – insbesondere nicht den EU-Beitrittsprozess. Sie will keine neuen Institutionen schaffen, sondern bestehende Bemühungen ergänzen und durch informellen Austausch und politische Vernetzung stärken. Dabei setzt sie auf Flexibilität und Offenheit: Ohne an die institutionellen Strukturen der EU gebunden zu sein, will sie auch Staaten einbeziehen, die nicht alle politischen oder wirtschaftlichen Ziele der EU teilen.
Wer sind die Mitglieder?
Die neue Europäische Politische Gemeinschaft (EPG) reicht geografisch von Island bis zur Ukraine, von Südspanien bis in den Norden Norwegens. Neben den 27 EU-Ländern sind unter anderem Großbritannien, die Türkei, die Westbalkan-Staaten und ehemalige Sowjetrepubliken mit dabei.
Zum Treffen am 16. Mai 2025 in Tirana waren neben den 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union auch zahlreiche weitere Länder eingeladen. Dazu zählten der Gastgeber Albanien sowie die Staaten des westlichen Balkans – Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Montenegro, Nordmazedonien und Serbien. Ebenfalls auf der Teilnehmerliste: die Ukraine, Moldau, Georgien, die vier Mitglieder der Europäischen Freihandelsassoziation (Island, Liechtenstein, Norwegen und die Schweiz), Großbritannien, Armenien, Aserbaidschan, die Türkei, Andorra, Monaco und San Marino.
Darüber hinaus waren auch führende Vertreterinnen und Vertreter des Europäischen Rates (als Ko-Gastgeber), der Europäischen Kommission, des Europäischen Parlaments sowie die Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik in Tirana dabei. Russland und Belarus wurden hingegen nicht eingeladen.
Welche Kritik gibt es an dem neuen Format?
Schon kurz nachdem Emmanuel Macron im Mai 2022 die Gründung der Europäischen Politischen Gemeinschaft vorgeschlagen hatte, wurde von unterschiedlichen Seiten über seine Motive spekuliert. Allen voran gab es den Verdacht und Vorwurf, dass ein zeitlich offener Warteraum für jene Länder geschaffen werden soll, die in die EU eintreten möchten.
Der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei, Manfred Weber, sagte damals im Deutschlandfunk, man solle dem neuen Format eine Chance geben. Zugleich warnte er davor, die EU-Beitrittskandidaten zu enttäuschen. Die Veranstaltung lege nahe, dass sich die Bewerberländer mit einer zweiten Struktur neben der EU zufriedengeben sollten. Dies dürfe nicht sein.
Gegen die „Warteraum“-Hypothese spricht indes, dass auch Länder der Europäischen Politischen Gemeinschaft angehören, bei denen ein EU-Beitritt nicht zur Debatte steht – beispielsweise Norwegen oder die Schweiz.
Agenturen/Annabell Brockhues/dh