Ensminger: Bis zum September soll der Bericht der drei Weisen vorliegen. Die ersten Gespräche mit der Regierung wurden geführt, weitere mit Gewerkschafts- und Kirchenvertreter. Und auch mit der Oppositionspartei, der SPD, wollen sich die Beobachter treffen. Mit einem Mitglied des Bundesvorstands dieser Partei sprach ich vor der Sendung. Johannes Svoboda ist auch gleichzeitig stellvertretender Vorsitzender der sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament. Drei Weise in Österreich – was soll das bringen? So die erste Frage an ihn.
Svoboda: Nun, ich hoffe doch, dass es einerseits eine Entspannung im Verhältnis zwischen der österreichischen Regierung und den Regierungen der 14 Partnerländer bringt, aber dass die drei Weisen doch auch der Regierung vermitteln, dass heute in Europa andere Standards herrschen, als sie die Regierung oder Teile der Regierung in ihren Wahlkämpfen verbreitet haben – was die Frage Menschenrechte, Minderheitenrechte und die Frage der Ausländer betrifft. Also, es ist ein Dialog, der gefordert ist und der hoffentlich zustande kommt.
Ensminger: Es gibt Leute, die sagen, es sei eine Art politische Unbedenklichkeitsbescheinigung, wenn denn die drei Weisen sagen: Es ist alles in Ordnung in Österreich. Ist das nicht auch ein Freifahrtschein für die FPÖ?
Svoboda: Das glaube ich nicht, aber ich kann mir auch nicht vorstellen, dass so, wie sich die FPÖ – die freiheitliche Partei, insbesondere unter Haider – in den letzten Monaten verhalten hat, dass man hier eine völlige Unbedenklichkeitsbescheinigung ausstellt.
Ensminger: Aber die ist ja eigentlich notwendig, damit die Sanktionen aufgehoben werden.
Svoboda: Es kann zu einer Suspendierung kommen, das heißt, zu einer zeitweiligen vorläufigen Aufhebung der Maßnahmen gegen die Regierung. Es kann zu einer Korrektur gewisser Maßnahmen kommen, oder es kann auch dazu kommen, dass man sagt: ‚Für die Maßnahmen, die gegen die Regierung verhängt worden sind, besteht momentan kein Anlass‘. Aber dennoch: Die Beteiligung der FPÖ an der Regierung gibt zur Besorgnis Anlass bzw. gibt Anlass dazu, die Entwicklung dieser Partei auch weiterhin zu beobachten.
Ensminger: Eine Straßburger Zeitung schrieb, man wisse genau, dass eine gerichtliche Kommission, die auf Menschenrechte spezialisiert sei, nur das Offensichtliche bestätigen könne, nämlich: In Österreich wird niemand verfolgt. Das zeigt ja auch die Skepsis gegenüber dem, was die Weisen tatsächlich aufdecken können.
Svoboda: Schauen Sie: Natürlich gibt es in allen Ländern sozusagen eine verdeckte Tendenz von Fremdenfeindlichkeit, von Maßnahmen oder von Aktionen gewisser Gruppierungen, wie wir es in Deutschland, in Frankreich und in Belgien finden und in vielen Ländern. Das muss man schon auch – und gerade ich als ein Gegner dieser Regierung in Österreich – festhalten, dass es hier um jene Dinge geht, die über das - leider - normale oder übliche Ausmaß hinausgehen. Es geht ja in diesem Fall nicht um eine grundsätzliche Beurteilung – gibt es in diesem Land Tendenzen der Fremdenfeindlichkeit usw. –, sondern: Gibt es eine Regierung, die diese Tendenzen fördert und unterstützt und die konkrete Maßnahmen ergreift, die ein zusätzliches Maß an Diskriminierung hervorruft? Das heißt: Das Urteil oder die Empfehlung der drei Weisen muss sich auf diesen Überschuss an unakzeptablen und an den undemokratischen Verhaltensweisen orientieren und nicht generell an der Frage: Gibt es hier Fremdenfeindlichkeit oder nicht?
Ensminger: Herr Svoboda, das heißt, die drei Beobachter werden sich auch mit der Opposition, also mit Ihrer Partei, treffen. Was bekommen denn die Weisen von Ihnen zu hören?
Svoboda: Im wesentlichen das, was wir offen, klar und deutlich gesagt haben, dass wir kein Interesse haben, dass die Sanktionen gegen die Regierung, so wie sie heute verhängt worden sind, beibehalten werden. Die Sanktionen hatten einen gewissen Einfluss – wir bezeichnen das ja nicht als ‚Sanktionen‘, sondern als ‚Maßnahmen‘ gegen die Regierung. Die Regierung hat sich in manchen Dingen zurückgehalten. Wir als Opposition wollen aber die Auseinandersetzung mit dieser Regierung in Österreich selbst führen.
Ensminger: Wie wollen Sie das tun?
Svoboda: Wie das jede andere normale Opposition tut. Wir kommen ja in vielen Fällen gar nicht dazu, das normale kritische Verhältnis einer Opposition gegenüber einer Regierung zu spielen, weil diese Regierung auf sehr nationalistischem Weg versucht, hier Stimmung zu machen: ‚Jeder, der gegen uns ist, ist eigentlich gegen Österreich und unterstützt die Kräfte im Ausland‘. Wir wollen wieder auf ein normales Wechselspiel und zu einer kritischen Opposition im Lande kommen. Und wir wollen auch den drei Weisen sagen: Wir sind doch so stark, dass wir auch von uns aus auf undemokratische fremdenfeindliche Tendenzen hinweisen können und dass diese Auseinandersetzung in Österreich selbst zu führen ist.
Ensminger: Also, Sie haben gerade gesagt, Sie versuchen, gegen die FPÖ auch als Oppositionspartei anzugehen. Nichts desto trotz: Die FPÖ hat Erfolg; sie ist gewählt worden. Sie ist in der Regierung mit drin.
Svoboda: Das ist richtig, sie ist gewählt worden. Sie dürfen nicht vergessen, dass es über viele Jahrzehnte ja eine Koalition zwischen der Österreichischen Volkspartei und den Sozialdemokraten gegeben hat. Die Sozialdemokraten waren – das ist in keinem anderen Land Europas der Fall – seit 1945 an der Regierung – mit Ausnahme von vier Jahren, und zum Teil an führender Position. Das bringt natürlich Abnutzungserscheinungen und es bringt natürlich einer Partei, die sich als ‚Erneuerer‘ oder ‚neue Bewegung‘ darstellt, Gewinne. Bei den letzten Wahlen, die es in Österreich gegeben hat, hat die FPÖ fast überall verloren. Ihr Stern ist im Sinken – ich weiß nicht, ob schon endgültig. Aber ich glaube, die Leute werden von mal zu mal ‚entzaubert‘ über die Position der Freiheitlichen Partei. Sie kann das nicht halten, was sie versprochen hat, nämlich den ‚Robin Hood des kleinen Mannes‘ darzustellen. Das erweist sich immer mehr. Und das ist die größte Entzauberung, die die FPÖ derzeit durchmacht.
Ensminger: Das war der stellvertretende Vorsitzende der Fraktion der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament, Johannes Svoboda, zum Besuch der drei Weisen in Österreich.
Link: Interview als RealAudio
Svoboda: Nun, ich hoffe doch, dass es einerseits eine Entspannung im Verhältnis zwischen der österreichischen Regierung und den Regierungen der 14 Partnerländer bringt, aber dass die drei Weisen doch auch der Regierung vermitteln, dass heute in Europa andere Standards herrschen, als sie die Regierung oder Teile der Regierung in ihren Wahlkämpfen verbreitet haben – was die Frage Menschenrechte, Minderheitenrechte und die Frage der Ausländer betrifft. Also, es ist ein Dialog, der gefordert ist und der hoffentlich zustande kommt.
Ensminger: Es gibt Leute, die sagen, es sei eine Art politische Unbedenklichkeitsbescheinigung, wenn denn die drei Weisen sagen: Es ist alles in Ordnung in Österreich. Ist das nicht auch ein Freifahrtschein für die FPÖ?
Svoboda: Das glaube ich nicht, aber ich kann mir auch nicht vorstellen, dass so, wie sich die FPÖ – die freiheitliche Partei, insbesondere unter Haider – in den letzten Monaten verhalten hat, dass man hier eine völlige Unbedenklichkeitsbescheinigung ausstellt.
Ensminger: Aber die ist ja eigentlich notwendig, damit die Sanktionen aufgehoben werden.
Svoboda: Es kann zu einer Suspendierung kommen, das heißt, zu einer zeitweiligen vorläufigen Aufhebung der Maßnahmen gegen die Regierung. Es kann zu einer Korrektur gewisser Maßnahmen kommen, oder es kann auch dazu kommen, dass man sagt: ‚Für die Maßnahmen, die gegen die Regierung verhängt worden sind, besteht momentan kein Anlass‘. Aber dennoch: Die Beteiligung der FPÖ an der Regierung gibt zur Besorgnis Anlass bzw. gibt Anlass dazu, die Entwicklung dieser Partei auch weiterhin zu beobachten.
Ensminger: Eine Straßburger Zeitung schrieb, man wisse genau, dass eine gerichtliche Kommission, die auf Menschenrechte spezialisiert sei, nur das Offensichtliche bestätigen könne, nämlich: In Österreich wird niemand verfolgt. Das zeigt ja auch die Skepsis gegenüber dem, was die Weisen tatsächlich aufdecken können.
Svoboda: Schauen Sie: Natürlich gibt es in allen Ländern sozusagen eine verdeckte Tendenz von Fremdenfeindlichkeit, von Maßnahmen oder von Aktionen gewisser Gruppierungen, wie wir es in Deutschland, in Frankreich und in Belgien finden und in vielen Ländern. Das muss man schon auch – und gerade ich als ein Gegner dieser Regierung in Österreich – festhalten, dass es hier um jene Dinge geht, die über das - leider - normale oder übliche Ausmaß hinausgehen. Es geht ja in diesem Fall nicht um eine grundsätzliche Beurteilung – gibt es in diesem Land Tendenzen der Fremdenfeindlichkeit usw. –, sondern: Gibt es eine Regierung, die diese Tendenzen fördert und unterstützt und die konkrete Maßnahmen ergreift, die ein zusätzliches Maß an Diskriminierung hervorruft? Das heißt: Das Urteil oder die Empfehlung der drei Weisen muss sich auf diesen Überschuss an unakzeptablen und an den undemokratischen Verhaltensweisen orientieren und nicht generell an der Frage: Gibt es hier Fremdenfeindlichkeit oder nicht?
Ensminger: Herr Svoboda, das heißt, die drei Beobachter werden sich auch mit der Opposition, also mit Ihrer Partei, treffen. Was bekommen denn die Weisen von Ihnen zu hören?
Svoboda: Im wesentlichen das, was wir offen, klar und deutlich gesagt haben, dass wir kein Interesse haben, dass die Sanktionen gegen die Regierung, so wie sie heute verhängt worden sind, beibehalten werden. Die Sanktionen hatten einen gewissen Einfluss – wir bezeichnen das ja nicht als ‚Sanktionen‘, sondern als ‚Maßnahmen‘ gegen die Regierung. Die Regierung hat sich in manchen Dingen zurückgehalten. Wir als Opposition wollen aber die Auseinandersetzung mit dieser Regierung in Österreich selbst führen.
Ensminger: Wie wollen Sie das tun?
Svoboda: Wie das jede andere normale Opposition tut. Wir kommen ja in vielen Fällen gar nicht dazu, das normale kritische Verhältnis einer Opposition gegenüber einer Regierung zu spielen, weil diese Regierung auf sehr nationalistischem Weg versucht, hier Stimmung zu machen: ‚Jeder, der gegen uns ist, ist eigentlich gegen Österreich und unterstützt die Kräfte im Ausland‘. Wir wollen wieder auf ein normales Wechselspiel und zu einer kritischen Opposition im Lande kommen. Und wir wollen auch den drei Weisen sagen: Wir sind doch so stark, dass wir auch von uns aus auf undemokratische fremdenfeindliche Tendenzen hinweisen können und dass diese Auseinandersetzung in Österreich selbst zu führen ist.
Ensminger: Also, Sie haben gerade gesagt, Sie versuchen, gegen die FPÖ auch als Oppositionspartei anzugehen. Nichts desto trotz: Die FPÖ hat Erfolg; sie ist gewählt worden. Sie ist in der Regierung mit drin.
Svoboda: Das ist richtig, sie ist gewählt worden. Sie dürfen nicht vergessen, dass es über viele Jahrzehnte ja eine Koalition zwischen der Österreichischen Volkspartei und den Sozialdemokraten gegeben hat. Die Sozialdemokraten waren – das ist in keinem anderen Land Europas der Fall – seit 1945 an der Regierung – mit Ausnahme von vier Jahren, und zum Teil an führender Position. Das bringt natürlich Abnutzungserscheinungen und es bringt natürlich einer Partei, die sich als ‚Erneuerer‘ oder ‚neue Bewegung‘ darstellt, Gewinne. Bei den letzten Wahlen, die es in Österreich gegeben hat, hat die FPÖ fast überall verloren. Ihr Stern ist im Sinken – ich weiß nicht, ob schon endgültig. Aber ich glaube, die Leute werden von mal zu mal ‚entzaubert‘ über die Position der Freiheitlichen Partei. Sie kann das nicht halten, was sie versprochen hat, nämlich den ‚Robin Hood des kleinen Mannes‘ darzustellen. Das erweist sich immer mehr. Und das ist die größte Entzauberung, die die FPÖ derzeit durchmacht.
Ensminger: Das war der stellvertretende Vorsitzende der Fraktion der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament, Johannes Svoboda, zum Besuch der drei Weisen in Österreich.
Link: Interview als RealAudio