Durak: Die PDS will den Westen erobern und setzt dabei auf Prominenz, und so ist in Hessen die Parteilose Luc Jochimsen mit Hilfe der Bundesspitze der Parteien auf den Listenplatz Eins für die Bundestagswahl gesetzt worden. Das Nachsehen hatte die hessische PDS-Bundestagsabgeordnete mit dem Namen Pia Maier. Es gab Widerstand - heftigen wohl. Was verbindet die ehemalige Chefredakteurin des Fernsehens beim hessischen Rundfunk mit der PDS. Wir fragen sie. Guten Morgen, Frau Jochimsen.
Jochimsen: Guten Morgen. Es verbindet sie vor allen Dingen die Möglichkeit, als Unabhängige für die PDS in den Bundestag zu ziehen. Ich finde, dass es die PDS sehr ehrt, dass sie diese Möglichkeit einräumt, von der andere Parteien immer wieder mal reden, und von der ich denke, dass sie unendlich notwendig für die parlamentarische Demokratie ist. Wir haben ja jetzt gerade wieder bei der Bundesratsgeschichte gesehen, wie schrecklich es ist, wenn da ausschließlich Menschen entscheiden, die im Korsett ihrer Partei stehen und sich so für wichtige, politische Entscheidungen im Grunde einsetzten, nur nach der Ausrechnung, dem Proporz des parteipolitischen Interesses.
Durak: Frau Jochimsen, Sie sind als Linke bekannt. Weshalb unterstützen sie nicht die SPD oder die Grünen. Die hätten es auch nötig, von Linken unterstützt zu werden. Weshalb ausgerechnet die PDS?
Jochimsen: Ich finde, die Grünen haben es im Moment überhaupt nicht nötig, von linken Positionen unterstützt zu werden, weil die ja alle linken Positionen, die sie mal vertreten haben, so ziemlich geräumt haben. Das ist ja genau der zweite Grund, warum ich sage - hier guckt Euch mal die PDS an -, warum ich da auch in diese Richtung, gerade im Westen, ein Signal setzten möchte. Ich habe manchmal den Eindruck, ich habe seit Jahrzehnten bestimmte linke Positionen vertreten - die vertrete ich heute immer noch. Früher wurden die geteilt von Sozialdemokraten, von weiten Teilen innerhalb der sozialdemokratischen Partei, dann von den Grünen geteilt, und heute, seit Sozialdemokraten und Grüne an der Regierung sind, sind diese Positionen von diesen beiden Parteien eben geräumt worden, und die Tendenz zeigt, dass sie eher weiterhin räumen, als dass sie sie für sich zurückholen wollen. Insofern - so leid es mir tut - finde ich, dass die PDS im Moment eigentlich gerade in Sachen Frieden, gerade in Sachen sozialer Gerechtigkeit und vor allen Dingen, was die Situation unseres Landes zwölf Jahre nach der Einheit angeht, Ost-West betreffend, die einzige Alternative, die ich sehe.
Durak: Frau Jochimsen, Sie wollen für die PDS gewählt werden, sie müssen aber auch für die PDS einstehen. Die PDS beschreibt Ihre Position zu Macht und Eigentum als radikal-sozialistisch. Wie radikal sind Sie denn?
Jochimsen: Also ich bin auf jeden Fall sozialistisch und radikal, das heißt an die Wurzel gehend, ist im Kern für mich kein schlechter Begriff. Ich finde schon, dass es allerallerhöchste Zeit ist, nicht einfach nur immer zu jammern und zu sagen: Mein Gott, wir haben so viele Ausgaben, wir müssen dafür Geld haben, als Staat, als Kommunen, als Länder, und festzustellen, dass in diesem reichen Land, in dem so unendlich viele Leute so unendlich viel reicher geworden sind in den letzten Jahren, die öffentlichen Hände zunehmend verarmen und nichts mehr tun können. Ich weiß nicht, ob das Menschen nicht auffällt...
Durak: ...das fällt schon auf, Frau Jochimsen, pardon, aber woher wollen Sie das nehmen? Wollen Sie wie die PDS auf lange Sicht das Eigentum oder so viel Eigentum in die Hände der Menschen legen - und das ist mit radikal-sozialistisch gemeint -, damit sie gerecht leben können? Wie weit gehen Sie?
Jochimsen: Was heißt in die Hände der Menschen legen?
Durak: Das steht im Entwurf zum Parteiprogramm der PDS.
Jochimsen: Ja, in die öffentlichen Hände zum Beispiel. Ich finde, eine Wiedereinführung der Vermögenssteuer ist weiß Gott an der Zeit, und ich finde, dass man nicht Großfirmen weiterhin so davon gehen lassen kann, dass sie kaum Steuern zahlen. Ich finde, dass man umsteuern muss. Was den Mittelstand angeht - da ist die PDS übrigens gar nicht so weit von der FDP entfernt -, da muss einfach umgesteuert werden.
Durak: Was im Parteiprogramm-Entwurf der PDS schmeckt Ihnen überhaupt nicht?
Jochimsen: Das kann ich eigentlich im Moment überhaupt nicht sagen, was mir überhaupt nicht schmeckt.
Durak: Sie teilen alles, was da so drin steht?
Jochimsen: Na ja, ich meine, sonst würde man sich ja nicht einsetzten. Auch ein Unabhängiger muss natürlich mit den Grundpositionen der PDS einverstanden sein, sonst macht das ja keinen Sinn.
Durak: Wer in Hessen ist denn Ihre Zielgruppe, Frau Jochimsen?
Jochimsen: Ganz viele Leute: Die vielen Wähler, die von den Grünen enttäuscht sind, die vielen Wähler, die von den Sozialdemokraten enttäuscht sind, die Wähler, die zum Beispiel durchaus gut verdienen, aber auch so was wie einen sozialen Gerechtigkeitssinn haben und finden: So sollte es nicht weitergehen! Ich glaube, dass es da eine ganz große Zielgruppe von Menschen gibt, die enttäuscht sind und die auch übrigens neue Orientierung suchen.
Durak: Die wollen Sie geben. Weshalb konnten Sie das nicht auf Listenplatz Zwei machen und haben vom ersten Platz die lang gediente PDS-Abgeordnete aus Hessen, Pia Maier, verdrängt?
Jochimsen: Also, jetzt mal so viel zum Stichwort lang gedient...
Durak: ...das war in Anführung gesprochen.
Jochimsen: Pia Maier ist nachgerückt auf einem Listenplatz. Sie ist nicht von der PDS in Hessen in den Bundestag geschickt worden, sondern Fred Geppert, ein ebenso unabhängiger Kandidat auf der Liste, der früher lange Jahre in der Sozialdemokratie war und dann 1998 den Listenplatz Nummer Eins für die PDS gewonnen hat, so wie vorher Gerhard Zwerens. Pia Maier ist als junge PDS-Frau aus der Fraktion als wissenschaftliche Mitarbeiterin und Platz Zwei in Hessen nachgerückt.
Durak: Und jetzt sind Sie auf Platz Eins?
Jochimsen: Ja.
Durak: Luc Jochimsen war das. Sie ist auf der Landesliste, Nummer Eins in Hessen, für die PDS, war ehemalige Fernseh-Chefredakteurin des hessischen Rundfunks und, Frau Jochimsen, ganz einfach läuft uns die Zeit davon - Sie kennen das Geschäft. Schönen Dank.
Link: Interview als RealAudio
Jochimsen: Guten Morgen. Es verbindet sie vor allen Dingen die Möglichkeit, als Unabhängige für die PDS in den Bundestag zu ziehen. Ich finde, dass es die PDS sehr ehrt, dass sie diese Möglichkeit einräumt, von der andere Parteien immer wieder mal reden, und von der ich denke, dass sie unendlich notwendig für die parlamentarische Demokratie ist. Wir haben ja jetzt gerade wieder bei der Bundesratsgeschichte gesehen, wie schrecklich es ist, wenn da ausschließlich Menschen entscheiden, die im Korsett ihrer Partei stehen und sich so für wichtige, politische Entscheidungen im Grunde einsetzten, nur nach der Ausrechnung, dem Proporz des parteipolitischen Interesses.
Durak: Frau Jochimsen, Sie sind als Linke bekannt. Weshalb unterstützen sie nicht die SPD oder die Grünen. Die hätten es auch nötig, von Linken unterstützt zu werden. Weshalb ausgerechnet die PDS?
Jochimsen: Ich finde, die Grünen haben es im Moment überhaupt nicht nötig, von linken Positionen unterstützt zu werden, weil die ja alle linken Positionen, die sie mal vertreten haben, so ziemlich geräumt haben. Das ist ja genau der zweite Grund, warum ich sage - hier guckt Euch mal die PDS an -, warum ich da auch in diese Richtung, gerade im Westen, ein Signal setzten möchte. Ich habe manchmal den Eindruck, ich habe seit Jahrzehnten bestimmte linke Positionen vertreten - die vertrete ich heute immer noch. Früher wurden die geteilt von Sozialdemokraten, von weiten Teilen innerhalb der sozialdemokratischen Partei, dann von den Grünen geteilt, und heute, seit Sozialdemokraten und Grüne an der Regierung sind, sind diese Positionen von diesen beiden Parteien eben geräumt worden, und die Tendenz zeigt, dass sie eher weiterhin räumen, als dass sie sie für sich zurückholen wollen. Insofern - so leid es mir tut - finde ich, dass die PDS im Moment eigentlich gerade in Sachen Frieden, gerade in Sachen sozialer Gerechtigkeit und vor allen Dingen, was die Situation unseres Landes zwölf Jahre nach der Einheit angeht, Ost-West betreffend, die einzige Alternative, die ich sehe.
Durak: Frau Jochimsen, Sie wollen für die PDS gewählt werden, sie müssen aber auch für die PDS einstehen. Die PDS beschreibt Ihre Position zu Macht und Eigentum als radikal-sozialistisch. Wie radikal sind Sie denn?
Jochimsen: Also ich bin auf jeden Fall sozialistisch und radikal, das heißt an die Wurzel gehend, ist im Kern für mich kein schlechter Begriff. Ich finde schon, dass es allerallerhöchste Zeit ist, nicht einfach nur immer zu jammern und zu sagen: Mein Gott, wir haben so viele Ausgaben, wir müssen dafür Geld haben, als Staat, als Kommunen, als Länder, und festzustellen, dass in diesem reichen Land, in dem so unendlich viele Leute so unendlich viel reicher geworden sind in den letzten Jahren, die öffentlichen Hände zunehmend verarmen und nichts mehr tun können. Ich weiß nicht, ob das Menschen nicht auffällt...
Durak: ...das fällt schon auf, Frau Jochimsen, pardon, aber woher wollen Sie das nehmen? Wollen Sie wie die PDS auf lange Sicht das Eigentum oder so viel Eigentum in die Hände der Menschen legen - und das ist mit radikal-sozialistisch gemeint -, damit sie gerecht leben können? Wie weit gehen Sie?
Jochimsen: Was heißt in die Hände der Menschen legen?
Durak: Das steht im Entwurf zum Parteiprogramm der PDS.
Jochimsen: Ja, in die öffentlichen Hände zum Beispiel. Ich finde, eine Wiedereinführung der Vermögenssteuer ist weiß Gott an der Zeit, und ich finde, dass man nicht Großfirmen weiterhin so davon gehen lassen kann, dass sie kaum Steuern zahlen. Ich finde, dass man umsteuern muss. Was den Mittelstand angeht - da ist die PDS übrigens gar nicht so weit von der FDP entfernt -, da muss einfach umgesteuert werden.
Durak: Was im Parteiprogramm-Entwurf der PDS schmeckt Ihnen überhaupt nicht?
Jochimsen: Das kann ich eigentlich im Moment überhaupt nicht sagen, was mir überhaupt nicht schmeckt.
Durak: Sie teilen alles, was da so drin steht?
Jochimsen: Na ja, ich meine, sonst würde man sich ja nicht einsetzten. Auch ein Unabhängiger muss natürlich mit den Grundpositionen der PDS einverstanden sein, sonst macht das ja keinen Sinn.
Durak: Wer in Hessen ist denn Ihre Zielgruppe, Frau Jochimsen?
Jochimsen: Ganz viele Leute: Die vielen Wähler, die von den Grünen enttäuscht sind, die vielen Wähler, die von den Sozialdemokraten enttäuscht sind, die Wähler, die zum Beispiel durchaus gut verdienen, aber auch so was wie einen sozialen Gerechtigkeitssinn haben und finden: So sollte es nicht weitergehen! Ich glaube, dass es da eine ganz große Zielgruppe von Menschen gibt, die enttäuscht sind und die auch übrigens neue Orientierung suchen.
Durak: Die wollen Sie geben. Weshalb konnten Sie das nicht auf Listenplatz Zwei machen und haben vom ersten Platz die lang gediente PDS-Abgeordnete aus Hessen, Pia Maier, verdrängt?
Jochimsen: Also, jetzt mal so viel zum Stichwort lang gedient...
Durak: ...das war in Anführung gesprochen.
Jochimsen: Pia Maier ist nachgerückt auf einem Listenplatz. Sie ist nicht von der PDS in Hessen in den Bundestag geschickt worden, sondern Fred Geppert, ein ebenso unabhängiger Kandidat auf der Liste, der früher lange Jahre in der Sozialdemokratie war und dann 1998 den Listenplatz Nummer Eins für die PDS gewonnen hat, so wie vorher Gerhard Zwerens. Pia Maier ist als junge PDS-Frau aus der Fraktion als wissenschaftliche Mitarbeiterin und Platz Zwei in Hessen nachgerückt.
Durak: Und jetzt sind Sie auf Platz Eins?
Jochimsen: Ja.
Durak: Luc Jochimsen war das. Sie ist auf der Landesliste, Nummer Eins in Hessen, für die PDS, war ehemalige Fernseh-Chefredakteurin des hessischen Rundfunks und, Frau Jochimsen, ganz einfach läuft uns die Zeit davon - Sie kennen das Geschäft. Schönen Dank.
Link: Interview als RealAudio