"'Mädelsabende' ist ein Format, das sich zusammensetzt aus kurzen Videos, in denen Themen, die junge Frauen interessieren, behandelt werden." Und zwar auf Instagram, sagt Farah Schäfer. Sie ist wie ihre Kolleginnen Clare Devlin, Naina Kümmel und Angelina Boerger Mitte 20 und steht für "Mädelsabende" vor der Kamera. Die Vier begleiten jede Woche journalistisch ein zentrales Thema aus der Lebenswelt junger Frauen.
"Hallöchen!" - "Hi, Clare hier!" - "Ich bin Farah von 'Mädelsabende'!" - "Ich bin Naina von 'Mädelsabende' und wir sprechen diese Woche über das Thema sexuelle Orientierung." - "Wir reden diese Woche über alternative Beziehungen!" - "Ich bin ab heute wieder eine Woche für euch da, und zwar mit dem Thema Jobs und Berufe."
Themen von Brustkrebs bis Unfruchtbarkeit
An jedem Tag einer Themenwoche gehen die Frauen auf einen bestimmten Aspekt genauer ein. In der Themenwoche "Kinderwunsch" etwa, wie es ist, sehr früh Mutter zu werden oder unfruchtbar zu sein. Die Presenterinnen stellen dabei relevante Fragen zu diesem Thema und nehmen die User mit auf die Suche nach den Antworten.
Dazu treffen sie sich dann mit Experten oder Betroffenen oder machen eigene Erfahrungen, wie zum Beispiel bei der Brustkrebsvorsorge. "Wisst ihr, was das hier ist? Das ist ein Brustmodell, das werde ich gleich anziehen und dann werde ich lernen, wie man sich richtig abtastet. Ich bin zwar oft beim Frauenarzt, aber wie das richtig geht, habe ich bis jetzt noch nicht gelernt."
Mit Menschen reden statt über sie
Diesen Facettenreichtum macht "Instagram Stories" möglich, das Kurzvideoformat, auf das man mit Privatnachrichten reagieren kann. "Was wir machen, ist, dass wir alle Privatnachrichten beantworten, in den Austausch gehen und über Erfahrungen reden, die die User selbst gemacht haben", sagt Farah Schäfer. Nur so könne man mit den Menschen reden statt über sie.
Dass auch sensible Themen wie Rassismus oder Depressionen behandelt werden, führt bei der Kommunikation aber an journalistische Grenzen, findet Clare Devlin: "Aber es ist so, dass wir an Beratungsstellen verweisen, einfach weil manche Dinge können wir nicht leisten. Weil wenn jemand total verzweifelt ist, wenn jemand wirklich Hilfe braucht, dann geraten wir da auch an unsere Grenzen und können das nicht verantworten."
Junges Team mit erfahrener Unterstützung
Dass feinfühliger Journalismus zu so zu sensiblen Themen gelingen kann, liegt nicht an der langjährigen Erfahrung der Beteiligten, sondern am Teamwork, sagt Redakteurin Verena Lammert. Sie ist für das Format verantwortlich.
"Mir war es wichtig bei der Teamzusammensetzung, dass sie schon ein Verständnis für journalistisches Arbeiten haben. Aber ich glaube, dass wenn man mit so jungen Leuten arbeitet, man noch keinen fertigen Journalisten vor sich haben kann. Und deshalb gibt es auch die Redakteure und Rechercheure, die wesentlich weiter sind und die dazu helfen an der Stelle. Und deshalb ist es auch immer eine Teamleistung im Endeffekt."
Schon mehr als 43.000 Follower und Grimme-Online-Award
Das Team umfasst mittlerweile mehr als zehn Personen. Gestartet war Mädelsabende aber nur zu viert.* Die entscheidende Unterstützung hatte Lammert auf ihrer Seite und das dürfte der WDR nicht bereuen. Denn "Mädelsabende" ist ein Jahr später eines der bedeutenden feministisch-journalistische Formate auf Instagram, hat mehr als 43.000 Follower und unter anderem den Grimme-Online-Award in der Kategorie Kultur und Unterhaltung gewonnen.
Die Jury lobte vor allem die Gestaltung und die Interaktivität von "Mädelsabende". Außerdem rege das inhaltlich anspruchsvolle Format in der sonst recht oberflächlichen Instagram-Traumwelt zum Nachdenken und Diskutieren an.
Authentisch und überzeugend
"Mädelsabende" erweitert die Themen der Sendung "Frau.TV", weil das Format durch Instagram mit dem Publikum direkter kommunizieren und es auf andere Weise an die Hand nehmen kann als im Fernsehen. Dadurch erreicht "Mädelsabende" vor allem Menschen zwischen 18 und 24 - eine für "Frau.TV" ansonsten schwierige Zielgruppe.
Der Erfolg des Formats zeigt vor allem zwei Dinge. Erstens: Junger Journalismus muss auf den Plattformen stattfinden, wo sich junge Menschen ohnehin aufhalten. Und zweitens: Im dortigen Social-Media-Grundrauschen behauptet sich, wer mit seinem Konzept authentisch und überzeugend ist. Beides ist bei "Mädelsabende" der Fall.
* Wegen eines Missverständnisses mit einer Gesprächspartnerin haben wir den Beitrag an dieser Stelle in Text und Audio gekürzt.