Gerd Breker: Das war ganz anders geplant. Dieser Sommer sollte eine Senkung der Krankenkassenbeiträge bringen, denn Anfang des Jahres waren die Krankenkassen im satten Plus. Doch nun geht es andersrum: Krankenversicherten und Unternehmen droht eine Anhebung der Kassenbeiträge, weil die Kosten für Arzneimittel in diesem Jahr deutlich gestiegen sind. Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände teilte in Berlin mit: Die Gesamtkosten der gesetzlichen Krankenversicherungen für Medikamente im ersten Halbjahr dieses Jahres beliefen sich auf über elf Milliarden Euro. Das sind 20 Prozent mehr als im Vorjahr. Das ist das, was der Kassenanteil ist - die Zuzahlungen durch die Patienten müsste eigentlich noch draufgerechnet werden. Am Telefon begrüße ich den Vorstandsvorsitzenden des AOK-Bundesverbandes, ich begrüße Hans Jürgen Ahrens. Als wir uns zuletzt Anfang März sprachen, Herr Ahrens, da hatten Sie noch ein Plus von 900 Millionen Euro und meinten, der Sommer sei ein seriöser Zeitpunkt, um über Beitragssenkungen zu entscheiden. Der Sommer ist da, das Geld ist weg - und eine Beitragssenkung kann es nicht geben, oder?
Hans Jürgen Ahrens: Also wenn das so weitergeht im Arzneimittelbereich und wenn wir da nicht zu Lösungen kommen, dann muss man schlicht sagen, dann müssen die Hoffnungen auf Beitragssatzsenkungen, die können wir auf Null drehen.
Breker: Schon damals, Herr Ahrens, haben Sie den Arzneimittelbereich als Risikofaktor genannt. Was ist da passiert? Nehmen wir mehr Pillen?
Ahrens: Also, es sind verschiedene Dinge, die da zusammenkommen. Es sind die Rabatte weggefallen. Wir hatten angeregt sie weiterlaufen zu lassen, weil das sehr viel Geld ist. Das sind fast 500 Millionen. Es sind darüber hinaus mehr Patienten von Zuzahlungen befreit. Die Ärzte verordnen mehr. Aber vor allen Dingen auch: sie verordnen teurer. Und wenn Sie das alles zusammenrechnen - und selbst wenn man das abzieht, was wir an Einsparungen haben, die Festbeträge oder Preisentwicklung -, da muss man sagen, dann ist das eben ein Mehrbetrag, der in Milliardenhöhe da ist. Und das ist nicht aufzufangen.
Breker: Wer muss jetzt was tun?
Ahrens: Also, ich halte letztlich natürlich nicht so sonderlich viel davon, wenn man immer nach dem Gesetzgeber ruft. Insofern sind wir mit den Ärzten in der Pflicht. Aber wir sind auch auf die Ärzte angewiesen, denn wir verordnen ja nicht. Deshalb haben wir den Ärzten ein Angebot gemacht und haben gesagt - da in diesem System, im Gesundheitssystem eigentlich nichts läuft ohne Anreize -, wir haben gesagt: Dann lasst uns ein Bonus-Malus-System machen. Das heißt, diejenigen Ärzte, die wirtschaftlich verordnen, die sollen daran Anteil haben, und diejenigen, die es nicht tun, die müssen das finanziell auch spüren. Das lehnen die Ärzte ab, derzeit. Ich weiß nicht, aus welchem Grund. Ob das vielleicht im Rahmen der bevorstehenden Bundestagswahlen ist - ich will es nicht hoffen. Weil ich auch fürchte, dass, wenn man sich dem entzieht, dass man dann die eigene Kompetenz dann auch infrage stellt und das ist die Kompetenz der Selbstverwaltung. Und erst, wenn die nicht mehr gegeben ist, dann ist natürlich der Gesetzgeber gefordert, wenn er Interesse daran hat, dass die Beiträge stabil bleiben.
Breker: Wir reden über Ärzte, Herr Ahrens, wir reden über Kassen - wir reden gar nicht über die Pharmaindustrie?
Ahrens: Ja die Pharmaindustrie ist natürlich mittelbar davon betroffen, das ist auch klar. Aber im Moment ist unser Ansatz der, dass ich sage: Wir müssen jetzt nicht mittelfristige Lösungen haben - die können wir haben und dann können wir auch mit der Pharmaindustrie reden und da kann ich mir auch vorstellen, dass es da Lösungen gibt, dass wir direkte Verträge mit der Pharmaindustrie schließen, also direkte Verträge von Kassen und Pharmaindustrie. Da gibt es viele Dinge, die mittelfristig laufen - nur wir müssen was tun, dass es in diesem Jahr, dass in diesem Jahr die Beiträge uns nicht beeinträchtigt werden durch die Ausgabenentwicklungen.
Breker: Also die Ärzte verschreiben zu viel und zu teuer?
Ahrens: Ja. Das kann man auf diesen Punkt bringen. Es gibt andere Komponenten. Das sind die Komponenten, die ich sagte, dass die Rahmenbedingungen sich verschlechtert haben, dass die Rabatte, die eingeräumt wurden, dass die 16 Prozent betrugen, statt heute sechs Prozent - das ist klar, das sind finanzielle Rahmenbedingungen, die weggefallen sind. Nur, die können wir im Moment nicht ändern - die sollen auch nicht geändert werden, das entspricht ja auch nicht dem Willen der Politik. Und deshalb muss man sich fragen: Was kann man selbst tun? Und da gibt es von uns einmal das Modell, dass wir sagen "Bonus-Malus" und es gibt aber auch das Angebot, dass wir sagen: Ja, macht eine Software, wo wir den Ärzten dartun können, wie man wirtschaftlich verordnen kann, ohne dass das Einbußen auch im medizinischen Effekt hat.
Breker: Was treibt denn, Herr Ahrens, die Ärzte dazu, zu viel und zu teuer zu verschreiben?
Ahrens: Also ich - erst mal muss man sich ein bisschen hüten natürlich jetzt zu sagen, dass ist jeder Arzt, sondern es gibt da auch unterschiedliche Verordnungsverhalten. Aber es ist, sagen wir mal, ein generelles Zeichen. Ich fürchte, dahinter steckt, dass der Arzt es gar nicht so genau weiß, ob er so oder wirtschaftlicher verordnen kann. Und vielleicht sind die Ratgeber, die ihm zur Seite stehen, auch eher der Pharmaindustrie nahe als vielleicht der Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen. Und deshalb bieten wir an, dass wir sagen: Wir wollen Euch auch bei diesem Vorgang helfen, indem wir unsere Software zur Verfügung stellen. Und das muss keine AOK-spezifische sein, das kann ja eine aller Kassen sein. Aber es muss ja einen Anreiz geben. Und ich habe die Erfahrung gemacht, Anreize im Gesundheitswesen gibt es eigentlich immer nur dann, wenn sie in irgendeiner Art und Weise finanzieller Natur sind.
Hans Jürgen Ahrens: Also wenn das so weitergeht im Arzneimittelbereich und wenn wir da nicht zu Lösungen kommen, dann muss man schlicht sagen, dann müssen die Hoffnungen auf Beitragssatzsenkungen, die können wir auf Null drehen.
Breker: Schon damals, Herr Ahrens, haben Sie den Arzneimittelbereich als Risikofaktor genannt. Was ist da passiert? Nehmen wir mehr Pillen?
Ahrens: Also, es sind verschiedene Dinge, die da zusammenkommen. Es sind die Rabatte weggefallen. Wir hatten angeregt sie weiterlaufen zu lassen, weil das sehr viel Geld ist. Das sind fast 500 Millionen. Es sind darüber hinaus mehr Patienten von Zuzahlungen befreit. Die Ärzte verordnen mehr. Aber vor allen Dingen auch: sie verordnen teurer. Und wenn Sie das alles zusammenrechnen - und selbst wenn man das abzieht, was wir an Einsparungen haben, die Festbeträge oder Preisentwicklung -, da muss man sagen, dann ist das eben ein Mehrbetrag, der in Milliardenhöhe da ist. Und das ist nicht aufzufangen.
Breker: Wer muss jetzt was tun?
Ahrens: Also, ich halte letztlich natürlich nicht so sonderlich viel davon, wenn man immer nach dem Gesetzgeber ruft. Insofern sind wir mit den Ärzten in der Pflicht. Aber wir sind auch auf die Ärzte angewiesen, denn wir verordnen ja nicht. Deshalb haben wir den Ärzten ein Angebot gemacht und haben gesagt - da in diesem System, im Gesundheitssystem eigentlich nichts läuft ohne Anreize -, wir haben gesagt: Dann lasst uns ein Bonus-Malus-System machen. Das heißt, diejenigen Ärzte, die wirtschaftlich verordnen, die sollen daran Anteil haben, und diejenigen, die es nicht tun, die müssen das finanziell auch spüren. Das lehnen die Ärzte ab, derzeit. Ich weiß nicht, aus welchem Grund. Ob das vielleicht im Rahmen der bevorstehenden Bundestagswahlen ist - ich will es nicht hoffen. Weil ich auch fürchte, dass, wenn man sich dem entzieht, dass man dann die eigene Kompetenz dann auch infrage stellt und das ist die Kompetenz der Selbstverwaltung. Und erst, wenn die nicht mehr gegeben ist, dann ist natürlich der Gesetzgeber gefordert, wenn er Interesse daran hat, dass die Beiträge stabil bleiben.
Breker: Wir reden über Ärzte, Herr Ahrens, wir reden über Kassen - wir reden gar nicht über die Pharmaindustrie?
Ahrens: Ja die Pharmaindustrie ist natürlich mittelbar davon betroffen, das ist auch klar. Aber im Moment ist unser Ansatz der, dass ich sage: Wir müssen jetzt nicht mittelfristige Lösungen haben - die können wir haben und dann können wir auch mit der Pharmaindustrie reden und da kann ich mir auch vorstellen, dass es da Lösungen gibt, dass wir direkte Verträge mit der Pharmaindustrie schließen, also direkte Verträge von Kassen und Pharmaindustrie. Da gibt es viele Dinge, die mittelfristig laufen - nur wir müssen was tun, dass es in diesem Jahr, dass in diesem Jahr die Beiträge uns nicht beeinträchtigt werden durch die Ausgabenentwicklungen.
Breker: Also die Ärzte verschreiben zu viel und zu teuer?
Ahrens: Ja. Das kann man auf diesen Punkt bringen. Es gibt andere Komponenten. Das sind die Komponenten, die ich sagte, dass die Rahmenbedingungen sich verschlechtert haben, dass die Rabatte, die eingeräumt wurden, dass die 16 Prozent betrugen, statt heute sechs Prozent - das ist klar, das sind finanzielle Rahmenbedingungen, die weggefallen sind. Nur, die können wir im Moment nicht ändern - die sollen auch nicht geändert werden, das entspricht ja auch nicht dem Willen der Politik. Und deshalb muss man sich fragen: Was kann man selbst tun? Und da gibt es von uns einmal das Modell, dass wir sagen "Bonus-Malus" und es gibt aber auch das Angebot, dass wir sagen: Ja, macht eine Software, wo wir den Ärzten dartun können, wie man wirtschaftlich verordnen kann, ohne dass das Einbußen auch im medizinischen Effekt hat.
Breker: Was treibt denn, Herr Ahrens, die Ärzte dazu, zu viel und zu teuer zu verschreiben?
Ahrens: Also ich - erst mal muss man sich ein bisschen hüten natürlich jetzt zu sagen, dass ist jeder Arzt, sondern es gibt da auch unterschiedliche Verordnungsverhalten. Aber es ist, sagen wir mal, ein generelles Zeichen. Ich fürchte, dahinter steckt, dass der Arzt es gar nicht so genau weiß, ob er so oder wirtschaftlicher verordnen kann. Und vielleicht sind die Ratgeber, die ihm zur Seite stehen, auch eher der Pharmaindustrie nahe als vielleicht der Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen. Und deshalb bieten wir an, dass wir sagen: Wir wollen Euch auch bei diesem Vorgang helfen, indem wir unsere Software zur Verfügung stellen. Und das muss keine AOK-spezifische sein, das kann ja eine aller Kassen sein. Aber es muss ja einen Anreiz geben. Und ich habe die Erfahrung gemacht, Anreize im Gesundheitswesen gibt es eigentlich immer nur dann, wenn sie in irgendeiner Art und Weise finanzieller Natur sind.