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Weißrussland
Kriegsgedenken in gestörter Waffenruhe

In Brest erinnerten Russen und Weißrussen an den Überfall der Deutschen Wehrmacht vor 73 Jahren. Ein zentrales Thema war aber auch die Krise im Nachbarland Ukraine. Präsident Putin zeigt sich mit Blick auf den Friedensplan seines ukrainischen Amtskollegen Poroschenko inzwischen dialogbereit.

Von Sabine Adler | 22.06.2014
    Sergej Naryschkin, der Vorsitzende der russischen Staatsduma, verlässt ein Flugzeug.
    Sergej Naryschkin: der Vorsitzende der russischen Staatsduma. (dpa/picture alliance/Evgeny Biyatow/Evgeny Biyatov)
    Die prorussischen Milizen ignorierten den zweiten Tag in Folge die einseitige Waffenruhe der ukrainischen Streitkräfte. In Slawiansk und Kramatorsk werden Explosionen und Schüsse gemeldet. Nahe der ukrainischen Grenze trainieren 65.000 russische Soldaten ihre Gefechtsbereitschaft, voraussichtlich bis kommenden Samstag, bis Freitag gilt die ukrainische Feuerpause.
    Nachgestellt Kämpfe von damals
    Russland und Weißrussland erinnerten am frühen Morgen an den Überfall der deutschen Wehrmacht vor 73 Jahren. Die zentrale Veranstaltung fand im heute weißrussischen, damals sowjetischen Brest statt, in das die Wehrmacht zuerst einmarschiert war. Noch vor Sonnenaufgang wurden dort die Kämpfe in einer sogenannten Rekonstruktion nachgestellt mit brennenden Häuserkulissen und Kampflärm. Diese Form, historischer Schlachten zu gedenken, war bislang hauptsächlich in Polen sehr verbreitet. Der Vorsitzende der russischen Staatsduma, Sergej Naryschkin, sprach im Zusammenhang mit den Kämpfen in der Ostukraine von Faschisten, obwohl der Konflikt der von Moskau initiierte und unterstützten Versuch ist, nach der Okkupation der Krim auch die Ostukraine abzuspalten.
    "Wenn man die Fibel austauscht durch nationalistisches Gedankengut, dann erhebt der Faschismus wieder sein Haupt. Und das geschieht leider gerade ganz in unserer Nähe. Das was in unseren Fibeln stand, das weiß man in Russland und in Weißrussland und anderen Teilen unseres früheren großen Landes: das unsere Heimat Europa vor dem Faschismus rettete. Jetzt im 21.Jahrhundert würden Menschen sterben mit dem Satz auf den Lippen: nie wieder Faschismus."
    Moskau spricht von Faschisten in Kiew
    Moskau hört nicht auf, die Auseinandersetzungen als Reaktion auf den Machtwechsel in Kiew darzustellen, wo nach russischer Auffassung Faschisten die Führung übernommen haben.
    Der russische Präsident hat seine bisherige Ablehnung des Friedensplans von Petro Poroschenko abgeschwächt. Man müsse den Dialog führen und den Menschen der Region das Gefühl geben, zur Ukraine zu gehören.
    Poroschenkos 15-Punkte-Plan
    Der ukrainische Präsident erläuterte gestern im Fernsehen seinen am Freitag vorgelegten 15-Punkte-Plan, der als erste Aufgabe Gespräche vorsieht, sowie eine Amnestie für Kämpfer, die die Waffen niederlegen. Russischen Beteiligten sicherte er freien Abzug aus der Ukraine zu, die Waffen allerdings müssten sie zurücklassen. Neben der Verfassungsänderung für eine Dezentralisierung der Macht noch bis Herbst kündigte er ein Wirtschaftsprogramm an. Für dessen Umsetzung würden Investitionen auch aus der EU benötigt, die jedoch nur beginnen könnten, wenn Frieden herrsche.
    "In dieser kritischen Situation haben wir die Wahl: das Problem friedlich oder militärisch zu lösen. Wir schlagen unterschiedliche Szenarien vor. Das friedliche ist unser grundlegender Plan A, aber wer diesen nur nutzen will, um auf Zeit zu spielen, die Kräfte zu sammeln, sollte wissen, dass es einen Plan B gibt, den ich jetzt nicht erläutern werde."
    Poroschenko wurde persönlich, berichtete den Bürgern, von seiner Kindheit in Transnistrien. Bei dessen Abspaltung von der Republik Moldau seien viele seiner Klassenkameraden ums Leben gekommen. Transnistrien, das von russischen Truppen besetzt ist, sei nach 30 Jahren noch immer nicht international anerkannt.
    "Ich lasse nicht zu, dass irgendjemand die Ukraine in so etwas wie Transnistrien verwandelt."