"Ich will keine Oligarchen keine Agenten, keine Stasi, ich will nicht von unserem Innenministerium abgehört werden,"
singen diese Demonstranten in Sofia. Und immer wieder schallt es aus der Menge in Richtung Regierung.
"Mafia! Mafia! Wir wollen, dass die Regierung zurücktritt. Sofort!"
Seit vier Wochen geht das so, jeden Tag. Schon morgens ziehen Bürgerinnen und Bürger, vor allem Studierende, junge Berufstätige, Familien mit Kindern, aber auch Ältere, Rentner, vor das bulgarische Parlament, trinken dort Kaffee, wenn sich Abgeordnete blicken lassen, fliegen vereinzelt Eier oder Tomaten. Doch insgesamt bleiben die Proteste friedlich. Immer wieder werden über soziale Netzwerke neue Protestformen angestoßen, mal ein Fahrradkorso, neuerdings sorgt eine Privatfirma für kabellosen Internetzugang, damit Demonstranten vor dem Parlament am Laptop mit der Arbeit beginnen können. Zwar gibt es vereinzelt Gegendemonstranten, die rufen: "Gebt der Regierung noch eine Chance". Doch jeden Abend füllen ab 18.30 Uhr Zehntausende zu großen Anti-Regierungs-Demonstrationen das Zentrum der Hauptstadt:
"Alle, die in den letzten 20 Jahren auf der politischen Bühne standen, sollen verschwinden. Die Jüngeren sollen das Wort ergreifen, auch wenn sie unerfahren sind,"
meint er. Und diese Frau ergänzt:
"Wir wollen neue Gesichter an der Regierung. Wir wollen saubere Menschen."
Auf fast gespenstische Weise versucht die amtierende Regierung, weiter Normalität vorzugaukeln. Sie ist nach Protesten gegen überhöhte Strompreise und vorgezogenen Neuwahlen erst seit Ende Mai im Amt und vor allem damit beschäftigt, Posten neu zu besetzen. Gerade wurde ein neuer Chef der staatlichen Krankenkasse bestimmt.
Doch die von den Sozialisten geführte Regierung hat ihren Kredit früh verspielt, als sie einen in zahlreiche Korruptionsaffären verwickelten Medienmogul zum Geheimdienstchef machen wollte - für die Demonstranten ein Symbol für die korrupten Strukturen der Altparteien, sowohl unter dem konservativen Ex-Premier Bojko Borissow als auch unter Sozialistenchef Sergej Stanischew, der Ende Mai den Finanzexperten Plamen Orescharski als Premier eingesetzt hat.
Dass die Proteste seit vier Wochen nicht abebben, sondern im Gegenteil immer breitere Schichten der Bevölkerung erfassen, zeigt: Viele im ärmsten Land der Europäischen Union mit einem Durchschnittsverdienst von umgerechnet rund 350 Euro und einer Durchschnittsrente von 150 Euro wollen die Zustände nicht mehr hinnehmen. Vor allem nicht, dass sich nach wie vor die gleichen Oligarchen, Ex-Geheimdienstleute und Politiker bereichern, die aus dem kommunistischen System vor der Wende hervorgegangen sind. Nur zwei Persönlichkeiten genießen noch breites Ansehen in der Bevölkerung: Generalstaatsanwalt Sotir Zazarow und Präsident Rossen Plewneljew:
"Ich unterstütze jede Bürgerinitiative, die mehr Demokratie, Gerechtigkeit, einen Rechtsstaat und eine europäische Zukunft verlangt,"
so Plewneljew in seiner jüngsten Rede.
"Solange ich Staatspräsident bin, werde ich Partei ergreifen für mehr Demokratie, Bürgerkontrolle und einen Rechtsstaat. Als Präsident bin ich beunruhigt und besorgt – um ein Bulgarien, in dem die Politik offensichtlich in eine Wertekrise geraten ist."
Plewneljew hat sich für erneute Wahlen im Herbst ausgesprochen. Das fordern auch die Demonstranten, verbunden mit der Hoffnung, dass bis dahin das Wahlrecht geändert wird. Bisher werden die Parlamentsabgeordneten allein über Listen der Parteien bestimmt. Die Hälfte der Abgeordneten, so die Forderung, soll künftig direkt gewählt werden können. Das würde auch Wortführern der Protestbewegung Chancen auf einen Parlamentssitz eröffnen. Eine neue Partei, die die Proteststimmen vereint, ist bisher nicht in Sicht.
Erstmals haben Anfang der Woche auch der deutsche und der französische Botschafter in Bulgarien in einer gemeinsamen Erklärung die Protestbewegung unterstützt. Die sozialistisch dominierte Regierung hat das zurückgewiesen. Doch hinter den Kulissen gibt es offenbar Diskussionen über einen neuen Wahltermin schon Ende September.
"Die Gesellschaft ist sehr gespalten. Diese Spaltung kann nur mit neuen Wahlen behoben werden,"
sagt dieser Demonstrant in Sofia.
"Der Regierung soll klar werden, dass wir nicht aufgeben,"
meint sie. Und dieser Mann warnt:
"Es kommt der Punkt, an dem der Faden der Volksgeduld reißen wird. Dann sind die Folgen unvorhersehbar."
singen diese Demonstranten in Sofia. Und immer wieder schallt es aus der Menge in Richtung Regierung.
"Mafia! Mafia! Wir wollen, dass die Regierung zurücktritt. Sofort!"
Seit vier Wochen geht das so, jeden Tag. Schon morgens ziehen Bürgerinnen und Bürger, vor allem Studierende, junge Berufstätige, Familien mit Kindern, aber auch Ältere, Rentner, vor das bulgarische Parlament, trinken dort Kaffee, wenn sich Abgeordnete blicken lassen, fliegen vereinzelt Eier oder Tomaten. Doch insgesamt bleiben die Proteste friedlich. Immer wieder werden über soziale Netzwerke neue Protestformen angestoßen, mal ein Fahrradkorso, neuerdings sorgt eine Privatfirma für kabellosen Internetzugang, damit Demonstranten vor dem Parlament am Laptop mit der Arbeit beginnen können. Zwar gibt es vereinzelt Gegendemonstranten, die rufen: "Gebt der Regierung noch eine Chance". Doch jeden Abend füllen ab 18.30 Uhr Zehntausende zu großen Anti-Regierungs-Demonstrationen das Zentrum der Hauptstadt:
"Alle, die in den letzten 20 Jahren auf der politischen Bühne standen, sollen verschwinden. Die Jüngeren sollen das Wort ergreifen, auch wenn sie unerfahren sind,"
meint er. Und diese Frau ergänzt:
"Wir wollen neue Gesichter an der Regierung. Wir wollen saubere Menschen."
Auf fast gespenstische Weise versucht die amtierende Regierung, weiter Normalität vorzugaukeln. Sie ist nach Protesten gegen überhöhte Strompreise und vorgezogenen Neuwahlen erst seit Ende Mai im Amt und vor allem damit beschäftigt, Posten neu zu besetzen. Gerade wurde ein neuer Chef der staatlichen Krankenkasse bestimmt.
Doch die von den Sozialisten geführte Regierung hat ihren Kredit früh verspielt, als sie einen in zahlreiche Korruptionsaffären verwickelten Medienmogul zum Geheimdienstchef machen wollte - für die Demonstranten ein Symbol für die korrupten Strukturen der Altparteien, sowohl unter dem konservativen Ex-Premier Bojko Borissow als auch unter Sozialistenchef Sergej Stanischew, der Ende Mai den Finanzexperten Plamen Orescharski als Premier eingesetzt hat.
Dass die Proteste seit vier Wochen nicht abebben, sondern im Gegenteil immer breitere Schichten der Bevölkerung erfassen, zeigt: Viele im ärmsten Land der Europäischen Union mit einem Durchschnittsverdienst von umgerechnet rund 350 Euro und einer Durchschnittsrente von 150 Euro wollen die Zustände nicht mehr hinnehmen. Vor allem nicht, dass sich nach wie vor die gleichen Oligarchen, Ex-Geheimdienstleute und Politiker bereichern, die aus dem kommunistischen System vor der Wende hervorgegangen sind. Nur zwei Persönlichkeiten genießen noch breites Ansehen in der Bevölkerung: Generalstaatsanwalt Sotir Zazarow und Präsident Rossen Plewneljew:
"Ich unterstütze jede Bürgerinitiative, die mehr Demokratie, Gerechtigkeit, einen Rechtsstaat und eine europäische Zukunft verlangt,"
so Plewneljew in seiner jüngsten Rede.
"Solange ich Staatspräsident bin, werde ich Partei ergreifen für mehr Demokratie, Bürgerkontrolle und einen Rechtsstaat. Als Präsident bin ich beunruhigt und besorgt – um ein Bulgarien, in dem die Politik offensichtlich in eine Wertekrise geraten ist."
Plewneljew hat sich für erneute Wahlen im Herbst ausgesprochen. Das fordern auch die Demonstranten, verbunden mit der Hoffnung, dass bis dahin das Wahlrecht geändert wird. Bisher werden die Parlamentsabgeordneten allein über Listen der Parteien bestimmt. Die Hälfte der Abgeordneten, so die Forderung, soll künftig direkt gewählt werden können. Das würde auch Wortführern der Protestbewegung Chancen auf einen Parlamentssitz eröffnen. Eine neue Partei, die die Proteststimmen vereint, ist bisher nicht in Sicht.
Erstmals haben Anfang der Woche auch der deutsche und der französische Botschafter in Bulgarien in einer gemeinsamen Erklärung die Protestbewegung unterstützt. Die sozialistisch dominierte Regierung hat das zurückgewiesen. Doch hinter den Kulissen gibt es offenbar Diskussionen über einen neuen Wahltermin schon Ende September.
"Die Gesellschaft ist sehr gespalten. Diese Spaltung kann nur mit neuen Wahlen behoben werden,"
sagt dieser Demonstrant in Sofia.
"Der Regierung soll klar werden, dass wir nicht aufgeben,"
meint sie. Und dieser Mann warnt:
"Es kommt der Punkt, an dem der Faden der Volksgeduld reißen wird. Dann sind die Folgen unvorhersehbar."