Mittwoch, 24. April 2024

Archiv

Weizen
Geringere Ernte durch Klimaerwärmung

Wissenschaftler in Alarmbereitschaft: Im Jahr 2050 müssten sich die Ernteerträge verdoppelt haben, damit nicht noch mehr Menschen vor allem in den Dürregebieten der Welt verhungern. Professor Frank Ebert von der Uni Bonn sagte im DLF, der Weizen leiste einen der wichtigsten Beiträge zur Ernährung der Weltbevölkerung, aber der Ernteertrag gehe zurück.

Frank Ewert im Gespräch mit Britta Fecke | 23.12.2014
    Ein Getreidefeld
    Jedes zusätzliche Grad Celsius verringert die Weizenernte um sechs Prozent, so eine Studie. (Jan-Martin Altgeld )
    Britta Fecke: Der Anbau von Mais, Reis, Weizen und Sojabohnen liefert zusammen den größten Anteil der auf dem Acker produzierten Energiemengen weltweit – es ist mehr als Zweidrittel. Die Erträge dieser Kulturpflanzen steigen im Moment aber nicht stark genug an, um den Bedarf zu decken. So warnen unter anderem Wissenschaftler vom Umweltinstitut der Universität Minnesota. Im Jahr 2050, wenn die Weltbevölkerung wahrscheinlich von sieben auf neun Milliarden Menschen angestiegen ist, müssten sich auch die Ernteerträge verdoppelt haben, damit nicht noch mehr Menschen vor allem in den Dürregebieten der Welt verhungern.
    Immer weniger fruchtbarer Boden
    Doch die Ausbreitung der Wüsten oder die Versiegelung offener Flächen verschlingen immer mehr fruchtbaren Boden. Und das ist noch nicht das einzige Problem. Die Klimaerwärmung wirkt sich ebenfalls negativ auf die Ernteerträge vor allem des Weizens aus. Jedes zusätzliche Grad Celsius verringert die Ernte um sechs Prozent. Das ergab eine Studie, an der auch die Universität Bonn beteiligt war. Ich bin nun verbunden mit Professor Frank Ebert von der Abteilung Pflanzenbau am Institut für Nutzpflanzenwissenschaften und Ressourcenschutz der Universität Bonn. Herr Ewert, welchen Anteil leistet denn der Weizen überhaupt zur Ernährung der Weltbevölkerung.
    Frank Ewert: Erst mal einen schönen guten Morgen!
    Fecke: Das wünsche ich Ihnen auch!
    Ewert: Der Weizen leistet einen der wichtigsten Beiträge zur Ernährung der Weltbevölkerung. Einerseits über die direkte Bereitstellung von Nahrungsmitteln, zum anderen aber auch indirekt über die Bereitstellung von Futtermitteln für Tiere. Und er ist neben Reis und Mais zu den wichtigsten Fruchtarten zu zählen weltweit.
    Einfluss möglicher Temperaturerhöhungen
    Fecke: Wie kommen Sie denn zu dem Ergebnis, dass jedes Grad, jedes weitere Grad der Klimaerwärmung sechs Prozent der Ernteerträge des Weizens kostet?
    Ewert: Wir haben uns da viel Mühe gemacht und haben im Prinzip weltweit die Gruppen angesprochen, die sich mit dieser Thematik befassen und sich mit Modellen befassen, die wichtige Zusammenhänge des Wachstums und der Entwicklung beim Weizen abbilden. Wir sind derzeit eigentlich nur auf Basis dieser Modelle in der Lage, Vorhersagen treffen zu können. Das ist eigentlich unser wichtigstes Hilfsmittel, und wir haben ein Projekt initiiert, in dem wir mithilfe dieser Forschergruppen Berechnungen vorgenommen haben, um abschätzen zu können, welchen Einfluss mögliche Temperaturerhöhungen haben können auf die Produktion von Weizen.
    Fecke: Wie sicher sind denn diese Modelle?
    Ewert: Die Modelle an sich sind noch relativ unsicher. Jedes einzelne Modell hat große Unsicherheiten. Die Unsicherheiten sind uns bekannt. Es ist natürlich unser ständiges Bestreben, diese Unsicherheiten zu verbessern. Der Prozess ist noch lange nicht abgeschlossen. Wir stellen aber fest, dass, wenn wir diese Modelle im Konzert laufen lassen in einem sogenannten Modellensemble, sich die Unsicherheiten erstaunlicherweise verringern und wir doch mit einer gewissen größeren Sicherheit Auskünfte geben können, wie sich mögliche Klimaveränderungen auswirken können.
    Hitzestress mit negativen Auswirkungen
    Fecke: Warum ist der Weizen so temperaturabhängig? Oder sind es eher die Wetterextreme wir Stürme oder Starkregen, die dem Getreide zu schaffen machen, die ja auch mit dem Klimawandel zunehmen?
    Ewert: Ja, das sind verschiedene Sachen. Einerseits ist nicht nur der Weizen, aber auch der Weizen abhängig vom Klima und speziell auch von der Temperatur. Temperaturerhöhung bewirkt in der Regel, beispielsweise in Deutschland, aber auch in vielen anderen Gegenden, eine erhöhte Entwicklungsgeschwindigkeit, Entwicklungsrate. Die Pflanzen haben weniger Zeit zum Wachsen, und damit kann weniger Strahlung aufgenommen werden, weniger Biomasse produziert werden, was letztendlich zur Ertragsreduktion führen kann. Hinzu kommen aber auch die Auswirkungen von Extremereignissen. Und in dieser Studie haben wir ganz speziell danach geguckt, inwiefern sind unsere Modelle in der Lage, diese Extremereignisse abzubilden neben dem Temperatureffekt, weil gerade Extremereignisse im Zusammenhang mit der Temperatur, Hitzestress beispielsweise, noch mal einen extra negativen Einfluss haben kann auf die Ertragsentwicklung.
    Fecke: Jedes zusätzliche Grad Celsius verringert die Ernte des Weizens um sechs Prozent. Professor Frank Ewert von der Abteilung Pflanzenbau am Institut für Nutzpflanzenwissenschaften und Ressourcenschutz der Universität Bonn hat uns diese Zahlen mal erläutert.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.