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Welche Umweltpolitik verfolgt die neue Bundesregierung?

Die Bevölkerung muß sich auf Änderungen einstellen - nicht nur in der besonders heiß diskutierten Steuerpolitik, sondern auch in Bezug auf die Umwelt. Im Wahlkampf war vor allem die Atomkraft Thema - SPD und Grüne wollten am Atomausstieg festhalten, CDU/CSU und FDP setzten mit unterschiedlichen Nuancen auf den Weiterbetrieb zumindest für eine Übergangszeit.

Von Philip Banse |
    Sicher ist, dass Atomkraftwerke länger am Netz bleiben, als bisher festgeschrieben. Union und FDP betrachten die Atomkraft als Brückentechnologie, die den Übergang zu erneuerbaren Energien erleichtern soll. Wann allerdings dieser Punkt erreicht ist, wann also die AKW abgeschaltet werden, das wird nicht im Koalitionsvertrag stehen, sagen Unterhändler der Union. Georg Nüßlein verhandelt für die CSU in der Arbeitsgruppe Wirtschaft, er will kein neues Ausstiegsdatum nennen:

    "Das kann ich ihnen nicht sagen. Das ist eine Brücke, die reicht zu einem neuen Energiemix, den wir in Teilen noch erforschen müssen. Wie lange das dauert, hängt davon ab, wie schnell uns das glückt. Daher wäre es falsch hier ein Datum festzulegen."

    Länger am Netz bleiben sollen nur "sichere" AKW. Was das bedeutet, war bis zuletzt umstritten. Aus dem Arbeitskreis Umwelt wurde gefordert, nur AKW am Netz zu lassen, die gegen Passagier-Flugzeugabstürze gesichert sind. Dann müssten fast alle AKW vom Netz. Solche strengen Kriterien scheinen vom Tisch. Maria Flachsbarth, CDU, Mitglied der Arbeitsgruppe Umwelt:

    "Wir werden im Rahmen der periodischen Sicherheitsüberprüfungen, die es ja ohnehin gibt, die Kraftwerke noch mal auf Herz und Nieren prüfen, Stand von Wissenschaft und Technik ist da das Stichwort."

    Das gilt aber schon heute. Neue Sicherheitsanforderungen wird es demnach nicht geben. Georg Nüßlein sagt, welche AKW länger am Netz bleiben dürfen:

    "Alle, die sicher sind. Die Regeln sind klar, wir haben ein funktionierendes Regelwerk und alle Kraftwerke, die in Deutschland laufen, sind sichere Kraftwerke."

    Dazu zählt er auch den Pannenreaktor Krümmel. Dessen Weiterbetrieb stellt Nüßlein dennoch in Frage - nicht weil die Technik veraltet sei, sondern der Betreiber unzuverlässig:

    "Krümmel, da geht es nicht um die Frage der Sicherheit des Kraftwerks, sondern um die Zuverlässigkeit des Betreibers. Über das muss man reden. Der hat uns nicht das Gefühl gegeben, dass er in seiner Sicherheitskultur so aufgestellt ist, wie wir uns das wünschen und insofern wird die Zuverlässigkeit in er Tat momentan geprüft."

    Auch der Salzstock in Gorleben soll wieder erkundet werden, ob er sich als Atom-Endlager eignet - zunächst nach Bergrecht, dann - sollte er sich als Endlager eignen nach Atomrecht, also mit unfassender Bürgerbeteiligung. Strittig bis zuletzt war auch der Umgang mit dem Gesetz für erneuerbare Energien, das fördert den Ausbau von Öko-Strom, indem es Ökostrom-Produzenten für 20 Jahre sinkende, aber feste Abnahme-Preise garantiert. An diesem Grundprinzip will Schwarz-Gelb nicht rütteln, sagt Unions-Umweltpolitikerin Flachsbarth. Allerdings soll das EEG viel früher auf den Prüfstand gestellt werden, als bisher geplant. Statt 2011 sollen nun schon im nächsten Jahre die Fördersätze für alle Stromarten überprüft werden. Georg Nüßlein:

    "Es gibt einen Diskussionsstand zwischen Umwelt und Wirtschaft, der lautet: Wir wollen vielleicht ein Jahr vorziehen, um die Gesamtevaluierung früher zu machen."

    Das bestätigen Unterhändler der AG Umwelt. Mit der Überprüfung des EEG solle eine Marktprämie eingeführt werden. Mit einem Bonus sollen etwa Windstrom-Produzenten überzeugt werden, auf gesetzlich garantierte Preise zu verzichten und ihren Strom eher auf dem freien Markt anzubieten. Maria Flachsbarth, Umwelt-Politikerin der Union:

    "Wir wollen das im Rahmen einer Marktprämie oder eines Kombi-Bonus machen. Das heißt die intelligente Vernetzung verschiedener erneuerbarer Ressourcen, also zum Beispiel Wasser mit Wind, dass die Volatilität ausgeglichen wird, das wollen wir honorieren. Belohnt werden soll aber auch die Möglichkeit, Öko-Strom direkt zu vermarkten etwa an der Strombörse in Leipzig. Dazu bedarf es eines gewissen Investitionsaufwands, einer gewissen Infrastruktur, die aufgebaut werden muss und da soll eine Marktprämie helfen, dass es die Anlagenbetreiber auch tatsächlich attraktiv finden, sich auf dem freien Markt zu bewegen."