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Weltausstellung EXPO in Mailand
Welternährung und Mafia-Ängste

Wenn in genau einem Monat die EXPO in Mailand eröffnet, soll es sich ein halbes Jahr um Ernährung drehen. Wie sie für den Planeten gelingen kann, ist die Kernfrage. Überlagert wird die allerdings von der Sorge vor einem anderen, ur-italienischen Thema: der Mafia.

Von Tilmann Kleinjung | 01.04.2015
    EXPO-Baustelle in Mailand
    EXPO-Baustelle in Mailand (deutschlandradio/ Tilmann Kleinjung)
    Ab 1. Mai will sich Italien von seiner besten Seite zeigen. Deshalb arbeiten 2.600 Menschen Tag und Nacht auf dem Mailänder Expo Gelände, sie pflanzen Bäume, verlegen Kabel und bauen Pavillons. Expo Chef Giuseppe Sala ist zuversichtlich, dass bis zum 1. Mai die Bauarbeiter und die Bagger verschwunden sind und Besucher die 100 Hektar große Ausstellungsfläche im Norden Mailands bevölkern:
    "Es gibt einige wenige ausländische Pavillons, die ein wenig Verspätung haben. Wirklich wenige. Wir versuchen, auch zu helfen. Deshalb rechne ich damit, dass fast alles fertig ist, wenn nicht sogar alles. Die Besucher werden also schon vom ersten Tag an die ganze Anlage sehen können und sich überzeugen können, wie schön alles ist."
    Besonders schön finden die Gastgeber dieser Weltausstellung den Lebensbaum, den "Albero della Vita". Eine 37 Meter hohe Konstruktion aus Stahl und Holz - die gerade eben fertiggestellt wurde und das Thema dieser Expo symbolisieren soll: "Wie ernähren wir den Planeten?" Im Vorfeld hat dieser 8 Millionen Euro teure Baum vor allem Polemik genährt. Zu Unrecht findet Ingenieur Rocco Bardaro bei einer Führung über die Baustelle:
    "Zuerst ging es darum, ob er gebaut werden sollte oder nicht, und dann hatte es etwas mit Zeit zu tun, die man für die Fertigstellung brauchte, auch mit den Kosten natürlich. Umso schöner die Bauwerke sind, desto teurer sind sie leider. Da müssen wir aufrichtig sein. Ein besonderes, nicht banales Bauwerk kostet leider."
    Mafia würde gerne an EXPO verdienen
    In Mailand erinnert man daran, dass auch das Wahrzeichen der Weltausstellung von Paris 1889 heftig umstritten war, heute in aller Welt bekannt und berühmt als Eiffel-Turm. Diese Expo orientiert sich an historischen Vorbildern. Die Anlage des Geländes entspricht der einer antiken römischen Stadt. "Decumanus" wurde die 1,4 Kilometer lange Hauptstraße getauft, an der die großen Pavillons liegen - gestaltet von Stararchitekten wie beispielsweise Daniel Libeskind. Hier sollen ab 1. Mai unter Sonnensegeln die Besucher flanieren.
    Heute ist das die viel befahrene Verkehrsader der Baustelle: Ingenieur Bardaro versucht, in diesem geschäftigen Durcheinander den Überblick zu behalten, vor allem, wer hier arbeitet. Denn, dass auch die Mafia gerne auf der Expo Geld verdienen würde, dieser Gefahr sind sich die Veranstalter bewusst.
    "Abgesehen von den üblichen italienischen Auflagen gibt es für die EXPO noch ein strengeres Protokoll, das den Zutritt der Firmen regelt. Die Firma muss sich auf unserer Webseite akkreditieren und alle nötigen Dokumente hochladen. Erst nach deren Prüfung gibt es eine Genehmigung für den Zutritt zum Baugelände."
    Die Milliarden Investitionen für die Weltausstellung wecken Begehrlichkeiten. Vor einem Jahr wurden sieben Expo Verantwortliche, Unternehmer und Politiker verhaftet. Sie wurden dabei erwischt, wie sie Schmiergeld bezahlten, bzw. annahmen. Auch bei der Ausschreibung für den italienischen Pavillon soll es einen Korruptionsversuch gegeben haben, wurde jetzt bekannt. Expo Chef Giuseppe Sala sagt: Wir haben dazugelernt.
    "Wir haben Fehler gemacht. Und es hat eine schwierige Phase gegeben, in der es Bestechungsversuche gab. Doch dann haben sich die Dinge geändert: Die Ermittlungen, die uns heute beschäftigen, beziehen sich noch auf das Jahr 2013."
    Im deutschen Pavillon dreht sich alles um Nachhaltigkeit
    Bei all den Negativschlagzeilen gerät das eigentliche Thema der Weltausstellung etwas ins Hintertreffen. Dabei ist es ein großes, ein wichtiges und vor allem sehr italienisches Thema: Ernährung.
    Deutschland und andere Aussteller haben darauf gedrungen, dass man nicht der naheliegenden Versuchung erliegt, die Expo in eine gigantische, internationale Fressmeile zu verwandeln. Im deutschen Pavillon dreht sich alles um Nachhaltigkeit, und diesem Thema ist man mit deutscher Gründlichkeit zu Leibe gerückt. Dieter Schmitz, Generalkommissar des deutschen Pavillons:
    "Nachhaltigkeit ist ja etwas, worauf man heute ein großes Gewicht legen sollte. Und das wird sich in vielen Dingen im Pavillon zeigen, bis hin zu den Schuhen, die unsere Hostessen tragen, die kompostierbar sind und aus denen der Samen einer Wildblumenwiese entstehen soll."
    Um sich im Dreck und Lärm der Expo Baustelle eine blühende Blumenwiese vorzustellen, braucht man viel Fantasie. Doch auch dieses Wunder wollen die Veranstalter schaffen: Die Weltausstellung soll eine grüne Oase werden, zwischen Autobahnen und Fabrikhallen im ansonsten schmucklosen Norden Mailands.