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Weltrisikobericht
"Schlafwandeln in die Katastrophe"

Der Risikobericht des Weltwirtschaftsforums liest sich wie ein Thriller. Die Lage in der Welt ist demnach insgesamt riskanter geworden - der Wille, globale Probleme global zu lösen, geringer. Zu den Gefahren zählen neben den Folgen des Klimawandels auch die Zunahme von Depressionen und Abstiegsängsten.

Von Georg Ehring | 16.01.2019
    Tiefster Winter mit gewaltigen Schneemassen rund um die Schwaegalp und dem Saentis Massiv, aufgenommen am Mittwoch, 16. Januar 2019, nach den Aufraeumarbeiten im Hotel Saentis auf der Schwaegalp im Kanton Appenzell Ausserrhoden nach der schweren Lawine vor einer Woche mit drei Verletzten.
    Rund 1.000 Entscheidungsträger aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft wurden für den Bericht befragt - und gaben eine schlechte Prognose ab (dpa / KEYSTONE / Eddy Risch)
    Davos gehört zu den bekanntesten und traditionsreichsten Skiorten der Schweiz, doch momentan ist das Schneevergnügen dort etwas getrübt. Der Grund: Ungewöhnlich große Schneemengen zwischen 1,30 und 2,50 Metern, hohe Lawinengefahr, nur wenige Pisten sind geöffnet.
    Hier tagt in der nächsten Woche das Weltwirtschaftsforum, Staatschefs und Wirtschaftslenker beraten dort jedes Jahr informell über die Lage der Welt. Bei den gerade herrschenden Wetterbedingungen gibt es nicht so viel Ablenkung von einem Bericht, den das Forum eine Woche vor Beginn der Gespräche veröffentlicht hat: Der Weltrisikobericht. Und, wie passend: Wetter- und Klimarisiken stehen ganz oben.
    Gefahr eines ungebremsten Klimawandels ist gewachsen
    Vor allem deshalb, weil die Welt nach wie vor nicht gewillt zu sein scheint, diese Risiken mit der nötigen Konsequenz anzugehen. "Schlafwandeln in die Katastrophe" ist eine Formulierung, die die Autoren des Berichts dafür benutzen. Auch im vergangenen Jahr habe es eine Fülle von extremen Wetterereignissen gegeben, die oft mit dem menschengemachten Klimawandel zusammenhängen. Doch der Stellenwert des Klimaschutzes in der internationalen Gemeinschaft sei nach Abschluss des Pariser Klimaabkommens gesunken.
    Die Gefahr eines ungebremsten Klimawandels mit Temperaturerhöhungen um vielleicht fünf Grad bis zum Ende des Jahrhunderts sei gewachsen. Dies trägt dazu bei, dass auch andere Risiken größer werden: Der Anstieg des Meeresspiegels bedrohe viele Küstenstädte, der Schwund von Tier- und Pflanzenarten verschlechtere die Ernährungssicherheit der Menschen.
    Entscheidungsträger skizzieren düstere Zukunft
    Zustande kommt der Bericht durch eine Befragung des Davos-Veranstalters Weltwirtschaftsforum. Es befragt dazu fast 1.000 Entscheidungsträger aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft. Deren Einschätzungen dienen als Grundlagen für die Bewertung der Risiken in einer ausführlichen Analyse. Es geht darin unter anderem um die Eintrittswahrscheinlichkeiten und möglichen Folgen einer negativen Entwicklung oder eines katastrophalen Ereignisses und in Bezug auf beides stehen Wetterextreme und Klimawandel ganz oben.
    Geringer Wille, globale Probleme global anzugehen
    Die Lage in der Welt ist demnach aber auch insgesamt riskanter geworden. Die Befragten sind insgesamt sehr pessimistisch. Neun von zehn erwarten eine Verschlechterung der Wirtschaftslage und mehr Konfrontationen zwischen den großen Wirtschaftsnationen. Der Wille, globale Probleme auch global anzugehen, sei geringer geworden und weiche immer mehr einer Konfrontation zwischen den großen Mächten.
    Zu den vielen Risiken gehöre auch die Zunahme von Depressionen, Einsamkeit und Abstiegsängsten. Die Möglichkeit von Cyber-Attacken und Störungen der weltweiten Datenströme gehören ebenso zu den Gefahren wie Kriege und ein Zusammenbruch wichtiger Infrastrukturen wie etwa der Wasserversorgung.