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Wenn die Zweifel nagen

Studien belegen, dass jeder 4. Studierende während seiner Uni-Zeit in eine schwere Krise gerät und daran denkt, das Studium abzubrechen. Die Zahl der Hilferufe steigt seit Jahren. Und jetzt, wo Studiengebühren und die dichter strukturierteren Bachelor- und Master-Studiengänge drohen, wird es nach Einschätzung von Experten noch schlimmer werden. Die speziellen Beratungsstellen an den Hochschulen versuchen zu helfen.

Von Jennifer Lachman. | 25.07.2005
    "Ich hatte vor allem Angst, dass ich das alles nicht schaffe, das wurde mir zuviel, weil gerade bei Medizin ist halt ziemlicher Druck von allen Seiten."

    "Ich war vorher an einer Fachhochschule, und wenn man dann jetzt hier an die Uni Köln kommt, dann kommt man sich in diesen riesigen Hörsälen mit den Hunderten von Studierenden doch schon manchmal etwas verloren vor."

    "Dadurch dass ich mir noch nicht so ganz sicher bin, ob das das Richtige ist für mein späteres Leben, könnte ich mir doch noch mal vorstellen, dass ich irgendwann wechsele."

    Ob das Studium das Richtige ist – daran hat wohl jeder Student irgendwann mal so seine Zweifel. Bei immer mehr Studenten aber hören die Zweifel nicht auf. Dann ist Hilfe gefragt. Und es gibt sie: Viele Universitäten haben Zentrale Studienberatungen oder psychosoziale Beratungsstellen, die sich um die Nöte der Studierenden kümmern.

    "Wir beraten zu wichtigen Entscheidungssituationen mit Bezug auf das Studium, also Studienwahl ist ein ganz wichtiges Thema, auch Studienfachwechsel und gegebenenfalls eben auch der Ausstieg aus dem Studium."

    Walburga Wolters ist Leiterin der Zentralen Studienberatung an der Universität Köln. Sie hat schon mit vielen Studierenden über ihre Probleme geredet.

    "Ich nenne mal ein Beispiel: Jemand studiert Medizin und hat von der Schule kaum eine breite naturwissenschaftliche Vorbildung und tut sich dann auch noch schwer, sich darauf im Studium einzulassen, dann war es einfach eine falsche Entscheidung."

    Hier kann zum Beispiel ein Wechsel des Studienfachs helfen. Es gibt aber auch Probleme, die nicht so einfach zu lösen sind. Dann bieten sich die psychosozialen Beratungsstellen der Studentenwerke an. 39 solcher Stellen gibt es bundesweit. Allein im vergangenen Jahr suchten hier 15.000 Studierende Hilfe. Die häufigsten Probleme sind Lernstörungen, private Probleme mit dem Partner oder den Eltern, wirtschaftliche und finanzielle Probleme. Und: unklare Erwartungen in Bezug auf das Studium oder den späteren Beruf.

    Diplom-Psychologe Ludger Büter arbeitet bei der Psychozialen Beratungsstelle des Kölner Studentenwerks. Wenn ein Student zu ihm kommt, versucht er erst mal, mit ihm grundsätzliche Fragen zu klären:

    "Was ist seine Motivationslage? Was hat er an Leistungen erbracht? Wo steht er in seinem Studium und was könnte man da für Schlüsse daraus ziehen?"

    Im nächsten Schritt sucht Büter gemeinsam mit dem Studenten nach dem individuell richtigen Rezept.

    "Wenn jemand feststellt, er ist in diesem Studiengang überfordert, dann wird man darüber sprechen, ob es eine Alternative gibt. Wenn jemand an einer schlechten Lernhaltung scheitert, obwohl er ansonsten pfiffig und intelligent ist, dann wird man mit ihm darüber sprechen, wie er sich besser auf den Studienalltag einstellt und sein Studium durch eine bessere Lernhaltung bewältigt."

    So wichtig die Hilfestellung der Zentralen Studienberatungen und psychosozialen Beratungsstellen auch ist: Die Beratung setzt erst dann ein, wenn die Probleme schon da sind.

    Anders das Konzept der Katholischen Fachhochschule Nordrhein-Westfalen in Köln: Hier kümmern sich Professoren und Dozenten vom ersten Semester an um die Studierenden. Vor zwei Jahren hat die FH für ihre rund tausend Studierenden ein Mentorensystem eingeführt, das auf individuelle Betreuung setzt.
    Professor Wolfgang Schwarzer, Pro-Dekan im Fach Sozialwesen, erklärt, wie das Programm funktioniert:

    "Mindestens einmal im Semester setzt der Student, die Studentin sich mit dem Mentor zusammen und berichtet, wie das Studium läuft, ob es Probleme gibt - oder ob es keine Probleme gibt."
    Individuelle Beratung also von Anfang an – und zudem für alle Beteiligten obligatorisch:

    "Das Mentorensystem ist verpflichtend, sowohl für meine Kolleginnen und Kollegen, die sich als Mentoren zur Verfügung stellen müssen, als auch für die Studierenden."
    Ob nun zentrale Studienberatung, psychosoziale Beratungsstelle oder Mentorensystem - sie alle haben eine Erfahrung gemacht: Je früher die Studierenden beraten werden, umso besser sind ihre Chancen, das Studium erfolgreich abzuschließen.

    "Wer erst im 14. Semester kommt und sagt, ihm fehlen noch diese und diese Scheine, das ist dann also ganz schwierig, dann noch ein gutes Ende zu erreichen."

    Beratungen in Köln

    Zentrale Studienberatung der Universität zu Köln
    * Telefonische Kurzberatung: Mo-Fr von 9-10h unter 0221/4703-606 oder 0221/4703-789
    * Persönliche Beratung: Mo, Di, Do 9.00 - 12.00 Uhr
    * Sprechstunde für Berufstätige: Mi 14.30 - 18.00 Uhr (nur nach Voranmeldung)

    Katholische Fachhochschule Nordrhein-Westfalen, Abteilung Köln
    Tel.: 0221-7757-0

    Psychosoziale Beratungsstelle des Kölner Studentenwerks
    Anmeldung im Sekretariat, Mo-Fr 9-13h, unter 0221/ 94265-109