Günther Beckstein: Ich bin in den vergangenen Monaten oft gefragt worden, wie lange wollen sie im Amt bleiben. Ich habe immer neben den gesundheitlichen Voraussetzungen geantwortet, das hängt vom Vertrauen der Wähler und vom Vertrauen meiner Partei ab. Das Vertrauen der Wähler war leider deutlich niedriger, als ich das erwartet hatte. Das haben wir am letzten Sonntag auch in diesem Saal hier erlebt, ich erlitten. Aber nach der schmerzlichen Wahlniederlage vom Sonntag spüre ich, dass der Rückhalt von mir in der Partei, gerade auch wenn das regional etwas unterschiedlich ist, aber insgesamt nicht groß genug ist, um als Ministerpräsident die vor uns liegenden schwierigen Aufgaben erfolgreich bestehen zu können.
Christoph Heinemann: Die Rücktrittserklärung des bayerischen Ministerpräsidenten Günther Beckstein. - Wir sind am Telefon mit Ingo Friedrich verbunden, CSU-Politiker und Abgeordneter des Europaparlaments. Guten Tag!
Ingo Friedrich: Grüß Gott!
Heinemann: Herr Friedrich, Ihr Kommentar zu Günther Becksteins Rücktritt.
Friedrich: Wenn man wie ich mit Günther Beckstein seit Jahren befreundet ist, ist es natürlich ein trauriger Anlass, wenn er den Rücktritt erklärt. Andererseits habe ich natürlich volles Verständnis dafür. Günther Beckstein ist für mich das Symbol für korrekte Politik für Pflichtbewusstsein, für anständige Politik, für wertkonservative Politik. Dafür hat er gekämpft und nun hat er den Rückhalt nicht mehr gespürt und hat das Amt zurückgegeben. Das muss akzeptiert werden und es zeigt auch seine Gradlinigkeit.
Heinemann: Diese gerade beschriebenen Tugenden haben nicht ausgereicht. Was haben Beckstein und Huber falsch gemacht?
Friedrich: Der Wahlkampf ist nie so richtig in die Gänge gekommen. Ich glaube, eine der zentralen Ursachen war, dass wir zwar die richtigen Reformen angepackt haben - also G8 oder Nichtraucherschutz -, aber die Art und Weise, wie sie dann durchgeführt worden sind, hat offenbar viele Betroffene überfordert. Es ging zu schnell, man hat mit den Leuten zu wenig geredet. Die Wirte waren stocksauer, wenn ich in Lokale kam. Diese Sensibilität, dass man den Bürgern in einer komplexen Welt die Dinge nicht so schnell überstülpen kann, obwohl sie im Grundsatz richtig sind, die hat uns in dem Wahlkampf vielleicht etwas gefehlt und daran haben wir alle einen Anteil, nicht nur Günther Beckstein oder Erwin Huber.
Heinemann: Wer soll Bayern künftig regieren?
Friedrich: Der Ball liegt jetzt eindeutig in der Landtagsfraktion in München. In meiner Eigenschaft als stellvertretender Parteivorsitzender hatte ich am Montag die Gelegenheit, mit die Weichen zu stellen für die Nachfolge von Erwin Huber. Das ist geklärt mit Horst Seehofer. Die Landtagsfraktion ist entscheidend. Ich will auch hier nicht von außen eingreifen. Es ist unstrittig, dass natürlich der Parteivorsitzende in gewisser Weise der geborene Kandidat auch für den Ministerpräsidenten ist. Das war bei Edmund Stoiber so, das war bei Franz-Josef Strauß so. Also muss natürlich Horst Seehofer gefragt werden. Wenn er ja sagt, hat er eine sehr starke Position.
Heinemann: Gehören Partei und Land in eine Hand?
Friedrich: Wir sind als Bayern lange Jahre, fast Jahrzehnte sehr gut damit gefahren, dass zum Beispiel bei Verhandlungen in Berlin, an denen ich oft teilnehmen durfte, sozusagen etwa die Kanzlerin sagte, ich verhandle ja hier nicht nur mit einem Parteichef, sondern auch mit einem ganzen Land. Das hat natürlich der Eigenständigkeit des Freistaats Bayern, der Nachhaltigkeit und der zur Kenntnisnahme und der Möglichkeit, Dinge durchzusetzen, schon einen großen Schub gegeben. Das darf man nicht verkennen.
Heinemann: Und wir haben gerade gehört, dass Sie ein gefragter Mann sind. Das war das Handy, glaube ich. - Herr Friedrich, Horst Seehofer und die CSU-Landtagsfraktion sind sich bislang nicht grün gewesen. Könnte es passieren, dass ihm Parteifreunde bei einer Wahl zum Ministerpräsidenten ein Bein stellen? - Der Simonis-Effekt.
Friedrich: Nein. Den Simonis-Effekt sehe ich in der Landtagsfraktion nicht. Das sind alles verantwortungsbewusste gestandene Damen und Herren, die ihre Pflicht zu erfüllen wissen. Was vorher diskutiert wird - und es muss jetzt diskutiert werden; die Diskussion läuft im Augenblick -, was dann am Ende der Diskussion rauskommt, das wird dann hoffentlich - und davon gehe ich aus - von der gesamten Fraktion geschlossen mitgetragen. In der Diskussion selber kann natürlich jede Diskussion oder jede Meinung vorgetragen werden. Sie muss zu einem Schluss kommen und das Ergebnis muss von allen dann einheitlich geschlossen im Landtag getragen werden.
Heinemann: Herr Friedrich, es gibt noch einen anderen Aspekt. Kann ein Politiker mit einem außerehelichen Kind CSU-Chef und bayerischer Ministerpräsident werden?
Friedrich: Natürlich eindeutig ja. Wenn alle Politiker der Welt, die sozusagen ein weiteres Kind haben, nie zu so einem Amt kommen dürften, dann hätten wir viele Regierungschefs auf der Welt weniger. In der heutigen Zeit träumen wir und wollen wir die intakte Familie, die ich zum Beispiel das Glück habe geschenkt zu bekommen. Aber daraus einem begabten Politiker einen Strick zu drehen, das wäre überhaupt nicht akzeptabel.
Heinemann: Nun führt die CSU das "C" als Titel im Schilde.
Friedrich: Ja. Wir sind natürlich besonders daran orientiert. Das ist ganz klar. Ich selber bin Vorsitzender des evangelischen Arbeitskreises der CSU in Bayern. Das heißt, wir wollen natürlich das christlich-abendländische Gedankengut - etwa ich im Grundrechtekonvent mit der Einbringung des geistig-religiösen Erbes - immer und überall vertreten. Aber es gibt selbstverständlich gläubige Christen in anderen Parteien auch. Wir haben hier keinen sozusagen Absolutheitsanspruch. Wir werden, wir müssen uns ständig bemühen, an dem hohen Standard einer wertkonservativen christlich orientierten Partei uns zu rechtfertigen und daran uns zu messen, und ich hoffe, das gilt für jeden von uns, auch für Horst Seehofer.
Heinemann: Befürchten Sie nicht, dass er erpressbar ist, etwa von der Boulevard-Presse?
Friedrich: Nein. Das Thema, das Sie vorhin angedeutet haben, ist meines Erachtens durch. Die Boulevard-Presse kann dann immer zuschlagen, wenn Dinge nicht transparent sind, wenn Dinge nicht bekannt sind, wenn Dinge nicht zugegeben werden. Aber in dem von Ihnen angesprochenen Aspekt sind alle Dinge bis in das letzte Detail bekannt, bis hin zu den Namen und den Betroffenen. Da ist keinerlei Potenzial vorhanden, mit dem man einen Mann wie Horst Seehofer in irgendeiner Weise erpressen könnte. Mit solchen Aspekten können sie ihn nicht mal mehr berühren, geschweige denn in irgendeiner Form erpressen. Das ist absolut absurd.
Heinemann: Ingo Friedrich, CSU-Politiker und Abgeordneter des Europaparlaments. Danke schön für das Gespräch und auf Wiederhören.
Christoph Heinemann: Die Rücktrittserklärung des bayerischen Ministerpräsidenten Günther Beckstein. - Wir sind am Telefon mit Ingo Friedrich verbunden, CSU-Politiker und Abgeordneter des Europaparlaments. Guten Tag!
Ingo Friedrich: Grüß Gott!
Heinemann: Herr Friedrich, Ihr Kommentar zu Günther Becksteins Rücktritt.
Friedrich: Wenn man wie ich mit Günther Beckstein seit Jahren befreundet ist, ist es natürlich ein trauriger Anlass, wenn er den Rücktritt erklärt. Andererseits habe ich natürlich volles Verständnis dafür. Günther Beckstein ist für mich das Symbol für korrekte Politik für Pflichtbewusstsein, für anständige Politik, für wertkonservative Politik. Dafür hat er gekämpft und nun hat er den Rückhalt nicht mehr gespürt und hat das Amt zurückgegeben. Das muss akzeptiert werden und es zeigt auch seine Gradlinigkeit.
Heinemann: Diese gerade beschriebenen Tugenden haben nicht ausgereicht. Was haben Beckstein und Huber falsch gemacht?
Friedrich: Der Wahlkampf ist nie so richtig in die Gänge gekommen. Ich glaube, eine der zentralen Ursachen war, dass wir zwar die richtigen Reformen angepackt haben - also G8 oder Nichtraucherschutz -, aber die Art und Weise, wie sie dann durchgeführt worden sind, hat offenbar viele Betroffene überfordert. Es ging zu schnell, man hat mit den Leuten zu wenig geredet. Die Wirte waren stocksauer, wenn ich in Lokale kam. Diese Sensibilität, dass man den Bürgern in einer komplexen Welt die Dinge nicht so schnell überstülpen kann, obwohl sie im Grundsatz richtig sind, die hat uns in dem Wahlkampf vielleicht etwas gefehlt und daran haben wir alle einen Anteil, nicht nur Günther Beckstein oder Erwin Huber.
Heinemann: Wer soll Bayern künftig regieren?
Friedrich: Der Ball liegt jetzt eindeutig in der Landtagsfraktion in München. In meiner Eigenschaft als stellvertretender Parteivorsitzender hatte ich am Montag die Gelegenheit, mit die Weichen zu stellen für die Nachfolge von Erwin Huber. Das ist geklärt mit Horst Seehofer. Die Landtagsfraktion ist entscheidend. Ich will auch hier nicht von außen eingreifen. Es ist unstrittig, dass natürlich der Parteivorsitzende in gewisser Weise der geborene Kandidat auch für den Ministerpräsidenten ist. Das war bei Edmund Stoiber so, das war bei Franz-Josef Strauß so. Also muss natürlich Horst Seehofer gefragt werden. Wenn er ja sagt, hat er eine sehr starke Position.
Heinemann: Gehören Partei und Land in eine Hand?
Friedrich: Wir sind als Bayern lange Jahre, fast Jahrzehnte sehr gut damit gefahren, dass zum Beispiel bei Verhandlungen in Berlin, an denen ich oft teilnehmen durfte, sozusagen etwa die Kanzlerin sagte, ich verhandle ja hier nicht nur mit einem Parteichef, sondern auch mit einem ganzen Land. Das hat natürlich der Eigenständigkeit des Freistaats Bayern, der Nachhaltigkeit und der zur Kenntnisnahme und der Möglichkeit, Dinge durchzusetzen, schon einen großen Schub gegeben. Das darf man nicht verkennen.
Heinemann: Und wir haben gerade gehört, dass Sie ein gefragter Mann sind. Das war das Handy, glaube ich. - Herr Friedrich, Horst Seehofer und die CSU-Landtagsfraktion sind sich bislang nicht grün gewesen. Könnte es passieren, dass ihm Parteifreunde bei einer Wahl zum Ministerpräsidenten ein Bein stellen? - Der Simonis-Effekt.
Friedrich: Nein. Den Simonis-Effekt sehe ich in der Landtagsfraktion nicht. Das sind alles verantwortungsbewusste gestandene Damen und Herren, die ihre Pflicht zu erfüllen wissen. Was vorher diskutiert wird - und es muss jetzt diskutiert werden; die Diskussion läuft im Augenblick -, was dann am Ende der Diskussion rauskommt, das wird dann hoffentlich - und davon gehe ich aus - von der gesamten Fraktion geschlossen mitgetragen. In der Diskussion selber kann natürlich jede Diskussion oder jede Meinung vorgetragen werden. Sie muss zu einem Schluss kommen und das Ergebnis muss von allen dann einheitlich geschlossen im Landtag getragen werden.
Heinemann: Herr Friedrich, es gibt noch einen anderen Aspekt. Kann ein Politiker mit einem außerehelichen Kind CSU-Chef und bayerischer Ministerpräsident werden?
Friedrich: Natürlich eindeutig ja. Wenn alle Politiker der Welt, die sozusagen ein weiteres Kind haben, nie zu so einem Amt kommen dürften, dann hätten wir viele Regierungschefs auf der Welt weniger. In der heutigen Zeit träumen wir und wollen wir die intakte Familie, die ich zum Beispiel das Glück habe geschenkt zu bekommen. Aber daraus einem begabten Politiker einen Strick zu drehen, das wäre überhaupt nicht akzeptabel.
Heinemann: Nun führt die CSU das "C" als Titel im Schilde.
Friedrich: Ja. Wir sind natürlich besonders daran orientiert. Das ist ganz klar. Ich selber bin Vorsitzender des evangelischen Arbeitskreises der CSU in Bayern. Das heißt, wir wollen natürlich das christlich-abendländische Gedankengut - etwa ich im Grundrechtekonvent mit der Einbringung des geistig-religiösen Erbes - immer und überall vertreten. Aber es gibt selbstverständlich gläubige Christen in anderen Parteien auch. Wir haben hier keinen sozusagen Absolutheitsanspruch. Wir werden, wir müssen uns ständig bemühen, an dem hohen Standard einer wertkonservativen christlich orientierten Partei uns zu rechtfertigen und daran uns zu messen, und ich hoffe, das gilt für jeden von uns, auch für Horst Seehofer.
Heinemann: Befürchten Sie nicht, dass er erpressbar ist, etwa von der Boulevard-Presse?
Friedrich: Nein. Das Thema, das Sie vorhin angedeutet haben, ist meines Erachtens durch. Die Boulevard-Presse kann dann immer zuschlagen, wenn Dinge nicht transparent sind, wenn Dinge nicht bekannt sind, wenn Dinge nicht zugegeben werden. Aber in dem von Ihnen angesprochenen Aspekt sind alle Dinge bis in das letzte Detail bekannt, bis hin zu den Namen und den Betroffenen. Da ist keinerlei Potenzial vorhanden, mit dem man einen Mann wie Horst Seehofer in irgendeiner Weise erpressen könnte. Mit solchen Aspekten können sie ihn nicht mal mehr berühren, geschweige denn in irgendeiner Form erpressen. Das ist absolut absurd.
Heinemann: Ingo Friedrich, CSU-Politiker und Abgeordneter des Europaparlaments. Danke schön für das Gespräch und auf Wiederhören.