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Wer das Handy der Kanzlerin verschlüsselt

Zu den Profiteuren der neuen Aufmerksamkeit um die Datensicherheit gehören Unternehmen wie Secusmart aus Düsseldorf. Die Firma sorgt für die digitale Intimsphäre dank Verschlüsselung. Auch das Handy von Kanzlerin Angela Merkel schützen die Experten mit ihrer Technik.

Von Klaus Peter Weinert |
    "Ja, bitte?"
    "Wir haben die neuen Quartalszahlen. Der Gewinn ist um 300 Millionen höher als erwartet. Das wird den Börsenkurs auf jeden Fall positiv beeinflussen."

    So ähnlich könnte dieses simulierte Telefongespräch in der Praxis stattfinden. Wer diese Information vor der Veröffentlichung abhören könnte, hätte Vorteile durch einen raschen Aktienkauf. Sprachverschlüsselung ist daher insbesondere bei mobiler Telefonie immer wichtiger.

    Die Firma Secusmart in Düsseldorf ist führender Experte auf dem Gebiet der hochsicheren Sprach- und Datenkommunikation für Smartphone und Festnetz. Hans-Christoph Quelle, ehemaliger leitender Mitarbeiter eines großen Handy-Produzenten, ist einer der beiden Geschäftsführer. Er ist für die Unternehmensentwicklung verantwortlich.

    Bekannt wurde "Secusmart", da die Firma das Handy der Kanzlerin verschlüsselt. Hans-Christoph Quelle:

    "Diesen Auftrag jetzt haben wir im Februar 2012 bekommen. Die Anbahnung hat im Grunde 2009 begonnen. 2009 haben wir zum ersten Mal Sprache verschlüsselt für die Bundesverwaltung, da wurden eben auch die ganzen Ministerien mit mobiler Sprachverschlüsslung von Secusmart ausgestattet."

    Die Firma wurde 2007 gegründet, mit drei Mitarbeitern. Mittlerweile hat das Unternehmen 35 Angestellte, die überwiegend im technischen Bereich arbeiten: Elektroingenieure, Informatiker und Systemadministratoren.

    "Wir sind jetzt hier im Bereich der Entwicklung. Ganz links ist die sogenannte Gateway-Entwicklung. Hier in diesem Bereich wird ein Projekt für die Bundeswehr gemacht – die Bundeswehr bezieht auch sichere mobile Telefone. Ganz hinten in den Raum da wird an der Secusweet von Black Berry Ten gearbeitet. Und zwar geht es hier darum, die Sprachqualität noch etwas zu verbessern. Da sitzt gerade das Entwicklungsteam zusammen."

    Große Monitore sind das Arbeitsgerät der Kommunikationsexperten, auf denen die Programme laufen. Die Entwickler erarbeiten aufgrund der Vorgaben der Behörden oder auch Firmen die sichere Telefonie, die später in die vorhandenen Netze des Auftraggebers integriert werden. Der Elektroingenieur und Entwickler Fabio di Martino erklärt die ersten Schritte, um die Grundidee des Programms zu entwerfen:

    "Dann wird ein Projektplan aufgestellt. Projektplan beinhaltet verschiedene Teilbereiche eines Programms und jeder Entwickler eines Teams hat dann seinen Bereich, den er bearbeitet. Es wird sich dann eine Architektur des Programms ausgedacht. Das beinhaltet die verschiedenen Komponenten, die verteilt werden, wie die einzelnen Komponenten zu funktionieren haben, wie die Logik zu funktionieren hat. Das ist der Plan des Entwicklers, was er zu tun hat. Dann werden die Funktionen und die Logik im Programmcode geschrieben."

    Wichtig ist die sichere Programmierung, damit später keine Fehler im Programm auftauchen und das Telefonieren auch wirklich sicher ist zwischen den festen Anlagen der Behörden oder Firmen und den mobilen Endgeräten. Dazu sind vor allem die Tests äußerst wichtig. Diese werden in einem besonderen Raum durchgeführt. Viele Telefone stehen auf Tischen, die durch zahlreiche, zum Teil dicke farbige Kabel, mit Computern verbunden sind. Hans-Christoph Quelle:

    "Unsere Lösung sichere mobile Sprache besteht eben aus den Mobiltelefonen, aber auch aus Infrastrukturkomponenten, und was man hier sieht, sind Infrastrukturkomponenten, sogenannte Gateways. Das bedeutet, diese Geräte werden an die TK-Anlagen beim Kunden angeschlossen und entschlüsseln die einkommenden Gespräche und verschlüsseln die Gespräche, die auf die verschlüsselten Mobiltelefone gehen. Und seit ein paar Tagen laufen Langzeittests und Stresstests, ob die Hardware auch den Anforderungen entspricht, die wir dem Kunden versprochen haben."

    Erstaunlich war für Secusmart, dass es doch erhebliche Unterschiede gibt im Hinblick, wer Sprache verschlüsselt haben möchte:

    "Ich würde sagen, der Kunde Behörde ist, wenn es um die Sprachverschlüsselung geht, der Privatindustrie um Jahre voraus. Die Privatindustrie hat sich bislang nicht um die Verschlüsselung der Sprache gekümmert. Heute ändert sich das, aber das war bislang eine Domäne der Behörden, insofern sind die Behörden anspruchsvoller, was die Verschlüsselung der Sprache angeht."

    Die Sicherheit der Telefonie ist garantiert durch eine ähnliche Technik wie die Chipkarte einer Bank. Durch eine SD-Karte im mobilen Telefon von Secusmart kann der Gesprächspartner eindeutig erkannt werden, der eine entsprechende, identifizierbare Karte benötigt. Nachdem die Entwicklung des Programms abgeschlossen ist, müssen dann Tests der mobilen Geräte durchgeführt werden.

    "Was hier getestet wird, sind sogenannte Use-Case. Jedes Produkt hat mehrere Tausend Testparameter, die getestet werden und die müssen hier einzeln durchgetestet werden. Das lässt sich eigentlich nur händisch machen. Wir versuchen natürlich zu automatisieren, wo es geht. Aber letztlich muss händisch getestet werden. Die Produkte müssen in die Hand genommen werden. Und die Software muss verifiziert werden. Was hier getestet wird, sind einmal diese Feature: Kann das Produkt all das, was wir versprochen haben? Und auf der anderen Seite ist es die Stabilität. Stürzt es ab? Unter welchen Bedingungen funktioniert es gut, funktioniert es bei allen Netzen? Funktioniert es im Auto? Das können wir jetzt hier nicht testen. Aber die Leute fahren dann auch viel im Auto umher. Funktioniert es auf der Autobahn? All dies wird von unserem Testdepartment getestet."

    Zwar hat sich die Benutzerfreundlichkeit, die sogenannte Usability, der mobilen Telefonie verbessert, aber besonders an der Sprachqualität und Übertragungsgeschwindigkeit muss noch gearbeitet werden. Secusmart legt großen Wert darauf, das mobile Telefonieren angenehm zu machen. So hat das Unternehmen die Qualität auch dadurch erhöht, dass mit seinen Produkten die Sicherheit gewährleistet ist, aber auch sämtliche soziale Netzwerke wie Facebook oder Youtube mit demselben Produkt erreicht werden können.
    Secusmart ist rasant gewachsen, was auch die Geschäftsentwicklung des vergangenen Jahres dokumentiert. Der Umsatz steigerte sich erneut deutlich, in 2012 im Vergleich zum Vorjahr um 25 Prozent.