Bettina Klein: Wir wollen an dieser Stelle die Gewerkschaft zu Wort kommen lassen. Am Telefon ist Daniel Friedrich, Sprecher des Bezirks IG Metall Küste. Guten Morgen!
Daniel Friedrich: Guten Morgen, Frau Klein!
Klein: Herr Friedrich, sind Sie optimistisch, dass in den nächsten drei Monaten sich ein Investor wird finden lassen?
Friedrich: Ich hoffe das und ich glaube, da hofft eine ganze Region, ein ganzes Bundesland, weil es muss uns gelingen, für die Menschen in Mecklenburg-Vorpommern Perspektive aufzuzeigen. Das sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die nichts mit der Krise zu tun haben, sie haben sie nicht verschuldet, sie leiden jetzt darunter und es muss uns allen Beteiligten - Politik, Wirtschaft aber auch dem Insolvenzverwalter - gelingen, hier eine Perspektive aufzuzeigen.
Klein: Ihnen bleibt Hoffnung, mehr nicht?
Friedrich: Na ja, Optimismus ist natürlich auch immer da, wenn man hört, dass der Insolvenzverwalter sich schon jetzt vorsichtig optimistisch zeigt, aber man sollte auch nicht zu optimistisch sein, nein, ich glaube, jetzt beginnt wirklich die harte Arbeit. Stena hat uns bis zum Letzten hängen lassen, jetzt haben wir die Situation, dass die Insolvenz da ist und jetzt müssen alle Beteiligten alles tun, um hier das Beste zu tun.
Klein: Es war bereits von Interessenten die Rede. Wissen Sie, wer das ist?
Friedrich: Nein, das braucht man auch nicht in den Medien weiterzuspekulieren, das bringt uns da nicht weiter, ich glaube, der richtige Investor ist der, der still und leise das Beste machen will. Für uns ist nur ganz klar: Wir brauchen Industrieperspektive, und deswegen werden wir alles dafür tun, dass wir hier gute Industriearbeitsplätze in Wismar und in Warnemünde halten können.
Klein: Wen würden Sie sich denn wünschen als Investor?
Friedrich: Wir brauchen jemanden, der ein langfristiges Interesse hat, der aufbaut auf den Erfahrungen und Qualifikationen, die die Kolleginnen und Kollegen haben. Wir haben hier eine Top-Belegschaft, Sie haben ein Top-Gelände, Sie haben ja eben selber im Beitrag gesagt, eine der ... oder beide, die modernsten Werften in Europa, da kann man was draus machen. Das gilt für Schiffbau, für maritime Industrie, das gilt aber auch darüber hinaus. Wer hier investiert, kriegt wirklich ein Schmuckstück, aus dem man viel machen kann.
Klein: Wer investiert - kann das auch ein branchenfremdes Unternehmen sein? Ich verstehe noch nicht so ganz, ob Sie da gar keine Präferenzen haben?
Friedrich: Erstens ist unsere erste Präferenz Schiffbau beziehungsweise maritime Industrie, aber auch darüber hinaus, glaube ich, können unsere Beschäftigten mehr und dementsprechend sollte man das nicht von vorn heraus ausschließen. Hier haben wir einfach gute Industriearbeitnehmer und -arbeitsplätze und da kann man vom Schiffbau bis auch in andere Bereiche der Industrie viel tun.
Klein: Industriearbeitnehmer werden in der Industrie weiter arbeiten, wenn alles gut geht, aber sie werden nicht mehr unbedingt Schiffe produzieren?
Friedrich: Das könnte auch eine Folge sein. Ich glaube, das ist machbar. Wie gesagt, der Standort spricht für Schiffbau, aber auch andere Sachen sind möglich. Man sollte beide Sachen genau prüfen, es geht darum, die beste Lösung für die Region zu finden.
Klein: Herr Friedrich, wie müssen wir uns denn vorstellen, wenn auf Werftstandorten zukünftig ganz andere Produkte hergestellt werden sollen?
Friedrich: Na ja, wir haben ja zum Beispiel den Bereich Offshore, wir haben den Bereich Windenergie, wo wir ja jetzt auch schon viele Entwicklungen hatten von einem reinen Werftstandort, wenn ich an Schleswig-Holstein denke oder jetzt auch an Bremerhaven, wo jetzt viel im Offshore-Bereich gemacht wird. Das heißt, das ist möglich, das kann gemacht werden, da gibt es viele Parallelen, das muss man jetzt ausnutzen und das muss man dann auch weiterentwickeln, dafür zum Beispiel ja auch die Transfergesellschaft, die einmal für den normalen Arbeitsmarkt fit macht, aber natürlich genauso auch für einen neuen Investor genau, passgenau qualifizieren kann. Wie gesagt, es ist hier wirklich ein Goldstück, wenn man hier investieren will, ist das ein guter Platz.
Klein: Genau, Sie machen noch mal ein wenig Reklame für Ihre Werften. Die Transfergesellschaften beginnen ja heute mit der Arbeit, mit den Qualifizierungsmaßnahmen. Wie müssen wir uns vorstellen, in welche Richtung qualifiziert wird, wenn gar nicht klar ist, in welchen Bereichen die Mitarbeiter tätig sein werden?
Friedrich: Ja, das eine ist, so schnell Klarheit herzustellen, um auch in dieser Richtung zu qualifizieren. Der zweite Bereich ist der, der auch von dem Kollegen Fieber von der Transfergesellschaft ja selber angesprochen worden ist: Wir müssen auch für den normalen Arbeitsmarkt fit machen. Wir haben viele Kolleginnen und Kollegen auf den Werften, die haben damals von der Ausbildung dort angefangen, das heißt, die kennen den ganz normalen Prozess, wie bewerbe ich zum Beispiel, gar nicht, aber auch in andere Bereiche, wo ich sage, vielleicht kann ich noch mal eine Qualifizierung nachholen mit einem Abschluss, macht meinen Job schon jetzt 10, 15 Jahre und mir fehlt noch die formale Anerkennung, dass man solche Sachen nachholen kann, also - man muss beide Seiten bedienen, einmal die Frage, was kann der Einzelne, was kann man da noch hinterlegen, wie kann man den noch fit machen für den Arbeitsmarkt in Mecklenburg-Vorpommern und Umgebung, und der zweite Bereich ist, in diese Frage Investoren genau, passgenau reinzuqualifizieren.
Klein: Haben die Beschäftigten denn Mitspracherecht, was sie lernen möchten oder worin sie noch einen Abschluss machen wollen?
Friedrich: Natürlich, die werden mitgenommen, es gibt ein passgenaues Profiling, man redet mit dem Einzelnen, man guckt genau, was kann er, was will er und wie kann man das untermauern. Das passiert nicht am grünen Tisch, sondern das passiert mit den Beschäftigten direkt.
Klein: Ja, Sie wirken relativ optimistisch, Herr Friedrich, wenn ich das sagen darf. Trifft das auch auf die Stimmung unter den Mitarbeitern zu?
Friedrich: Nein, ich glaube, da gibt es mehr Unsicherheit als die ich jetzt hier verbreiten kann und auch sollte, weil klar ist: Es gibt erst mal den Wechsel in die Transfergesellschaft, keiner weiß, ob es einen Investor gibt und diese Unsicherheit, gerade in einer der größten Krisen der Welt, die wir gesehen haben, das macht nicht froh und dementsprechend gibt es da natürlich auch Unsicherheiten, Verängstigungen. Aber auf der anderen Seite glaube ich auch, wissen die Kolleginnen und Kollegen, was sie können und was sie wert sind und dementsprechend werden sie sich auch in diesen Prozess genau einbringen und sind stolze Werftarbeiter und diesen Stolz werden wir uns nicht nehmen lassen.
Klein: Lassen Sie uns noch einen Blick auf einen Faktor werfen, der offensichtlich maßgeblich mit zur Insolvenz beigetragen hat, nämlich diese Art der Verträge, die zwar teurer als die asiatische Konkurrenz zum Beispiel waren für die Schiffsabnehmer, aber es war offenbar nur eine geringe Anzahlung nötig und am Ende musste gar nicht mehr bezahlt werden. Viele branchenfremden Menschen haben sich gefragt, wie ist das eigentlich möglich, dass solche Verträge zustande kommen und das rechtens ist?
Friedrich: Ja, das ist ein Versagen der deutschen Werften, das muss man deutlich sagen, gerade auch in den guten Zeiten, die wir in den letzten vier, fünf Jahren ja erlebt haben, hätte das Vertragsrecht verändert werden müssen. In so einem Millionengeschäft, was wir ja haben, Schiffe von 200 und mehr Millionen, dass man da Anzahlungen von 10, 20 Prozent hat, dass man Rückgabeklauseln hat, Rücktrittsklauseln hat, das ist nicht vermittelbar für einen Anlagenbau. Das kriege ich in China und Südkorea auch nicht, das muss sich jetzt gravierend ändern, ich glaube, das muss jetzt auch die Folge zumindest sein für die Reeder und auch für die Werften, solche Verträge nicht mehr zu machen, höhere Anzahlungen zu geben und dass, wenn ich einen Vertrag unterzeichnet habe, dann auch dazu stehe. Das kann nicht die Wirklichkeit für unsere Wirtschaft sein.
Klein: Daniel Friedrich, Sprecher des Bezirks IG Metall Küste, zur Situation an den Wadan-Werften und zu den heute beginnenden Transfergesellschaften für die Mitarbeiter. Ich danke Ihnen für das Gespräch, Herr Friedrich!
Friedrich: Ich danke Ihnen auch!
Daniel Friedrich: Guten Morgen, Frau Klein!
Klein: Herr Friedrich, sind Sie optimistisch, dass in den nächsten drei Monaten sich ein Investor wird finden lassen?
Friedrich: Ich hoffe das und ich glaube, da hofft eine ganze Region, ein ganzes Bundesland, weil es muss uns gelingen, für die Menschen in Mecklenburg-Vorpommern Perspektive aufzuzeigen. Das sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die nichts mit der Krise zu tun haben, sie haben sie nicht verschuldet, sie leiden jetzt darunter und es muss uns allen Beteiligten - Politik, Wirtschaft aber auch dem Insolvenzverwalter - gelingen, hier eine Perspektive aufzuzeigen.
Klein: Ihnen bleibt Hoffnung, mehr nicht?
Friedrich: Na ja, Optimismus ist natürlich auch immer da, wenn man hört, dass der Insolvenzverwalter sich schon jetzt vorsichtig optimistisch zeigt, aber man sollte auch nicht zu optimistisch sein, nein, ich glaube, jetzt beginnt wirklich die harte Arbeit. Stena hat uns bis zum Letzten hängen lassen, jetzt haben wir die Situation, dass die Insolvenz da ist und jetzt müssen alle Beteiligten alles tun, um hier das Beste zu tun.
Klein: Es war bereits von Interessenten die Rede. Wissen Sie, wer das ist?
Friedrich: Nein, das braucht man auch nicht in den Medien weiterzuspekulieren, das bringt uns da nicht weiter, ich glaube, der richtige Investor ist der, der still und leise das Beste machen will. Für uns ist nur ganz klar: Wir brauchen Industrieperspektive, und deswegen werden wir alles dafür tun, dass wir hier gute Industriearbeitsplätze in Wismar und in Warnemünde halten können.
Klein: Wen würden Sie sich denn wünschen als Investor?
Friedrich: Wir brauchen jemanden, der ein langfristiges Interesse hat, der aufbaut auf den Erfahrungen und Qualifikationen, die die Kolleginnen und Kollegen haben. Wir haben hier eine Top-Belegschaft, Sie haben ein Top-Gelände, Sie haben ja eben selber im Beitrag gesagt, eine der ... oder beide, die modernsten Werften in Europa, da kann man was draus machen. Das gilt für Schiffbau, für maritime Industrie, das gilt aber auch darüber hinaus. Wer hier investiert, kriegt wirklich ein Schmuckstück, aus dem man viel machen kann.
Klein: Wer investiert - kann das auch ein branchenfremdes Unternehmen sein? Ich verstehe noch nicht so ganz, ob Sie da gar keine Präferenzen haben?
Friedrich: Erstens ist unsere erste Präferenz Schiffbau beziehungsweise maritime Industrie, aber auch darüber hinaus, glaube ich, können unsere Beschäftigten mehr und dementsprechend sollte man das nicht von vorn heraus ausschließen. Hier haben wir einfach gute Industriearbeitnehmer und -arbeitsplätze und da kann man vom Schiffbau bis auch in andere Bereiche der Industrie viel tun.
Klein: Industriearbeitnehmer werden in der Industrie weiter arbeiten, wenn alles gut geht, aber sie werden nicht mehr unbedingt Schiffe produzieren?
Friedrich: Das könnte auch eine Folge sein. Ich glaube, das ist machbar. Wie gesagt, der Standort spricht für Schiffbau, aber auch andere Sachen sind möglich. Man sollte beide Sachen genau prüfen, es geht darum, die beste Lösung für die Region zu finden.
Klein: Herr Friedrich, wie müssen wir uns denn vorstellen, wenn auf Werftstandorten zukünftig ganz andere Produkte hergestellt werden sollen?
Friedrich: Na ja, wir haben ja zum Beispiel den Bereich Offshore, wir haben den Bereich Windenergie, wo wir ja jetzt auch schon viele Entwicklungen hatten von einem reinen Werftstandort, wenn ich an Schleswig-Holstein denke oder jetzt auch an Bremerhaven, wo jetzt viel im Offshore-Bereich gemacht wird. Das heißt, das ist möglich, das kann gemacht werden, da gibt es viele Parallelen, das muss man jetzt ausnutzen und das muss man dann auch weiterentwickeln, dafür zum Beispiel ja auch die Transfergesellschaft, die einmal für den normalen Arbeitsmarkt fit macht, aber natürlich genauso auch für einen neuen Investor genau, passgenau qualifizieren kann. Wie gesagt, es ist hier wirklich ein Goldstück, wenn man hier investieren will, ist das ein guter Platz.
Klein: Genau, Sie machen noch mal ein wenig Reklame für Ihre Werften. Die Transfergesellschaften beginnen ja heute mit der Arbeit, mit den Qualifizierungsmaßnahmen. Wie müssen wir uns vorstellen, in welche Richtung qualifiziert wird, wenn gar nicht klar ist, in welchen Bereichen die Mitarbeiter tätig sein werden?
Friedrich: Ja, das eine ist, so schnell Klarheit herzustellen, um auch in dieser Richtung zu qualifizieren. Der zweite Bereich ist der, der auch von dem Kollegen Fieber von der Transfergesellschaft ja selber angesprochen worden ist: Wir müssen auch für den normalen Arbeitsmarkt fit machen. Wir haben viele Kolleginnen und Kollegen auf den Werften, die haben damals von der Ausbildung dort angefangen, das heißt, die kennen den ganz normalen Prozess, wie bewerbe ich zum Beispiel, gar nicht, aber auch in andere Bereiche, wo ich sage, vielleicht kann ich noch mal eine Qualifizierung nachholen mit einem Abschluss, macht meinen Job schon jetzt 10, 15 Jahre und mir fehlt noch die formale Anerkennung, dass man solche Sachen nachholen kann, also - man muss beide Seiten bedienen, einmal die Frage, was kann der Einzelne, was kann man da noch hinterlegen, wie kann man den noch fit machen für den Arbeitsmarkt in Mecklenburg-Vorpommern und Umgebung, und der zweite Bereich ist, in diese Frage Investoren genau, passgenau reinzuqualifizieren.
Klein: Haben die Beschäftigten denn Mitspracherecht, was sie lernen möchten oder worin sie noch einen Abschluss machen wollen?
Friedrich: Natürlich, die werden mitgenommen, es gibt ein passgenaues Profiling, man redet mit dem Einzelnen, man guckt genau, was kann er, was will er und wie kann man das untermauern. Das passiert nicht am grünen Tisch, sondern das passiert mit den Beschäftigten direkt.
Klein: Ja, Sie wirken relativ optimistisch, Herr Friedrich, wenn ich das sagen darf. Trifft das auch auf die Stimmung unter den Mitarbeitern zu?
Friedrich: Nein, ich glaube, da gibt es mehr Unsicherheit als die ich jetzt hier verbreiten kann und auch sollte, weil klar ist: Es gibt erst mal den Wechsel in die Transfergesellschaft, keiner weiß, ob es einen Investor gibt und diese Unsicherheit, gerade in einer der größten Krisen der Welt, die wir gesehen haben, das macht nicht froh und dementsprechend gibt es da natürlich auch Unsicherheiten, Verängstigungen. Aber auf der anderen Seite glaube ich auch, wissen die Kolleginnen und Kollegen, was sie können und was sie wert sind und dementsprechend werden sie sich auch in diesen Prozess genau einbringen und sind stolze Werftarbeiter und diesen Stolz werden wir uns nicht nehmen lassen.
Klein: Lassen Sie uns noch einen Blick auf einen Faktor werfen, der offensichtlich maßgeblich mit zur Insolvenz beigetragen hat, nämlich diese Art der Verträge, die zwar teurer als die asiatische Konkurrenz zum Beispiel waren für die Schiffsabnehmer, aber es war offenbar nur eine geringe Anzahlung nötig und am Ende musste gar nicht mehr bezahlt werden. Viele branchenfremden Menschen haben sich gefragt, wie ist das eigentlich möglich, dass solche Verträge zustande kommen und das rechtens ist?
Friedrich: Ja, das ist ein Versagen der deutschen Werften, das muss man deutlich sagen, gerade auch in den guten Zeiten, die wir in den letzten vier, fünf Jahren ja erlebt haben, hätte das Vertragsrecht verändert werden müssen. In so einem Millionengeschäft, was wir ja haben, Schiffe von 200 und mehr Millionen, dass man da Anzahlungen von 10, 20 Prozent hat, dass man Rückgabeklauseln hat, Rücktrittsklauseln hat, das ist nicht vermittelbar für einen Anlagenbau. Das kriege ich in China und Südkorea auch nicht, das muss sich jetzt gravierend ändern, ich glaube, das muss jetzt auch die Folge zumindest sein für die Reeder und auch für die Werften, solche Verträge nicht mehr zu machen, höhere Anzahlungen zu geben und dass, wenn ich einen Vertrag unterzeichnet habe, dann auch dazu stehe. Das kann nicht die Wirklichkeit für unsere Wirtschaft sein.
Klein: Daniel Friedrich, Sprecher des Bezirks IG Metall Küste, zur Situation an den Wadan-Werften und zu den heute beginnenden Transfergesellschaften für die Mitarbeiter. Ich danke Ihnen für das Gespräch, Herr Friedrich!
Friedrich: Ich danke Ihnen auch!