Donnerstag, 25. April 2024

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Werner Kofler: "Werkausgabe"
„Hinterfotzige Intertextualitäts-Maschine“

Gerade ist eine Werkausgabe des 2011 verstorbenen Schriftstellers Werner Kofler erschienen. Man könne Koflers Prosa "auf jeden Fall genießen, und auch die Musikalität schätzen, auch wenn man nicht jede Anspielung decodieren könne, sagte die österreichische Literaturwissenschaftlerin Claudia Dürr im Dlf.

Claudia Dürr im Gespräch mit Jan Drees | 14.03.2019
Buchcover: Dürr, Sonnleitner, Straub (Hrsg.): „Kommentierte Werkausgabe Werner Kofler“ Der österreichische Autor Werner Kofler, aufgenommen am 26.01.1981 in Bremen, wo er damals den Literatur-Förderpreis der Hansestadt erhielt.
Unendlicher Spaß: die kommentierte Werkausgabe Werner Kofler (Buchcover: Sonderzahl Verlag, Foto: picture alliance/dpa / DB Schilling)
Werner Kofler war ein Außenseiter, dessen Bedeutung dennoch unbestritten ist, einer, der mit Thomas Bernhard verglichen wurde und zugleich ein enges Verhältnis auch zu Deutschland pflegte, was zunächst mit einer kurzen Lesestelle belegt werden soll, aus Koflers Band "Am Schreibtisch", 1988 erschienen:
"Ich reiste also nach Deutschland, um etwas zu erleben. Andere reisen geschäftlich nach Deutschland, ich hingegen bereise Deutschland aus purer Abenteuerlust. Andere reisen nach Deutschland, um etwas zu erledigen, ich reise, etwas zu erleben, nach Deutschland. Reisen andere, um etwas zu erleben, nach Peking, Anatolien oder Singapore, nach Asunción oder Eritrea, reise ich zu diesem Zweck nach Pirmasens, Unna, Calw. Erlangen, Bergen-Enkheim, Ulm – überall gewesen; Bruchsal, Eschwege, Hof, alles gesehen. Überall gewesen, alles überlebt. Ah, ich war in Dachau, in Bayreuth, mehrmals passierte ich in Passau die Grenze – nie wurde ich niedergeschossen oder in mein Loch zurückgejagt. Immer zurückgekehrt von meinen Deutschlandabenteuern! Nennen Sie mir einen Ort in Deutschland – ich bin da gewesen!"
Claudia Dürr, eine von drei Herausgeberinnen der Werkausgabe, sagte im Dlf-Gespräch, Koflers Prosa sei definitiv ein Wissensspeicher für die virulenten Themen seit den 50er- bis Ende der 90er-Jahre. Er gelte als Dokumentarist der gesellschaftspolitischen Realität der Zustände nicht nur in Österreich, sondern durchaus auch über Österreich hinaus. Die großen Themen seines Werks seien Geschichte, "und wenn man bei Kofler von Geschichte spricht, dann ist das der Nationalsozialismus", es ist der Umweltschutz, Tourismus, und definitiv auch die Kritik an der Empörungsbewirtschaftung durch Medien, die Zustände in Literatur- und Kulturbetrieb.
Der Autor selbst sei ein Unikum, Kofler habe schon als junger Schriftsteller in Kärnten ein auffälliges Aussehen gehabt. Er habe das auch inszeniert, "zeitweise mit seinem eigenwilligen, auch abgefuckten Dandy-Style."
Infiziert mit dem Kofler-Virus wurde Claudia Dürr vom großen österreichischen Literaturwissenschaftler Wendelin Schmidt-Dengler, der sich begeistert zeigte, ob Koflers "hinterfotzige Intertextualitätsmaschine."
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Claudia Dürr, Johann Sonnleitner, Wolfgang Straub (Herausgeber): "Werner Kofler: Werkausgabe", Sonderzahl Verlag Wien. Drei Bände im Schuber, 1796 Seiten, 99 Euro