Gerner: Ich begrüße Herrn Eckardt Werthebach.
Werthebach: Ich grüße Sie, Herr Gerner.
Gerner: Herr Werthebach, wir wollen gleich ausführlich auf die zweischneidige Angelegenheit, die die Existenz von V-Männern darstellen kann, eingehen. Zunächst die Frage: Wie sehen Sie das weitere Verbotsverfahren? Gehen Sie davon aus, dass es ungehindert wieder aufgenommen werden kann und dass es zu einem erfolgreichen Ende führen wird, wie vom Bundesrat und Bundestag angestrebt?
Werthebach: Also, wir spekulieren ja alle etwas. Das Bundesverfassungsgericht ist ganz offensichtlich tief verärgert. Entscheidend ist jetzt, wie das Bundesverfassungsgericht die Aussagen des V-Mannes bewertet. Wie gewichtig sind diese für die Zulässigkeit des Verbotsverfahrens? Und wenn man diese Zeugenaussage weglässt, bleibt dann genügend, um das Verbotsverfahren für zulässig zu erklären? Das ist die eine Frage, die das Bundesverfassungsgericht jetzt zu klären hat. Die zweite Frage wird sein: Gibt es noch weitere Zeugenaussagen, die deswegen möglicherweise disqualifiziert sind, weil eine vorherige Vormanneigenschaft zum Verfassungsschutz bestanden hat? Auch das will mit Sicherheit das Bundesverfassungsgericht jetzt überprüft wissen und es wird erst eine Entscheidung getroffen werden, wenn hier verlässliche Aussagen der Bundesregierung in der Person des Bundesinnenministers vorliegen.
Gerner: Hat denn, nach dem was sie aus Ihren Praxiserfahrungen über V-Männern wissen, dieser NPD-Funktionär Frenz seinen Zweck als V-Mann erfüllt?
Werthebach: Davon müssen Sie einfach ausgehen. Er sagt zwar, er habe das Geld auch der NPD zur Verfügung gestellt - jedenfalls am Anfang, nachher ja wohl nicht mehr, aber die Aufgabe des Verfassungsschutzes ist es, verfassungsfeindliche Organisationen und Parteien zu beobachten, und das können sie natürlich dann, wenn sie wissen, was in den Entscheidungsgremien einer solchen Organisation oder Partei geplant wird. Wichtig ist natürlich, dass ein solcher V-Mann des Verfassungsschutzes nicht selbst der Rädelsführer der verfassungsfeindlichen Aktionen wird oder gar strafbare Handlungen begeht. Von daher habe ich als Präsident immer Vorbehalte gehabt, wenn ich hörte, dass ein V-Mann an der Spitzenposition des zu beobachtenden Objekts angesiedelt ist.
Gerner: Darf ein V-Mann denn Straftaten begehen, wenn er dadurch andere, vermeintlich schlimmere, verhindert?
Werthebach: Grundsätzlich nein. Das wird ihm auch bei der vertraglichen Vereinbarung - Du bist nun mehr V-Mann des Verfassungsschutzes - gesagt, dass er in keinem Fall strafbare Handlungen begehen darf. Und wenn er gefasst wird, von der Polizei oder der Staatsanwaltschaft ermittelt wird, dann wird er zur Rechenschaft gezogen. Dann hilft ihm seine Eigenschaft als V-Mann zum Vorteil des Verfassungsschutzes nichts.
Gerner: Nun scheint es aber so zu sein, dass der angesprochene V-Mann Frenz massive, aggressive, antisemitische Äußerungen getan haben soll in den vorherigen Jahren, was mithin eine Straftatbestand ist. Wie verhält sich das angesichts seiner V-Mann-Tätigkeit?
Werthebach: Ich habe es so verstanden, dass die nordrhein-westfälischen früheren Kollegen diesen V-Mann dann abgeschaltet haben, als sie feststellten, dass er nicht mehr zu steuern war, d.h., als die V-Mann-Führung nicht sicherstellen konnte, dass er nicht doch Straftaten beging. Der Innenminister Nordrhein-Westfalens hat gesagt, dass er 1995 im wesentlichen mit der Begründung abgeschaltet worden ist, dass seine antisemitischen Äußerungen an die Grenze des Strafbaren gingen. Da hat der Verfassungsschutz dann darauf verzichtet, ihn als Informanten weiter zu führen.
Gerner: Herr Werthebach, wann wird aus Sicht des Verfassungsschutzes ein V-Mann nicht mehr steuerbar?
Werthebach: Eine ganz grundsätzliche und auch schwierige Frage: In dem Augenblick, wo sie einen V-Mann in der Vorstandsebene bundesseitig oder länderseitig angesiedelt haben, ist er nur sehr schwer steuerbar. Von daher gibt es ganz große Vorbehalte, wenn ein V-Mann in der Führungsebene tatsächlich angesiedelt ist, also stellvertretender Vorsitzender oder gar Landesvorsitzender oder im Bundesvorstand ist.
Gerner: Das führt mich zur der Frage: Haben Sie in der Zeit, wo Sie Präsident des Bundesverfassungsschutzes waren, nicht bei vielen dieser Einsätze erhebliche Bauchschmerzen gehabt?
Werthebach: Natürlich hat man diese Bauchschmerzen, und das ist ja auch die Schwierigkeit, die jeder Leiter des Verfassungsschutzes ausstehen muss: Er muss abwägen, was denn die Information für die Sicherheit unseres Staates bringt und wie es unter rechtsstaatlichen Punkten verstanden wird, wenn die ganze Geschichte wie jetzt auf den Tisch gelegt wird. Von daher habe ich zunehmend die Auffassung vertreten: Die Sekretärin im Vorstand ist hervorragend, das Vorstandsmitglied selbst ist bedenklich und sollte abgeschalten werden.
Gerner: Herr Werthebach, nun haben wir eben vom Kollegen aus Berlin gehört, dass darüber spekuliert wird, ob möglicherweise noch mehr Spitzel auftauchen. Wenn ja, würde es eng für Otto Schily. Zugleich lese ich in einer Tageszeitung der Süddeutschen von heute, dass es keinen Überblick darüber gibt, wie viele V-Leute der rechten Szene überhaupt von den Geheimdiensten zugeordnet sind. Wenn das zuträfe, wie kann das sein?
Werthebach: Der jeweilige Verfassungsschutzchef des Landes oder des Bundes hat gegenüber seinen V-Mann-Führern ein Fragerecht. Er wird jederzeit in der Lage sein können, alle V-Männer, die aktuell geführt werden oder die früher geführt wurden, zu benennen. Das heißt also, wenn der Bundesinnenminister den Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz fragt, wie viele V-Leute er im Bereich Rechtsextremismus einsetzt, dann wird Herr Fromm in der Lage sein, diese Zahl präzise zu benennen. Und das gleich kann jeder Minister von seinem Landesamtchef verlangen. Dann müssen sich die Minister nur zusammensetzten und dann können sie die Zahlen zusammenrechnen. Also, eine Zahl ist möglich, aber aktuell bin auch ich der Auffassung, dass zur Zeit kein Minister präzise weiß, wie viele V-Leute in seinem Zuständigkeitsbereich im Bereich des Rechtsextremismus eingesetzt werden.
Gerner: Das heißt, so eine Panne kann sich theoretisch wiederholen?
Werthebach: Aber ja.
Gerner: Wie viele weitere könnte es denn geben? Ist es möglich, dass weitere V-Männer in der NPD jetzt aktiv sind?
Werthebach: Die rechtsextremistische Szene ist ja in den letzten 10 Jahren sehr intensiv vom Verfassungsschutz bearbeitet worden, und von daher - so darf ich das mal allgemein ausdrücken, ohne ein Geheimnis zu verraten - ist die Zugangslage des Verfassungsschutzes im Bereich des Rechtsextremismus gut. Außerdem haben viele dieser führenden "Köpfe" der rechtsextremistischen Szene die Organisationen häufig gewechselt, insbesondere solche Organisationen, die dann als Vereine verboten wurden. Dann sind diese Leute plötzlich bei der NPD z.B. aufgetaucht, und von daher ist es auch gar nicht so einfach zu sagen: Ist dieser Funktionär der NPD jemals Mitarbeiter des Verfassungsschutzes gewesen? Es kann sein, eben nicht als Funktionär der NPD, aber sehr wohl als Funktionär einer anderen Organisation, die inzwischen nicht mehr existent ist. Das sind alles Fragen, die sehr genau geprüft werden müssen. Auch ich bin der Auffassung, dass selbstverständlich das Bundesverfassungsgericht einen Anspruch darauf hat, genau die Zugehörigkeit der Zeugen zu den Organisationen, aber auch eine Anbindung an den Verfassungsschutz, zu erfahren.
Gerner: Aus Ihrer eigenen Partei, Herr Werthebach, gibt es Vorschläge, V-Männer künftig offiziell an der Planung und Durchführung von Straftaten, und nicht mehr verdeckt, zu beteiligen, und sie im entscheidenden Moment zurückzuziehen, etwa "wenn sie in der Gefahr sind, mehr oder weniger als aktiv wissende und wirkende Informanten, etwa - als Beispiel - einen Überfall auf ein Ausländerwohnheim zu inszenieren" (Zitat).
Werthebach: Ich will dazu folgendes sagen: Diese Frage, ob und in wieweit solche V-Leute Straftaten begehen dürfen, ist hinsichtlich des Verfassungsschutzes und des nachrichtendienstlichen Bereichs abschließend geklärt. Rechtslage ist: Sie dürfen keine Straftaten begehen. Die Diskussion, die sie ansprechen, ist vor allem im Bereich der verdeckten Ermittler, nämlich der Polizei, hochgekommen. Insbesondere im Bereich der organisierten Kriminalität wissen sie, dass verdeckte Ermittler, die aber selbst Polizisten sind, eingesetzt werden, die eigentlich dem Legalitätsprinzip unterworfen sind. Das heißt, wenn sie eine Straftat erkennen, müssen sie eigentlich sofort eingreifen und den Staatsanwalt unterrichten.
Gerner: Herr Werthebach, haben Sie herzlichen Dank für dieses Gespräch. Das war der ehemalige Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz.
Werthebach: Ich grüße Sie, Herr Gerner.
Gerner: Herr Werthebach, wir wollen gleich ausführlich auf die zweischneidige Angelegenheit, die die Existenz von V-Männern darstellen kann, eingehen. Zunächst die Frage: Wie sehen Sie das weitere Verbotsverfahren? Gehen Sie davon aus, dass es ungehindert wieder aufgenommen werden kann und dass es zu einem erfolgreichen Ende führen wird, wie vom Bundesrat und Bundestag angestrebt?
Werthebach: Also, wir spekulieren ja alle etwas. Das Bundesverfassungsgericht ist ganz offensichtlich tief verärgert. Entscheidend ist jetzt, wie das Bundesverfassungsgericht die Aussagen des V-Mannes bewertet. Wie gewichtig sind diese für die Zulässigkeit des Verbotsverfahrens? Und wenn man diese Zeugenaussage weglässt, bleibt dann genügend, um das Verbotsverfahren für zulässig zu erklären? Das ist die eine Frage, die das Bundesverfassungsgericht jetzt zu klären hat. Die zweite Frage wird sein: Gibt es noch weitere Zeugenaussagen, die deswegen möglicherweise disqualifiziert sind, weil eine vorherige Vormanneigenschaft zum Verfassungsschutz bestanden hat? Auch das will mit Sicherheit das Bundesverfassungsgericht jetzt überprüft wissen und es wird erst eine Entscheidung getroffen werden, wenn hier verlässliche Aussagen der Bundesregierung in der Person des Bundesinnenministers vorliegen.
Gerner: Hat denn, nach dem was sie aus Ihren Praxiserfahrungen über V-Männern wissen, dieser NPD-Funktionär Frenz seinen Zweck als V-Mann erfüllt?
Werthebach: Davon müssen Sie einfach ausgehen. Er sagt zwar, er habe das Geld auch der NPD zur Verfügung gestellt - jedenfalls am Anfang, nachher ja wohl nicht mehr, aber die Aufgabe des Verfassungsschutzes ist es, verfassungsfeindliche Organisationen und Parteien zu beobachten, und das können sie natürlich dann, wenn sie wissen, was in den Entscheidungsgremien einer solchen Organisation oder Partei geplant wird. Wichtig ist natürlich, dass ein solcher V-Mann des Verfassungsschutzes nicht selbst der Rädelsführer der verfassungsfeindlichen Aktionen wird oder gar strafbare Handlungen begeht. Von daher habe ich als Präsident immer Vorbehalte gehabt, wenn ich hörte, dass ein V-Mann an der Spitzenposition des zu beobachtenden Objekts angesiedelt ist.
Gerner: Darf ein V-Mann denn Straftaten begehen, wenn er dadurch andere, vermeintlich schlimmere, verhindert?
Werthebach: Grundsätzlich nein. Das wird ihm auch bei der vertraglichen Vereinbarung - Du bist nun mehr V-Mann des Verfassungsschutzes - gesagt, dass er in keinem Fall strafbare Handlungen begehen darf. Und wenn er gefasst wird, von der Polizei oder der Staatsanwaltschaft ermittelt wird, dann wird er zur Rechenschaft gezogen. Dann hilft ihm seine Eigenschaft als V-Mann zum Vorteil des Verfassungsschutzes nichts.
Gerner: Nun scheint es aber so zu sein, dass der angesprochene V-Mann Frenz massive, aggressive, antisemitische Äußerungen getan haben soll in den vorherigen Jahren, was mithin eine Straftatbestand ist. Wie verhält sich das angesichts seiner V-Mann-Tätigkeit?
Werthebach: Ich habe es so verstanden, dass die nordrhein-westfälischen früheren Kollegen diesen V-Mann dann abgeschaltet haben, als sie feststellten, dass er nicht mehr zu steuern war, d.h., als die V-Mann-Führung nicht sicherstellen konnte, dass er nicht doch Straftaten beging. Der Innenminister Nordrhein-Westfalens hat gesagt, dass er 1995 im wesentlichen mit der Begründung abgeschaltet worden ist, dass seine antisemitischen Äußerungen an die Grenze des Strafbaren gingen. Da hat der Verfassungsschutz dann darauf verzichtet, ihn als Informanten weiter zu führen.
Gerner: Herr Werthebach, wann wird aus Sicht des Verfassungsschutzes ein V-Mann nicht mehr steuerbar?
Werthebach: Eine ganz grundsätzliche und auch schwierige Frage: In dem Augenblick, wo sie einen V-Mann in der Vorstandsebene bundesseitig oder länderseitig angesiedelt haben, ist er nur sehr schwer steuerbar. Von daher gibt es ganz große Vorbehalte, wenn ein V-Mann in der Führungsebene tatsächlich angesiedelt ist, also stellvertretender Vorsitzender oder gar Landesvorsitzender oder im Bundesvorstand ist.
Gerner: Das führt mich zur der Frage: Haben Sie in der Zeit, wo Sie Präsident des Bundesverfassungsschutzes waren, nicht bei vielen dieser Einsätze erhebliche Bauchschmerzen gehabt?
Werthebach: Natürlich hat man diese Bauchschmerzen, und das ist ja auch die Schwierigkeit, die jeder Leiter des Verfassungsschutzes ausstehen muss: Er muss abwägen, was denn die Information für die Sicherheit unseres Staates bringt und wie es unter rechtsstaatlichen Punkten verstanden wird, wenn die ganze Geschichte wie jetzt auf den Tisch gelegt wird. Von daher habe ich zunehmend die Auffassung vertreten: Die Sekretärin im Vorstand ist hervorragend, das Vorstandsmitglied selbst ist bedenklich und sollte abgeschalten werden.
Gerner: Herr Werthebach, nun haben wir eben vom Kollegen aus Berlin gehört, dass darüber spekuliert wird, ob möglicherweise noch mehr Spitzel auftauchen. Wenn ja, würde es eng für Otto Schily. Zugleich lese ich in einer Tageszeitung der Süddeutschen von heute, dass es keinen Überblick darüber gibt, wie viele V-Leute der rechten Szene überhaupt von den Geheimdiensten zugeordnet sind. Wenn das zuträfe, wie kann das sein?
Werthebach: Der jeweilige Verfassungsschutzchef des Landes oder des Bundes hat gegenüber seinen V-Mann-Führern ein Fragerecht. Er wird jederzeit in der Lage sein können, alle V-Männer, die aktuell geführt werden oder die früher geführt wurden, zu benennen. Das heißt also, wenn der Bundesinnenminister den Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz fragt, wie viele V-Leute er im Bereich Rechtsextremismus einsetzt, dann wird Herr Fromm in der Lage sein, diese Zahl präzise zu benennen. Und das gleich kann jeder Minister von seinem Landesamtchef verlangen. Dann müssen sich die Minister nur zusammensetzten und dann können sie die Zahlen zusammenrechnen. Also, eine Zahl ist möglich, aber aktuell bin auch ich der Auffassung, dass zur Zeit kein Minister präzise weiß, wie viele V-Leute in seinem Zuständigkeitsbereich im Bereich des Rechtsextremismus eingesetzt werden.
Gerner: Das heißt, so eine Panne kann sich theoretisch wiederholen?
Werthebach: Aber ja.
Gerner: Wie viele weitere könnte es denn geben? Ist es möglich, dass weitere V-Männer in der NPD jetzt aktiv sind?
Werthebach: Die rechtsextremistische Szene ist ja in den letzten 10 Jahren sehr intensiv vom Verfassungsschutz bearbeitet worden, und von daher - so darf ich das mal allgemein ausdrücken, ohne ein Geheimnis zu verraten - ist die Zugangslage des Verfassungsschutzes im Bereich des Rechtsextremismus gut. Außerdem haben viele dieser führenden "Köpfe" der rechtsextremistischen Szene die Organisationen häufig gewechselt, insbesondere solche Organisationen, die dann als Vereine verboten wurden. Dann sind diese Leute plötzlich bei der NPD z.B. aufgetaucht, und von daher ist es auch gar nicht so einfach zu sagen: Ist dieser Funktionär der NPD jemals Mitarbeiter des Verfassungsschutzes gewesen? Es kann sein, eben nicht als Funktionär der NPD, aber sehr wohl als Funktionär einer anderen Organisation, die inzwischen nicht mehr existent ist. Das sind alles Fragen, die sehr genau geprüft werden müssen. Auch ich bin der Auffassung, dass selbstverständlich das Bundesverfassungsgericht einen Anspruch darauf hat, genau die Zugehörigkeit der Zeugen zu den Organisationen, aber auch eine Anbindung an den Verfassungsschutz, zu erfahren.
Gerner: Aus Ihrer eigenen Partei, Herr Werthebach, gibt es Vorschläge, V-Männer künftig offiziell an der Planung und Durchführung von Straftaten, und nicht mehr verdeckt, zu beteiligen, und sie im entscheidenden Moment zurückzuziehen, etwa "wenn sie in der Gefahr sind, mehr oder weniger als aktiv wissende und wirkende Informanten, etwa - als Beispiel - einen Überfall auf ein Ausländerwohnheim zu inszenieren" (Zitat).
Werthebach: Ich will dazu folgendes sagen: Diese Frage, ob und in wieweit solche V-Leute Straftaten begehen dürfen, ist hinsichtlich des Verfassungsschutzes und des nachrichtendienstlichen Bereichs abschließend geklärt. Rechtslage ist: Sie dürfen keine Straftaten begehen. Die Diskussion, die sie ansprechen, ist vor allem im Bereich der verdeckten Ermittler, nämlich der Polizei, hochgekommen. Insbesondere im Bereich der organisierten Kriminalität wissen sie, dass verdeckte Ermittler, die aber selbst Polizisten sind, eingesetzt werden, die eigentlich dem Legalitätsprinzip unterworfen sind. Das heißt, wenn sie eine Straftat erkennen, müssen sie eigentlich sofort eingreifen und den Staatsanwalt unterrichten.
Gerner: Herr Werthebach, haben Sie herzlichen Dank für dieses Gespräch. Das war der ehemalige Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz.