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Wesentlicher Fehler liegt beim Bundesverfassungsschutz

Meurer: Der Fall Kaplan hat ziemlich heftige Reaktionen ausgelöst und wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen. Polizei und Verfassungsschutz stehen für viele jetzt ziemlich blamiert da. Bei mir im Studio begrüße ich den Experten und Kollegen von der Süddeutschen Zeitung, Hans Leyendecker. Schönen guten Tag, Herr Leyendecker.

Moderation: Friedbert Meurer |
    Leyendecker: Guten Tag.

    Meurer: Was ist da bei dieser Geschichte schief gelaufen?

    Leyendecker: Es ist eine Menge schief gelaufen, aber ich denke, der wesentliche Fehler liegt beim Bundesverfassungsschutz. Die haben den seit vielen Monaten observiert, die hatten auch technische Maßnahmen, das heißt er wurde auch abgehört und die haben eine Übergabe gemacht. Also, an dem Tag, wo die Gerichtsverhandlung stattfand, haben die um 8 Uhr 15 der Polizei gesagt, wir haben ihn observiert, er ist Dienstag Nachmittag noch in das Haus gekommen und er hat das Haus nicht mehr verlassen. Was sie allerdings nicht gemacht haben, war eine Observation mit mehreren Beamten. Das heißt, das Haus ist sehr verwinkelt, es hat nicht nur einen Ausgang, man kann quasi vom Haus A ins Haus B gehen und da auch wieder das Haus verlassen.

    Meurer: Um das noch mal klarzustellen. Ab Mittwoch Morgen um 8 Uhr 15 war die Polizei für die Überwachung zuständig und nicht mehr der Verfassungsschutz?

    Leyendecker: Das sagte der Verfassungsschutz, ja, das war auch so. Dann hat die Polizei versucht zu klären, was ist das eigentlich hier für ein Gebäude in dem wir uns befinden, dann hat man sich einen Schlüssel besorgt, um in die Tiefgarage zu gehen und hat dann festgestellt, es gibt auch ganz viele andere Möglichkeiten. Das Bundesamt für den Verfassungsschutz hat sich da rausgezogen, weil es gesagt hat, es stehen jetzt Exekutivmaßnahmen an, wie dann die Abschiebung, wie die Festnahme möglicherweise.

    Meurer: Und dazu ist der Verfassungsschutz nicht berechtigt?

    Leyendecker: Das ist auch völlig klar, aber es hätte ihn nicht daran gehindert, muss man sagen, weiterhin Herrn Kaplan zu beobachten und dann, wenn die Ausländerbehörde kommt und die Polizei kommt, zu sagen, da ist er. Es kann ja nicht sein, dass eine Observation deshalb unterbrochen wird, die man über einen so langen Zeitraum macht, dass man sagt, jetzt ist für uns der Punkt, jetzt übergeben wir ihn und dann müsst ihr das Weitere machen. Ich glaube, da liegt, wenn man handwerklich ran geht, der gravierende Fehler.

    Meurer: Die Polizei steht für Sie blütensauber da?

    Leyendecker: Blütensauber steht da niemand da, weil eigentlich hätte es im Vorhinein Absprachen geben müssen, man hätte sich im Vorhinein unterhalten müssen, da kommt jetzt die Gerichtsentscheidung, alle Journalisten haben ja darauf gewartet, also hätten die Behörden absprechen müssen, was wissen wir eigentlich über den und wie sieht die Observation aus? Man hätte natürlich dann auch mehrere Leute ransetzen können und die Polizei, wenn man ihr einen Vorwurf machen will, ist der, dass sie sich Tage vorher mit dem Verfassungsschutz hätte unterhalten müssen und dass dann die Polizei ihre eigene Observation macht, die in der Regel aufwändiger und besser sein kann als die des Bundesverfassungsschutzes.

    Meurer: Nun sagen ja jetzt auch einige wieder, das Ganze ist doch ein Beispiel dafür, dass unsere Gesetze nicht ausreichen, einen solchen Mann festzunehmen oder zu verhaften, um ihn dann seiner Auslieferung zuzuführen.

    Leyendecker: Es ist ein Beispiel dafür, dass die so genannten Gefährder, die wir in Deutschland haben, nicht lückenlos überwacht werden können. Das ist ein riesiger Aufwand. Nur, Herr Kaplan ist ja nicht irgendwer, er war gewissermaßen in einem Rechtsstreit auch eine Symbolfigur. Er ist ein Hassprediger, er hat, wie wir eben in der Sendung gehört haben, aufgerufen zum Mord an einem Rivalen, er wollte die Weltherrschaft des Islam, er war in der politischen Debatte eine wichtige Figur und ich glaube, für Herrn Kaplan hätte man schon paar Leute abstellen können, die sicherstellen konnten, jederzeit zu wissen, was er macht, tut, wo er sich aufhält. Das ist nicht eine Frage, ob die Gesetze reichen, sondern in diesem einen Fall hat einfach eine Abstimmung von Behörden versagt.

    Meurer: Das heißt auch jetzt gegenwärtig gibt es keine andere Möglichkeit als, man darf ihn nicht verhaften, also selbst wenn er sich jetzt der Polizei meldet nächste Woche, dann kann er höchstens überwacht werden, das ist die einzige Möglichkeit.

    Leyendecker: Dann kann er überwacht werden, das muss man halt so machen, dass eine Überwachung auch so stattfindet, dass man auch weiß, wo einer ist, das ist der Sinn einer Überwachung. Das hat offenbar in dem Falle nicht geklappt.

    Meurer: In zwei Monaten gibt es einen neuen Prozess, dann vor dem Bundesverwaltungsgericht, glaube ich, dann wiederholt sich das ganze Spiel von vorne?

    Leyendecker: Aber er wird dann hoffentlich besser überwacht werden.

    Meurer: Das war der Journalist Hans Leyendecker von der Süddeutschen Zeitung zum Fall Metin Kaplan, dessen Anwältin heute berichtet hat, Kaplan halte sich wieder hier in Köln auf.