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Wettbewerb für Rettungsroboter
"Johnny" will der Beste werden

Nach dem Reaktorunglück von Fukushima stellten Experten fest, dass man mit Robotern eine Kernschmelze hätte verhindern können. Denn die hätten die Kühlung im havarierten AKW reaktivieren können. Seitdem entwickeln Wissenschaftler neue Rettungsroboter. Die besten Prototypen treten nun gegeneinander an - mit dabei ist "Johnny" von der TU Darmstadt.

Von Frank Grotelüschen |
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    Möglicherweise hätte der Einsatz eines geeigneten Rettungsroboters eine Kernschmelze in Fukushima verhindert. (picture alliance / dpa)
    "Das ist unser Johnny. Der ist 1,50 Meter groß, wiegt 50 Kilogramm." Fast könnte man meinen, Alexander Stumpf spricht von einem normalen, vielleicht etwas klein geratenen Mitglied seines Teams. Doch Johnny ist ein Roboter, und zwar ein humanoides, ein menschenähnliches Exemplar.
    "Unser Roboter hat die Eigenschaft, dass er zwei Beine hat, mit denen er menschenähnliche Fortbewegung vollführen kann. Dazu hat er zwei Arme, an denen sich zwei Hände befinden, mit denen er ganz normal Gegenstände greifen kann."
    Mit seinen kantigen Metallgliedmaßen und den beiden Kulleraugen im Kopf ähnelt Johnny einem zu groß geratenen Spielzeug. Im Moment hängt er in den Seilen, und zwar buchstäblich. Denn um ihn zu montieren, haben ihn die Forscher der TU Darmstadt an einem Gestell befestigt. Stumpf schraubt gerade eine Greifvorrichtung an Johnnys Arm.
    "Eine ganz normale Hand. Die hat Finger. Und mit diesen Fingern kann er ganz normale Gegenstände aufheben, sie bedienen, wie wir Menschen es auch tun."
    Laserscanner als Augen
    Wobei sich Johnny mit drei Fingern begnügt statt mit fünf. Um sich in der Welt zurechtzufinden, benötigt er natürlich so etwas wie Sinne. "Zunächst hat der Roboter eine Webcam vorne eingebaut, mit der er Farbbilder sehen kann. Dann hat er zwei Laserscanner, wovon einer schwenken kann. Mit dem hat er die Möglichkeit, ein 3D-Modell der Umgebung zu erstellen."
    Geradeaus laufen geht flüssig, doch komplexe Bewegungen schafft Johnny nur langsam - das Erklimmen einer Stufe oder das Aufstehen vom Boden. Da ist der Wettbewerb, den er nun vor sich hat, eine Herausforderung. Alexander Stumpf und seine Kollegen bilden eines jener 25 Teams, die heute beim Finale der DARPA Robotics Challenge antreten, dem bislang größten Wettbewerb seiner Art. Denn die Roboter müssen einen Parcours bewältigen, in dem es aussieht wie nach einem Erdbeben: eingestürzte Gebäudeteile, überall Trümmer und Schutt, nichts funktioniert.
    "Es ist nah angelehnt an die Fukushima-Katastrophe. Die Infrastruktur ist nicht mehr vorhanden, man hat keine Kommunikation. Der Roboter wird abgesetzt außerhalb der Industrieanlage, startet in einem Fahrzeug und soll zu dieser Industrieanlage fahren, dort aussteigen, durch eine Tür gehen. Dann muss er sich den Weg durch den Korridor freiräumen. Da liegt Schutt auf der Erde."
    Überraschungsaufgabe für Rettungsroboter
    Hat sich Johnny den Weg durch die Trümmer gebahnt, soll er mit einer Bohrmaschine Löcher in eine Wand bohren und ein Ventil schließen. Dann gilt es, einen herausgeplatzten Schlauch wieder anzuschrauben. Ist das geschafft, muss Johnny ins obere Stockwerk.
    "Dort befindet sich dann eine Überraschungsaufgabe, die noch keiner von uns weiß. Diese Aufgabe soll die Flexibilität der Software unter Beweis stellen, wie gut sie auf unvorhersehbare Situationen reagieren können."
    Nur eine Stunde hat der Roboter für seine Aufgaben Zeit - eine echte Herausforderung. Wenigstens ist er im Parcours nicht ganz auf sich allein gestellt, sagt Alexander Stumpf.
    "Es befindet sich immer ein Operator in sicherer Entfernung an einem Notebook hinten dran, der dem Roboter Hinweise gibt, was er zu tun hat."
    Und sollte Johnny den Katastrophen-Parcours tatsächlich als bester der 25 Roboter absolvieren, dürfen seine Erbauer ein mehr als fürstliches Preisgeld einstreichen - zwei Millionen Dollar.