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Wetterbericht für die Flut
Forscher sagen saisonale Meeresspiegelanstiege voraus

Polynesien, Mikronesien und Melanesien sind die drei größten Inselgruppen im Pazifik. Die Inseln ragen oft nur wenige Meter aus dem größten Ozean der Welt und sie sind alle vom Meeresspiegelanstieg bedroht. Forscher haben jetzt eine Möglichkeit gefunden, das Leben auf diesen Inseln berechenbarer zu machen.

Von Monika Seynsche | 13.07.2017
    Eine Insel in Französisch-Polynesien
    Eine Insel in Französisch-Polynesien (picture-alliance/ dpa/Jack und Francoise Rocchio)
    "I am Matthew Widlansky and I am a researcher at the University of Hawaii sea level centre in Honolulu. And I study predicting sea level changes in the tropical pacific islands."
    Matthew Widlansky von der Universität von Hawaii in Honolulu untersucht, wie sich der Meeresspiegelanstieg rund um die Inseln des tropischen Pazifiks vorhersagen lässt.
    "Wir wissen durch Beobachtungen anhand von Messinstrumenten und Satellitenbildern, dass die Wassermassen im Pazifik langsam hin und her schwappen. Wenn so eine Woge auf die Inseln trifft, führt das zu geringfügigen Überflutungen, die einige Zeit anhalten. Oder das Gegenteil passiert und Teile der Korallenriffe fallen trocken und sterben ab."
    Zurzeit richten diese saisonalen Meeresspiegelschwankungen im Pazifik noch keine großen Schäden an. Das Wasser steigt und sinkt nach einiger Zeit wieder. Aber genauso wie in allen anderen Weltmeeren steigt der zugrunde liegende Meeresspiegel im Pazifik durch den Klimawandel kontinuierlich an. Die Kombination von steigendem Wasser und saisonalen Schwankungen könnte deshalb in Zukunft zu immer mehr und immer stärkeren Überflutungen führen.
    "Wenn man eine Möglichkeit hat, diese Schwankungen des Meeresspiegels vorherzusagen, auch wenn sie nur für einige Monate anhalten und das Wasser dann wieder sinkt, können sich die Inselgemeinden darauf einstellen und sich auf das nächste Hochwasserereignis vorbereiten."
    Gemeinsam mit Kollegen aus Australien und Neuseeland hat Matthew Widlansky deshalb mehrere globale Klimamodelle mit Wetter- und Ozeandaten kombiniert, mit Wassertemperaturen und Meeresströmungen.
    "So kann unsere Computersimulation die Meeresspiegelhöhen an verschiedenen Stellen des Ozeans ermitteln. Wir lassen die Simulation mit den aktuellen Bedingungen starten und da der Ozean wesentlich träger reagiert als die Atmosphäre, können wir langfristigere Prognosen abgeben als ein einfacher Wetterbericht. Der liefert für etwa eine Woche verlässliche Angaben, wohingegen wir die Wasserstände der nächsten sechs Monate vorhersagen können."
    Die Meeresspiegelprognosen von Matthew Widlansky sind im Internet frei verfügbar und werden von zahlreichen Anrainern genutzt.
    "Ich wohne in Honolulu und hier hatten wir gerade eine Periode mit leicht erhöhten Wasserständen, 15 bis 20 cm mehr als normal. Das klingt nicht nach viel, aber die Küsten der hawaiianischen Inseln sind von Korallenriffen umgeben, die die Wellenenergie abbremsen. Wenn der Meeresspiegel ansteigt, können die Wellen ungehindert über die Riffe hinweg rollen und prallen mit größerer Wucht auf die Strände. Einige Hotels an den Küsten haben unsere Prognosen genutzt und sich darauf vorbereitet, indem sie mit Sandsäcken die unteren Etagen schützten."
    In einem nächsten Schritt wollen Matthew Widlansky und seine Kollegen ihre Prognosen auch für andere Weltregionen anbieten.