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Wider die spanischen Monarchie

So unbeliebt waren König Juan Carlos und die Königsfamilie noch nie. Immer mehr Spanier sind deshalb dafür, dass er und mit ihm die Monarchie als Staatsform abdankt. Der kommende Sonntag ist Tag der Republik - und ein symbolträchtiger Feiertag der Antimonarchisten.

Von Hans-Günter Kellner | 11.04.2013
    Rot-Gelb-Lila: Diese Farben der Zweiten Republik Spaniens aus den 1930er-Jahren fehlen bei keiner Kundgebung in Spanien. Und schon gar nicht, wenn für die Dritte Republik demonstriert wird. Fahnen, Mützen, Schals - alles gibt es dann in den drei Farben. Die Sorge über die zunehmende Sympathie für die Republik als Staatsform bei den jungen Spaniern ist auch innerhalb der Königsfamilie groß. Das sagt Carmen Enríquez, die für das staatliche Fernsehen Television Española 18 Jahre lang über das Königshaus berichtet hat und noch heute über gute Kontakte verfügt:

    "Sie sind sehr besorgt. Sie hoffen, dass der König möglichst schnell gesund wird und sich an die Arbeit macht. Sie glauben, dass das verlorene Prestige zurückzugewinnen ist. Ich denke aber, diese Vertrauenskrise ist sehr tief greifend. Der Fall Noos ist der Grund für die tiefste Krise der Monarchie seit ihrer Wiedereinführung im Jahr 1975. Das ist die größte Bedrohung gegen diese Institution."

    Die pensionierte Journalistin spricht vom Korruptionsfall um Iñaki Urgandarin, den Schwiegersohn des Königs. Auch Infantin Cristina ist nun ins Visier des ermittelnden Richters geraten. Er hat sie als Beschuldigte vor das Untersuchungsgericht vorgeladen, über einen Widerspruch der Staatsanwaltschaft ist noch nicht entschieden. Viele Gegner der Monarchie sind sich sicher, dass ihnen die für eine Verfassungsreform notwendige Mehrheit durch die Skandale eines Tages wie ein reifer Apfel in den Schoß fallen wird. Roberto García Patrón gehört zu den Organisatoren der Feiern zum Tag der Republik am Sonntag:

    "Die Monarchie versucht seit zwei Jahren, ihr Image zu verbessern. Es gibt Fernsehprogramme, sie haben eine aktuellere Internetseite. Es gibt keine öffentlichen Auftritte der Infatinen Elena und Cristina mehr, deren Bild in der Öffentlichkeit durch die Skandale beschädigt worden ist. Immer wieder gibt es solche Skandale, wie den um den Schwiegersohn des Königs, diese deutsche Geliebte von Juan Carlos. Sie kämpfen auf der einen Seite um ein besseres Bild, auf der anderen Seite beschädigen sie es immer wieder selbst."

    Alte Nostalgiker bestimmten lange Jahre lang das Bild bei den Feierlichkeiten zum 14. April. Ihr Gruß war an solchen Tagen "Gesundheit und Republik", sie erzählten dann wieder von den Errungenschaften dieser kurzen Zeit der 1930er-Jahre: vom Frauenwahlrecht, der Land- oder der Bildungsreform. Aber größere Teile der Bevölkerung erreichen sie erst seit der Wirtschaftskrise und den unpopulären Kürzungen. Jetzt kommen auch junge Leute von der Protestbewegung der Empörten wie Roberto dazu.

    "Wenn du die Leute in Spanien fragst, ob ihnen eine Monarchie oder Republik lieber ist, bekommst du keine klare Antwort. Aber wenn du fragst, ob sie ein funktionierendes Gesundheits- oder Bildungssystem haben wollen oder ein Königshaus, dann ist die Antwort klar. Der Präsident einer Republik hat wenigstens Kompetenzen. Ich könnte mir einen Präsidenten wie in Italien, eine Konsensfigur, genauso gut vorstellen, wie einen Präsidenten wie in den USA, einen Präsidenten mit Exekutivgewalt. Aber ein rein repräsentierender König ist mir zu teuer. Diese Galadinner immer. Hier geht es schließlich um öffentliches Geld."

    Angesichts solcher Debatten hat sich das Königshaus entschlossen, seinen Haushalt zu veröffentlichen. Acht Millionen Euro kostet die Spanier ihre Monarchie. Im europäischen Vergleich ist das wenig. Allerdings behaupten Kritiker, dass die offizielle Statistik Ausgaben für die Sicherheit oder Gebäude in Spanien nicht berücksichtigt. Auf jeden Fall sei das zu viel:

    "Wir von der Protestbewegung hätten gerne eine Republik ohne Präsidenten, ohne Staatschef. Ein parlamentarisches System wie in Spanien mit einem Regierungschef - aber ohne Staatsoberhaupt."

    Denn im Grunde ähneln sich die Funktionen eines deutschen Bundespräsidenten oder eines spanischen Königs sehr. Historikerin Ángeles Lario hält die beiden Staatsformen - parlamentarische Monarchie und Republik - darum für eng miteinander verwandt. Aber gerade deshalb hält sie eine ernsthafte Debatte darüber für Zeitverschwendung:

    "Ob wir eine parlamentarische Monarchie oder eine Republik haben, löst keines unserer Probleme. Im Gegenteil: Wir fügen noch ein weiteres hinzu. Die Frage ist doch, wie wir uns verwalten, unser Gesundheitssystem, die Renten, die Parteien. Das kann man gut oder schlecht machen, in einer Republik ebenso wie in einer Monarchie."