Langer: Kein Tag vergeht ohne neue Meldungen über rechtsextremistisch motivierte Ausfälle und Gewalttaten: In Rheinland-Pfalz zwei geschändete jüdische Friedhöfe, ein versuchter Sprengstoffanschlag auf ein teils von Juden bewohntes Haus in Oberfranken, ein zusammengeschlagener Jugendlicher in Gotha, rechtsextreme Parolen bei einer Feier in Sachsen, und so weiter und sofort. Die Politik und die Gesellschaft reagieren nun langsam, wobei die Frage einen Moment zurückgestellt werden darf, ob das öffentlich bekundete Interesse auch dann noch Bestand hat, wenn das Sommerloch überstanden ist. Hauptsache, es passiert etwas. Die Frage, wie der Fremdenfeindlichkeit in Ostdeutschland der Boden entzogen werden kann, die ist nach wie vor unbeantwortet. Und da interessieren zu allererst die Ansichten und Erfahrungen jener, die sich in Polizei und Justiz tagtäglich und oft schon jahrelang mit diesem Phänomen auseinandersetzen müssen. Vor der Sendung hatte ich Gelegenheit zu einem Interview mit Detlef Graf Schwerin. Er ist der Polizeipräsident in Potsdam. Ich fragte ihn zunächst, ob das, was wir dieser Tage in der Republik erleben an rechtsextremen Ausschreitungen, etwas qualitativ Neues ist oder nur eine Frage unserer geänderten Wahrnehmung.
von Schwerin: Nein, ich glaube, das ist schon etwas Neues. Es ist eine Situation, die sich über die Jahre sozusagen akkumuliert hat und die jetzt ganz deutlich wird und die vor allen Dingen nicht nur eine polizeiliche Komponente hat und eine Komponente der polizeilichen Repression, sondern die jetzt eine politische und gesellschaftliche Komponente bekommen hat.
Langer: Wie stellt sich das denn für das Gebiet dar, für das Sie verantwortlich sind?
von Schwerin: Ja, mein Polizeibezirk, das Polizeipräsidium Potsdam, ist im wesentlichen südlich von Berlin zu finden – südlich und westlich von Berlin. Und wir haben hier einen sehr aktiven Kreisverband Spreewald der NPD, und hier ist das Besondere – und das geht auf einen NPD-Vorstandsbeschluss vom letzten Jahr zurück –: Die haben beschlossen, dass sie sich mit der Skinheadszene verbinden und zusammenarbeiten. Und das wird hier in diesem Kreisverband Spreewald aktiv durchgeführt. Und aus einer locker verbundenen oder locker gefügten Skinheadszene in Brandenburg fügt sich jetzt durch diesen Beschluss eine politische in der Skinheadszene verwurzelte NPD. Und das ist das qualitativ andere zu den Jahren vorher.
Langer: Wie gut kennen Sie sich oder wie gut kennt sich Ihre Behörde in der Skinheadszene aus?
von Schwerin: Ach, relativ gut, würde ich denken. Wir kennen die handelnden Personen, und dieses ganze Zusammengehen der NPD mit der Skinheadszene, die sozusagen erklärtes strategisches Ziel der Partei ist, hat natürlich auch etwas mit den handelnden Personen zu tun, die zur Verfügung stehen. Und in diesem Kreisverband Spreewald haben wir relativ rege Aktivisten. Und das ist natürlich nicht überall im Land Brandenburg das gleiche, aber dort haben wir sie. Und deshalb passiert dort einiges zur Zeit.
Langer: Wie gehen Sie denn mit diesen rechtsextremen Gruppen um? In der Art – sage ich mal – von uniformierten Sozialarbeitern oder verdeckt?
von Schwerin: Nein. Wissen Sie, Herr Langer, das ist ja – diese Situation, die wir dort haben oder überhaupt in Brandenburg haben, das ist ja das, worüber ich sprechen kann. Das ist ja polizeilich in dem Sinne im Griff, dass wir die Straftäter, falls Straftaten vorgekommen sind, relativ schnell bekommen. Das ist ja auch eine ganz wesentliche Botschaft. Wenn offene Straftaten durchgeführt worden sind – die Täter bekommen wir zu 90 bis 100 Prozent. Insofern ist es kein Problem der polizeilichen Repression. Wir bekommen sie und wir bearbeiten die Fälle und es geht an die Justiz, die dann ihre Seite wahrnehmen muss. Das Problem ist eigentlich, dass es offensichtlich von der Gesellschaft getragen wird – nicht die Straftaten unbedingt an sich - im wesentlichen handelt es sich ja um Körperverletzung -, sondern die ganze Tendenz innerhalb der Jugend geht in diese rechte Richtung.
Langer: Das heißt, diese These, dass es dort so einen positiven Resonanzbogen in der gesamten Gesellschaft gibt, die halten Sie für berechtigt?
von Schwerin: Ja, die halte ich für sehr berechtigt. Und letztlich sind die jungen Leute, um die es ja im wesentlichen geht – keiner der Straftäter ist älter als 21-25 – sind aus meiner Sicht – viele Kommentatoren bestätigen das auch – nur das Sprachrohr der älteren Generation. Das, was die ältere Generation denkt und im Familienkreis spricht, das wird von den Jüngeren durchgeführt. Und das ist eigentlich das, was es so bestürzend macht. Im Augenblick verbinden sich diese Jugendgruppen und diese Jugendgewalt mit der NPD, und das erhält sozusagen eine politische Dimension.
Langer: Heißt das, dass die Überlegungen, die NPD zu verbieten, ihre Berechtigung haben?
von Schwerin: Ja, die Überlegungen sind berechtigt, selbstverständlich. Es ist nur die Frage, ob es sinnvoll ist. Und das ist letztlich die Debatte, die seit mehr als 30 Jahren in Deutschland wogt und die bisher dahingehend beantwortet ist, dass es aus politischen Gründen nicht opportun ist, das zu versuchen. Es gibt noch diese zusätzliche Problematik, ob man überhaupt rechtlich das durchsetzen kann beim Bundesverfassungsgericht. Aber es ist vor allen Dingen auch eine Frage der politischen Opportunität. Und das ist bisher eigentlich immer abgelehnt worden. Diejenigen, die so eine Prüfung durch das Bundesverfassungsgericht veranlassen müssten, waren in den letzten 30-35 Jahren immer der Meinung, dass es politisch nicht opportun sei.
Langer: Und polizeilich?
von Schwerin: Ja, polizeilich ist es auch sehr fraglich, was man macht, wenn man sie verbieten würde, weil sie dann in den Untergrund gehen. Und ich denke auch, dass man gut beraten ist, sie in der Öffentlichkeit zu lassen. Vor allen Dingen sollte man sich mit politischen Phänomenen politisch auseinandersetzen und nicht nur mit polizeilicher Repression. Und die Erfahrung in der Bundesrepublik Deutschland ist ja gewesen in den letzten 35 Jahren, dass sie sich regelmäßig die berechtigte Abfuhr an der Wahlurne bekommen haben.
Langer: Herr von Schwerin, was hatte denn die Politik aus Ihrer Sicht anders und früher regeln müssen?
von Schwerin: Ja, die Politik – das ist ja so ein Sammelbegriff. Wer ist wohl gemeint, wenn Sie sagen, ‚Politik‘? Ich denke, die Politik im Sinne von Ministerpräsident, Kabinett, Landtag hier in unserem Land Brandenburg hat sich relativ dezidiert über die Jahre ausgedrückt und klar Stellung bezogen und klar Abwehr signalisiert zu diesem Phänomen der Rechtslastigkeit und der rechten Gewalt. Aber ich vermisse ein breiteres Echo in der Bevölkerung. Ich vermisse die Stellungnahmen der Kommunalpolitiker und anderer, die in der Gesellschaft Verantwortung tragen. Was sagen die Schuldirektoren, was sagen die Kreisschulräte, was sagen die Pfarrer, was sagen die Leiter der Sportverbände, der Jugendfeuerwehren, der Feuerwehren überhaupt? Das ist ja hier sehr ländlich strukturiert in Brandenburg, und diejenigen, die sozusagen die Wortführer des Gemeinwesens sind, die sind aufgerufen. Und ich denke, die waren mit vielen anderen wichtigen Sachen beschäftigt, und dieser Aspekt, der uns jetzt so umtreibt und so beunruhigt, hat nicht die entsprechende Aufmerksamkeit gehabt.
Langer: Ist das für Sie eine Frage der Zivilcourage dieser angesprochenen Gruppen, oder ist das eine Frage, dass die einfach inhaltlich thematisch bisher andere Prioritäten hatten?
von Schwerin: Das Letztere würde ich sagen. Zivilcourage: Für einen Bürgermeister, sich ablehnend zu äußern, bedarf keiner großen Zivilcourage. Das ist nicht das Problem, sondern es bedeutet, dass er die entsprechende Priorität dort hin setzt. Das ist der wesentliche Punkt. Und die Bürgermeister und alle anderen Verantwortlichen haben andere Prioritäten, die auch alle berechtigt sind. Ich denke, jetzt ist die Zeit gekommen, wo diese Vorreiter der Gesellschaft deutlich machen müssen, wo sie stehen und was sie für richtig und was sie nicht für richtig halten.
Langer: Bei der Polizei in Ostdeutschland gab es ja hin und wieder auch mal den Verdacht zumindest gewisser Antipathien gegen Ausländer. Spielt das Ihrer Ansicht nach eine Rolle?
von Schwerin: Nein, das glaube ich nicht. Ich meine, die Polizei ist natürlich – sage ich mal – so gut oder so schlecht wie die Gesellschaft insgesamt. Sie ist Teil der Gesellschaft. Und im Zweifelsfall gibt es ähnliche Vorurteile und ähnlich Urteile in der Polizei. Auf der anderen Seite ist die Polizei für bestimmte Situationen ausgebildet und geht mit Problemsituationen professionell um – das ist zumindest der Anspruch. Es gibt eine klare Weisungssituation und es gibt eine Hierarchie, die sagt, was zu tun ist. Insofern gibt es da wenig Raum, sich anders zu verhalten.
Langer: Hätten Sie sich bei Ihrem Amtsantritt vor ca. 10 Jahren damals träumen lassen, dass dieses Thema mal so wichtig wird?
von Schwerin: Nein, das habe ich mir nicht träumen lassen. Ich bin ja in Westdeutschland groß geworden, und in Westdeutschland hat das insgesamt eine ganz andere Diskussion gegeben. Das ist auch ein Punkt, den man sehen muss. Bestimmte gesellschaftliche Debatten, die wir in Westdeutschland gehabt haben, haben hier in der ehemaligen DDR nicht stattgefunden und könnten nicht stattgefunden haben. Es ist die Frage der Auseinandersetzung mit dem Dritten Reich, die hier in einer ganz anderen Weise debattiert worden ist als in Westdeutschland. Es ist auch die Frage von Erziehungsstilen in den Familien. Das ist hier alles nicht passiert. Die gesellschaftliche Bewegung der 60er Jahre hat ja in der DDR hier überhaupt nicht stattgefunden.
Langer: Der Polizeipräsident von Potsdam, Detlef Graf von Schwerin in den Informationen am Morgen. Wir haben das Gespräch vor dieser Sendung aufgezeichnet.
Link: Interview als RealAudio
von Schwerin: Nein, ich glaube, das ist schon etwas Neues. Es ist eine Situation, die sich über die Jahre sozusagen akkumuliert hat und die jetzt ganz deutlich wird und die vor allen Dingen nicht nur eine polizeiliche Komponente hat und eine Komponente der polizeilichen Repression, sondern die jetzt eine politische und gesellschaftliche Komponente bekommen hat.
Langer: Wie stellt sich das denn für das Gebiet dar, für das Sie verantwortlich sind?
von Schwerin: Ja, mein Polizeibezirk, das Polizeipräsidium Potsdam, ist im wesentlichen südlich von Berlin zu finden – südlich und westlich von Berlin. Und wir haben hier einen sehr aktiven Kreisverband Spreewald der NPD, und hier ist das Besondere – und das geht auf einen NPD-Vorstandsbeschluss vom letzten Jahr zurück –: Die haben beschlossen, dass sie sich mit der Skinheadszene verbinden und zusammenarbeiten. Und das wird hier in diesem Kreisverband Spreewald aktiv durchgeführt. Und aus einer locker verbundenen oder locker gefügten Skinheadszene in Brandenburg fügt sich jetzt durch diesen Beschluss eine politische in der Skinheadszene verwurzelte NPD. Und das ist das qualitativ andere zu den Jahren vorher.
Langer: Wie gut kennen Sie sich oder wie gut kennt sich Ihre Behörde in der Skinheadszene aus?
von Schwerin: Ach, relativ gut, würde ich denken. Wir kennen die handelnden Personen, und dieses ganze Zusammengehen der NPD mit der Skinheadszene, die sozusagen erklärtes strategisches Ziel der Partei ist, hat natürlich auch etwas mit den handelnden Personen zu tun, die zur Verfügung stehen. Und in diesem Kreisverband Spreewald haben wir relativ rege Aktivisten. Und das ist natürlich nicht überall im Land Brandenburg das gleiche, aber dort haben wir sie. Und deshalb passiert dort einiges zur Zeit.
Langer: Wie gehen Sie denn mit diesen rechtsextremen Gruppen um? In der Art – sage ich mal – von uniformierten Sozialarbeitern oder verdeckt?
von Schwerin: Nein. Wissen Sie, Herr Langer, das ist ja – diese Situation, die wir dort haben oder überhaupt in Brandenburg haben, das ist ja das, worüber ich sprechen kann. Das ist ja polizeilich in dem Sinne im Griff, dass wir die Straftäter, falls Straftaten vorgekommen sind, relativ schnell bekommen. Das ist ja auch eine ganz wesentliche Botschaft. Wenn offene Straftaten durchgeführt worden sind – die Täter bekommen wir zu 90 bis 100 Prozent. Insofern ist es kein Problem der polizeilichen Repression. Wir bekommen sie und wir bearbeiten die Fälle und es geht an die Justiz, die dann ihre Seite wahrnehmen muss. Das Problem ist eigentlich, dass es offensichtlich von der Gesellschaft getragen wird – nicht die Straftaten unbedingt an sich - im wesentlichen handelt es sich ja um Körperverletzung -, sondern die ganze Tendenz innerhalb der Jugend geht in diese rechte Richtung.
Langer: Das heißt, diese These, dass es dort so einen positiven Resonanzbogen in der gesamten Gesellschaft gibt, die halten Sie für berechtigt?
von Schwerin: Ja, die halte ich für sehr berechtigt. Und letztlich sind die jungen Leute, um die es ja im wesentlichen geht – keiner der Straftäter ist älter als 21-25 – sind aus meiner Sicht – viele Kommentatoren bestätigen das auch – nur das Sprachrohr der älteren Generation. Das, was die ältere Generation denkt und im Familienkreis spricht, das wird von den Jüngeren durchgeführt. Und das ist eigentlich das, was es so bestürzend macht. Im Augenblick verbinden sich diese Jugendgruppen und diese Jugendgewalt mit der NPD, und das erhält sozusagen eine politische Dimension.
Langer: Heißt das, dass die Überlegungen, die NPD zu verbieten, ihre Berechtigung haben?
von Schwerin: Ja, die Überlegungen sind berechtigt, selbstverständlich. Es ist nur die Frage, ob es sinnvoll ist. Und das ist letztlich die Debatte, die seit mehr als 30 Jahren in Deutschland wogt und die bisher dahingehend beantwortet ist, dass es aus politischen Gründen nicht opportun ist, das zu versuchen. Es gibt noch diese zusätzliche Problematik, ob man überhaupt rechtlich das durchsetzen kann beim Bundesverfassungsgericht. Aber es ist vor allen Dingen auch eine Frage der politischen Opportunität. Und das ist bisher eigentlich immer abgelehnt worden. Diejenigen, die so eine Prüfung durch das Bundesverfassungsgericht veranlassen müssten, waren in den letzten 30-35 Jahren immer der Meinung, dass es politisch nicht opportun sei.
Langer: Und polizeilich?
von Schwerin: Ja, polizeilich ist es auch sehr fraglich, was man macht, wenn man sie verbieten würde, weil sie dann in den Untergrund gehen. Und ich denke auch, dass man gut beraten ist, sie in der Öffentlichkeit zu lassen. Vor allen Dingen sollte man sich mit politischen Phänomenen politisch auseinandersetzen und nicht nur mit polizeilicher Repression. Und die Erfahrung in der Bundesrepublik Deutschland ist ja gewesen in den letzten 35 Jahren, dass sie sich regelmäßig die berechtigte Abfuhr an der Wahlurne bekommen haben.
Langer: Herr von Schwerin, was hatte denn die Politik aus Ihrer Sicht anders und früher regeln müssen?
von Schwerin: Ja, die Politik – das ist ja so ein Sammelbegriff. Wer ist wohl gemeint, wenn Sie sagen, ‚Politik‘? Ich denke, die Politik im Sinne von Ministerpräsident, Kabinett, Landtag hier in unserem Land Brandenburg hat sich relativ dezidiert über die Jahre ausgedrückt und klar Stellung bezogen und klar Abwehr signalisiert zu diesem Phänomen der Rechtslastigkeit und der rechten Gewalt. Aber ich vermisse ein breiteres Echo in der Bevölkerung. Ich vermisse die Stellungnahmen der Kommunalpolitiker und anderer, die in der Gesellschaft Verantwortung tragen. Was sagen die Schuldirektoren, was sagen die Kreisschulräte, was sagen die Pfarrer, was sagen die Leiter der Sportverbände, der Jugendfeuerwehren, der Feuerwehren überhaupt? Das ist ja hier sehr ländlich strukturiert in Brandenburg, und diejenigen, die sozusagen die Wortführer des Gemeinwesens sind, die sind aufgerufen. Und ich denke, die waren mit vielen anderen wichtigen Sachen beschäftigt, und dieser Aspekt, der uns jetzt so umtreibt und so beunruhigt, hat nicht die entsprechende Aufmerksamkeit gehabt.
Langer: Ist das für Sie eine Frage der Zivilcourage dieser angesprochenen Gruppen, oder ist das eine Frage, dass die einfach inhaltlich thematisch bisher andere Prioritäten hatten?
von Schwerin: Das Letztere würde ich sagen. Zivilcourage: Für einen Bürgermeister, sich ablehnend zu äußern, bedarf keiner großen Zivilcourage. Das ist nicht das Problem, sondern es bedeutet, dass er die entsprechende Priorität dort hin setzt. Das ist der wesentliche Punkt. Und die Bürgermeister und alle anderen Verantwortlichen haben andere Prioritäten, die auch alle berechtigt sind. Ich denke, jetzt ist die Zeit gekommen, wo diese Vorreiter der Gesellschaft deutlich machen müssen, wo sie stehen und was sie für richtig und was sie nicht für richtig halten.
Langer: Bei der Polizei in Ostdeutschland gab es ja hin und wieder auch mal den Verdacht zumindest gewisser Antipathien gegen Ausländer. Spielt das Ihrer Ansicht nach eine Rolle?
von Schwerin: Nein, das glaube ich nicht. Ich meine, die Polizei ist natürlich – sage ich mal – so gut oder so schlecht wie die Gesellschaft insgesamt. Sie ist Teil der Gesellschaft. Und im Zweifelsfall gibt es ähnliche Vorurteile und ähnlich Urteile in der Polizei. Auf der anderen Seite ist die Polizei für bestimmte Situationen ausgebildet und geht mit Problemsituationen professionell um – das ist zumindest der Anspruch. Es gibt eine klare Weisungssituation und es gibt eine Hierarchie, die sagt, was zu tun ist. Insofern gibt es da wenig Raum, sich anders zu verhalten.
Langer: Hätten Sie sich bei Ihrem Amtsantritt vor ca. 10 Jahren damals träumen lassen, dass dieses Thema mal so wichtig wird?
von Schwerin: Nein, das habe ich mir nicht träumen lassen. Ich bin ja in Westdeutschland groß geworden, und in Westdeutschland hat das insgesamt eine ganz andere Diskussion gegeben. Das ist auch ein Punkt, den man sehen muss. Bestimmte gesellschaftliche Debatten, die wir in Westdeutschland gehabt haben, haben hier in der ehemaligen DDR nicht stattgefunden und könnten nicht stattgefunden haben. Es ist die Frage der Auseinandersetzung mit dem Dritten Reich, die hier in einer ganz anderen Weise debattiert worden ist als in Westdeutschland. Es ist auch die Frage von Erziehungsstilen in den Familien. Das ist hier alles nicht passiert. Die gesellschaftliche Bewegung der 60er Jahre hat ja in der DDR hier überhaupt nicht stattgefunden.
Langer: Der Polizeipräsident von Potsdam, Detlef Graf von Schwerin in den Informationen am Morgen. Wir haben das Gespräch vor dieser Sendung aufgezeichnet.
Link: Interview als RealAudio