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Wie geht es jetzt weiter?

Das Bundesverfassungsgericht hat das Verbot von Studiengebühren durch den Bund aufgehoben. Das Urteil fiel sehr eindeutig aus: Das im Jahr 2002 vom Bundesbildungsministerium in einem neuen Hochschulrahmengesetz aufgestellte Verbot sei mit dem Grundgesetz nicht vereinbar und daher nichtig. Dem Bund fehle in dieser Sache das Gesetzgebungsrecht. Sechs unionsgeführte Länder hatten gegen die Novellierung des Hochschulrahmengesetzes geklagt.

26.01.2005
    "Es ist sicherlich heute kein schöner Tag", kommentierte Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn die Entscheidung des Gerichts. "Mir kommt es darauf an, dass jetzt die Länder ihrer Verantwortung gerecht werden. Ich bin mir mit meinen SPD-Kolleginnen und -Kollegen einig, dass wir weiterhin ein gebührenfreies Studium für richtig halten. Ich bin mir mit meinen Kollegen auch einig, dass die Länder jetzt versuchen müssen, zu einer verantwortungsvollen Regelung zu kommen, und an die unionsregierten Länder kann ich nur appellieren, jetzt nicht vorschnell vorzupreschen, sondern zumindest dafür zu sorgen, dass soziale Mindeststandards auch gewährleistet sind." Mehr als ein Appell bleibt der Ministerin in der Studiengebührenfrage nach dem Urteil allerdings auch nicht mehr übrig.

    Das Aufheben des Verbots hatten die sechs unionsgeführten Länder Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, das Saarland, Sachsen und Sachsen-Anhalt gefordert. Der Sieg in Karlsruhe wurde mit großer Freude aufgenommen. Der Hamburger Wissenschaftssenator Jörg Dräger zeigte sich sehr zufrieden: "Wir müssen vorsichtig sein, denn wir haben die Urteilsbegründung noch nicht in Gänze gelesen, aber dies ist aus meiner Sicht ein Urteil mit wenig Auflagen. Das Bundesverfassungsgericht hat zum Ausdruck gebracht, dass es den Ländern vertraut, hier sinnvolle, die Mobilität, die Wirtschaftsverhältnisse und die Sozialverträglichkeit herstellende Regelungen zu finden. Das Bundesverfassungsgericht hat ja auch darauf hingewiesen, dass Studiengebühren zur Qualitätsverbesserung beitragen können und dass diese Qualitätsverbesserung gewollt ist."

    Fünf Unionsländer haben bereits Pläne für die Einführung von Studiengebühren in der Schublade. Peter Frankenberg etwa, CDU-Wissenschaftsminister in Baden-Württemberg, nennt schon als Summe einen Betrag von 500 Euro pro Semester. Bis zum Ende des Studiums sollten maximal 15.000 Euro an Studiengebühren und Bafög auflaufen. Die Summe solle erst nach dem Studium fällig werden, wenn die Absolventen also im Beruf stehen. Jörg Dräger will aber auch 2000 Euro Studiengebühren pro Jahr nicht ausschließen. Er brachte auch die so genannte Landeskinder-Regelung ins Gespräch: Als Hamburger Hochschulstandort versorge man die umliegenden Gemeinden und Länder mit, deshalb sollten Studierende von dort auch mehr zahlen könnten als Studierende aus Hamburg.

    Eine "neue Form des Finanzausgleichs" hat demgegenüber der SPD-Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, Kurt Beck, gefordert. Die meisten SPD-regierten Länder haben angekündigt, das Erststudium gebührenfrei zu lassen. Dadurch könnte es allerdings zu großen Wanderbewegungen kommen, befürchten manche Beobachter. Die NRW-Wissenschaftsministerin Hannelore Kraft will zunächst aber abwarten: "Ich denke, es ist noch mal deutlich geworden, so wie das Verfassungsgericht ja auch in der letzten Zeit entschieden hat, dass hier klare Länderkompetenz vorliegt. Aber es war schon interessant zu hören, dass das Verfassungsgericht uns auch etwas auf den Weg gibt: die Aufgabe an uns, einkommensschwache Studierende abzusichern. Ich denke, es wäre sinnvoll, wenn wir uns jetzt auf Länderseite zusammensetzen und die Dinge diskutieren."

    [Quelle: Armin Himmelrath]