Durak: Es könnte das letzte Gespräch vor dem Aus für die Kirch-Gruppe sein, das heute morgen zwischen den Investoren, den Kirch-Vertretern und den betroffenen Banken in München stattfindet. Dennoch wird allgemein damit gerechnet, dass Kirch heute noch den Insolvenzantrag beim zuständigen Amtsgericht stellen wird. Die Kirch-Pleite, eine der größten Unternehmer-Katastrophen in Deutschland. Und das hat Folgen - darüber haben wir oft berichtet. Wir wollen uns jetzt mit den Profi-Fußballern beschäftigen. Da gibt es ja Vorschläge und Überlegungen, vorgetragen vom nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Clement, mit einer Bürgschaft von Bund und einigen Ländern auszuhelfen. Ein Vorschlag, der heftige Diskussionen ausgelöst hat. Wir wollen der Frage nachgehen: Wie kann, wie muss? Muss den Profi-Fußballern überhaupt geholfen werden, wenn ihnen die Millionen von Kirch ausgehen? Friedhelm Julius Beucher von der SPD ist Vorsitzender des Sportausschusses im Bundestag und jetzt bei uns am Telefon. Herr Beucher, diese Bürgschaften zur Absicherung von Krediten, die die Bundesliga-Vereine im Konkursfall möglicherweise aufnehmen müssten, ist das aus Ihrer Sicht eine gangbarer Weg?
Beucher: Ich glaube, wir müssen in der ganzen Diskussion, um auch direkt bei der Fußballersprache zu bleiben, den Ball etwas flacher halten. Es ist ja außer, dass einige Gespräche stattgefunden haben, wirklich nichts geschehen. Es geht auch nicht darum, die wahnsinnigen Gehaltshöhen einiger Spitzenverdienern im Fußball sicherzustellen, sondern es ginge im Falle der Insolvenz von Herrn Kirch um nichts weiteres als praktisch die Existenzsicherung der ersten und zweiten Liga, also insbesondere der vielen kleinen Vereine und der nicht finanzstarken Clubs, wie Bayern-München, Dortmund, Leverkusen, Schalke, Hamburg, um nur einige zu nennen, sicherzustellen. Hier geht es darum, für eine kurze Zeit dann diesen Clubs die Möglichkeit zu geben, sich, ohne von eigener Insolvenz bedroht zu sein, von den Banken Kredite zu holen und diese Kredite durch Bürgschaften abzusichern, um ihnen dann die Gelegenheit zu geben, dass die Neuvermarktung ihrer Fernsehrechte unbelastet von solchen Bedrohungen behandelt wird.
Durak: Herr Beucher, da werden sich aber dann an den Kassen des Bundes und verschiedener Länder auch aus der ersten und zweiten Liga der deutschen Wirtschaft einige Unternehmen anstellen, denn im vergangenen Jahr gab es 50000 Pleiten, 19 Prozent mehr als sonst. Wenn man das Beispiel Fußball auf alle überträgt - gleiches Recht für alle -, dann hätte denen auch mit Bürgschaften, Krediten oder sonst wie geholfen werden können?
Beucher: Der Einwand ist natürlich berechtigt und deshalb kann man auch nicht nur alleine hier von möglichen Bürgschaften sprechen, sondern - ich habe an anderer Stelle gesagt - hier geht das nicht ohne einen sichtbaren Beitrag der Vereine. Dort wo natürlich Millionengehälter gezahlt werden - und das trifft ja auf einige wenige der Vereine zu -, da muss man erwarten können, dass die dann genau ihren Beitrag zu ihrer Wirtschaftlichkeit, die dann für eine Übergangszeit gesichert werden muss, beitragen, wie das von Arbeitern verlangt wird, wenn ihre Firmen ins Trudeln geraten, was ja dort bis zum Gehaltsverzicht hingeht. Da darf es dann natürlich keinen Unterschied geben.
Durak: Wie sollte das festgemacht werden? Müsste es Verträge geben? Ich glaube ehrlich gesagt nicht daran, Herr Beucher, dass da schriftlich niedergelegt wird: Ich, Fußballer sowieso verzichte auf 3 oder 4 Millionen, damit mein Verein gerettet wird.
Beucher: Ich will da nicht darüber spekulieren, wie das im Einzelnen aussieht. Fakt ist, dass, wenn am 1. Mai die Kirchrate nicht mehr kommt und in einigen Monaten später die weitere 100-Millionen-Rate auch nicht kommt, wir das Unternehmen Bundesliga und zweite Liga, insbesondere im sogenannten Fußball-Unterhaus ins Strudeln geraten sehen werden, denn es gibt eben nur wenige finanzstarke Vereine, und die Mehrzahl der Vereine ist eben nicht so finanzstark. Und das ist jetzt die Frage, die auch die Politik zu beantworten hat, wie weit das öffentliche Interesse ist, dieses Unternehmen Bundesliga und Zweitliga am Leben zu erhalten, und man darf in diesem Zusammenhang nicht vergessen, welchen Beitrag auch die Bundesliga und Zweitligaclubs zur Nachwuchsförderung leisten. Man muss die ganzen Vereine des deutschen Fußballbundes sehen, die auch einfach ihre Vorbildfunktion in diesen bekannten, großen Kickern, in diesen Vereinen, sehen, und hier steht etwas mehr auf dem Spiel, so dass ich das nicht darauf reduzieren möchte: Geht es darum, dass Herr Amoroso oder Herr Kahn oder Herr Effenberg weiterhin seine Gehaltshöhen sichergestellt bekommt.
Durak: Noch einmal im Klartexte, Herr Beucher Sind Sie dafür, mit Hilfe von Bürgschaften Kredite abzusichern - Bürgschaften von Bund und verschiedenen Ländern, die sich dazu bereit erklären?
Beucher: Wenn die Vereine dort mitziehen, wenn die Vereine einen entsprechenden Vorschlag machen, was sie an Gehaltsverzicht bei ihren Spielergehältern zum Beispiel einbringen, dann kann ich mir schon vorstellen, dass für eine Übergangszeit für drei, vier oder vielleicht auch fünf Monate eine Bürgschaft bereitgestellt wird. Dafür gibt es ja auch Bürgschaftszinsen, die zu zahlen sind, und es geht nicht darum, dass Steuergeld direkt in die Kassen der Vereine fließt. Hier geht es einfach darum, die Bankkredite, die dann zur Finanzierung notwendig wären, bei den Vereinen abzusichern, und insofern ist das Risiko des Staates auch begrenzt.
Durak: Das hat aber, Herr Beucher, mit freier Marktwirtschaft und Wettbewerb nichts mehr zu tun.
Beucher: Das ist richtig, aber wenn sie sehen, wie viele Bürgschaften die Länder und der Bund - aber insbesondere auch die Länder - in Not geratene Wirtschaftsunternehmen geben, dann ist das praktisch hier ein Verhalten, was auf dem Markt nicht unüblich ist.
Durak: Sind das so viele Bürgschaften?
Beucher: Es sind sehr viele Bürgschaften, die gegeben werden und die auch notwendig sind, um Firmen und vor allen Dingen Arbeitsplätze zu erhalten.
Durak: Was halten Sie davon, wenn der Staat Bayern da ganz, ganz tief in die Tasche greift?
Beucher: Ja, das ist dann natürlich die Frage der Gerechtigkeit und des Durchreichens von oben nach unten. Das wird dann der spannendere Teil in diesen Verhandlungen werden, und deshalb sage ich ja: Nicht nur einseitige Leistung des Staates, sondern mit den betroffenen Vereinen zusammen.
Durak: Nein, ich meinte jetzt nicht den Verein, sondern das Land Bayern, weil das Land Bayern ja über seine Landesbank doch erheblich am Kirchverlauf - sage ich mal vorsichtig - beteiligt ist.
Beucher: Ja, die werden wahrscheinlich ihre verlorenen Gelder nicht mehr retten können. Das wird die große Fehlplanung des Landes Bayern bleiben, was die Kirch-Insolvenz angeht, aber das mag ich hier in diesem Zusammenhang nicht mit den möglichen Bürgschaftsgeldern für die erste und zweite Liga vermischen wollen.
Durak: Friedhelm Julius Beucher von der SPD, Vorsitzender des Sportausschusses im Deutschen Bundestag. Schönen Dank für das Gespräch, Herr Beucher.
Link: Interview als RealAudio
Beucher: Ich glaube, wir müssen in der ganzen Diskussion, um auch direkt bei der Fußballersprache zu bleiben, den Ball etwas flacher halten. Es ist ja außer, dass einige Gespräche stattgefunden haben, wirklich nichts geschehen. Es geht auch nicht darum, die wahnsinnigen Gehaltshöhen einiger Spitzenverdienern im Fußball sicherzustellen, sondern es ginge im Falle der Insolvenz von Herrn Kirch um nichts weiteres als praktisch die Existenzsicherung der ersten und zweiten Liga, also insbesondere der vielen kleinen Vereine und der nicht finanzstarken Clubs, wie Bayern-München, Dortmund, Leverkusen, Schalke, Hamburg, um nur einige zu nennen, sicherzustellen. Hier geht es darum, für eine kurze Zeit dann diesen Clubs die Möglichkeit zu geben, sich, ohne von eigener Insolvenz bedroht zu sein, von den Banken Kredite zu holen und diese Kredite durch Bürgschaften abzusichern, um ihnen dann die Gelegenheit zu geben, dass die Neuvermarktung ihrer Fernsehrechte unbelastet von solchen Bedrohungen behandelt wird.
Durak: Herr Beucher, da werden sich aber dann an den Kassen des Bundes und verschiedener Länder auch aus der ersten und zweiten Liga der deutschen Wirtschaft einige Unternehmen anstellen, denn im vergangenen Jahr gab es 50000 Pleiten, 19 Prozent mehr als sonst. Wenn man das Beispiel Fußball auf alle überträgt - gleiches Recht für alle -, dann hätte denen auch mit Bürgschaften, Krediten oder sonst wie geholfen werden können?
Beucher: Der Einwand ist natürlich berechtigt und deshalb kann man auch nicht nur alleine hier von möglichen Bürgschaften sprechen, sondern - ich habe an anderer Stelle gesagt - hier geht das nicht ohne einen sichtbaren Beitrag der Vereine. Dort wo natürlich Millionengehälter gezahlt werden - und das trifft ja auf einige wenige der Vereine zu -, da muss man erwarten können, dass die dann genau ihren Beitrag zu ihrer Wirtschaftlichkeit, die dann für eine Übergangszeit gesichert werden muss, beitragen, wie das von Arbeitern verlangt wird, wenn ihre Firmen ins Trudeln geraten, was ja dort bis zum Gehaltsverzicht hingeht. Da darf es dann natürlich keinen Unterschied geben.
Durak: Wie sollte das festgemacht werden? Müsste es Verträge geben? Ich glaube ehrlich gesagt nicht daran, Herr Beucher, dass da schriftlich niedergelegt wird: Ich, Fußballer sowieso verzichte auf 3 oder 4 Millionen, damit mein Verein gerettet wird.
Beucher: Ich will da nicht darüber spekulieren, wie das im Einzelnen aussieht. Fakt ist, dass, wenn am 1. Mai die Kirchrate nicht mehr kommt und in einigen Monaten später die weitere 100-Millionen-Rate auch nicht kommt, wir das Unternehmen Bundesliga und zweite Liga, insbesondere im sogenannten Fußball-Unterhaus ins Strudeln geraten sehen werden, denn es gibt eben nur wenige finanzstarke Vereine, und die Mehrzahl der Vereine ist eben nicht so finanzstark. Und das ist jetzt die Frage, die auch die Politik zu beantworten hat, wie weit das öffentliche Interesse ist, dieses Unternehmen Bundesliga und Zweitliga am Leben zu erhalten, und man darf in diesem Zusammenhang nicht vergessen, welchen Beitrag auch die Bundesliga und Zweitligaclubs zur Nachwuchsförderung leisten. Man muss die ganzen Vereine des deutschen Fußballbundes sehen, die auch einfach ihre Vorbildfunktion in diesen bekannten, großen Kickern, in diesen Vereinen, sehen, und hier steht etwas mehr auf dem Spiel, so dass ich das nicht darauf reduzieren möchte: Geht es darum, dass Herr Amoroso oder Herr Kahn oder Herr Effenberg weiterhin seine Gehaltshöhen sichergestellt bekommt.
Durak: Noch einmal im Klartexte, Herr Beucher Sind Sie dafür, mit Hilfe von Bürgschaften Kredite abzusichern - Bürgschaften von Bund und verschiedenen Ländern, die sich dazu bereit erklären?
Beucher: Wenn die Vereine dort mitziehen, wenn die Vereine einen entsprechenden Vorschlag machen, was sie an Gehaltsverzicht bei ihren Spielergehältern zum Beispiel einbringen, dann kann ich mir schon vorstellen, dass für eine Übergangszeit für drei, vier oder vielleicht auch fünf Monate eine Bürgschaft bereitgestellt wird. Dafür gibt es ja auch Bürgschaftszinsen, die zu zahlen sind, und es geht nicht darum, dass Steuergeld direkt in die Kassen der Vereine fließt. Hier geht es einfach darum, die Bankkredite, die dann zur Finanzierung notwendig wären, bei den Vereinen abzusichern, und insofern ist das Risiko des Staates auch begrenzt.
Durak: Das hat aber, Herr Beucher, mit freier Marktwirtschaft und Wettbewerb nichts mehr zu tun.
Beucher: Das ist richtig, aber wenn sie sehen, wie viele Bürgschaften die Länder und der Bund - aber insbesondere auch die Länder - in Not geratene Wirtschaftsunternehmen geben, dann ist das praktisch hier ein Verhalten, was auf dem Markt nicht unüblich ist.
Durak: Sind das so viele Bürgschaften?
Beucher: Es sind sehr viele Bürgschaften, die gegeben werden und die auch notwendig sind, um Firmen und vor allen Dingen Arbeitsplätze zu erhalten.
Durak: Was halten Sie davon, wenn der Staat Bayern da ganz, ganz tief in die Tasche greift?
Beucher: Ja, das ist dann natürlich die Frage der Gerechtigkeit und des Durchreichens von oben nach unten. Das wird dann der spannendere Teil in diesen Verhandlungen werden, und deshalb sage ich ja: Nicht nur einseitige Leistung des Staates, sondern mit den betroffenen Vereinen zusammen.
Durak: Nein, ich meinte jetzt nicht den Verein, sondern das Land Bayern, weil das Land Bayern ja über seine Landesbank doch erheblich am Kirchverlauf - sage ich mal vorsichtig - beteiligt ist.
Beucher: Ja, die werden wahrscheinlich ihre verlorenen Gelder nicht mehr retten können. Das wird die große Fehlplanung des Landes Bayern bleiben, was die Kirch-Insolvenz angeht, aber das mag ich hier in diesem Zusammenhang nicht mit den möglichen Bürgschaftsgeldern für die erste und zweite Liga vermischen wollen.
Durak: Friedhelm Julius Beucher von der SPD, Vorsitzender des Sportausschusses im Deutschen Bundestag. Schönen Dank für das Gespräch, Herr Beucher.
Link: Interview als RealAudio