Remme: Für die Zukunft des Holzmann-Konzerns sind es entscheidende Stunden, die da jetzt bis zum Abend ablaufen. Der Konzern hat noch einmal an seine Gläubigerbanken appelliert, das vor der Insolvenz stehende Unternehmen doch noch zu retten. Finanzvorstand Johannes Ohlinger hat aber auch klargemacht, dass der Konzern noch heute den Insolvenzantrag stellen muss, wenn sich die bislang ablehnenden Banken nicht im Laufe des Tages noch auf einen Rettungsplan einigen. Die Deutsche Bank, größte Gläubigerin, hat bereits zusätzliche Barmittel in Höhe von 50 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Am Telefon ist Klaus Nieding, er ist Geschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. Tag, Herr Nieding.
Nieding: Grüße Sie, Herr Remme.
Remme: Zusätzliche Barmittel in Höhe von 50 Millionen Euro - kann das möglicherweise ein erstes Hoffnungszeichen sein?
Nieding: Nein, das ist natürlich nur ein Tropfen auf den heißen Stein und das ist auch nur eine Absichtserklärung. Ich denke, damit will man ein Signal setzen, aber das hilft natürlich tatsächlich nicht über die Engpässe hinweg, die uns ja sehr sehr erstaunen. Das muss man ja ganz deutlich sagen. Wir haben in den vergangenen zwei Jahren in den Hauptversammlungen vom neuen Unternehmensvorstand unter Herr Professor Hinrichs immer wieder positive Meldungen bekommen. Es war von schwarzer Null die Rede, es war von Erreichung der Gewinnzone die Rede und dass der Konzern jetzt plötzlich unerwartet wieder vor dem Aus steht, vor der Insolvenz steht, das glaubt jetzt mittlerweile niemand mehr.
Remme: Ist das schon ein Hinweis auf die Antwort bei der Frage: wer trägt die Verantwortung für das, was wir in den vergangenen zwei Jahren, seitdem also der Kanzler dem Konzern unter die Arme gegriffen hat, wer trägt dafür die Verantwortung?
Nieding: Also Herr Remme, da muss man ganz deutlich sagen: Holzmann ist bis 1999 von den seinerzeitigen Managern vor die Wand gefahren worden, das kann man ganz deutlich so sagen. Die Philipp Holzmann AG ist nicht auf der Baustelle in die Insolvenz getrieben worden sondern aufgrund krassen Managementversagens. Zum Teil wohl auch, wie man hört, gepaart mit einiger krimineller Energie, jedenfalls wurden diese Vorwürfe gemacht. Also das sind erst mal die Gründe für den 99er-Beinahe-Zusammenbruch. Der Bundeskanzler dann hat dem Konzern eigentlich mehr Steine statt Brot gegeben, er hat sich sehr weit aus dem Fenster gelehnt, er hat die Philipp Holzmann AG natürlich für seinen eigenen Vorteil genutzt, was sein Image angeht, ob er tatsächlich Geld bekommen hat, die Philipp Holzmann AG nicht aus den zugesagten Bundesmitteln - im Gegenteil: es mussten noch Bereitstellungsprovisionen gezahlt werden, so ist zu hören - und dann haben wir eben mit dem, ich sage mal, Sanierer Konrad Hinrichs jemanden an der Spitze des Unternehmens gehabt, der es sich vorgenommen hatte, das Unternehmen aus der 99er-Beinahe-Insolvenz herauszuführen und der hat es einfach nicht geschafft, das muss man ganz klar feststellen. Da gibt es jetzt bestimmt viele Gründe für, warum das nicht geschafft worden ist, es waren ja auch noch andere bedeutsame Interessen der deutschen Industrie und Bankenszenen mit an diesen Sanierungsversuchen beteiligt. Im Baugeschäft jedenfalls war dies nicht zu machen. Ich habe immer seit 1999 in den Hauptversammlungen davor gewarnt, dass man meint, man könnte das schaffen. Holzmann hat eine enorme Verbindlichkeitenlast und war eben nicht in der Lage dies aus dem normalen Geschäft heraus zu bedienen.
Remme: Wir haben gestern gehört, dass drei der Banken, der Großbanken, dann gesagt haben: nein, zu diesem Sanierungskonzept können wir nicht ja sagen. Da scheint der schwarze Peter, zumindest in der Öffentlichkeit, verteilt. Tragen die Banken, die Rolle der Banken, den schwarzen Peter zurecht?
Nieding: Ich will jetzt hier gar nicht in die allgemein übliche Bankenschelte einstimmen. Man muss ja immer wieder berücksichtigen, dass auch die Großbanken selbst Aktiengesellschaften sind und ein Erklärungsbedürfnis gegenüber ihren eigenen Aktionären haben. Und natürlich wird man in den Hauptversammlungen der Dresdner Bank, der Commerzbank, der Hypo Vereinsbank und auch der Deutschen Bank danach fragen müssen: was ist eigentlich bei euch, bei Holzmann, alles versengt worden, wie viel Geld hat euch das Holzmann-Engagement gekostet und was habt Ihr getan, um weitere Kosten einzudämmen. Und ich denke, auch vor diesem Hintergrund werden die drei jetzt genannten Banken gesagt haben: nein, irgendwann ist mal Schluss mit lustig, irgendwann muss man mal ein Ende mit Schrecken haben, als einen Schrecken ohne Ende.
Remme: Jetzt hat es im Bundestag heute eine Auseinandersetzung darüber gegeben, ob der Eingriff des Bundeskanzlers 1999 schon damals richtig gewesen ist, der Unionsfraktionschef Friedrich Merz hat gesagt: nein, das war falsch, wenn er nicht interveniert hätte, dann hätte es anderen Unternehmen, die aus der Konsequenz dieser Maßnahme in den Konkurs gegangen sind, dann wäre es denen besser gegangen. Stimmen Sie zu, war das damals falsch?
Nieding: Also ohne im wahrsten Sinne des Wortes Partei ergreifen zu wollen, muss ich ganz klar sagen: natürlich war es falsch, dass sich die Politik eingeschaltet hat und gesagt hat: wir helfen hier einem Großunternehmen. Damit ist ein Präzedenzfall geschaffen worden. Ich habe die ganze Zeit immer darauf gewartet, dass das nächste Großunternehmen irgendwo in eine Schieflage gerät und dann mal eben nach Berlin telefoniert und darum bittet, dass Herr Schröder kommt und auch dieses wieder rettet. Das hat mit Volkswirtschaft, hat mit Marktwirtschaft einfach nichts zu tun.
Remme: Und stimmt es dann auch, wenn man jetzt konsequent sagt, auch in diesem Falle, dieser zweiten Krise, ist die Politik nicht gefordert?
Nieding: Absolut.
Remme: Was heißt denn das nun für die Beschäftigten?
Nieding: Das bedeutet für die Beschäftigten, in den sauren Apfel zu beißen und vor allen Dingen die Erkenntnis, dass die Kleinanleger, die Privatanleger und die Mitarbeiter immer diejenigen sind, die bei solchen Sauereien die Zeche zu zahlen haben. Wir müssen es ja ganz deutlich sagen, ich habe es eben schon gesagt, die Philipp Holmann AG ist durch krasses Managementfehlverhalten, Managementversagen vor die Wand gefahren worden und die eigentlich Leidtragenden dabei sind nicht die Manager, die ohne eigenes Kapitalrisiko bei diesen Dingen dabei sind und hinterher möglicherweise noch den goldenen Handschlag bekommen, sondern es sind die Mitarbeiter und es sind die Kleinanleger, die ihr versteuertes Geld dort eingelegt haben, beziehungsweise die Mitarbeiter, die auf Leistungen verzichtet haben und dann möglicherweise irgendwann auf der Straße stehen.
Remme: Herr Nieding, für den, der jetzt noch Holzmann-Aktien hat, heißt es "rien ne va plus"?
Nieding: Das muss man mal abwarten. Die Insolvenz, wenn sie denn kommt, ich gehe mal im Moment sehr stark davon aus, die Insolvenz bedeutet ja nicht automatisch, dass da das komplette Licht ausgeht. Das gilt natürlich auch für die Mitarbeiter. Es werden Teile des Unternehmens dann einer geordneten Zukunftslösung zugeführt, man wird also da auch für Filetstücke sicherlich noch den einen oder anderen Übernehmer haben, dann werden auch die Arbeitnehmer mitübernommen und dann muss man halt mal sehen, was aus dem Mantel Philipp Holzmann AG überhaupt wird. Diese Aktiengesellschaft, die börsennotierte, das ist dann letztendlich natürlich das, was die Aktionäre interessiert. Da ist es aber im Moment noch zu früh, um irgendwas zu sagen.
Remme: Der Geschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, Klaus Nieding. Herr Nieding, vielen Dank für das Gespräch.
Nieding: Ich danke Ihnen, Herr Remme.
Link: Interview als RealAudio
Nieding: Grüße Sie, Herr Remme.
Remme: Zusätzliche Barmittel in Höhe von 50 Millionen Euro - kann das möglicherweise ein erstes Hoffnungszeichen sein?
Nieding: Nein, das ist natürlich nur ein Tropfen auf den heißen Stein und das ist auch nur eine Absichtserklärung. Ich denke, damit will man ein Signal setzen, aber das hilft natürlich tatsächlich nicht über die Engpässe hinweg, die uns ja sehr sehr erstaunen. Das muss man ja ganz deutlich sagen. Wir haben in den vergangenen zwei Jahren in den Hauptversammlungen vom neuen Unternehmensvorstand unter Herr Professor Hinrichs immer wieder positive Meldungen bekommen. Es war von schwarzer Null die Rede, es war von Erreichung der Gewinnzone die Rede und dass der Konzern jetzt plötzlich unerwartet wieder vor dem Aus steht, vor der Insolvenz steht, das glaubt jetzt mittlerweile niemand mehr.
Remme: Ist das schon ein Hinweis auf die Antwort bei der Frage: wer trägt die Verantwortung für das, was wir in den vergangenen zwei Jahren, seitdem also der Kanzler dem Konzern unter die Arme gegriffen hat, wer trägt dafür die Verantwortung?
Nieding: Also Herr Remme, da muss man ganz deutlich sagen: Holzmann ist bis 1999 von den seinerzeitigen Managern vor die Wand gefahren worden, das kann man ganz deutlich so sagen. Die Philipp Holzmann AG ist nicht auf der Baustelle in die Insolvenz getrieben worden sondern aufgrund krassen Managementversagens. Zum Teil wohl auch, wie man hört, gepaart mit einiger krimineller Energie, jedenfalls wurden diese Vorwürfe gemacht. Also das sind erst mal die Gründe für den 99er-Beinahe-Zusammenbruch. Der Bundeskanzler dann hat dem Konzern eigentlich mehr Steine statt Brot gegeben, er hat sich sehr weit aus dem Fenster gelehnt, er hat die Philipp Holzmann AG natürlich für seinen eigenen Vorteil genutzt, was sein Image angeht, ob er tatsächlich Geld bekommen hat, die Philipp Holzmann AG nicht aus den zugesagten Bundesmitteln - im Gegenteil: es mussten noch Bereitstellungsprovisionen gezahlt werden, so ist zu hören - und dann haben wir eben mit dem, ich sage mal, Sanierer Konrad Hinrichs jemanden an der Spitze des Unternehmens gehabt, der es sich vorgenommen hatte, das Unternehmen aus der 99er-Beinahe-Insolvenz herauszuführen und der hat es einfach nicht geschafft, das muss man ganz klar feststellen. Da gibt es jetzt bestimmt viele Gründe für, warum das nicht geschafft worden ist, es waren ja auch noch andere bedeutsame Interessen der deutschen Industrie und Bankenszenen mit an diesen Sanierungsversuchen beteiligt. Im Baugeschäft jedenfalls war dies nicht zu machen. Ich habe immer seit 1999 in den Hauptversammlungen davor gewarnt, dass man meint, man könnte das schaffen. Holzmann hat eine enorme Verbindlichkeitenlast und war eben nicht in der Lage dies aus dem normalen Geschäft heraus zu bedienen.
Remme: Wir haben gestern gehört, dass drei der Banken, der Großbanken, dann gesagt haben: nein, zu diesem Sanierungskonzept können wir nicht ja sagen. Da scheint der schwarze Peter, zumindest in der Öffentlichkeit, verteilt. Tragen die Banken, die Rolle der Banken, den schwarzen Peter zurecht?
Nieding: Ich will jetzt hier gar nicht in die allgemein übliche Bankenschelte einstimmen. Man muss ja immer wieder berücksichtigen, dass auch die Großbanken selbst Aktiengesellschaften sind und ein Erklärungsbedürfnis gegenüber ihren eigenen Aktionären haben. Und natürlich wird man in den Hauptversammlungen der Dresdner Bank, der Commerzbank, der Hypo Vereinsbank und auch der Deutschen Bank danach fragen müssen: was ist eigentlich bei euch, bei Holzmann, alles versengt worden, wie viel Geld hat euch das Holzmann-Engagement gekostet und was habt Ihr getan, um weitere Kosten einzudämmen. Und ich denke, auch vor diesem Hintergrund werden die drei jetzt genannten Banken gesagt haben: nein, irgendwann ist mal Schluss mit lustig, irgendwann muss man mal ein Ende mit Schrecken haben, als einen Schrecken ohne Ende.
Remme: Jetzt hat es im Bundestag heute eine Auseinandersetzung darüber gegeben, ob der Eingriff des Bundeskanzlers 1999 schon damals richtig gewesen ist, der Unionsfraktionschef Friedrich Merz hat gesagt: nein, das war falsch, wenn er nicht interveniert hätte, dann hätte es anderen Unternehmen, die aus der Konsequenz dieser Maßnahme in den Konkurs gegangen sind, dann wäre es denen besser gegangen. Stimmen Sie zu, war das damals falsch?
Nieding: Also ohne im wahrsten Sinne des Wortes Partei ergreifen zu wollen, muss ich ganz klar sagen: natürlich war es falsch, dass sich die Politik eingeschaltet hat und gesagt hat: wir helfen hier einem Großunternehmen. Damit ist ein Präzedenzfall geschaffen worden. Ich habe die ganze Zeit immer darauf gewartet, dass das nächste Großunternehmen irgendwo in eine Schieflage gerät und dann mal eben nach Berlin telefoniert und darum bittet, dass Herr Schröder kommt und auch dieses wieder rettet. Das hat mit Volkswirtschaft, hat mit Marktwirtschaft einfach nichts zu tun.
Remme: Und stimmt es dann auch, wenn man jetzt konsequent sagt, auch in diesem Falle, dieser zweiten Krise, ist die Politik nicht gefordert?
Nieding: Absolut.
Remme: Was heißt denn das nun für die Beschäftigten?
Nieding: Das bedeutet für die Beschäftigten, in den sauren Apfel zu beißen und vor allen Dingen die Erkenntnis, dass die Kleinanleger, die Privatanleger und die Mitarbeiter immer diejenigen sind, die bei solchen Sauereien die Zeche zu zahlen haben. Wir müssen es ja ganz deutlich sagen, ich habe es eben schon gesagt, die Philipp Holmann AG ist durch krasses Managementfehlverhalten, Managementversagen vor die Wand gefahren worden und die eigentlich Leidtragenden dabei sind nicht die Manager, die ohne eigenes Kapitalrisiko bei diesen Dingen dabei sind und hinterher möglicherweise noch den goldenen Handschlag bekommen, sondern es sind die Mitarbeiter und es sind die Kleinanleger, die ihr versteuertes Geld dort eingelegt haben, beziehungsweise die Mitarbeiter, die auf Leistungen verzichtet haben und dann möglicherweise irgendwann auf der Straße stehen.
Remme: Herr Nieding, für den, der jetzt noch Holzmann-Aktien hat, heißt es "rien ne va plus"?
Nieding: Das muss man mal abwarten. Die Insolvenz, wenn sie denn kommt, ich gehe mal im Moment sehr stark davon aus, die Insolvenz bedeutet ja nicht automatisch, dass da das komplette Licht ausgeht. Das gilt natürlich auch für die Mitarbeiter. Es werden Teile des Unternehmens dann einer geordneten Zukunftslösung zugeführt, man wird also da auch für Filetstücke sicherlich noch den einen oder anderen Übernehmer haben, dann werden auch die Arbeitnehmer mitübernommen und dann muss man halt mal sehen, was aus dem Mantel Philipp Holzmann AG überhaupt wird. Diese Aktiengesellschaft, die börsennotierte, das ist dann letztendlich natürlich das, was die Aktionäre interessiert. Da ist es aber im Moment noch zu früh, um irgendwas zu sagen.
Remme: Der Geschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, Klaus Nieding. Herr Nieding, vielen Dank für das Gespräch.
Nieding: Ich danke Ihnen, Herr Remme.
Link: Interview als RealAudio