Meurer: Heute Vormittag um elf Uhr werden Bundeskanzler Gerhard Schröder und Außenminister Joschka Fischer den Koalitionsvertrag von SPD und Bündnis 90/Die Grünen unterzeichnen. Und da ein Koalitionsvertrag so etwas wie ein Ehevertrag auf Zeit ist, haben beide Seiten auch einen feierlich festlichen Rahmen dafür gesucht. Sie werden das Vertragswerk in der neuen Nationalgalerie nahe des Potsdamer Platzes unterzeichnen. Über Inhalte hatte man sich ja am Montag schon geeinigt; gestern wurden die letzten Ministerposten geklärt. - Am Telefon begrüße ich die Grünen-Chefin Claudia Roth. Guten Morgen Frau Roth!
Roth: Guten Morgen Herr Meurer.
Meurer: Bleibt es dabei, wir müssen warten bis der Kanzler uns die Namen verrät?
Roth: Ja, es bleibt dabei. Ich finde das auch richtig. Um elf Uhr – Sie haben es ja anmoderiert – wird der Vertrag in der neuen Nationalgalerie unterschrieben. Das ist ein Glaspalast. Sie sehen, wir setzen auf Transparenz. Ich finde es richtig, dass der Kanzler die Namen benennen wird. Bei uns Grünen ist es ja nicht ganz so überraschend, mit welchen Namen, mit welchen Personen wir dann in diesem Kabinett präsentiert sein werden.
Meurer: Wie gut können die Grünen mit den Personalien leben?
Roth: Ich muss Ihnen sagen, wir haben glaube ich sehr gut daran getan, dass wir sehr stark auf Inhalte gesetzt haben, dass wir gesagt haben, wir wollen einen richtig guten Koalitionsvertrag, in dem sich ökologische Modernisierung ausdrückt, in dem wir soziale Gerechtigkeit haben, in dem wir für Kinder etwas tun, in dem wir den gesellschaftlichen Modernisierungskurs fortsetzen. Wir haben darauf gesetzt, dass wir in unseren Kernbereichen, in den Kernkompetenzen, die mit uns Grünen zurecht verbunden werden, gestärkt werden, dass die ausgebaut werden. Das war eine strategische Entscheidung mit einem sehr, sehr großen Ausbaupotential. Deswegen bin ich sehr zufrieden, dass beim Bundesumweltministerium, also bei Jürgen Trittin, der Bereich der erneuerbaren Energien vom Wirtschaftsministerium dazugekommen ist, dass wir das Marktanreizprogramm erneuerbarer Energien bei Trittin haben, die Federführung im Gesetz für erneuerbare Energien, dass wir die deutsche Bundesstiftung für Umwelt vom Bundesfinanzministerium jetzt zum Bundesumweltminister getan haben. Also ich bin sehr, sehr froh. Wir haben dort deutlich zugelangt. Und wenn Sie mich noch sagen lassen: Verbraucherschutz ist für uns ein zentrales Thema. Es ist wichtig, dass Renate Künast quasi jetzt eine Querschnittskompetenz erhält.
Meurer: Ein zentrales Thema ist aber auch die Rechtspolitik, Frau Roth, gerade ein Anliegen von Ihnen. Warum haben Sie auf das Justizministerium verzichtet?
Roth: Stärke drückt sich nicht immer nur numerisch durch die Anzahl von Ministerien aus. Wir haben uns auch im Rechtsbereich stärken können. Ich bin total froh, dass wir das Vorschlagsrecht für den neuen zukünftigen Bundesdatenschutzbeauftragten bekommen haben, ein ganz wichtiger Punkt, denn Datenschutz hat viel mit Demokratie und demokratischen Rechten zu tun. Wir machen darüber hinaus aus der Ausländerbeauftragten eine Integrationsbeauftragte. Sie wird gestärkt, sie wird Staatssekretärin, sie kommt zum Ministerium für Familie und Frauen, was wichtig ist, denn in diesem Bereich gibt es viel, viel Integrationsbedarf.
Meurer: Und die Integrationsbeauftragte wird weiter von den Grünen gestellt?
Roth: Ja, sie wird von den Grünen gestellt. Sehen Sie, das ist ein Kernbereich. In der ganzen Debatte der Gestaltung des Einwanderungslandes Bundesrepublik Deutschland wird es ja in den nächsten Jahren um Integration gehen. Deswegen bin ich sehr zufrieden, dass wir die Integrationsbeauftragte stellen.
Meurer: Was sagen Sie zu der Kritik zum Beispiel von Ihrem ehemaligen Fraktionskollegen Oswald Metzger, die Grünen als Wahlsieger hätten sich schlecht verkauft und nicht mal mehr machtpolitisch ein viertes Ministerium durchgesetzt?
Roth: Noch einmal: Erstens hat glaube ich Oswald immer noch nicht ganz verdaut, dass er nicht mehr in der neuen Fraktion ist. Das ist er ein ganz schönes Stück selber Schuld. Wir glauben, dass sich Machtpolitik auch dadurch ausdrückt, welche Kompetenzen wir gewonnen haben, und ich glaube gerade der Bereich der erneuerbaren Energien ist ein wichtiger Bereich, um zu zeigen, dass man mit einer guten ökologischen Politik, mit einer nachhaltigen ökologischen Politik auch gute Wirtschaftspolitik machen kann, nämlich neue Unternehmen zu begründen, Arbeitsplätze gerade in diesem Bereich zu schaffen. Ich bin sehr zufrieden mit dem, was wir erreicht haben, und wenn wir uns den Koalitionsvertrag durchlesen, dann wird deutlich, dass an allen Stellen der grüne Faden sich durchziehen wird.
Meurer: Wie erklären Sie sich die massive Kritik aus der Wirtschaft, rot/grün tut nichts für die Konjunktur, sondern wird im Gegenteil die Konjunktur lähmen?
Roth: Es wird sich zeigen, dass wir genau das richtige tun, weil wir setzen auf Haushaltskonsolidierung. Das ist wichtig. Man muss den Haushalt weiter konsolidieren.
Meurer: Und auf höhere Belastungen!
Roth: Wir haben ein Ziel bis 2006. Wir werden aber auch im Sinne der sozialen Gerechtigkeit fragwürdige Steuersubventionen abbauen und Steuerschlupflöcher schließen. Ich muss Ihnen sagen, dass Kontrollmitteilungen, in denen Kapitalerträge besser erfasst werden, etwas sind, was mit Steuergerechtigkeit zu tun hat und da braucht man nicht aufjaulen. Ich finde es war höchste Zeit, dass wir das jetzt gemacht haben.
Meurer: Aber unter dem Strich wird die Abgabenlast der Bürger doch steigen?
Roth: Wir haben nun mal richtig große Probleme. Wir haben nun mal nicht volle Kassen, sondern wir müssen einsparen. Wir haben gesagt, dieses Programm soll gerecht sein. Jeder soll seinen Beitrag dazu leisten. Deswegen wird auch die Steuerpflicht für Veräußerungsgewinne aus Wertpapieren von Privatpersonen erweitert werden. Diejenigen die mehr haben, die können mehr dazu beitragen, aber jeder wird etwas dazu beitragen können. Wir sparen aber nicht nur, sondern wir haben Bereiche herausgegriffen, die uns besonders wichtig sind, wo wir auch investieren, zum Beispiel in die Kinderbetreuung. Ich muss Ihnen sagen, für mich ist das einer der größten Erfolge bei diesem Koalitionsvertrag, dass wir sagen, es geht darum, in Deutschland das Leben von Kindern und die Zukunft für Kindern zu gestalten. Das fängt an bei der Kinderbetreuung, und zwar nicht erst im Schulalter, sondern nach der Geburt. Wir wollen endlich Kinderkrippenplätze schaffen von der Geburt bis zum 3. Lebensjahr. Das hat etwas mit der Bildung von Kindern zu tun, das hat etwas mit dem Prinzip der Vereinbarkeit von Beruf und Kindern zu tun. Das ist etwas, was für mich moderne Politik ist, soziale Erneuerung ist und zukunftsorientierte Politik. Dazu muss jeder seinen Beitrag leisten.
Meurer: Am Freitag und Samstag findet die Bundesdelegiertenkonferenz der Grünen statt, also der Parteitag in Bremen. Wie schwierig, Frau Roth, wird es werden, der Basis zu erklären, dass ausgerechnet das älteste Atomkraftwerk der Republik in Obrigheim noch zwei Jahre länger am Netz bleiben soll?
Roth: Wir haben, wie Sie gesagt haben, einen schwierigen Kompromiss geschlossen, aber einen Kompromiss, der deutlich macht, Obrigheim geht in dieser Legislaturperiode vom Netz. Etwa Mitte der Legislaturperiode geht das älteste Atomkraftwerk Obrigheim vom Netz. Ursprünglich sollte es noch viel, viel länger laufen. Wir sind heruntergegangen auf zwei Jahre. Es wird keine Strommengenübertragung von einem neuen Reaktor aus Obrigheim geben.
Meurer: Aber laut Atomkonsens sollte es ja schon in den nächsten Monaten abgeschaltet werden?
Roth: Ich sagte ja, das ist etwas, was für uns keine Freude ist, aber wir mussten einen Kompromiss schließen. Wir wollten diesen Kompromiss schließen, denn das Ziel ist, dass die Atomkraftwerke abgeschaltet werden, und Obrigheim wird abgeschaltet werden in etwa zwei Jahren. Philippsburg, von dem auf Obrigheim übertragen wird, wird weniger lang laufen, auch ein alter Reaktor. Nur mit uns Grünen ist der Atomausstieg überhaupt hinzukriegen und sicher. Also ein schwieriger Kompromiss, aber wenn das Ziel ist raus aus der Atomenergie und rein in die Energiewende, dann wird das unsere Basis mittragen.
Meurer: Noch kurz: Was sagen Sie zu dem Vorwurf, die Grünen-Spitze hätte davon schon länger gewusst und nicht gegengesteuert?
Roth: Das ist ein Vorwurf, der ist rückwärts gerichtet. Lassen Sie uns nach vorne gucken. Lassen Sie uns sehen, dass gerade wir Grünen mit einer anderen Energiepolitik deutlich machen, dass man aus Sicherheitsgründen, aus Verantwortungsgründen aus der Atomenergie so schnell wie möglich rauskommt.
Meurer: Ab wann hatten Sie von Obrigheim gewusst?
Roth: Ich weiß es wirklich auch noch nicht lange.
Meurer: Wie lange?
Roth: Wir sind hier nicht im Untersuchungsausschuss. Ich weiß es wirklich nicht lange. Wir haben dann alles daran gesetzt, dass es einen für uns tragbaren Kompromiss gibt. Der Bundesumweltminister Trittin hat den am Montag in Vereinbarung mit dem Bundeskanzler und dem Bundeswirtschaftsministerium verkündet. Das war für uns Grüne eine sehr, sehr schwierige Frage, aber wichtig ist, dass in zwei Jahren in Obrigheim abgeschaltet wird.
Meurer: Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth heute Morgen bei uns im Deutschlandfunk. – Frau Roth, ich bedanke mich und sage auf Wiederhören!
Link: Interview als RealAudio
Roth: Guten Morgen Herr Meurer.
Meurer: Bleibt es dabei, wir müssen warten bis der Kanzler uns die Namen verrät?
Roth: Ja, es bleibt dabei. Ich finde das auch richtig. Um elf Uhr – Sie haben es ja anmoderiert – wird der Vertrag in der neuen Nationalgalerie unterschrieben. Das ist ein Glaspalast. Sie sehen, wir setzen auf Transparenz. Ich finde es richtig, dass der Kanzler die Namen benennen wird. Bei uns Grünen ist es ja nicht ganz so überraschend, mit welchen Namen, mit welchen Personen wir dann in diesem Kabinett präsentiert sein werden.
Meurer: Wie gut können die Grünen mit den Personalien leben?
Roth: Ich muss Ihnen sagen, wir haben glaube ich sehr gut daran getan, dass wir sehr stark auf Inhalte gesetzt haben, dass wir gesagt haben, wir wollen einen richtig guten Koalitionsvertrag, in dem sich ökologische Modernisierung ausdrückt, in dem wir soziale Gerechtigkeit haben, in dem wir für Kinder etwas tun, in dem wir den gesellschaftlichen Modernisierungskurs fortsetzen. Wir haben darauf gesetzt, dass wir in unseren Kernbereichen, in den Kernkompetenzen, die mit uns Grünen zurecht verbunden werden, gestärkt werden, dass die ausgebaut werden. Das war eine strategische Entscheidung mit einem sehr, sehr großen Ausbaupotential. Deswegen bin ich sehr zufrieden, dass beim Bundesumweltministerium, also bei Jürgen Trittin, der Bereich der erneuerbaren Energien vom Wirtschaftsministerium dazugekommen ist, dass wir das Marktanreizprogramm erneuerbarer Energien bei Trittin haben, die Federführung im Gesetz für erneuerbare Energien, dass wir die deutsche Bundesstiftung für Umwelt vom Bundesfinanzministerium jetzt zum Bundesumweltminister getan haben. Also ich bin sehr, sehr froh. Wir haben dort deutlich zugelangt. Und wenn Sie mich noch sagen lassen: Verbraucherschutz ist für uns ein zentrales Thema. Es ist wichtig, dass Renate Künast quasi jetzt eine Querschnittskompetenz erhält.
Meurer: Ein zentrales Thema ist aber auch die Rechtspolitik, Frau Roth, gerade ein Anliegen von Ihnen. Warum haben Sie auf das Justizministerium verzichtet?
Roth: Stärke drückt sich nicht immer nur numerisch durch die Anzahl von Ministerien aus. Wir haben uns auch im Rechtsbereich stärken können. Ich bin total froh, dass wir das Vorschlagsrecht für den neuen zukünftigen Bundesdatenschutzbeauftragten bekommen haben, ein ganz wichtiger Punkt, denn Datenschutz hat viel mit Demokratie und demokratischen Rechten zu tun. Wir machen darüber hinaus aus der Ausländerbeauftragten eine Integrationsbeauftragte. Sie wird gestärkt, sie wird Staatssekretärin, sie kommt zum Ministerium für Familie und Frauen, was wichtig ist, denn in diesem Bereich gibt es viel, viel Integrationsbedarf.
Meurer: Und die Integrationsbeauftragte wird weiter von den Grünen gestellt?
Roth: Ja, sie wird von den Grünen gestellt. Sehen Sie, das ist ein Kernbereich. In der ganzen Debatte der Gestaltung des Einwanderungslandes Bundesrepublik Deutschland wird es ja in den nächsten Jahren um Integration gehen. Deswegen bin ich sehr zufrieden, dass wir die Integrationsbeauftragte stellen.
Meurer: Was sagen Sie zu der Kritik zum Beispiel von Ihrem ehemaligen Fraktionskollegen Oswald Metzger, die Grünen als Wahlsieger hätten sich schlecht verkauft und nicht mal mehr machtpolitisch ein viertes Ministerium durchgesetzt?
Roth: Noch einmal: Erstens hat glaube ich Oswald immer noch nicht ganz verdaut, dass er nicht mehr in der neuen Fraktion ist. Das ist er ein ganz schönes Stück selber Schuld. Wir glauben, dass sich Machtpolitik auch dadurch ausdrückt, welche Kompetenzen wir gewonnen haben, und ich glaube gerade der Bereich der erneuerbaren Energien ist ein wichtiger Bereich, um zu zeigen, dass man mit einer guten ökologischen Politik, mit einer nachhaltigen ökologischen Politik auch gute Wirtschaftspolitik machen kann, nämlich neue Unternehmen zu begründen, Arbeitsplätze gerade in diesem Bereich zu schaffen. Ich bin sehr zufrieden mit dem, was wir erreicht haben, und wenn wir uns den Koalitionsvertrag durchlesen, dann wird deutlich, dass an allen Stellen der grüne Faden sich durchziehen wird.
Meurer: Wie erklären Sie sich die massive Kritik aus der Wirtschaft, rot/grün tut nichts für die Konjunktur, sondern wird im Gegenteil die Konjunktur lähmen?
Roth: Es wird sich zeigen, dass wir genau das richtige tun, weil wir setzen auf Haushaltskonsolidierung. Das ist wichtig. Man muss den Haushalt weiter konsolidieren.
Meurer: Und auf höhere Belastungen!
Roth: Wir haben ein Ziel bis 2006. Wir werden aber auch im Sinne der sozialen Gerechtigkeit fragwürdige Steuersubventionen abbauen und Steuerschlupflöcher schließen. Ich muss Ihnen sagen, dass Kontrollmitteilungen, in denen Kapitalerträge besser erfasst werden, etwas sind, was mit Steuergerechtigkeit zu tun hat und da braucht man nicht aufjaulen. Ich finde es war höchste Zeit, dass wir das jetzt gemacht haben.
Meurer: Aber unter dem Strich wird die Abgabenlast der Bürger doch steigen?
Roth: Wir haben nun mal richtig große Probleme. Wir haben nun mal nicht volle Kassen, sondern wir müssen einsparen. Wir haben gesagt, dieses Programm soll gerecht sein. Jeder soll seinen Beitrag dazu leisten. Deswegen wird auch die Steuerpflicht für Veräußerungsgewinne aus Wertpapieren von Privatpersonen erweitert werden. Diejenigen die mehr haben, die können mehr dazu beitragen, aber jeder wird etwas dazu beitragen können. Wir sparen aber nicht nur, sondern wir haben Bereiche herausgegriffen, die uns besonders wichtig sind, wo wir auch investieren, zum Beispiel in die Kinderbetreuung. Ich muss Ihnen sagen, für mich ist das einer der größten Erfolge bei diesem Koalitionsvertrag, dass wir sagen, es geht darum, in Deutschland das Leben von Kindern und die Zukunft für Kindern zu gestalten. Das fängt an bei der Kinderbetreuung, und zwar nicht erst im Schulalter, sondern nach der Geburt. Wir wollen endlich Kinderkrippenplätze schaffen von der Geburt bis zum 3. Lebensjahr. Das hat etwas mit der Bildung von Kindern zu tun, das hat etwas mit dem Prinzip der Vereinbarkeit von Beruf und Kindern zu tun. Das ist etwas, was für mich moderne Politik ist, soziale Erneuerung ist und zukunftsorientierte Politik. Dazu muss jeder seinen Beitrag leisten.
Meurer: Am Freitag und Samstag findet die Bundesdelegiertenkonferenz der Grünen statt, also der Parteitag in Bremen. Wie schwierig, Frau Roth, wird es werden, der Basis zu erklären, dass ausgerechnet das älteste Atomkraftwerk der Republik in Obrigheim noch zwei Jahre länger am Netz bleiben soll?
Roth: Wir haben, wie Sie gesagt haben, einen schwierigen Kompromiss geschlossen, aber einen Kompromiss, der deutlich macht, Obrigheim geht in dieser Legislaturperiode vom Netz. Etwa Mitte der Legislaturperiode geht das älteste Atomkraftwerk Obrigheim vom Netz. Ursprünglich sollte es noch viel, viel länger laufen. Wir sind heruntergegangen auf zwei Jahre. Es wird keine Strommengenübertragung von einem neuen Reaktor aus Obrigheim geben.
Meurer: Aber laut Atomkonsens sollte es ja schon in den nächsten Monaten abgeschaltet werden?
Roth: Ich sagte ja, das ist etwas, was für uns keine Freude ist, aber wir mussten einen Kompromiss schließen. Wir wollten diesen Kompromiss schließen, denn das Ziel ist, dass die Atomkraftwerke abgeschaltet werden, und Obrigheim wird abgeschaltet werden in etwa zwei Jahren. Philippsburg, von dem auf Obrigheim übertragen wird, wird weniger lang laufen, auch ein alter Reaktor. Nur mit uns Grünen ist der Atomausstieg überhaupt hinzukriegen und sicher. Also ein schwieriger Kompromiss, aber wenn das Ziel ist raus aus der Atomenergie und rein in die Energiewende, dann wird das unsere Basis mittragen.
Meurer: Noch kurz: Was sagen Sie zu dem Vorwurf, die Grünen-Spitze hätte davon schon länger gewusst und nicht gegengesteuert?
Roth: Das ist ein Vorwurf, der ist rückwärts gerichtet. Lassen Sie uns nach vorne gucken. Lassen Sie uns sehen, dass gerade wir Grünen mit einer anderen Energiepolitik deutlich machen, dass man aus Sicherheitsgründen, aus Verantwortungsgründen aus der Atomenergie so schnell wie möglich rauskommt.
Meurer: Ab wann hatten Sie von Obrigheim gewusst?
Roth: Ich weiß es wirklich auch noch nicht lange.
Meurer: Wie lange?
Roth: Wir sind hier nicht im Untersuchungsausschuss. Ich weiß es wirklich nicht lange. Wir haben dann alles daran gesetzt, dass es einen für uns tragbaren Kompromiss gibt. Der Bundesumweltminister Trittin hat den am Montag in Vereinbarung mit dem Bundeskanzler und dem Bundeswirtschaftsministerium verkündet. Das war für uns Grüne eine sehr, sehr schwierige Frage, aber wichtig ist, dass in zwei Jahren in Obrigheim abgeschaltet wird.
Meurer: Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth heute Morgen bei uns im Deutschlandfunk. – Frau Roth, ich bedanke mich und sage auf Wiederhören!
Link: Interview als RealAudio