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Windkraftanlagen
Spagat zwischen Klimaschutz und Naturschutz

Um die Energiewende voranzubringen, müssen mehr Windkraftanlagen gebaut werden. Das geht, sagen Naturschützer - wenn mit Fachwissen geplant und die Anliegen des Naturschutzes wirklich einbezogen werden. Sie sorgen sich um das Leben von Fledermäusen und Vögeln, die mit den Rotorblättern kollidieren können.

Von Susanne Kuhlmann |
Ein Windrad am blauen Himmel
Geraten Vögel in die Räder von Windanlagen, geht das meist tödlich aus (picture alliance / dpa / blickwinkel)
Rund 30.000 Windenergieanlagen stehen in Deutschland: Auf dem Land und vor der Küste im Meer.
"Und diese 30:000 Windkraftanlagen haben bisher in Sachen CO2 nichts gebracht."
Das ist die Ansicht von Udo Bergfeld, der die Demonstration des Aktionsbündnisses Pro Natur mitorganisiert hat. Es tritt für den Erhalt von Natur- und Kulturlandschaften ein und wehrt sich gegen Windindustrieanlagen. Die Bundesinitiative Vernunftkraft unterstützt das Aktionsbündnis. Sie wird auch von Wissenschaftlern getragen, die der aktuellen Energiepolitik kritisch gegenüberstehen.
"Zusätzlich haben wir tausende von Fledermäusen, die durch die Druckverhältnisse, die im Bereich der Windkraftanlagen auftreten, deren Lungen platzen, und sie verenden fürchterlich. Dasselbe passiert mit unseren Greifvögeln, die in diesen Höhen nach Beute suchen. Sie schauen nach unten auf den Boden und werden in diesen Anlagen geschreddert."
Lebensgefahr für Vögel und Fledermäuse
Dass es keine Kleinigkeit ist, Energiewende und Naturschutz zusammenzuführen, weiß auch Prof. Beate Jessel, die Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz. Sollte unser Energieverbrauch weiter so hoch bleiben wie bisher, müssten sieben Mal mehr Anlagen gebaut werden, damit wir unsere Ausbau- und Klimaziele erreichen.
"Wenn dieser Ausbau naturverträglich gehen soll – und wir sagen, es geht, aber mit großen Anstrengungen – dann müssen an erster Stelle Energieeinsparungen und eine höhere Energieeffizienz stehen."
Das Schutzgut Landschaft müsse stärker ins Blickfeld rücken, sagt Beate Jessel, die vor allem den Anbau von Nutzpflanzen für Biosprit und Biokunststoffe kritisch sieht.
"Das heißt etwa in Bezug auf die Photovoltaik: Nicht in große Freilandanlagen gehen, sondern sie auf die Dächer bringen, in die Siedlungsbereiche, auch in Anbindung an Industrieareale. Denn die Biomasse in der Fläche ist keine flächensparende Option."
Geräusche der Anlagen können Tierkommunikation stören
Und wie kann der Ausbau von Windenergieanlagen naturschonend vonstattengehen?
"Es müssen nicht überall Anlagen errichtet werden, sondern nur an den Standorten, wo nicht nur entsprechende Windverhältnisse herrschen, sondern wo das auch aus Sicht der Natur verträglich ist. Das heißt, keine entsprechenden Vogel- oder Fledermausvorkommen auftreten."
Sonst können Greifvögel wie Rotmilan, Schreiadler und Seeadler mit den Rotorblättern kollidieren. Und das ist nicht alles.
"Daneben kann der Bau und Betrieb von Windkraftanlagen vor allem im Wald aber auch zu Verlusten von Lebensräumen führen. Das betrifft zum Beispiel Fledermausquartiere oder auch höhlenbewohnende Arten, Vogelarten, wie zum Beispiel die Spechte. Und es gibt Hinweise, dass eventuell auch die permanente Geräuschemission der sich drehenden Rotoren einen Einfluss haben kann, nämlich auf die akustische Kommunikation und das Balzverhalten von Vögeln für die Vogelarten Waldschnepfe und Feldlerche."
Wir brauchen aber mehr Photovoltaik- und Windenergieanlagen, sagt Sebastian Scholz, beim Naturschutzbund Nabu für Energie und Klima zuständig.
"Wenn diese Planungszyklen vernünftig ausgeführt werden, mit ausreichend Expertise und die naturschutzfachliche Prüfung vernünftig stattfindet, dann glauben wir, dass es genug Platz gibt für erneuerbare Energien."
Ungleiche Verteilung der Windkraftanlagen?
Wo genau, darüber sind sich auch die Vertreter der Nabu-Landesverbände nicht immer einig, weil "es auch die besonders windreichen nördlichen Bundesländer gibt, die das Gefühl haben, dass sie schon sehr viel beitragen zur Energiewende. Wohingegen sich die südlichen Bundesländer aus ihrer Sicht teilweise sehr erfolgreich gegen den Ausbau gewehrt haben. Da gibt es ein Ungleichgewicht, was es auch anzugehen gilt."
Ein neuer Standort für Windenergie solle erst geplant werden, nachdem Natur und Landschaft untersucht wurden.
"Was kommen hier für Arten vor? Was haben diese Arten für Ansprüche? Erlauben es diese Ansprüche, die Arten mit den Anlagen in Einklang zu bringen? Oder muss ich an bestimmten Standorten, alten Wäldern, in Schutzgebieten oder auch bei bestimmten Laubwaldstandorten von einer Planung Abstand nehmen."
Schließlich können auch technische Maßnahmen den Artenschutz fördern.
"Zum Beispiel Abschalt-Algorithmen, die greifen bei bestimmten Wetterlagen, bei denen zum Beispiel Fledermäuse bevorzugt ausfliegen und bei denen dann die Anlagen abgestellt werden."
Bleibt noch der Vorwurf, Windkraftanlagen trügen zum Verschwinden der Insekten bei.
"Insektenrückgang hat bereits in den siebziger und achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts eingesetzt. Und er spielt sich weltweit ab, auch in solchen Regionen, wo wir keine Windenergie haben. Eine der Insektengruppen, wo wir mit die stärksten Rückgänge und Gefährdungsgrade zu verzeichnen haben, das sind beispielsweise die Ameisen. Und die leben bekanntlich am Boden."